Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1972

Spalte:

434

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Sehmsdorf, Eberhard

Titel/Untertitel:

Die Prophetenauslegung bei J. G. Eichhorn 1972

Rezensent:

Möller, Hans

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

433

Theologische Literaturzeitung 97. Jahrgang 1972 Nr. 6

434

Persönliche Spange des toten Königs bringt, werde „David Sehinsdorf, Eberhard: Die Prophetenauslegung bei J. G.
als Nachfolger Saids gekrönt" (S. 220). Der kurze, aphoris- Eichhorn. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1971.

menhnfto Bericht von der bald nachfolgenden Salbung Da- 208 S. gr. 8°. Kart. DM 38,-.

^ds zum König über Juda ist für den Autor der Vorgeschich- , „

te nur im Hinblick auf die weiteren Ereignisse wichtig. Auf ™eieriei kommt es .lern Vf. an: die früheren und die

späteren Äußerungen Eichhorns mehr, als es bisher geschah,
S Mc o"o VorSesclliclltc (2S;,m 2,4b-2Sam 5, vgl. m untersc]lei[|en unrt Zu klären, in welchem Verhältnis Her-

bm,"J~ , ] Wlrd mit 2Sam 2,4 b_11 el"gel«llct- Dlc We'- derund Eichhorn zueinander stehen.
Wmg um Israel (2,4b-7) schlägt fehl (2,8-11). Der zermürbende
Bruderkrieg bricht aus (2,12-3,1, vgl. S. 225 ff.). G. In elnem erstcn Al'scl,nltt werden Eichhorns und Herders
ni">mt an, daß der Autor „zwei ihm bekannte Überlieferun- Beiträge zum Prophctenproblem in den Jahren 1780-1783
gen über im Gebiet Benjamin Stattgefundene Kampfspiele behandelt. Der erste Teil von Eichhorns Einleitung in das
**'schen Eschbaals und Davids Leuten (2,14-16 und 2,18 bis AI,e Testament (1780) und der erste und zweite Teil von Her-
*) dazu benutzt, um einen regulären Kampf zwischen Juda dcrs Briefen, das Studium der Theologie betreffend (1780).
°«er besser Davids Leuten, und Israel um die Herrschaft in wer,,c" einander gegenübergestellt, sodann wird der dritte
einem geeinten Heid, zu illustrieren" (S.231). Auch hier will Teil von Eichhorns Einleitung in das Alle Testament (1783)
°ffenbar der Autor den Judäer David als rechtmäßigen Er- mit Herder« „Vom Geist der hebräischen Poesie" erstem und
**» des Benjaminiten Saul vorstellen (vgl. S. 234). G. meint, zweitem Teil (1782-1783) verglichen. Dabei zeigt sich, daß
daß der gewaltsame Tod Abners nur deshalb erzählt werde, Eichhorns Methode schon 1780 vorhegt und .laß seine Dich-
Davids Unschuld darzutun, was aus 2Sam 3,28-39deut- tungstheorie von Herder abweicht.
°h ''ervorgehe (vgl. S. 240). Das Sterben der beiden Könige Der zweite Abschnitt geht darum den Anregungen und
aul (in der Philisterschlacht) und Eschbaal, welchen der Er- Vorformen von Eichhorns Prophetenauslegung nach. Er
Wähler übrigens nur als „einen rechtschaffenen Menschen" zieht Eichhorns Frühwerk (1774—1779) in Betracht, berück-
zeichnet (2Sam 4,11), diene dazu, David als rechtmäßigen sichtigt die zeitgenössische Prophetenexegese, fragt nach
on von ganz Israel zu erweisen (vgl. S. 242ff.). Mit dem Eichhorns Göttinger Lehrern und mündet wieder ein in die
^esentlicl, durch den Vf. komponierten 5. Kapitel, das die Frage nach Herders Bedeutung für Eichhorns Prophetenaus-
-'hl des Sohnes Isai zum König, dessen Sieg über die Phi- legung bis 1783. Um 1780/1781 verschiebt sich Eichhorns
lstcr UI'd die Eroberung Jerusalems enthält, gehe die Vor- Prophetendeutung, die Annahme von Weissagungen tritt
Beschichte zu Ende, deren Ziel in 2Sam 5,10+12 expressis zurück, er plädiert für Sparsamkeit der Wunder. Als Beispiele
^erbis noch einmal formuliert werde. Ganz Israel (lSam zeitgenössischer Prophetenexegese werden Jona, Daniel und
"»11; 18,16: 19,5: 24,3; 25,1; 2Sam 2,9; 3,12, 21,37; 4,1) Jesaja herausgegriffen. Eichhorn erseheint den Früheren ge-
lst "un David Untertan. genüber als selbständig. Geprägt ist Eichhorn offensichtlich
G. kommt zu dem Ergebnis, die Abfassung der Vorge- von seinen Göttinger Lehrern, besonders von J. D. Micha-
Dichte ,Jn die Zeit nach der Teilung des Reiches unter Re- elis (Textbehandlung), A. L. v. Schlözer (Anthropologie und
h«beam zu datieren" (S. 277). Ihr Autor projiziere „die Universalgeschichte), vor allem Chr. G. Heyne (geschicht-
^eigespahenbeit des Reiches Davids (= Israel und Juda) b*he Zusammenhänge, I'rage nach der Zuverlässigkeit von
"» das Reich Saul», das Schisma zwischen Süden und Norden Überlieferungen, Entwicklung der Menschheit von kindlicher
(Juda und Israel) nach dem Tode Salomos in die Zeit nach Naivität zu geistiger Bewußtheit), vielleicht auch P. Miller
*aul zurück" (S. 274). Der Verfasser, so meint G„ habe wohl (Enlwieklungsgedanke). Gewisse parallele Leitgedanken sind
«0 enger Verbindung mit dem Hof in Jerusalem gestanden, bei Eichhorn und Herder festzustellen, doch sind Hermenen-
*** seien in der Vorgeschichte gewisse Anzeichen eines anti- ,lk "'"1 Offenbarungsbegriff verschieden.
JUdäischen Affekt es vorhanden, die darauf schließen lassen, Der dritte Abschnitt verfolgt Eichhorns Prophetenausle-
daß er kein Judäer war (vgl. S. 278). guiig nach 1783. Eichhorn überträgt seine Prophetentheorie

