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Ausgabe:

1972

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Titel/Untertitel:

Neuerscheinungen

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231

Theologische Literaturzeitung 97. Jahrgang 1972 Nr. 3

232

Religionsunterricht ist „ein Fach, in dem es um Glauben
und Wirklichkeit vor dem Forum der Schule geht", sagt das
Vorwort (8). Zur Bestimmung der Inhalte und Ziele dieses
Unterrichts reicht eine ausschließlich theologische Theorie
nicht aus, sondern „neben" ihr sind „die gesellschaftlichen
und schulischen Gegebenheiten, die Bedürfnisse und Interessen
der Schüler, die Möglichkeiten der Lehrer und nicht
zuletzt das Verhältnis des Religionsunterrichtes zu anderen
Fächern zu bedenken" (7). So will der ganze Band die doppelte
Verankerung des Religionsunterrichts in der (vorrangig
der Exegese verpflichteten) Theologie und der (zunehmend
empirisch arbeitenden) Pädagogik herausstellen, er
will den gleichzeitigen Anspruch beider Erkenntnisbereiche
an ihn klären.

Der Vf. ist also bei dem Grundproblem geblieben, das er
1965 in seiner Monographie „Der biblische Unterricht zwischen
Theologie und Didaktik" aufgerollt hatte. Das „Zwischen
" des schulischen Religionsunterrichts ist in dem neuen
Titel durch die Komposition der Titelbegriffe ausgedrückt.
Nicht daß für den „Glauben" nur die „Theologie" und für
die „Wirklichkeit" nur die „Didaktik" (bzw. Pädagogik) zuständig
wäre! Aber das Herausforderungsverhältnis, in dem
Glaube und Wirklichkeit zueinander stehen, ist für den Bereich
des christlichen Unterrichts einerseits theologisch, andererseits
pädagogisch zu reflektieren. Und der damit gegebene
Prioritätenkonflikt kann nicht entschieden werden,
ohne daß zugleich die Voraussetzungen und Folgen dieser
Entscheidung zur Diskussion stehen. Hier liegt Wegenasts
Generalthema.

Der Religionsunterricht muß sachgemäß und er muß kindgemäß
sein (36,88). Im ersten Aufsatz sehen wir den Vf. für
das Prinzip der Sachgemäßheit streiten, und das heißt auf
der Ebene der Wissenschaftstheorie: für die Maßgeblichkeit
der bibelwissenschaftlich orientierten theologischen Fachdidaktik
gegenüber den im fachneutralen Bildungsdenken begründeten
Ansprüchen der Allgemeinen Didaktik. Aufs Ganze
gesehen überwiegt aber der Einsatz des Vf.s für das Prinzip
der Kind- bzw. Schülergemäßheit. Die im Lauf seiner Veröffentlichungen
wahrnehmbare Akzentverlagerung läßt sich
gut aus der allgemeinen Entwicklung der westdeutschen
Pädagogik und Religionspädagogik in den letzten Jahren
verstehen: Neben die von Wegenast mehrfach attackierte
Didaktik W. Klafkis ist das didaktische Konzept von P.
Heimann getreten (132ff); die Abkehr der Pädagogik von
ihrer geisteswissenschaftlichen Begründung macht den Weg
frei zum Postulat einer „empirischen Wendung der Religionspädagogik
" (41); das Monopol des textorientierten
Religionsunterrichts wird durch den Vormarsch des problemorientierten
aufgehoben.

Wegenasts Aufsatzsammlung ist besonders für den letztgenannten
Wandel instruktiv. Die Aufsätze des praktischen
Teils bringen außerordentlich lehrreiche Beispiele für die
Vorbereitung und Durchführung von thematischen Unterrichtseinheiten
. Dabei wäre es gut gewesen, wenn die Zusammengehörigkeit
solcher Beiträge, die verschiedene
Schritte bzw. Aspekte der Vorbereitung auf eine Unterrichtseinheit
darstellen, schon im Inhaltsverzeichnis erkennbar
gemacht worden wäre. Für die Leser, die der derzeitigen
Begründung des westdeutschen schulischen Religionsunterrichts
reserviert gegenüberstehen und sich mit guten Gründe
der Theorie und Praxis eines dezidiert kirchlichen Unterrichts
verpflichtet wissen, ist die Unterrichtseinheit „Kritik
an der Kirche" — begründet, geplant und teilweise ausgeführt
in Beiträgen von Wegenast, Grosch und Vrijdaghs —
von ganz besonderem Wert. Gerade der kirchliche Unterricht
hat ja der gegenwärtigen und zukünftigen Kirchenkritik
nicht ängstlich vorzubeugen, sondern — zur Sache rufend
— vorzuarbeiten.

