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Ausgabe:

1972

Spalte:

369-371

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Bellini, Enzo

Titel/Untertitel:

La chiesa nel mistero della salvezza in San Gregorio Nazianzeno 1972

Rezensent:

Bertram, Georg

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Theologische Literaturzeitung 97. Jahrgang 1972 Nr. 5

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Weist ihn einem hellenistischen Judentum zu, das seiner- Gregor von Nazianz hat als theologischer Lehrer, ohne
seits durch palästinensische Reformbestrebungen beein- gerade selbständig ein theologisches System zu entwickeln,
'ußt wurde, in denen levitische Kreise eine bedeutsame wie als Kirchenmann und vor allem als rednerisch hervor-
Rolle spielten (S. 51.83f). Manch« wird nicht ohne Zögern ragender und vom Volke begeistert aufgenommener Verlese
elegant gebaute Brücke betreten, die das bisherige künder des christlichen Glaubens in entscheidungsvollen
-uptarbeitsgebiet der Herausgeberin mit dem hier er- Zeiten politischer und dogmatischer Streitigkeiten das In-
scnlossenen Gegenstand ihrer speziellen Forschungen ver- teresse auch der modernen Forschung gefunden. Seine Stel-
indet. In der anschließenden Behandlung der theologischen lung als Rhetor und Philosoph ist kürzlich von Rosemary
spekte (S. 59—96) wird wenigstens an einem Punkt die Radford Ruether: Gregory of Nazianzus, Rhetor and Phi-
sachliche Relevanz ihres Ansatzes ganz deutlich. Bei der losopher, Oxford 1969 (vgl. ThLZ 96. 1971, 435f) behandelt
Erstellung der Ekklesiologie des 1 Clem, wo neben dem worden. Bellini, der Vf. der vorliegenden Studie, wendet
ergleich mit der militärischen Ordnung (Hinweis auf Qum- sich dem Problem der Kirche bei Gregor zu und zeigt die
j"an') das levitische Vorbild besonders herausgehoben wird, grundlegende Bedeutung der Lehren von der Göttlichkeit
ornmt sie zu der These, daß allein in der levitischen Hier- des Sohnes und des Hl. Geistes für die Erlösung und die
srehie und nicht in der im Rabbinat geübten Weitergabe Vergöttlichung des Menschen in einem Erziehungsprozeß
er Lehre die Wurzeln des von Clemens vertretenen Suk- und führt damit zu einem tieferen, mystischen Verständnis
Zessionsgedankens liegen (S. 83). Die theologischen Impli- der Kirche. Da Gregor das Thema als solches nicht oder
Nationen dieser Auffassung sind unschwer erkennbar. — Die kaum behandelt hat, ergibt sich für den Vf. eine doppelte
romische Intervention wird als Geltendmachen einer brü- Aufgabe: es gilt, das Material zum Thema aus den Schriftlichen
Autorität interpretiert, die sich nicht von der poli- ten des Kirchenvaters zu sammeln und es dann systematisch
'sehen Stellung Roms herleiten läfjt, sondern im Zeugen- geordnet darzubieten. Der Vf. hat die für das Verständnis
J*1 des Petrus und des Paulus gründet. Im Urteil über das der Kirche bedeutsamen Aussagen aus seinen Schriften, be-
erhältnis zur synoptischen Tradition berührt sich die Her- sonders den Theologischen Reden gesammelt und in zielsi-
au.sgeberin mit H- Köster, dessen Arbeitr' in dem sonst sehr cherer Auswahl beispielhaft dargeboten. Die Fundorte sind
reichhaltigen Literaturverzeichnis leider übersehen ist: GL jeweils genau angegeben, außerdem sind anhangsweise 2
schöpft aus der Logientradition (13,1—2. 46,7-ß), hat jedoch der bedeutsamsten Textstücke analysiert und disponiert
eines der uns bekannten Evangelien benutzt. worden. Eine methodologische Einleitung weist auf die hi-
^ie zum Teil sehr umfangreichen, der Übersetzung bei- storisch-exegetischen Voraussetzungen des Themas hin. Für
Segebenen Anmerkungen modifizieren das in der Einleitung die Anordnung des Stoffes ergeben sich zwei Hauptteile. Der
_ hvorfene Gesamtbild nur wenig, enthalten jedoch man- erste Teil behandelt die Kirche ihrem inneren Wesen nach
es bemerkenswerte Urteil: die Ausführungen über den (La chiesa nel suo mistero). Die wesentlichen Motive der
Vof4_5 smcj jüdisch beeinflußt, vgl. Philo, de Josepho 5 Gedanken Gregors sind durch die Umstände seines Lebens

in der berühmten Partie über die Hure Rahab bestimmt. Von da aus wird seine geschichtliche Stellung wie

(S. 104);

