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Ausgabe:

1972

Spalte:

249-265

Autor/Hrsg.:

Vajta, Vilmos

Titel/Untertitel:

Thesen und Antithesen in Luthers Auffassung vom geistlichen Amt im Lichte des Zweiten Vaticanums 1972

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Theologische Literaturzeitung 97. Jahrgang 1972 Nr. 4

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?uen Testament hör wäre das immer neu aufzudecken. Gott deshalb ist et wahrhaftig tot." (Theologie im Umbruch. Mün-

Rar° ^'}nn eme bestimmte Art der Mitmenschliehkeit... (H. chen 1968 S. 85). Altizer entwickelt mit viel Energie eine Art

raun in: Die Problematik einer Theologie des Neuen Teste- negative Geschichtstheologie; immer wieder betont er die

ropnts = Gesammelte Studien zum Neuen Testament und geschichtliche Erfahrung des Todes Gottes, indem er sie z.B.

ainer Umwelt. Tübingen 1962 S.341). Ein Zitat aus dem „eine nackte Realität unserer Geschichte" nennt (ebd.). Bei

• esus-Buch von H. Braun (Jesus. Der Mann aus Nazareth Altizer wio bei anderen Tod-Gottes-Theologen gewinnt die

" sinne Zeit. Stuttgart 1969 3.171) zeigt besonders ein- Christologie, was die Gottesanschauung verliert: „... ein

ueksvoll die Abhängigkeit der Gottesaussage von der Chii- offenes Bekenntnis des Todes Gottes kann uns zu dem Chri-

j ?le: "Jesus ... gewinnt Autorität durch das, was er for- stus führen, der völlig Christus ist, der kenotische Christus, der

n[l 'm<' befreiend dem Menschen zu sagen hat. Gott aber ist sich des Geistes endgültig entäußert hat und ganz Fleisch

<lr° tr-e ^°8ründung dieser Autorität Jesu; er ist der Aus- geworden ist" (a.a.O. S.87).

dp u ^'esen Weg, den ein Mensch gehorchend und beschei- 11 S. z. B. D. Solle: „Jode metaphysische .Setzung' Gottes,

"Sehen kann." dio das .größte neuere Ereignis: das Gott tot ist' (Nietzsche)

■n i (Ve mstruktive Darstellung bei M.Seils: Gott anter- nicht bemerkt, weil sie sich simpel darauf beruft, daß Gott

S^o (Bricht von der Theologie. Berlin 1971 S. 107-130; bes. lebendig sei, bleibt der Privatheit bestimmter religiöser An-

"{fr125)- lagen oder Erfahrungen verhaftet" (Stellvertretung... S. 177).

^ Zur Rolle der Erfahrung s. D.Solle: Stellvertretung. Ein 12 So formuliert H.Dembowp'ri: „Der Sohn ist nicht der

S Btt 'fneo'°g'e "ach dem „Tode Gottes". Stuttgart 196,r> Vater, der Vater nicht der Sohn, der Vater begegnet jedoch

', • ll-ö- N_'u.rdings findet sich ein modifizierter Erfahrungs- ausschließlich im Sohn, abgesehen von der Bindung an ihn ist

K brauch bei John B.Cobb: Christlicher Glaube nach dem er nichts" (Grundfragen der Christologie. München 1969

Gottes. München 1971. Die vielleicht radikalste Position S. 137f.).

ertntt Thoraas J.J.AItizer: „Wenn der Theologe vom Tod ls So D.Sölle in: Stellvertretung... S.179f.

ttes spricht - und wirklich meint, was er sagt -, dann sagt 14 Karl Barth - Rudolf Bultmann: Briefwechsel 1922 bis

fö' , 8 der Gott, der aus dor Geschichte verschwunden ist. 1966. Zürich 1971 S.205f. (Karl Barth - Gesamtausgabe

lieh k ^'auben nicht mehr gegenwärtig ist. Und er ist wirk- V. Briefe, Bd. 1).

abwesend, nicht nur verborgen vor unseren Augen, und 15 John A.T.Robinson: Gott ist anders. Berlin 1965 S.120ff.

Thesen und Antithesen in Luthers Auffassung vom geistlichen Amt im Lichte des

Zweiten Vaticanums

Von Vilmos Vajta, Strasbourg

, Reformation hat die Amtsauffassung der mittel- dann auch die Leitbegriffe für die Bestimmung des

terlichen Kirche aufgrund biblischer Überlegungen kri- Wesens der Kirche in den lutherischen Bekenntnisschrif-

Sch überprüft. Das Evangelium von der rechtfertigenden ten2. Dabei ist zu bemerken, daß es sich hier immer um

«ade durch den Glauben an Jesus Christus vertrug sich eine geschenkte Heiligkeit durch den Heiligen Geist

