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Ausgabe:

1972

Spalte:

229-230

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Weyer, Adam

Titel/Untertitel:

Kirche im Arbeiterviertel 1972

Rezensent:

Kretzschmar, Gottfried

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 97. Jahrgang 1972 Nr. 3

230

KATECHETIK UND

ei ihnen aufgrund der Verfasserschaft eines einzelnen eine Auf S. 142ff erfährt der Leser von der ökumenischen Arbeit,

.. ene Geschlossenheit und dennoch keine Monotonie vor- der Friedensarbeit, der Arbeit, Folgen des 1. Weltkrieges

le3t, behalten. zu überwinden und der Jugend- und Sozialfürsorge, die

Göttingen Friedrich Wintzer Siegmund-Schultze gleichermaßen beschäftigten und auch

eingrenzten.

Wichtig ist auch der Hinweis des Vf.s, daß für Siegmund-
weyer, Adam: Kirche im Arbeiterviertel. Gütersloh: Gü- Schultze nicht die Arbeitswclt (d. h. die industrielle Gesell-
tsrsloher Verlagshaus G. Mohn [1971]. 180 S. gr. 8° = schaft des beginnenden 20. Jahrhunderts), sondern die Ar-
Studien zur evangelischen Ethik, hrsg. v. T. Rcndtorff, H. beiterwelt (d. h. das Arbeiterviertel der Großstadt mit den
E. Tödt, H.-D. Wendland, 7. DM 34 —. Lebensbedingungen der Proletarier) Untersuchungsgegen-

Di? ->„c i t i I..-,. »»•■ ' i_ stand und Aufgabengebiet der SAG war. Wir haben heutzu-

"ie aus der cv.-thcol. Fakultät Munster hervorgegangene . . . T , , r, _ . , , . , , . . ,

•Jissertat-;«.. v. . , „ , , f tage erkannt, daß beide Bereiche gleichermaßen in das B hek-

«ertation hat als Buch einen unbefriedigenden Titel er- , ?' _, , J. , „. , 3 .. . .

ha tPn n„:„ u t „,.,. , o~-..... fclcl von Theologie und Kirche geruckt werden müssen. —

"en. Beim besten Willen kann man daraus keine Unter- „ ... ,,. , . 3, , . ,

suchunn ,,»A m- j- j „__, ,__i__,. t- • j ■ u c-__ Schließlich sei noch erwähnt, daß Weyer durchaus anerkennt,

^'mng und Würdigung der Sozialarbeit Friedrich Sieg- , , ... _. , _ . , ,.J , ....

WunH cv. it . • . , , , j .. daß nicht nur Siegmund-Schultze die Not des Arbeiterstan-

u'iu-scnultzes, wie sie sich besonders m der von ihm ge- , , ... , . . . , , . ,

grünrlof« „ . , . , . . i t. i! des damals klar erkannte und deshalb manche formale Maß-

a U'iaeten .Sozialen Arbeitsgemeinschaft Berlin-Ost (SAG) , , v. , . ... . , . .

niedfr/r»,. ui , . ,, „ . , . .... , nähme der Kirche kritisierte, sondern in vergleichbarer

»«lergeschlagen hat, ablesen. Zumindest hatte ein Unter- _ ... , , _ - , _ ., _ , , 3.. „.^

titel Hac u j .1- j ~ix iv u ■■ ■ ■ Scharfe auch Gunther Dehn und Emil Fuchs auf diese Situ-

1 aas besondere Anliegen der Veröffentlichung prazisie- .. , , . . . .

ren m,-,„ ., , ,. , . . .. ° f ation aufmerksam gemacht haben.

müssen. Aber auch hier scheint zu gelten: Habent sua , 7 ,. . „ . , ,. ,, ,

rata - tituli! Insgesamt also eine verdienstvolle Arbeit, die wohlabge-

. Im 1. Hauptteil informiert Weyer in einer kurzen histo- W09en grenzen eines Mannes zeigt, dem

Darstellung über die SAG und ihre Arbeitsweise wir mehr als eine bloße Erinnerung schuldig sind.

bz*- -zweige von den Anfängen, 1911, bis zum Ende im sog. c ^m3e Druck fehler sind auch in diesem Buche zu finden:

-Dritten Reich" S. 15, Anm. 6: 1941-1933 statt 1914-1933; S. 19, Anm. 14:

. Ei* 2. Hauptteil ist dem soziologischen und theologischen Bertah ?^".Be,rth^;*Konsitcorialrat statt Konsistorial-

Ansatz der SAG gewidmet. In ihm werden besonders der rat; S'42: Saeglund-Schultze statt Siegmund-Schultze; S. 116,

Je^gsrahmen .Arbeiterviertel der Großstadt", die Bedeu- Anm- 7: Klrche fur lhn statt K]rche fur sie; S- 117: Tuu

^"3 der Biographie Siegmund-Schultzes für das Experi- statt Tun-

ment der SAG und dessen Kritik an der kirchlichen Inter- UiPzi3 Gottfried Kretzschmar
Pretation und am kirchlichen Handeln angesichts dieser
^städtisch -proletarischen Situation vorgetragen. Ein

zter Teilabschnitt macht mit der daraus resultierenden

°nzeption für die SAG vertraut.

