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Ausgabe:

1972

Spalte:

439-443

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Burchard, Christoph

Titel/Untertitel:

Der dreizehnte Zeuge 1972

Rezensent:

Roloff, Jürgen

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439 Theologische Literaturzeitung 97. Jahrgang 1972 Nr. 6 440

gemeindlichen Tauftcrminologic geprägte Wendungen vor- hrsg. v. E. Käsemami u. E. Würthwein. 103. Kart. DM

liegen, sondern daß es sich bei beiden um Aussagen über das 30,— ; Lw. DM 36,—.

kommende Gericht Gottes handelt, in das Jesus selbst ein- . ■ u

bezogen ist, nehmen die übrigen im Anschluß an die um- Die Paulusdarstellung der Apostelgeschichte, mit der sie

strittene Stelle 1 Kor 7,14 Stellung in der Auseinanderset- Burchards Göttinger Habilitationsschrift befaßt, bildet ein^

zung um die Säuglingstaufe. Dellings zentrale These, die er der umstrittensten und spannungsreichsten Zonen aul ae

in einer Kontroverse mit J. Blinzler (Nr. 16) noch weiter Landkarte der gegenwärtigen neutestainentlichcn Forschung

präzisiert, besagt, daß in 1 Kor 7,14 nicht von Säuglingen Zwel Hauptstränge der Diskussion um das lukanische 1*

bzw. Kleinkindern die Rede sei, die auch als Ungetaufte An- schichtswerk überschneiden sich hier nämlich: einerseits du

teil an der „Heiligkeit" ihrer Eltern (bzw. des christlichen Auseinandersetzung um seinen literarischen Charakter, an

(ilternteils) haben, sondern daß Paulus hier von bereits er- deinerseits die Frage nach seinem Geschichtsbild und Kircnen-

wachsenen Kindern spreche, die den Übertritt ihrer Eltern Verständnis.

zum Christentum nicht mit vollziehen wollten. Demnach Burchard hält es für eine methodisch fragwürdige Prajudi-

müßte 1 Kor 7,14 aus der Diskussion um die Kinderlaufe zierung der Ergebnisse, wenn Vertreter der konsequent rc-

ebenso ausscheiden, wie die zuletzt von J. Jeremias mit gro- daktionsgeschichtlichen Betrachtungsweise, wie E. Haen-

ßem Gewicht befrachteten ,,oikos-Formeln", mit denen sich chen, H. Conzelmann und G. Klein, Lukas allein von seiner

der Aufsatz „Zur Taufe von ,Häusern' im Urchristentum" schriftstellerischen Intention her zu begreifen suchten und

(Nr. 17) befaßt. Die Aussagen des NT über die Taufe bzw. darüber die Frage nach seinen Quellen weitgehend als irrele-

die Bekehrung ganzer „Häuser" geben nämlich keine Aus- vant vernachlässigten. Denn so gewiß das, w as an Traditio"

kunft darüber, „ob in der Urchristenheit die kleinen Kinder da ist, „nicht an Lukas vorbei, sondern nur durch ihn I"""

der betreffenden ,Häuser' getauft wurden" (S. 310). Wie durch gelesen werden kann" (S. 17), so gewiß ist andererselt*

denn Überhaupi „die Frage der Kindertaufe im NT nicht als ein Urteil über die Art und Weise seines Umgangs mit <K!r

solche erkennbar wird" (ebd.). Sie kann für uns heute nicht Tradition nur möglich auf Grund von Einsicht in Art und

in biblizistischer Weise, sondern nur durch eine am Taufver- Umfang dieser Tradition. Allen globalen Rekonstruktion*"

ständnis des NT orientierte grundsätzliche Überlegung über versuchen der lukanischen Theologie hat also eine detailliert*

das Wesen der Taufe entschieden werden. Analyse der Texte vorauszugehen, in der sich traditions- und

Den letzten und größten Teil des Bandes nehmen Beiträge kompositionsgeschichtliche Betrachtungsweise durchdri»"

