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Ausgabe:

1972

Spalte:

302-304

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

Autor/Hrsg.:

Gibson, Alexander B.

Titel/Untertitel:

Theism and empiricism 1972

Rezensent:

Søe, Niels H.

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Theologische Literaturzeitung 97. Jahrgang 1972 Nr. 4

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ebener Kunsthistorikern Professor Dr. Hans Sedlmayr „1. Vom Eintreffen in Bayern 1674 bis zur Amtsund
Dr. Norbert Lieb. Sie vertieft die Kenntnis von der enthebung als Hofbaumeister 1689.
geschichtlichen Entwicklung der barocken Kirchenbau- 2. Tätigkeit als freier Architekt 1689-1702.
Kunst in Altbayern durch eine exakte, um die schrift- 3. Zweite Amtsperiode als Hofbaumeister (zuletzt als
liehen Quellen,'Baupläne und stilkritische Analysen der Hofober- und Landbaumeister) 1702-1713" (S.129).
Bauten bemühte Einzeluntersuchung. Der Graubündener Der Abschnitt verdeutlicht die Vielfalt von Viscardis
Baumeister italienischer Zunge gehört von seiner Heimat Wirken, das nicht nur auf die behandelten Kirchenbauten
und seiner Generation her zu den Vermittlern der Barock- beschränkt war, um abschließend noch einmal auf die
^kunst Italiens nach Bayern, die sich hier in der verschiedenen kunstlandschaftlichen Wurzeln seiner per-
1; Hälfte des 18. Jahrhunderts zu künstlerischer Höhe mit sönlichsten Leistungen, der Zentralbauten, hinzuweisen,
eigenständigen Ausdrucksmitteln entfaltet. Eine „Zusammenfassende Chronologie" (S. 136-147)
Die im Teil I (S. 13-58) ausführlich behandelten beiden und „Dokumente" (S. 148-152), ein Verzeichnis der Quel-
^entralbauten „vom Typus des überkuppelten Griechi- len und Literatur (S. 153-159) und der Abbildungen
sehen Kreuzes" (S. 131), die Mariahilfkirche in Freystadt, (S. 160f.), ein Orts- und Personenregister (S. 162-168) so-
Lamlkreis Neumarkt/Obf., (1700-1710) und die Drei- wie ein den Text unterstützender Bildteil mit 26 Abbil-
[altigkeitskirche in München (1711-1718), sind nicht nur düngen, zu denen Zeichnungen im Text kommen, runden
die wichtigsten und auch am besten erhaltenen Bauten des das Werk ab.

-Meisters, sondern nehmen darüber hinaus eine Schlüssel- Leipzig Hartmut Mai
Stellung in der Entwicklung des barocken Zentralbaus in
Bayern ein. So sieht die Studie „ihre Hauptaufgabe darin,
•ii Viscardis Werk den konkreten Weg aufzuzeigen, den

d'e Zentralbauidee des Barocks in der römischen Fassung PHII (*) * P H I F

des mittleren siebzehnten Jahrhunderts bis zu einer rniLUOUrniC,

«itzten gültigen Formulierung in Bayern am Ende der RELIGIONSPHILOSOPHIE

Epoche genommen hat" (S. 10). Es gelingt der Nachweis,

daß eine „ununterbrochene und organische Linie" von „.. . „ „ r T, . ,r ... , ,

T)p_„- • T> . S ... .„ . Gibson, A. Boyce, Prof.: Theism and Empincism. London:

ßernini und Borromini über Enrico Zuccalli (Zentralbau- SCM PreM rf970] vm 280 S. 8° = The Library of Philo-

Projekt für Altotting) und Viscardi zu Johann Michael sophy and Theology, ed. by J.Mcintyre and I.T.Ramsey.
bischer führt (S.12). Eingehende Analysen erfassen die

den Räumen innewohnende Dynamik, die durch Grund- Verfasser ist emeritierter Professor der Philosophie in

riß, Lichtführung, Stuckdekoration und Malerei bewirkt Melbourne, Australien, und offensichtlich ein bekennender

•ttd. Ebenso für die Ausbildung der Kuppel von der ita- Christ. Er hat, wie er auch selber bekennt, eine Ein-

»enischen Tambourkuppel über die Flachkuppeln zu mul- Stellung, die der thoniistischen so ähnlich ist, wie es einem

den- und spiegelähnlicher Form stellen die Zentralbauten heutigen Forscher möglich ist. Er bedauert dann auch, daß

Viscardis wichtige Glieder dar, wie auch die gebrochene der christliche Humanismus eines Thomas Moore und

