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Ausgabe:

1972

Spalte:

272-274

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Torrey, Charles C.

Titel/Untertitel:

Pseudo-Ezekiel and the original prophecy 1972

Rezensent:

Emerton, John Adney

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271

Theologische Literaturzeitung 97. Jahrgang 1972 Nr. 4

272

Im 3. Kapitel (The Word as Literature, S. 28-59) behandelt
der Vf. die literarischen Fragen, zunächst den
Umfang der Einheiten, wobei ihre exakt planmäßige Anordnung
(bes. nach dem Stichwortprinzip) hervorgehoben
wird; danach speziell die rhythmischen, schließlich die
erzählenden Stücke. Alliteration, Wortspiel, Parallelismus
sind die wichtigsten Merkmale der Dichtung Hoseas.

Das 4.Kapitel (S.59-80) untersucht das Problem der
Kommunikation zwischen Sprecher (Gott oder der Prophet
) und Adressaten (Israel). Zwischen göttlicher und
prophetischer Rede werden bezeichnende Unterschiede
gefunden: die letztere enthält weniger Drohungen, bedient
sich häufiger des grammatischen Neutrums u.a.
Die (oft behauptete) Beziehung der Sprache Hoseas zu
profangeschichtlichen Formen wird bestritten.

Das 5. Kapitel (S.81-115) untersucht die Terminologie,
das 6. (S. 116-140) die Struktur der Botschaft Hoseas. In
der Terminologie wird stärkste Abhängigkeit von der
Tradition festgestellt, Hoseas Sprache ist standardisiert.
VomFeind, von der Verwerfung, Drohung, Zerstörung und
anderen Negativa wird in altorientalischen und älteren
alttestamentlichen Ausdrücken, bes. der Klagepsalmen
gesprochen. Aber auch in den positiven Worten (Hoffen,
Erkennen, Gott fürchten, Wahrheit, Gerechtigkeit usw.)
zeigt sich diese Abhängigkeit. Hoseas Sprache schlägt
sich später bes. bei Jeremia, Hesekiel, im Deuteronomium
und den Asaph-Psalmen nieder. Der Vf. entdeckt hinter
dieser Sprache eine Bewegung (movement), für die er die
Benennung „levitisch-deuteronomische Tradition" wählt.

Die strukturelle Beschaffenheit der Botschaft Hoseas
wird anhand ihrer Negativa und Positiva und der Escha-
tologie charakterisiert. Drohung, Anklage und Klage
richten sich gewiß auch gegen einzelne Sünden, vor allem
die des Stolzes und Hochmuts, doch haben diese keine
fundamentale Bedeutung: die Erkenntnis der Sündhaftigkeit
Israels steht vor der Anprangerung konkreter Vergehen
. Die positiven Aussagen sind ausschließlich in
Gottes Wesen und Handeln begründet; die verhängte
Strafe hat eine reinigende Funktion, sie führt das Volk zu
Jahwe zurück.

Eschatologische Verkündigung wird für die Zeit der
alten Prophetie behauptet (eine Auseinandersetzung mit
der Spätdatierung fehlt), und Hosea soll am Anfang der
Entwicklung gestanden haben: „Wenn die Ankündigung
eines unmittelbar bevorstehenden Endes und eines neuen,
vollkommenen Zeitalters ein Kriterium ist, dürfte Hosea
(vielleicht neben Zoroaster) der erste ,eschatologische'
Prophet gewesen sein" (129f.). „Seine Botschaft ist durch
und durch eschatologisch..." (132). Dabei drückt die
Naherwartung nur die Intensität des Glaubens aus.

Diese Bemerkungen zum Inhalt des Buches können
keinen Eindruck seines Gedankenreichtums vermitteln.
Der anthropologische und soziologische Aspekt kommt
immer wieder zu seinem Recht; die verwandten Literaturen
, auch Persiens und Griechenlands, werden ausgiebig
zum Vergleich herangezogen. Ob grundlegend neue Einsichten
gewonnen, die Worte Hoseas überzeugender interpretiert
werden, muß dahingestellt bleiben. Keine der vom
Vf. z.T. in neuer Terminologie gestellten Fragen ist der
bisherigen Hosea-Forschung unbekannt geblieben. Der
weiter gesteckte geistesgeschichtliche Rahmen, die weiter
hergeholten Parallelen sind nicht immer erleuchtend, so
wenn Hoseas frühe Eschatologie neben die Zoroasters
(130), die altprophetische Verantwortlichkeit neben die des
Demosthenes (125) gestellt wird.

