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Ausgabe:

1972

Spalte:

289-290

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Burlaeus, Gualterus

Titel/Untertitel:

Walter Burley's treatise De formis 1972

Rezensent:

Delius, Walter

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Seite 1

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289 Theologische Literaturzeitung 97. Jahrgang 1972 Nr. 4

Stiftskirche hatte mau für Märtyrer gehalten. Jetzt
kommt dazu ein Fund aus dem Jahre 196(5: Ein Enthaupteter
, der nicht vor 364/72 begraben worden sein
kann, so daß man ihn nicht als Opfer einer Christen-
verfolgen deuten kann (S.265). Borger will zeigen, „auf
wie schwankenden Boden unsere Vorstellung von frühchristlichen
.Martyrien' im Rheingebiet steht" (S.270).
Deutlicher wird durch die neuen Ausgrabungen das Bild
von der Klosteranlage aus der Karolingerzeit, deren Anfange
bis in die Jahre 762/68 datiert werden. Agneta
Lundström berichtet über „Helgö als frühmittelalterlicher
Handelsplatz in Mittelschweden". Etwa 80000 Fun-
ua^smd gemacht worden aus dem ersten christlichen
•'uhrtausend. Eine bronzene Schöpfkelle, „die für liturgische
Zwecke während des 6. Jh.8 mit der christlichen
Lehre ihre Verbreitung über Westeuropa fand" (S.284f.),
■st als Abb. 32 im Anhang zu sehen. Die Funde auf
Helgö zeigen „ein industrielles Handwerk, einen verzweigten
Binnenhandel uud einen kontinuierlichen
Außenhandel" (S. 287). Helgö soll schon 400 Jahre vor
dem benachbarten Birka „ein Zentralort" gewesen sein
(S.290). David M.Wilson führt mit dem Thema „Ar-
'•iiaeological evidence for the Viking Settlements and
nuds in England" in das 8. und 9. Jh. Eine "mixture of
^hnstianity and paganisme" läßt sich auch von den
Denkmälern her zeigen (S.300). Walter Janssen legt eine
umfangreiche Materialsammlung vor: „Mittelalterliche
J-jorfsiedlungen als archäologisches Problem" (8.305 bis
jjö7). Die Kirche wird nur einmal genannt: Nach der
Christianisierung der Niedersachsen wurden die Kirchen
■j*^ Kristallisationspunkten für die neue Besiedelung"

Gordana Babic überschreibt ihren Beitrag „Les dis-
tussions christologiques et lo decor des eglises byzantines
uu Xlle siecle - Les 6veques officiant devant l'Hetimasie
•» devant 1'Amnos" (8.368-86). Die Diskussionen wurden
besonders durch Johannes Italos vorangetrieben und
wirkten auch auf Süditalien ein: Palermo, Messina, Mon-
pale (S.380). Das Konzil von 1166 gab bestimmte Festigungen
im Sinne der Orthodoxie, bildliche Darstellungen
unterstützten diesen Trend (Abb. 43-56). Rudolf
^chützeichel berichtet über „Sprachliche Frühmittelaltcr-
'orschung in den Rheinlanden". Glossenhandschriften aus
25? ^' uuc^ ®" )>verraten eine lebendige, volkssprachige
^cnreibtätigkeit, vor allem in Echternach, Aachen, Köln
•j^O Trier, wodurch die Karte der althochdeutschen
^hreiborte insgesamt beträchtlich revidiert und erweitert
wird" (S.395) Manfred Hellmann informiert über
>>Äeue Forschungen zur frühen Geschichte des Kiever
Keicb.es" (S. 398-414). Karl Hauck gibt einen „Vorbericht
das Kästchen von Auzon" (S.415-18) sowie einen
jjjickblick auf ein Frühmittelalter-Kolloquium im Juni
i967 in Münster (S.419-21). Brauchbare Literaturzusammenstellungen
enthält der redaktionelle Abschnitt „Der
• lünsterer Sonderforschungsbereich .Mittelalter- und Re-
•jaissanceforschung'" (S.422-32). Die beachtliche Vielfalt
ues Bandes möchte auch durch eine Rezension zum Ausguck
kommen, die sich nur ganz knapp zu fassen hatte.

Ro»tock Gert Haendler

(1

t£s ^'rederick J. Down: Waller Buriey» TreatUe De Foriuif*.

