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Ausgabe:

1972

Spalte:

469-470

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Glaser, Karl

Titel/Untertitel:

Lebensraum Gnade 1972

Rezensent:

Voigt, Gottfried

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Seite 1

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MO

Theologische Literaturzeitung 97. Jahrgang 1972 Nr. 0 470

stertum), wie denn überhaupt das Bekenntnis zum „Le-
bensrauni Gnade" im Sinne des Vf. den Wcltbczug des Evan-

I ^r [eisei fromm zu sein. Eine kurze Anzeige wie diese er-
teU 1Querschnitte darzustellen. Nur auf wenige Punk-

sei hingedeutet. Der Zug zu christlichem Aklivismus — geliums nicht leugnen, sondern vielmehr begründen will. So

1 nur in den vom Herausgeber als „Versuche" gekenn- kann Vf. auch sagen: „stellvertretend für die Welt" empfangt

fincs"101011 ^'eugn'sscn c'ner „Theologie der Revolution" und die Kirche die Rechtfertigung (S. 49). Die Rechtfertigung

. . "jesseils gerichteten Progressivitätsdenkens (61—64) — bestimmt die Struktur der Gemeinde: etwa im Verhältnis der

,jj Vle'e" Zeugnissen dominant. Von Jesus Christus ist so Gemeindegruppen zum Ganzen der Gemeinde, im Verhältnis

c »ede, daß er „Gott zeigt und vertritt" (52). Oder: „Gott des Amts (als Ordnungsfunktion verstanden) zum Charisma,

ihn zu seinem Bevollmächtigten bestimmt" (46). Es ist in der missionarischen Öffnung der Gemeinde zur Welt hin

ehe ' scnwer> 'm Verzicht auf die Sprache der allen Kir- (wobei das „Klima" „drinnen" für die Menschen „draußen"

n» nchtig von Christus zu sprechen. „Er... war nach Gottes eine Verheißung darstellen sollte).

,j. ' Wns w'r som sollen: der Uiener aller Menschen und Vieles, allzu vieles, ist in der Schrift nur angedeutet. In der

um (!) Gottes Sohn" (33). „Weil er liebte, darum mußte skizzenhaften, eine Fülle theologischer und kirchlicher Fra-

ieo? (33.58). „Weil er zu weit ging, mußte er sterben" gen kurz anleuchtenden Darstellung bleibt manches undeut-

•&"J. Schwer ist es auch, mit neuen Worten angemessen lieh. Der Leser muß sich viele Linien selbst ausziehen. An-

*°n der Auferstehung zu reden: „Doch Gott bekannte sich deres wird wiederholt angesprochen (so das Zitat vom ,,dia-

'um" (27). „Wir glauben an seine gegenwärtige Wirksam- lektischen Spiel" s. o. und Mclanchthons Absage an das pla-

|,. E'ne Aussage über Jesu Auferstehung kann über- tonisicrende Verständnis des Heils, S. 10.47.58). Das Lum-

dupt fehlen (21) oder sich im Text nur fast unerkennbar an- hantobing-Zitat erscheint auf den Seiten 71 und 97 in ver-

,,"lcn: »Mit ihm dürfen wir in einem neuen Lehen wandeln" schiedenem Wortlaut; das Krusche-Zitat ist, trotz der An-

" )■ Alle „müssen sieh messen lassen an ihm" (58.59) — aus führungsstriche, nur sinngemäße Wiedergabe. Stichproben

wir' ^'c'ller 'st der Maßstab geworden. Übersetzen wollen in den Literaturnachweisen ergaben einige Unstimmigkeiten

ile's a"C; m;'n s'<''11 nur' wic scnwer 08 'st> dabei die Aussage (so S. 50 Anm. 18; S. 51 Anm. 37; S. 53 Anm. 56; S. 68f.

t|*.S ':^rtextes" ungeschmälert zur Geltung zu bringen. Die Anm. 153). Aber dem Vf. ist dafür zu danken, daß er den

^j***Uchen Bekenntnisse der Christenheit reden explizit von Leitgedanken des Buches mutig und konsequent zur Geltung

großen Taten Gottes. Wenn uns dies gelänge — in unserer gebracht hat. Er weiß, daß er sich an mancher Stelle dem

Prache! theologischen Zeitgeist widersetzt (etwa in der Kritik an der

Übrigens geht es bei den neuen Versuchen schon wieder ökumenischen Studie „Mission als Strukturprinzip", ed. H.