ein, die verschiedene Aspekte des Themas Gottesdienst he- £en mussen-

handeln (Nr. 18-26). Hier ist zunächst der Aufsatz „Das Daß die von der Frühzeit des Paulus handelnden Passagen
Abendmahlsgeschehen nach Paulus" zu nennen, der als vor- der Apostelgeschichte als Testfeld für diese Methode beson-
bildlich klare Darstellung eines schwierigen Sachkomplexes ders geeignet sind, liegt auf der Hand: „Einerseits lassen
Beachtung verdient: vor allem die gegenseitige Durchdrin- sich hier Tradition und Redaktion besser trennen als anders-
gung von christologischem und ekklesiologischem Aspekt ist wo, weil Lukas die Dinge doppelt und dreifach darstellt und
hier schlüssig herausgearbeitet. Wichtig für die Erfassung weil außerdem für die Tradition die Paulinen und DeuterO"
und Beurteilung liturgisch geprägter Elemente im NT ist die paulinen, für die Redaktion Lukas' Darstellung der paulin»"
Studie über „Geprägte partizipiale Gottesaussagen in der sehen Wirksamkeit, deren Grundzüge in den Anfängen an-
u ich l istlichen Verkündigung". Delling führt hier den Nach- gelegt sind, zum Vergleich zur Verfügung stehen" (S. 22)-
weis, daß fixierte partizipiale Prädikate als Bestandteile fest- Burchard legt seiner Untersuchung neben dem Primärbe-
formulierter kurzer Glaubensaussagen bekenntnismäßiger rieht Apg 7,58; 8,1a.3; 9,1—30, die beiden paulinischen ^er-
und doxologischer Art zu beurteilen sind, und zwar rechnet teidigungsreden 22,1—21 und 26,2—23, in denen die Ereig'
er damit, daß dieser Partizipialstil „weithin in den Anfängen nisse noch einmal im Munde des Paulus rekapituliert werdeOi
des Übertritts des Christentums auf den hellenistischen sowie einige verstreute Einzelangaben über des Paulus Her-
Sprachbereich entwickelt worden ist" (S. 415). Den Ab- kunft und Werden (13,9; 16,37-39; 21,39; 22,25-29 ; 23.27 ;
Schluß bildet ein materialreicher Aufsatz „Zum gotlesdienst- 18,3; 23,6) zugrunde.

liehen Stil der Johannes-Apokalypse", der sich mit den den in streng gegliederten, methodisch klar angelegten Schrit-

himmlischen Gottesdienst darstellenden Elementen der Rah- ten beschreibt jeder Abschnitt des Buches eine Zirkelbewe-

menvisionen bzw. -auditionen der Apokalypse unter form- gung: am Anfang steht jeweils eine Analyse des Kontexte»

geschichtlichen Gesichtspunkten befaßt. Dabei wird zu- der zu untersuchenden Stelle, deren Ziel es ist, Brüche und

nächst deutlich, daß diese Stücke keine eigenständige Funk- Spannungen sichtbar zu machen und so die vorlukanische

tion besitzen, sondern daß sie auf die eigentlichen apokalyp- Tradition in ihren groben Umrissen zu erkennen. Eine nähere

tischen Vorgänge bezogen sind, die sie vom Glauben her „als Abgrenzung wird dann jeweils unter der Überschrift „Tradi-

Ereignisse deuten, die das Heilshandeln Gottes - durch das tjon un(] Redaktion" vorgenommen. Dem folgt der Versuch

Gericht an der Welt hindurch - vollenden" (S. 448). jer traditions- und formgeschichtlichen Näherbestimmung

Dieser Aufsatzband gibt Einblick in die Werkstatt eines des Materials. Abschließend erfolgt jeweils eine Besinnung

Exegeten, dessen Arbeitsweise durch philologische Akribie, "her das Ziel, das Lukas mit der Integration der jeweilige11

souveräne Beherrschung des historischen und religionsge- Tradition in sein Werk verfolgt.

schichtlichen Parallelenmaterials und Abgewogenheit. des gs liegt in der Natur der Sache, daß die einzelnen

AbUrteils
gekennzeichnet ist. Hier wird nicht für gewagte Hy- schnitte der Arbeit Burchards von recht unterschiedlicher Er-
pothesen geworben, sondern zum Mitarbeiten an den Texten giebigkeit sind. So ist die Tradition, die er hinter den Notizen
und zum selbständigen Mitdenken über die dargestellten über Herkunft und Werdegang des Paulus (Apg 7,58; 8,1a!
Probleme eingeladen. 13,9; 16,37-39; 21,39) zu erschließen sucht (C. 2), durchaus
Hamburg Jürgen Roloff vfge5 alles'. was hier gesagt werden kann, ist, daß Lukas in

diesen Notizen vermutlich auf einige allgemeine Kenntnis**
der Paulusbiographie rekurriert, wie sie im paulinischen Mis*
sionsgebiet in Umlauf waren. Relativ begrenzt bleibt auch
der Ertrag der Analyse von Apg 9,19b—30, des Berichtes
Burchard, Christoph: Der dreizehnte Zeuge. Traditions-und über die paulinische Predigltätigkeit in Damaskus und inr
kompositionsgeschichtliche Untersuchungen zu Lukas' Ende sowie den ersten Aufenthalt in Jerusalem (C. 5): als vorDarstellung
der Frühzeit des Paulus. Göttingen: Vanden- lukanische Traditionen lassen sich hier nämlich nur die anek-
hoeck & Ruprecht 1970. 196 S. gr. 8° = Forschungen zur dotische Notiz über die Flucht aus Damaskus (9,24b.25)
Religion und Literatur des Alten u. Neuen Testaments, sowie — mit einiger Wahrscheinlichkeit — der Bericht vom