Fassade der Müncheuer Dreifaltigkeitskirche die erste eines Erasmus, der vielleicht einer einheitlichen Christen-

threr Art in Bayern ist. beit hätte bestimmen können, von der Reformation und

r Den „Wirkungen" von Freystadt auf den bayerischen Gegenreformation zerschlagen wurde. Seine Religions-

^entralbau im 18. Jahrhundert geht Vf. auf S. 48-58 nach. philosophie ist in bester traditioneller Weise ein Gebäude

Hier wäre auch die Erörterung der Beziehung von Vis- in zwei Stockwerken: die Grundlage der Gotteserkenntnis

eardi zu Bähr, genauer gesagt, von Freystadt zu Bährs schafft die Philosophie, und für das zweite Stockwerk

erstem Entwurf für die Dresdner Frauenkirche (1722) sorgt der christliche Glaube, eigentlich in bester Harmo-

wünschenswert gewesen, der Walther Schliepe einen gan- nie mit der recht verstandenen Philosophie,

zen Abschnitt seiner Dissertation gewidmet hat (Uber Im Anschluß an Charles Hartshorne, von dem er offen-

Zusammenhänge in der Entwicklungsgeschichte pro- sichtlich stark beeinflußt ist, kämpft er gegen jeden philo-

testantischer Emporenkirchen bis zu George Bähr. Diss. sophischen oder religiösen Determinismus. Die Welt ist

Dresden 1957 S. 47-62). nicht abgeschlossen, sondern immer offen für Initiative

Im II.Teil (S. 59-105) werden die nur teilweise erhal- der Geschöpfe, die auch angesichts der göttlichen Welt-

fcenen Langbauten Viscardis behandelt und die Konzep- regierung eine relative Freiheit behalten. Kierkegaard,

j'ionen des Baumeisters durch rekonstruierende Beschrei- der eine große Rolle spielt, ist zwar hauptsächlich ein

billigen zurückgewonnen. Voran steht die Wandpfeiler- Gegner, der überwunden werden muß. Denn er statuiert

kirche des Prämonstratenserstifts Neustift, Stadtkreis eine tiefe und breite Kluft zwischen Gott und Welt, was

Freising (1700-1722). hart gegen die Grundauffassung des Vf.s verstößt. An

Der III. Teil (S. 76-105) klärt das Verhältnis von Vis- einem wichtigen Punkt bejaht er ihn aber freudig, und
eardi und Ettenhofer beim Bau der Zisterzienserabtei- zwar dort, wo Kierkegaard geltend macht, daß Gottes All-
Kirche Fürstenfeld, Landkreis Fürstenfeldbruck (1699 macht so gewaltig ist, daß er auch freie, verantwortliche
°is 1718). Danach muß die ausgeführte Kirche Viscardi Geschöpfe hat schaffen können. Auch für Gott ist die
abgesprochen und als ein Werk Johann Georg Ettenhofers Zukunft somit nicht überschaubar,
angesehen werden, als „Viscardisches Vermächtnis in der Nun operiert aber Hartshorne vor allem mit einer abAuslegung
Ettenhofers" (S. 105). strakten Ratio, weshalb der ontologische Gottesbeweis

Der IV.Teil (S. 106-126) befaßt sich mit der Zusam- für ihn eine große Rolle spielt. Gibson aber wünscht in
'iienarbeit von Viscardi und dem Münchener Hofmaler ausgesprochener Weise empirisch zu arbeiten. Der onto-
Johann Andreas Wolff beim Kongregationssaal im Jesui- logische Beweis ist kein Beweis. Er hat aber eine gewaltige
tenkolleg München (1698), der Kapelle des Benediktiner- suggestive Macht. Er ist nicht „ein Fragment der reinen
Klosters Lilienberg, Stadtkreis München (1701-1705), dem Vernunft", sondern knüpft an die ästhetischen, mora-
ßürgersaal München (1709-1711) und der Maximilians- lischen und religiösen Antworten eines lebendigen GeKapelle
am Dom zu Freising (1710). Schopfes an. Der Beweis verliert zwar seine Kraft als

S. 127-135 werden „Leben und Werk - Entwicklung Beweis, gewinnt aber hingegen einen Wert als Wegweiser.

und Einfluß" unter Zusammenfassung der Einzelergeb- Wichtiger aber ist der kosmologische und dann vor

nisse der vorangegangenen Kapitel geschildert. Drei allem der teleologische Beweis und der Beweis von den in

«chaffensperioden zeichnen sich ab: der Welt vorhandenen Werten, besonders den mora-