I 0 ,| mehr mit der überlieferten Auffassung der Scho- handelt. Das Wort Gottes, durch das der Geist sein Volk

s<jik. Diese stellte nach Ansicht der Reformatoren viel- versammelt, ist das Kriterium der Heiligkeit,
y lr eine Bedrohung des Evangeliums dar. Die scharfe Dieses Volk ist aus der Taufe geboren und ist in das Ster-
i^^rfung des mittelalterlichen Priestertums nicht nur ben Christi hineingenommen, um mit ihm zum neuen Le-
Hinblick auf die Auswüchse in der Ausübung dieses ben aufzuerstehen. Durch die Taufe ist das Volk Gottes als
"j- ^s'sondern in seiner grundsätzlichen Begründung, hat ein priesterliches Volk qualifiziert. Das „königliche Prie-
. e Reformation als „Häresie" verdächtig gemacht. Denn stertum" (1 Pt 2) entspricht dem ganzen Volk, da die Taufe
* c'leser Stelle war die gesamte Sakramentslehre und die die Menschen in den Leib Christi nineinnimmt. In der Ein-
» "esdienstliehe Praxis in Frage gestellt. Die Ausführun- heit dieses Leibes hat ein jedes Glied sein Leben. Das Hin-
und die Canones der 23. Session des tridentinischen geordnetsein der Glieder aufeinander hin ist ein wesent-
plz'ls müssen daher in diesem Lichte verstanden werden. liches Merkmal der Kirche. Denn Priester ist man nicht
seht- ^e s'cn nun fragen> i'1 welchem Sinne die Be- für sich allein, sondern mit Christus und in der Hingabe
Du t 36 Zweiten Vaticanums einen neuen Ausgangs- für die anderen3. Damit sei auch gesagt, daß dieses Prie-
hab l*fts Gespräch zwischen den Kirchen bereitet stertum der Gläubigen nur ekklesiologisch verstanden wer-
gebr' k ^er s'nd Fronten doch unverändert gültig den darf und nicht als Individualisierung. Priester ist man
mi ßt6 Wenn s'cn Modifikationen ergeben haben, so nur im Volke Gottes, denn ihm gebührt das Priestertum
fas man fr"gen> m welchem Sinne diese die Grundauf- in der Lebensgemeinschaft mit dem Priester-Christus,
de *^ UUn verandeni oder Elemente anführen, die min- Die priesterlichen Funktionen des Volkes Gottes wer-
Sr0" das Gespräch miteinander neu eröffnen könnten. den in der Einheit des Leibes, dessen Haupt Christus ist,
z J* können diese Aufgabe nur so durchführen, daß wir ausgeführt. Es gibt viele Dienste, wodurch dieser Leib
Weil -^u^assung Luthers darlegen und diese dann je- erbaut wird. Aber alle zusammen bilden sie eine einzige
(lenS Ini^ ^en entsPrechendenKonzilsbeschlüssen oder mit Kinheit. Auch wenn es mit verschiedenen Charismen ausser
110<^. £üRiRen katholischen Lehrdefinitionen konfron- gerüstete Glieder gibt, so ist ein jedes Glied mit derselben
T^h S0^ *n einigenr,nheseii und Antithesen erfolgen. Ehre ausgestattet, denn jeder Dienst dient dem Ganzen
Heil •' Luther '*a' Kirche primär als das vom und hängt mit dem Ganzen zusammen.
heit lfj?n®e'st wsammelteGottesvolk dargestellt. In der Ein- Luther hat mit diesen Überlegungen seine Auffassung
9eistrTeS V°^'es finden wir das van Christus gestiftete vom geistlichen Amt verknüpft. Das geistliche Amt darf
D u ^!nt a'Ä Dienst. ab Stiftung Christi nicht verneint werden. Aber es ist
2u e£ Heilige Geist sammelt ein Volk auf Erden. Er ruft ein Dienst in der Einheit des Leibes, wo alle durch die
im? Rauben und bleibt bei ihm. Deshalb ist Kirche - ein Taufe zu Priestern geweiht sind. Das heißt: alle Glieder

IIa i j----"iiu uieiut uei nun. uwuud ist rvuciie — ein j tiuiu /.u l hcöwiu ^t^mu oiuu. l»oo u< iwi . am vjueuer

"eh uHtuers Empfinden etwas „blindes" und „undeut- am Leibe sind berufen, den Dienst des geistlichen Amtes

hereS ort ~ von der gottesdienstlichen Versammlung mitzutragen. Alle sind zwar Priester, aber nicht alle sind

bj„ zu Erstehen. Denn Kirche heißt „die heiligen Gläu- Pfarrer, Ministri, Presbyter, Bischöfe (nämlich im neu-

Com und die Schäflein, die ihres Hirten Stimme hören"1. testamentlichen Sinne). Wenn Luther dem biblischen Be-

munio sanetorum oder congregatio sanetorum sind fund, nämlich dem Fehlen der Benennung „Priester" für