Nicht neu ist die weite Definition des Kults (70), nach
der es in Israels Prophetentum überhaupt nichts Nicht-
Kultisches geben kann und eine alte Streitfrage auf diese
Weise erledigt wird. „Licht und Wasser sind zwei wichtige
Elemente in kultischer Mythologie und Erwartung"
(108), ohne Zweifel; aber ist es so schwer zu entdecken,

daß auch außerhalb des kultischen Bereichs Wasser getrunken
und Licht wahrgenommen wird? Audi nichtkultisches
Weinen scheint es nicht zu geben (112).

Ebenfalls nicht neu ist die auf Grund der Wortuntersuchung
behauptete „tiefe Abhängigkeit" Hoseas von der
Tradition (113 und vorher). Die Begründung besteht oft
nur in dem Nachweis, daß die Worte des Propheten bereits
früher gebraucht wurden. Nach diesem Argument
kann man bekanntlich kein einziges Wort sagen oder
schreiben, ohne damit seine totale Traditionszugehörigkeit
zu erweisen. Und welchen Belang hat eigentlich die
tiefe Abhängigkeit Hoseas, wenn ihm dennoch die Freiheit
zugestanden wird, den „Stilisierungen" eine ganz
neue Richtung zu geben (114); sollte die Tradition darin
unwirksam sein? Doch wollen diese kritischen Fragen das
Verdienst der Arbeit von Buss nicht schmälern; sie hat
vernachlässigte Fragen der Hosea-Forsohung aufgeworfen
und beantwortet.

Maint Fritz Maasa

Torrey, Charles Cutler: Pseudo-Ezekiel and the Original Pro*
phecy, and Critical Articles by S.Spiegel and Ch.C. Torrey.
with aProlegomenon byM.Greenberg. New York: Ktav Publishing
House 1970. XXXIX, 251 S. gr. 8° = The Library
oi'Biblical Studios, edited by H.M.Orlinsky. Lw. 8 12.50.

Torrey's well-known book about Ezekiel was first
published in 1930, and was reviewed by C.Kuhl in
ThLZ 57,1932, cols. 27-29. Torrey maintains that the original
form of the book of Ezekiel was a pseudepigraph,
which purported to come from a prophet in Jerusalem
during the reign of Manasseh but was in fact written c.
230 B.C., and that its aim was to warn Jews of the dis-
asters to which their sins might lead, and also to suggest
that a new and better temple should be erected in Jerusalem
in response to the building of a rival temple on
Mount Gerizim by the Samaritans. The book was, he
argues, revised a few years later so as to represent Ezekiel
as a prophet living among the Jewish exiles in Babylonia
early in the sixth Century B. C. The purpose of the reviser,
like that of the Chronicler, was to show that the true
representatives of Israel were, not the Samaritans, but the
descendants of the Jews who had returned to Jerusalem
from the Babylonian captivity. Torrey's book not onlv
has the merit of being lucidly written and readable: it also
subjects aeeepted opinions to a searching examination
and raises some questions which must be faced, even
though his Solution of the problem may not be aeeepted.

The value of the reprint of this important work is in-
creased by the fact that several relevant articles are repro-
duced in the same volume: pp. 123-99, Spiegel, "Ezekiel or
Pseudo-Ezekiel?", HT1.R24,1931; pp. 201-3, Torrey, "Ezekiel
and the exile. Areply", JBL51,1932, whichisan ans-
wer to W.F. Albright's article "The seal of Eliakim and the
latest preexilic history of Judah, with some observations
on Ezekiel", in the same volume of JBL - it is regrettable
that this book does not include reprints both of the relevant
part of this article and of another, "The Chaldaean
conquest of Judah. A rejoinder", in which Albright replies
to Torrey in the same journal later in the year; pp.205 to
234, Torrey, "Certainly Pseudo-Ezekiel", JBL 53, 1934,
an answer to Spiegel; and pp.235-61, Spiegel, "Towards
certainty in Ezekiel", JBL 54, 1935. The pages of the
articles are numbered anew in their reprinted form so that
the pagination runs consecutively from one article to the
next, and it is a pity that the original pagination is not
also recorded, especially since some articles refer to others
aecording to their original page numbers.

The articles serve two useful purposes. First, they help
to clarify Torrey's position on some issues. Thus, his reply