]);,. , , • , . . •■Ai it auf das Neue Testament. Ah 1816 widmet er sich erneut den

"•e Arbeit von G. bringt eine minutiöse Analyse der I exte _ , _ , , .... . ., — . ,

Unter t.. , • , ?• i . -i u /, , ,. Propheten. Besonders beschul 1 igt ihn die l'rage nach der

iiaditionsgeschichtlichen Gesichtspunkten. Gerade die . • fij »,

Fra«o „„ u ■ ,• t -i il i i . chronologischen Einordnung und nach der genauen Abgren-

15' naen dem 1. herheferungsmatenal, welches der Autor , " , • . „ , , , ,. c. , .,

der V,.- l• , ■ ■ i i • i ^ • , zung der prophetischen Orakel. An die stelle der Ahnungen

Vorgeschichte unter bestimmten theologischen Gesichts- .. . , , r>* i j it i- i . . j- • ■ • ■

Punkt»« i • ■ i • . • i über den Wechsel von Gluck und Lngluck tritt die sittlich

'neu zu gestalten sich vorgenommen halte, erweist sich . , , ., . , , ,

Oiethn,t;.. i ... i . r l.i. V. i- ..i i ^ i • j i veredelnde Absicht der l'roplielen.
ynodisch höchst fruchtbar. Das Erzahl-Gcwehe wird pla- r

und manche ins Auge springenden Widersprüche und D"«e Marburger Dissertation zeigt, wie sehr mau sich vor

™«e lassen sich verstehen. Inwieweit die Hand de» Dtr bei Pauschaleinstufungen hüten muß. Früh- und Spätstadien

£er Konzeption der Einigest alt der Vorgeschichte bzw. ihrer sind ™ berücksichtigen, und das Einflußverhältnis von an-

^•"fiigung in den größeren Kontext am Werke war, ist hier deren und zu anderen ist sehr viel differenzierter. Mit Recht

desh;,lb nicht berichtet, weil offensichtlich dieser letzte Über- nebl der Vf. hervor, daß die Bedeutung der Göttinger Bibel-

,eferungSprozeß kaum die literarische und theologische Ei- Wissenschaft noch eingehender Untersuchungen bedarf. Dies

Anständigkeit der Vorgeschichte veränderte. Die vorliegende sci durch einige Hinweise unterstrichen: Heynes mythische

raditionsgeschichtliche Textanalyse stellt freilich im Detail Deutung des Alten Testaments und Heynes Vorstellung vom

Manche Hypothesen auf, über die'man anderer Meinung sein kindlichen Zeitalter gehen auf Hermann v. d. Hardt zurück.

*jan», besonders dort, wo G. auf angebliche Lokaltruditionen In der Jonadeutung hat Eichhorn nur Hardts Programm von

Be*ug nimmt, die wohl kaum ausreichend zu identifizieren 1719 erwähnt und noch dazu mißverstanden. An anderer

8lnd. Stelle aber (Geschichte der Literatur Bd. V S. 595) nennt

n;„ »il .. , • Eichhorn ihn einen sinnreichen Schriftsteller. Auch die Ver-

Leist! ,"' IU,lg,Sle,"e K°',CnhnKener Bissertat.on Hanns ^ ^ |);im,,J|)Uchos m m;lUU.,hüische Zeit und die An-

«ler imCn ■ "" dänischen Manuskript nicht im- nahme ex;lischer und nnchoxilis«*« Stücke im Jesaja findet

fehle' , S,gen' %ute" Stil "»'erset*- 'eh zähle 192 Druck- ^ bei Hardt leichell die Aufteilung der Pro-

C 1 "" 2 SlC"C" (S- 2°2' 273) aUCh der SatZ^U T phetenhücher in kleine Sprucheinheiten. Auf den Geist ,1er

S- 185 s"')7nefa.ten (Vg'' "UCh drucktechnisch »cUecht 1737 gegründeten Universität Göttingen hat Hardt durch

. ö. 270 fehlt die Anm. 37). ausdrücklich für sie bestimmte Veröffentlichungen einzu-

| as Buch enthält ein Literaturverzeichnis (7 S.), ein Au- wirken versucht. Schlözer wird S. 16. 118—120.189 erwähnt,

fenregister, ein ausführliches Stellen- und Sachregister man vermißt aber S. 121—130 einen besonderen Abschnitt

0w'e m dänischer Sprache ein Resümee des Inhalts (4</2 S.). über ihn. Auf S. 121 muß es J. D. statt D. J. Michaeli Bheißen.

Pu"ach i. Isartal Herbert Dreit Trebitz/Elbe Hans Möller