°er dritte Hauptteil zeigt die Partizipation der SAG in K t LIO I U IN b r AUAUUol K

eologjschen und kirchenpolitischen Richtungen. Es werden

'e Religiösen Sozialisten, die Gemeinschaftsbewegung, die Wegenast, Klaus: Glaube - Schule - Wirklichkeit. Beiträge

lberalen und anhangsweise noch die Quäker genannt, mit zur Theorie und Praxis des Religionsunterrichts. Güters-

enen Siegmund-Schultze und die von ihm geleitete Arbeits- loh: Gütersloher Vcrlagshaus Gerd Mohn [1970]. 242 S.

9erneinschaft in zeitweiligem Kontakt standen. 8°. Kart. DM 19,80.

Irn vierten Hauptteil analysiert Weyer unter theologischen Den permanenten Umbruch im Verständnis des westdeut-

^ esichtspunkten die Arbeit der SAG. Als Skopus formuliert schen Schulfaches Religion spiegelt nicht nur der Inhalt, son-

■ -Die Zuwendung Gottes zur Welt geschieht in der Zu- dem auch die Fülle der damit befaßten Literatur wider. Die

ndung des Christen zum Nächsten" (S. 94). Die Kirche hat Bedingungen scheinen für den öffentlichen Religionsunter-

mzufolge die in Jesus geschehene Inkarnation durch ihr rieht immer schwieriger, für die Veröffentlichung religions-

n zu bezeugen. pädagogischer Aufsatzsammlungen immer günstiger zu

So • ^un^ter Hauptteil bietet eine Konzeption evangelischer werden. So konnte allein Wegenast 1969 und 1971 je eine

^2ialethi]ti wie sie sich im Versuch der SAG ergeben hat. Sammlung fremder und 1970 eine Sammlung eigener Arbei-

{S^V zun^cnst au^ die .Strukturen der Sozialethik" ten herausgeben. Daneben sind andere Herausgeber und

• '24) ein und stellt dann im Verlaufe seiner Darlegungen andere Verlage ebenfalls nicht untätig. Der Beobachter fragt

So i "**°z'a'etn'k geschieht als Sozialdiakonie" (S. 132) und sich erstaunt, ob die vielen religionspädagcgischen Sammel-

zialdiakonic wird als Sozialpraxis verwirklicht" (S. 139). werke nicht nur Käufer, sondern auch Leser finden können.

y n einem sechsten Schlußteil nimmt der Vf. eine kritische Dabei hat er mit dem hier anzuzeigenden Buch etwas wirk-

j^^'Sung des Versuchs von Siegmund-Schultze und sei- lieh Lesenswertes in der Hand.

se]!, ^G vor- Er sieht die Grenzen dieser Arbeit von damals In drei Teilen (Zur Grundlegung, Didaktik, Praxis des
sti r ^eutli*- weist aber mit Recht darauf hin, daß be- Religionsunterrichts) sind 15 Aufsätze zusammengestellt.
Zut mte- Intentionen von Friedrich Siegmund-Schultze heut- Bis auf einen (Das Gleichnis von den 10 Jungfrauen, 172)
sind^T ^^e un<* Gesellschaft aufgenommen worden handelt es sich durchweg um Zweitveröffentlichungen. Die
aUs B- soziale Neuorientierung der Kirche und die dar- früheste Arbeit (Das Verständnis der biblischen Überliefeode
resu''*€renden Bildungsanlicgen für die Theologen) rung als Problem des theologischen Unterrichts an der. Päd-
st ?.r ^er Theologie und Kirche weiterhin als Aufgaben ge- agogischen Hochschule, 11) stammt aus dem Jahr 1963.
tyen Reiben (z. B. die Kirche als Hinwendung Gottes zur Drei Beiträge des praktischen Teils haben Mitarbeiter Wc-
und 'nterPretiern, Ethik und Eschatologie zu verbinden genasts zu Verfassern: H. Grosch, Eine didaktische Besin-
kfi er Gesellschaft gemäße Gestalt von Leben und Ver- nung zum Thema Kritik an der Kirche (193); .Gerechtig-
"digung zu finden). keit" als Thema des Religionsunterrichts (233) j B. Vrijdaghs,
Sy an muß Weyer dankbar sein, daß er bei aller spürbaren Das Glaubensbekenntnis — kritisch betrachtet (202).
Bli lf311"6 für die Leistun9 Siegmund-Schultzes sich den .Glaube — Schule - Wirklichkeit" ist ein Titel, der an G.
mij- p rei nalt ^ur manche kritische Hinweise. So macht er Ottos folgenreiches Buch .Schule — Religionsunterricht —
heh bt darauf aufmerksam, daß sich jener Pionier kirch- Kirche" (3. Aufl. 1968) erinnert. Drei Leitbegriffe stehen un-
er e.r Sozialarbeit ob der vielen Verpflichtungen, in denen verbunden nebeneinander. Ihre Reihenfolge impliziert an-
fc-eit 3n<1' zersPhtterte, so daß die von ihm begonnenen Ar- ders als bei Otto keine programmatische Noubegründung
zweige nicht intensiv genug gestaltet werden konnten. des Faches, ist aber dennoch nicht einfach belanglos. Der