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Ausgabe:

1972

Spalte:

457-458

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Heyer, Friedrich

Titel/Untertitel:

Die Kirche Äthiopiens 1972

Rezensent:

Döpmann, Hans-Dieter

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 97. Jahrgang 1972 Nr. 6 458

KIRCHEN- UND KONFESSIONSKUNDE »er wird durchaus mit ihnen bekannt gemacht und auf verschiedene
Hypothesen hingewiesen. Aber Heyers Ziel ist ein

Heycr, Friedrich: Die Kirche thiopiens. Eine Bestandsauf- anderes. Er will die heutige äthiopische Kirche, ihre Struk-

nahme. Berlin — New York: de Gruyter 1971. XVIII, Ulr' ibre Theologie, ihre Frömmigkeit vor Augen führen. Er

360 S. 8° = Theologische Bibliothek Töpelmann, hrsg! will mit einer Kirche bekannt machen, die uns in ihrem Kon-

v- K. Aland, K. G. Kuhn, C. H. Ratschow u. E. Schlink, servatismus, in ihrer Andersartigkeit in vieler Hinsicht bc-

22. Lw. DM 58 —. fremden mag, die sich aber doch zu täliger Mitarbeit bereit

g . gefunden hat. „Dieser Kirche fehlt nocli der Mund, ihren

eim Lesen des Buchtitels mag es manchem erscheinen, Reichtum selbst auszudrücken" (S. X), deshalb soll in dem

«erde hier ein Thema behandelt, dem höchstens noch vorliegenden Buch, wie es in dessen Untertitel heißt, eine

( j°r'SC .''e Bedeutung zukommt. Neben Kopten, Syrern „Bestandsaufnahme" versucht werden.

" a*°biten"), Armeniern und Indern gehören die Äthiopier . ■ . , ... , . , . , . . , ,

den <„,„„ . i ... , , ti i Uabei stutzt sich VI. aul zweierlei: auf ein eingehendes

ueu sogenannten „monophysilischcn Kirchen. Ihre theo- ,, .. „ , . ... . „ .. . °

'Ol-'isrlin D„ ■•■ i . „ . . , . _ , Studium vor allem des in europäischen l'.ditionen zugang-

b'»tne fosition ist also von jenen Streitigkeiten im 5. und ... n „ . . . , j- , , r-- ■ .. ■

,J-Jh cto„." . j- j i ■ tu, , . . , , liehen Uuclleiimaterials und aul die unilassenden l'.indrucke,

. • geprägt, die der heutige I hcologiestudent lediglich als .. ., jij j • i ,

im St., r , , , ».,. i? . die er seihst heim licreisen des Landes und in Aussprachen

oiuüienplan enthaltenen Wissensstoff zur Kenntnis . . , ™ . i. l . c . • , . .

nimmt • i i i • i tt , ,. , mit äthiopischen 1 heologen gesammelt hat. lir verhehlt kei-

""t, ohne sich davon berührt zu sehen. Und vermutlich , „ , ., , , ^ , r,

Unter rlo,„ a; an m t-, j , T, ,r , ... , neswegs, daß manche Beobachtungen und Begegnungen nur

l»-r dem Einfluß von M. Find und F.. Kromrei, die Ende . ,T, , . , , 7 . °, ,. „

des 10 ti i- .. , • • , .r. , . t>- mit Vorbehalt wiedergegeben und nicht vorschnell verailee-

" Jb.s die äthiopische Kirche als ein in äußerlichem Ri- . , , -___° . ,__, ,, . , . . .

tualism „ , ineiiiert werden können. Jedcnlalls versteht er es ausgezeich-

"»uius erstarrtes, von entsetzlicher Unbildung gekeun- ,. A j <-> n • „ ,. , ...

zeichnet n i-i • ,. ... ■ m* . ■ net, die Auswertung der Duellen mit seinen persönlichen Jim-

'ennetes Relikt darstellten, sah sich seit etwa l'o Jahren . ..' .„77. x , . . c • . i t

kein <!,....„ u . , , . , drucken und l'.rlebnissen zu verbinden, so gewinnt der Leser

"eutseber evangelischer Theologe mehr zu einer umfas- . , .. , , , _.,, _ .D, . , .

senden n„ .11 ... , , o ein anschauliches, umlassendes Bild, r.r wird mit der Struk-

■uen Darstellung dieser Kirche veranlaßt. . j n_ i j ■ ■ «• i - i i . ..