^2-1—7 wird eine judenchristliche Quelle verwendet (S. 118 seine Lehre in ihrer Zeugnishaftigkeit gekennzeichnet: es
SgS .l24); der stoisch klingende Abschnitt 20,1—12 ist eben- zeigt sich die Weiterbildung der Überlieferung zu tieferem
judisch vermittelt (S. 134ff) wie die Phönixsage 25,1—4 und klarerem Verständnis, und seine selbständigen Meinun-
* ■ «51f); eine weitere jüdische Quelle liegt den Ausführun- gen und Hypothesen treten hervor. Das alles wird im gege-
bp über die levitische Ordnung 40-^1 zugrunde (S. 166 benen Rahmen im Vergleich mit den Aussagen der Vorgän-
ls 169), cin Zusammenhang, der die Lebendigkeit jüdisch- gcr wie der Zeitgenossen in kritische Beleuchtung gestellt.
U tlscher Vorstellungen auch in der Periode zwischen 70 Der Vf. kann sich dabei auf eigene Arbeit an den Quellen
135 n. Chr. zeigt (vgl. dazu Clark NTS 6, 1960, S. 269 und Texten berufen. Die mannnigfachen und einander wider-
280) j das große Schlußgebet 59—61 entstammt der rö- strebenden Eindrücke und Einflüsse seit der Jugend in einer
■sehen Liturgie (S. 194f, vgl. auch 39f). Kirche, die Bürgerrecht erworben hatte im irdischen Reich,
ie in der Einleitung und in den Anmerkungen heraus- lassen eine eindeutige Antwort auf die Frage, wie Gregor
0rj eitete Traditionslinie, die von einem levitisch-kultisch die Kirche erlebte, schwerlich zu. Sie stand in inneren und
enherten Diasporajudentum zu einer sich bereits hier- äußeren Kämpfen um Reinheit und Einheit gegenüber kaiisch
erstehenden römischen Gemeinde führt, wird noch serlichen Übergriffen und drohendem Zerfall. Es ging um
j anc"e kritische Rückfrage auslösen. Daß jetzt nach den im den rechten Glauben, um die Grundsätze und Werte, die ihr
,. n Jahrzehnt erschienenen deutschsprachigen Monogra- Bestand und Wirkung sicherten. Bei den christologischen
ien von Ziegler, Knoch und Beyschlag mit dem hier an- wie den trinitarischen Meinungsverschiedenheiten geht es
Zu S19ten Werk der seit langem umfassendste Kommentar eigentlich um die Soteriologie, um das Verständnis der Er-
v .. 1 Clem aus der Feder einer französichen Forscherin lösung. Gottes Absicht ist die Gottwerdung des Menschen.
9en 1,e3t ze'9t ^ unverminderte Interesse an diesem Ge- Sie geschieht durch das Handeln Gottes und verwirklicht
ein Srant*' Der künftigen Arbeit wird mit dieser Ausgabe sich in der Kirche. In der Schöpfung wie im Heilsgeschehen
fortan unentbehrliches Hilfsmittel dargeboten. offenbart sich Gottes Güte ihm selber wie allen Wesen der
H3!|e Saale Wolfgang Wiefel geistigen wie der körperlichen Welt zur Freude. Der Mensch
') Les , ..... . „. ist ausgerichtet auf himmlisches Leben, aber er steht in der

37 V;„?L sources de la conception mihtaire de l'Eglise en I Clement _ . . . , T „ r », «- ^ ~l • , j

»^gChr i8, 1964, 7*-B4. Entscheidung. Im Opfer am Kreuz hat Christus als der zwei-

i emes levitiques dans la Prima Clementis VigChr 18, 1964, 190-203. te Adam das Ebenbild Gottes im Menschen wiederherge-

^»•noÄ ^^^0^^gL:^- stellt- ^ Weg geht von Christus zur Kirche. Sie bekennt

91, er«en Clemensbriefes, Bonn 1964, vgl. Anzeige des Rez. ThLZ den einen rechten Glauben, der den Frieden des Zusammen-

4) Ciem,^« ^o-5"' .. j t »■.■ l ,. . lebens begründet, der die Quelle des Heils ist und sich in

*u i Komanus und der Fruhkatholizismus. Untersuchungen " ' ,. . w i. c j ■ i

seh© r '~7' BhTh 35' Tübingen 1966, dazu die ausführliche kriti- der Taufe vollendet. In der himmlischen Kirche finden sich

»sprechung von H. J. Leder ThLZ 92, 1967, Sp. 831-835. die Erlösten zusammen. Wie die irdische Kirche dem ird'

. ,' "^Optische Dherlie'orunn h») rlan AnnttnücrliAn Vnl.rn TU AV . . .... ......... ...

Ber'in iSsTz*,. aeem.ieseTl3.bei ^ Apos,°lis,:hen Vätern' TU ^ sehen Christus nachfolgt, so hat die himmlische teil an seiner
Auferstehung. Sie ist ein Ort der Freude, des Friedens
und der Ruhe (Plato!).

e'lini, Enzo: La Chiesa nel mistero della Salvezza in San Der zweite, nur knapp ausgeführte Teil der Arbeit bc-

Gregorio Nazianzeno. Venegono Inferiore (Varese) i Semi- schäftigt sich mit den Erscheinungsformen der (irdischen)
nario Archivescoville di Milano. Ed. „La Scuola Cattolica" Kirche. Ihrem Wesen nach ist sie die Gemeinschaft aller
11970). in g gr 8°. Menschen der Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft. Die