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Ausgabe: | 1972 |
Spalte: | 453-456 |
Kategorie: | Kirchengeschichte: Neuzeit |
Autor/Hrsg.: | Neumann, Peter |
Titel/Untertitel: | Die Jungreformatorische Bewegung 1972 |
Rezensent: | Niemöller, Wilhelm |
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4a3 Theologische Literaturzeitung 97. Jahrgang 1972 Nr. 6 454
Stacdtke, Joachim: Die niederländischen Ausgaben der 1971), ist verständlich, aber um des Ganzen willen bedauer-
4Q^lgHeinrich Bullingers (Zwingliana XIII, 1971 S. i;ch.
Stranso. n.. t-. • , „ , . „ Ks ist bekannt, daß im Frühjahr 1933 die Landeskirchen
'■"M" l'ncli: Bern am Kreuzweg ökumenischer Be- i , , ■ , , - ... , /%_ •-»• r v .•
Kccnuno- n i .• . .„ • °vm .„„. und zahlreiche kirchliche Organisationen die Zustimmung
c ,"i£ zur Heformationszeit (Zwingliana XIII, 1971 „ . . f .. ,. , . , , °
»• 400—406). zum neuen Staat nicht gerade spärlich zum Ausdruck gebracht
haben (s. Wilhelm Niemöller, „Die evangelische Kirche
im Dritten Reich. Handbuch des Kirchenkampfes". Bielefeld
1956, S. 70-89). Daß die Jungreformatorische Bewe-
KlRCHFMr^P^r*HIPMTP. M PI I7CIT Sun8 am lh Mai 1933 in »hrem Ruf zur Sammlung das „freu-
^ntiMuco^ni^niC, IM CUZ. CM dige Ja zum neuen Staat" nicht ausUeß, zeigte nur an, daß
^ die „Begeisterung" von damals einem Grippe-Virus glich,
ei"nann, Peter: Die Jungrcforinatorischc Bewegung. Göt- von dem nur wenige verschont blieben. Aber der Aufruf ließ
ungen: Vandenhocck & Ruprecht 1971. 182 S. gr. 8° = auch nicht aus, daß der „von Gott gegebene Auftrag in voller
- fheiten zur Geschichte des Kirchenkampfes, hrsg. v. H. Freiheit von aller politischen Beeinflussung erfüllt (werden
""•«motte u. E. Wolf, 25. Kart. DM 21,-. muß) und (die Kirche) sich zugleich in unlöslichem Dienst an
n R ,. v . . , das deutsche Volk bindet". Das Thema „Freiheit" beherrscht
fes in i Kommiss,on f,ir <lic Geschichte des Kirchenkamp- awnmehr ganz und gnr das Feld. Bereits hier wird man daran
m " nationalsozialistischen Zeit inzwischen ihren Na- CI.innertj duß das Thema sich nicht mchr ändert und .laß die
«chnftT ,r 1 ,at u»° zu einer Evangelischen Arbcitsgeme.n- Bolschaft der zweiten Bekenntnissynode der DEK vom
IMKir , , .Tcl,ll,che Zeitgeschichte geworden ist, war längst 2Q oktober 1934 dje , ;sche Fortsctzung macht, wcnn sie
"nd überfällig. Vorgeschichte und Nachgeschichte sind • t 1 -u /1 n • i : j-
gewiß • u i Bral-""'u« " T,7 ~*~™ ausspricht: „Wir fordern von ihr (der Heichsrcgierung) die
verst:."1 "ü entbehrfn' W°nn man de" .-K"-chenkampf Anerkennung, .laß in Sachen der Kirche, ihrer Lehre und
Sehwli , " da™te"fn Das -allerdings hat seine 0rd dic Kirche unbcgchadct des staatlichen Aufsichts-
"wiengkeiten, weil die Quellen wen verstreut sind und „ • . •■ , . , • , , , ■ . „
«Teil od ir • • • , , rechtes allein zu urteilen und zu entscheiden berulen ist.
es an Vorarbeiten fehlt.
.S<> ist es denn ein Verdienst, daß Peter Neumann sich be- Daß nicht alle> die mit den Jungreformatorischen anfingen,
»«** im Frühjahr 1966 daran gemacht hat, der Entwicklung ,lercn We& zum Endc mitgingen, zeigt das Beispiel von The-
** „Fronten" und der Bereitstellung der Kontrahenten im odor IIetke1' dcn I"iin snatcr (■■ Gesetzblatt der DEK vom
Sommer 1933 nachzugehen. Dic Darstellung umfaßt fast gc- 23" % 193'<) wiederfindet, zum Leiter des Kirchliche.. Amtes
na!> die Zeit vom 21. April bis zum 21. September, also eine für auswärtige Angelegenheiten bei der DEK ernannt und
te)tvon liint«__. n , ,,. , T . , . , ... mit dem Titel Bischof und dem Hecht zum 1 ragen eines
>on lunt Monaten. Der gemächliche Leser wird sich hau- . , , . , ,
fra«en .. . ■ -i >■ j \r . . bischöflichen Amlskreuzes versehen. iir ist nicht der einzige,
.? ''i-' ", warum jeweils iheses oder jenes Wort gesprochen, , , : _,. . , , , , ,
d>ese od«- ;„„ i.- . u • . rr j- j • u • * der den begonnenen Weg nicht lortselzl und der das angeb-
, oder jene l'.ntscheidung getroffen, diese oder jene brist " * TT 6 ..,.,<«. , „ x • ,
Clngeli;,|i„,. ,„„_j„ n„ „ r u . • i j .r' ._____~ ich „Unvermeidliche mitmacht. Wer die Listen der VW
6«-...inen wurde. Uer Verfasser hat sicher deutlich genug " .. . , _„„
gemacht ,t.,n:„ __r - t i ■ i . i 1 i ... schiedenen „Kammern und Ausschüsse der DEK studiert,
ULI|i, (lau m diesen fünf Monaten cm Zeitdruck herrschte, , „ ~™ '
der sieh bei Worten, Taten und Entscheidungen höchst un- w,rd auf manchen Namen stoßen, der im Sommer 1933 Bes-
»Qcklich auswirkte. Man braucht dabei nur an die urplötz- seres verhieß.