Lunchen: Vorlag der Bayerischen Akademie der Wissenschaften
; München: Beck i. Komm. 1970. V, 71 S. gr. 8
■T Bayerische Akademie der Wissenschaften. Veröffent-
'chuugen d. Kommission f. d. Herausgabe ungedruckter
texte aus der mittelalterlichen Geisteswelt, IV. DM 13,—.

Der Traktat wird erstmalig nach vier Handschriften
14. und lö.Jh.s veröffentlicht (London, Oxford und
Ms. des Vatikan). Der Publikation wird die Hand-

290

schrift des Lambeth Palace (14. Jh.) zugrundegelegt. Demgegenüber
weist eine der Vatikanhandschriften (2151,
15. Jh.) Auslassungen wichtiger Stellen und Mißverständnisse
auf. Das Lambeth Palace Ms. scheint unter Ver-
gleichung mit anderen Handschriften angefertigt zu sein.

Der Text wird in zwei unterschiedlichen Fassungen als
pars prior und pars posterior veröffentlicht. Ihre Verschiedenheit
läßt die Frage stellen, warum beide den
gleichen Titel tragen. Der Herausgeber gibt die Gründe
an, warum zwei so verschiedene Abhandlungen unter
einem Titel publiziert worden sind. Es scheint sich damit
das Problem zu ergeben, welches der ursprüngliche Text
ist. Die Untersuchung dieser Frage führt zu dem Ergebnis
, daß beide Abhandlungen von Burley (f nach 1313)
geschrieben sind.

Die Veröffentlichung fördert die Kenntnis Walter Bur-
leys als Bekämpfer des Ockhamschen Nominalismus.

Berlin Walter Dellus

KIRCHENGESCHICHTE:
REFORMATIONSZEIT

Braeckmaus, L., S.J.: Confession et communion au rnoyen äg<-
et au concile de trente. Gerubloux: Duculot [1071]. XX,
233 S. gr. 8° = Recherches et Syntheses, Section de Morali-,
VI. bfr. 300 —.

Diese 1965 der Gregoriana vorgelegte Dissertation behandelt
eine einzige Frage: Ist es notwendig, vor dem
Empfang des Abendmahles zu beichten? Den Kern der
Untersuchung bilden die Verhandlungen über das „De-
cretum de ss. Eucharistia" des Trienter Konzils (121 bis
198), in dem es im Canon 11 heißt: illis, quos con-
scientia peccati mortalis gravat, quantumeumque etiam
se contritos existimet, habita copia confessoris necessario
praemittendam esse confessionem sacramentalem". Um
die Entwicklung zu dieser Entscheidung aufzuzeigen und
ihren Inhalt genau zu bestimmen, wird eine Darstellung
der betreffenden Anschauungen des Mittelalters und der
Reformationszeit vorausgeschickt (5-119). Den Abschluß
bilden ein kurzer Blick auf Behandlung der angeschnittenen
Frage in der nachtridentinischen Literatur (199 bis
206), bisher ungedruckte Voten der Konzilsväter aus den
Verhandlungen des Jahres 1551 über das Eucharistiedekret
(207-229) und ein Personenregister. Voten der
Konzilsväter sind nach einzelnen Verhandlungsphasen in
Tabellen übersichtlich zusammengestellt, wie überhaupt
der klare Stil das Lesen der Arbeit zur Freude werden
läßt. Aus dem offenbar in allen Ländern vorhandenen
Schwund der Lateinkenntnisse hat der Vf. die Konsequenz
gezogen und - abgesehen von den Quellenstücken im Anhang
- die Zitate sowohl in der Originalform als auch in
Übersetzung geboten.

Was ist nun das Ergebnis der Untersuchung! Die Ausleger
bezogen zunächst 1 K 11,28 (Der Mensch prüfe sich
aber selbst, und so esse er von diesem Brot und trinke von
diesem Kelch) auf die Prüfung und Reinigung des Herzens
. Hervee de Bourg-Dieu war der erste, der im Zusammenhang
mit diesem Bibelwort von der Pflicht zur
Beichte der Todsünden vor der Kommunion sprach, was
in der weiteren Auslegungsgeschichte zur Diskussion
führte, ob diese Stelle im Sinn einer Verpflichtung auszulegen
sei (9-19). Entscheidend für die Entwicklung
wurde die Bestimmung des 4.Laterankonzils von 1215,
durch die eine jährliche Verpflichtung zur Beichte und
Kommunion in der Passionszeit eingeführt wurde. Doch
wie die Beschlüsse der nachfolgenden Provinzialsynoden
zeigen, verstand man diese keineswegs überall als Beichtverpflichtung
vor dem Abendmahlsempfang (20-28).