Statt einer Corrigenda-Liste nur ein Einspruch: Der Vorwurf
, in den 132ff besprochenen Didaktik-Konzeptionen
fehle jegliche Bemerkung über die unterrichtsrelevante Ge-

prägtheit des jeweiligen Lehrers, kann für Heimann Otto/
Schulz, Unterricht - Analyse und Planung, -1966, auf keinen
Fall aufrechterhalten werden (vgl. ebd. 36).

Petershagen bei Berlin Jürgen Henkys

Bielstein, Roman: Antiautoritäre Erziehung. Herkunft eines

Schlagworts (StZ 96, 1971 S. 178-190).
Dignath, Walter: Die lukanische Vorgeschichte. Gütersloh:

Gütersloher Verlagshaus G. Mohn [1971]. 111 S. 8° "

Handbücherei für den Religionsunterricht, 8. Kart. DM

9,80.

Grom, Bernhard: Kurzfilme in der religiösen Jugend- und
Erwachsenenbildung (StZ 96, 1971 S. 256—270).

Kuitert, H. M.: Gott spricht — Was heißt das? Anleitung
zum Verständnis der Heiligen Schrift, übers, v. W. Hier-
zenberger. Wien—Freiburg—Basel: Herder [1971). 120 S.
8°. Kart. DM 9,-.

Lieth, Elisabeth von der: Pädagogische Aspekte des Elternrechts
(StZ 96, 1971 S. 236-247).

MISSIONSWISSENSCHAFT, ÖKUMENE

Kahler, Martin: Schriften zu Christologie und Mission. Gesamtausgabe
der Schriften zur Mission. Mit einer Bibliographie
. Hrsg. v. H. Frohnes. München: Kaiser 1971-
XXXVI, 574 S. 8° = Theologische Bücherei. Neudrucke u.
Berichte aus dem 20. Jahrhundert, 42. Systematische Theologie
. Kart. DM 32,—.

Dem Chr. Kaiser Verlag gebührt Dank dafür, eine Gesamtausgabe
der Schriften Martin Kählers zur Mission vorgelegt
zu haben. Die Zuordnung von Christologie und Mission
stellt schon im Titel die für Kähler charakteristische
Beziehung her. Die sachkundige Einführung des Herausgebers
„Zur Ortsbestimmung der Mission in Theologie und
Leben Martin Kählers" hebt mit der nachdenklich stimmenden
Feststellung an: „Martin Kähler ist der einzige Theologe
von Rang, der die Mission, im Rahmen seines christlichen
Lebens und Denkens mit innerer Konsequenz und
sachlicher Notwendigkeit, in die Dcgmatik, den Bereich des
glaubenden Selbstbewußtseins, einzugliedern suchte" (XX)-

Kähler selbst bekennt: ..... der Trieb in mir (ist) stark-

den Dank nicht zu verschweigen, den ich der Mission für
mein inneres Leben und für meine Theologie schulde" (107)-

Der Band ist in vier Hauptteile gegliedert:

I. Reden und Aufsätze (3—428)
II. Andachten und Predigten (431—466)

III. Rezensionen (469—483)

IV. Briefe und „Späne von der theologischen Hobelbank
zur Mission (487—548)

Der bei weitem umfangreichste I. Hauptteil umfaßt H
Stücke:

1. Der Menschensohn und seine Sendung an die Menschheit
2. Die richtige Beurteilung der apostolischen Gemeinden
nach dem Neuen Testament

3. Die Bedeutung der Mission für Leben und Lehre der
Kirche

4. Evangelisation der Welt — Gottes Wille

5. Die Mission — ist sie ein unentbehrlicher Zug am Chr'"
stentum?

6. Edinburgh 1910

7. Gustav Warnecks Sendung

8. Das Kreuz. Grund und Maß der Christologie

9. Die Zeichen der Zeiten deuten

10. Die Heilsgewißheit

11. Die Juden und das Evangelium

Beinahe jedes dieser Stücke lohnte ein ausführliches Gespräch
mit dem Autor. Wir müssen uns auf punktuelle Hinweise
beschränken. Den Darstellungen Kählers in den bei-