Ich<> Hinsetzung von Staatskommissaren zu denken oder an Der Verfasser hat sich redlich darum gemüht, die theolo-
*" überstürzten Kirchenwahlen vom 23. Juli 1933, für deren gischc Herkunft und die damalige theologische Haltung der
'"'l'<» sicherlich nicht die Männer der Jungreformatorischen zu Worte kommenden Persönlichkeiten der Jungreformato-
wegung oder der Liste „Evangelium und Kirche" verant- rischen Bewegung zu analysieren und darzustellen. Das war
»Örtlich waren, sondern die Reichsregierung, dic Partei, die ei"e undankbare Aufgabe. Denn einmal sahen sich diese Per-
taatspolizei, die Deutschen Christen. sönlichkeiten vor Fragen gestellt, die urplötzlich auftauchten
Nun ist es eine mißliche Sache, wenn man Männer, die ver- und deren Beantwortung man von heute auf morgen von
antWortlich denken und handeln und die in ihrem Amt ver- ihnen verlangle. Zum anderen befanden sie sich selbst in ei-
JJ^Ortliche« Denken und Handeln gelobt haben, zu einer nem Prozeß des theologischen Werdens, so daß sie auch aus
bangart zwingt, dic ihnen und der Sache unangemessen ist «icsem Grunde überfordert waren. Wenn einer der „führen-
Und die sie nicht vollhaltcn können. Von hier aus versteht "en" Männer, der m dieser Besprechung nicht genannt wird,
das Versagen der Generalsuperintendenten in der Evan- nach der Kirchenwahl an einen bekannten Mann schrieb, er
p'wchen Kirche der altpreußischen Union, von denen jeden- ''ielte einen Re.chsbischof Ludwig Müller durchaus für trag-
'"'!s «Wi später als Bischöfe, von Ludwig Müller ernannt, bar, wenn ihm ein Mann wie Heeke] an die Seite gestellt
a.uftreten. Von hier aus versteht sich ebenfalls die unglück- würd(!. danD läßt da" a'«f größte Unsicherheit schließen, aber
"cne Haltung der Landeskirchenführer in der Reichsbischofs- a,,cl> auf die törichte Meinung, man könnte die Kirche auf
rage, in der Marahrens bei Bodelschwingh durchhalten woll- kirehenpolilischc Weise „heilen". Daß viele „Weise" lä-
e'Ehrend Meiser, als es zur Entscheidung kam, mit Bend- chelnd zuschauten und sich weder durch Mitarbeit noch
2*' Schöffe] und Wurm vor einer Zurückweisung Ludwig durch Rat noch durch tatkräftige Hilfe bemerkbar machten,
tüllers zurückschreckte scheinen sie sieh heute noch als Verdienst anzurechnen. Je-
L In der Jungreformatorischen Bewegung treten Künneth, denfalls hat es sich für sie gelohnt.
f*J«i Martin Niemöller leitend in den Vordergrund. Sie sind Damit kommen wir auf dic Grundfrage, die vielleicht in der
^junge" Leute aus den Jahrgängen 1901, 1899 und 1892. Das Arbeit von Peter Neumann etwas zu schwach herauskommt,
s . gleicht das einzige, was sie als zusammengehörig kenn- nämlich auf die Frage, ob man Politik und Kirchenpolitik
«ch- Ct' 1Ierkunft, Theologie, Temperament sind recht ver- mit Politik und Kirchenpolitik beantworten sollte oder könnte.
ra den- Konfessionell gesehen sind sie alle drei „Luthe- Je länger, um so deutlicher stellte sich heraus, daß es der
v.ne.r". Aber wer das ist und was das ist, war dazumal eine grundsätzlichen Beantwortung theologischer Fragen bc-
jPütg offene Frage, und sie ist das ja heute noch weithin. durfte. Dergleichen klang öfter an. Grundsätzlich, schlag-
rel'cnführer gehören der Jungreformatorischen Bewegung kräftig und vollmächtig hat Karl Barth dic Antwort gege-
cht an, die jungen Pastoren beherrschen das Feld, und die ben, als er am 25. Juni 1933 seine „Theologische Existenz"
'*T | renen älteren Herren" sind denn auch nicht immer zu- schrieb. Neumann stimmt seiner Konzeption zu, und er tut
r Daß in der vorliegenden Arbeit Martin Niemöller gut daran,
y 'thin ausgeklammert ist, weil über ihn in einer anderen Freilich: das lösende und erlösende Wort bringt Karl
Sch° . tlicl,ung zur gleichen Zeit berichtet wird (Jürgen Barths Heft noch nicht. Auch er hat seine Zeit nötig. Und so
m,dt, Martin Niemöller im Kirchenkampf. Hamburg steht diese Arbeit zwischen all den anderen bekenntnisarti-