'I;"t ohne Klischees ab: „ausgeliefert an die Staatsmacht" J- Margull), aber er nimmt anderes aus der Diskussion um die

wd-57); „er durchschritt das Reich der Toten" (24.53); jeder Erneuerung der Gestalt der Kirche bereitwillig auf. Die

'ensch „steht im Gericht" (45.48); bei Jesus „endet alle Rechtfertigung, etwa in der Raumtiefe von Rom 4,25 ver-

•X'huld" (50.00). Wenn es sich dabei wenigstens um beson- standen, erweist sich auch in dieser Schrift als sammelnde

teesd gelllngel'e We»d"»Ke" handelte! Die Sprache des Got- und °r°*nende Mitte.

enstes verträgt keine Blässe, darum auch nicht die Leipzig Gottfried Voigt
25.r^c',e l'es Hörsaals („Denkkonventionen und Lebensstile",
' dort Druckfehler). Gottesdienstliche Rede soll tief in uns
''"igen. j;l „einsickern"; darum muß sie Wiederholung

' " Vuch daraufhin sollte man das Angebotene durch- Frisch, Max: Der Mensch zwischen Selbstentfrenidung und

Sclbslverwirklichung, bearb. v. R. Immig. Stuttgart: Cal-

Lc'P*ig Gottfried Voigt wer Verlag [1972]. 27 S. 4° = Religion - Studienstufe,

hrsg. v. P. II. A. Neumann, 1. DM 2,80.

Dies Heft im Quartformat, das als Hilfe für den Religions-

Glnso i." i i i i t> i Unterricht der Oberstufe in der BBD gedacht ist, geht von

ferti'„ : Lebensrai"" Gnadc- 1)1C Bedeutung des Recht- ^ ^ Grundgedanken aus, ohne doch darum selber

,"..gsgcschehens für Leben und Sen<tag, der Kirche sehr gllt zu sein. Der erste Gedanke liegt der ganzen Heftreihe

—. Stuttgart: Calwer Verlag [1970]. III S. 8°. DM 5,80. „Relfgioü_Studienstufe" zugrunde: Tcxlauszüge und Zitate

Gibt es einen „Raum der Kirche" ? In der Zeit nach Bon- aus dem Werk eines Autors oder auch zu einem bestimmten
^ fer muß man wohl so fragen. Vf. bekennt sich zum „Le- Problemkreis werden zusammengestellt, mit kurzen kom-
sch|SrnUm Gnade"> Ilicllt inl Sinnc einer in sich seihst ver- montierenden Bemerkungen und mit möglichen Fragestel-
,laß0ssenen, sich selbst rechtfertigenden Kirche, sondern so, Iungen versehen und sollen so als Grundlage für Problem-
jv ™* Kirche eben mit ihrem Proprium der Welt dient. und Arbeitsgespräche mit den Schülern dienen. Der andere
sj 6?cs Proprium besteht in der Rechtfertigung. Die foren- Gedanke bestimmt speziell unser Heft: daß nämlich das Werk
»Iis * Ä,efanner Kcl|t uns Heutigen schwer ein; die Sache ist des Schweizer Romanciers und Dramatikers Max Frisch sich
^ . s nahe. Die Rechtfertigungsbotschaft muß freilich aus gut eigene, Denkprozsse und existentielle Frageoperntionen
ren CI GefanSens<-haft befreit werden: aus der doktrinä- in Gang zu bringen, die eine Auseinandersetzung und eine in-
. der existentialen, der anthropologischen und der Reils- direkte Beschäftigung mit dem christlichen Glauben ermög-
fna'illScllen- Rechtfertigung ist kein „dialektisches Spiel" liehen. Der Titel des Heftes bezeichnet den Punkt, von dem
^ ach P. Brunner — S. 10.34.37). Sie vollzieht sich im „Le- her das Werk Friscbs hier verstanden wird. Darum bietet es
re Sraum Gnade", der zugleich als regnum gratiac und als auch vorwiegend Texte aus „Stiller", die durch einige Zitate
degn,'m g'oriae zu beschreiben ist (S. 42). An der Exlernität aus „Bin" und „Homo faber" flankiert werden; dem „Ganfest
,tfertigung in Kreuz und Auferstehung Christi ist tenbein" wird nur ein dürftiger Kommentar gewidmet. Wer
Chr|ZUhallCn" Uurch <lic Gnadenmittel ist die Kirche in den Frischs Werk kennt, wird es in diesen oft klug gewählten Zi-
^^'usraum einbezogen. „In" der Christenheit werden uns, taten wiedererkennen. Wer - mit Erwachsenen oder Jugend-
rei | ILutl»ers Erklärung zum dritten Artikel, die Sünden liehen - Gespräche über dies Werk geführt hat, wird sich
luft" verSeben. Vergebung der Sünden ist „die Lebens- durch manche der angebotenen Fragestellungen zu neuen
He I *S" 43'' das »Klima" (S. 51.52, auch 72) der Kirche. Die Gesprächen angeregt fühlen.

Iis RlfCrtigUng wird dargesteIIt in ihrem Schopfungsbezug, Aber ich sehe Gefahren: 1. Daß der Erzähler Frisch als

•Iis f. alionsgeschehen, als Geschehen extra und intra nos, Aphorist mißverstanden wird und die Illusion entsteht, man

j." Geschehen für den Glauben. Sie ereignet sich im Gottes- könne die Lektüre des vorzüglich erzählenden Werks durch

<VSt' der im estl'alologischen Horizont stellt und gerade eine solche Zitatensammlung ersetzen; 2. Daß durch die

0 a's Hinwendung zur Welt zu verstehen ist (allg. Prie- Fragenkataloge viele Religionsichrer in Versuchung geführt