n lur der Urtsgcmeinden und der Hierarchie bekannt gemacht,

die a??gen gehl. Friedrich Heyer von der Tatsache aus, daß lernt das Charakteristische der Architektur und Ausgestal-
thod •°n0phyS'ten"' d" h' d'e .nichl"cl,i,lketIo"el,siscne 0r_ Hing äthiopischer Kirchen kennen. Sehr ausführlich werden
Ja], OXi'e' U"ter ihnen aUCh d'C At,lioI,ier' "ns in den Ictzte" die so eigenartige gottendienstliche Praxis sowie die Äuße-
jZe"nten wieder nahegekommen sind. Sie wurden Mit- rungen äthiopischer Frömmigkeit vor Augen geführt. Ent-
ier des Weltrates der Kirchen, die äthiopische gehört so- sprechende Aufmerksamkeit widmet Vf. dem in der äthio-
sch Z" ' en Gründerkirchen. Auch auf dem II. Vatikani- pischen Kirche in mehr als 800 Klöstern besonders stark ver-
s0 iA "zl1 wuren sie durch Beobachter vertreten. Insbe- breiteten Mönchtum. Weitere Kapitel befassen sich mit dem
nisVre Widmen sic1' illnen heute die Orthodoxen byzanti- Schulwesen, dem äthiopischen Geschichtsverständnis, der
j»«c ier Herkunft. Schon auf der ersten Panorthodoxen Kon- Glaubenslehre und dem Verhältnis zu anderen Kirchen und
e'iz auf der Insel Rhodos vom September 1901 wurde die Konfessionen.
at?e einer eventuellen Wiedervereinigung zu einem zenlra-
,en Problem. Und seit 1964 diskutiert man gemeinsam, ob Es w,rd ,Iilbel mellr dargestellt als gewertet. Denn Heyer
chalkedonensische Christologie und die Mia-Physis- W,U d,ese K,l c,,e Serade m ,hrer völhS™ Andersartigkeit zur
Lel>re wirklich noch als Gegensätze betrachtet werden kön- Geltung kommen lassen, davon überzeugt, daß der Leser
"en. So weist Vf. schon im Vorwort darauf hin, daß man in selbst imstande ist, „das authentisch Christliche herauszu-
"nserer ökumenischen Zeit begonnen habe, „das ältestenoch spüren" (S. 351). Das fällt dem evangelischen Leser nicht
wfksame Schisma der Kirchengeschichte" (S. V) zu über- ,mmer lelcllt- Abe>- selbst im heutigen Äthiopien ergeben sich
*'lnden. ernste Probleme, zeigt sich eine immer größer werdende
Inn., k it. j • , i ,. . • , n > . • • Kluft zwischen der traditionellen Kirche und einer modernen
die BtV der nicht-chalkedonensischcn Orthodoxie nimmt Generation, einer Schicht von zum Teil im Ausland
autol! i. 6 °' 8,6 er8t VOF ZWCI Jnhrzehnten gebildeten Intellektuellen, die mit dem Überwinden des ver-
•tw» V ,!,cworden ,st' eine besondere Stellung ein. Mit vorwiegend von der Kirche getragenen Geschichts-
übri/' r Mllllonen Gl'edern ist sie ebenso stark wie die und Gesellschaftsverständnisses sich auch von der Kirche selbst
Chri°,en °r Kirchen zusammen. Unter den afrikanischen .„^ haben yor jiesem Problem steht freillcU nicht nur die
sieh, ge.!"eßt Sle besonderes Ansehen. Schon in der Bibel Äthiopiens. Und so weist Heyer sehr richtig auf die
Acta ^07 Athiopen erwähnt, z. B. Ps. 68,32 (nicht 52!) oder BeachlflsM der in der gesamten Kirchengeschichte crstmali-
"i di, V anders "ls bel den nut «lern Makel des Kolo- Konferenz der nicht-chalkedonensischen Kirchen hin,
8thio°?U i tete" Missio,,skircl,en hu"delt es sich bei der die fa Jantult 1965 in Addis Abeba sl)lttfand und ein ura.
Chri,Z... ?o °d°"8 Um »autocibtbonesi afrikanisches fassendes Kmeuerungsprogramm beschloß. Das ist allerdings
dition ( ] mt e,"er e" afrlkan,schen Tra_ weithin erst ein Programm, und Heyer läßt an einer Reihe
j. ' von Beispielen aus der äthiopischen Kirche erkennen, wel-
cbe meint' <Iie Beschäftigung mit der äthiopischen Kir- c|,en Schwierigkeiten sich all jene gegenübersehen, die sich
der f "ne möglicherweise auch zur Lösung von Problemen ernsthaft um Reformen bemühen. Aber Anfänge sind gehen
• "8ten Kirchengeschichte beitragen. Sollte sich näm- macht, und von ihrem Erfolg hängt Fmtscheidenes ab für die
Vor 1|e"e T,,ese aIs ricbtig erweisen, derzufolge die Äthiopier gesamte nicht-chalkedonensiscbe Orthodoxie, besonders aber
hek 'l " ( br>stianisierung zum alttestamentlichen Glauben aucn für d;c Zukunft der Kirche Äthiopiens,
ehrt wurden, dann hätte sich das Judenchristentum nicht
v,f ipno„ „Li. i i t. ii f.. i* VI llcrün Hans- Dieter Dopmann
c^ Jtnen nach der Auswanderung nach Pella für die Kir-

engeschiebte bedeutungslos gewordenen Zweig beschränkt,
m 'Crn >;<'ann könnte man die judenchristlichen Phäno-

^ärTe!" Ät;bioPien am lebendigen Objekt studieren. Hier Sch;lIcbeecUX) Edward: Gott - Kirche - Welt, übers, v. H.

•tfndur T • m/o v°r u"s' d,c me durcl' e"le iie,lenisler,,ng Zulauf. Mainz: Matthias-Grünewald-Verlag [1970]. 298 S.

enging (S. VIIIf.). 8„ = Gesammelte Schriften, 2. Lw. DM 39,-.
si l"1 vorhegenden Buch hat Heyer allerdings nicht die Ab-

ctlt, eine eigene Lösung dieser oder anderer historischer Fra- Dieser zweite Band der Gesammelten Schriften von S. ent-

p Zu versuchen, auch nicht hinsichtlich des umstrittenen hält fünfzehn Aufsätze und Vorträge aus den Jahren 1951 bis

r°blems, wann und unter welchen Umständen die äthio- 1968, die, mit Ausnahme des ersten (eine Antrittsvorlesung,

d c,le Orthodoxie „monophysitisch" geworden ist. Trotz- Nijmegen 1958), schon sämtlich früher veröffentlicht worden

em werden diese Probleme keineswegs umgangen, der Le- sind. Der überwiegende Teil wurde jedoch in zeitlicher Nähe