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Ausgabe:

1972

Spalte:

208-210

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Hareide, Bjarne

Titel/Untertitel:

Die Konfirmation in der Reformationszeit 1972

Rezensent:

Koziol, Klaus

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Theologische Literaturzeitung 97. Jahrgang 1972 Nr. 3

208

troduit dans le vocabulaire chretien le mot ,sacramentum',
appele ä devenir, des la fin du quatrieme siecle, un mot-cle
dans la litterature ecclesiastique latine" (S. 13) i das rechtfertigt
diese Untersuchung. Es liegen zum Thema zwar Untersuchungen
vor, doch konnte noch kein befriedigendes Ergebnis
erzielt werden. Die vorliegende Arbeit prüft sämtliche
Stellen, in denen Tertullian das Wort ,sacramentum'
verwendet (daher der Umfang des Buches); vor allem aber
geht Vf. streng methodisch vor und gelangt deshalb zu klareren
und bestimmteren Einsichten, als sie bisher zur Verfügung
standen.

Tertullians Verwendung des Begriffes .sacramentum' ist
vielfältig, läßt sich aber deutlich in zwei große Kategorien
einteilen: ,sacramentum' tritt als ,Eid' und als .Zeichen'
entgegen; die gewöhnlich angenommene Bedeutung .Soldateneid
' dominiert keineswegs. Der erste Teil der Arbeit
betrachtet das Verständnis als ,Eid': als Soldateneid, als
Erläuterung von ,fides', ,discipldna', ,promissio', ,foedus'
und der damit verbundenen Vorstellungen aus der Gedankenwelt
der christlichen Überlieferung (S. 37-191). Der
zweite Teil befaßt sich mit dem .Zeichen' — Charakter des
Begriffes .sacramentum': als .sacramenta' kann Tertullian
die Prophezeiungen in der Schrift bezeichnen (namentlich in
dem großen Werk gegen Marcion); vor allem versteht er
Taufe und Eucharistie als .sacramenta' (damit beginnt eine
folgenreiche sprachliche und gedankliche Entwicklung im
abendländischen Christentum); schließlich faßt Vf. die engen
Verbindungen ins Auge, die in Tertullians Sprache zwischen
.sacramentum' und argumentum' im Sinne eines ,Zei-
chens' bestehen (S. 193—285). Der dritte Teil bespricht die
Stellen, an denen .sacramentum' die Wiedergabe des griechischen
,fxvoxr]Qiov' ist, das Tertullian bei Gnostikern und in
den Paulusbriefen vorfand (S. 287—334). Eine „Conclusion
generale" faßt das Ergebnis der Durchmusterung zusammen
; exakte Register schlüsseln die Untersuchung auf.

Das Fazit: man sieht wieder einmal, daß Tertullian weifj,
was er sagen will; die Wahl seiner Begriffe ist alles andere
als willkürlich: „Les diverses emplois de .sacramentum'
chez Tertullien obeissent ä une logique rigoreuse qui les
relie entre eux en une representation d'ensemble d'une
etonnante coherence" (S. 335).

Der Grund für die hinter den beiden Grundbedeutungen
liegende Einheit der Vorstellung ist, daß Tertullian vom
juristischen Sprachgebrauch des Wortes .sacramentum' ausgeht
und diesen sozusagen schärfer und ursprünglicher fafjt,
als es im juristischen Tagesbrauch üblich geworden war:
die uralte Bedeutung: .sacramentum' = Eid, der durch ,sa-
cratio' sanktioniert ist1, war ergänzt und z. T. überlagert
von der Bedeutung: .sacramentum' = Garantie. Tertullian
verwendete beide Interpretationen und wurde damit in die
Lage versetzt, bestimmte Gehalte der christlichen Tradition
gleichsam auf Juristischer' Ebene auszusprechen und klar
zu formulieren: ein Unternehmen, das für Tertullians Streben
nach dem griffigen Ausdruck bezeichnend ist und sein
eigentümlich gesetzliches' Verständnis des christlichen Glaubens
, der für ihn verbindlich war, aufs neue beleuchtet.

Michaelides' Erkenntnis, daß Tertullian vom juristischen
Sprachgebrauch ausging, wird durch die Beobachtung bekräftigt
, daß die bei Tertullian zu findenden Bedeutungsnuancen
praktisch gleichzeitig auftauchen (einsetzend mit
Ad martyres, Anfang des Jahres 197, S. 344); d. h., die
öfter unternommenen Versuche, in der Weise eine Bedeutungsentwicklung
zu konstruieren, als habe Tertullian seine
Auffassungen des Wortes ,sacramentum' nacheinander aus
einer .ursprünglich' einmal von ihm vertretenen Grundbedeutung
heraus entwickelt, sind zum Scheitern verurteilt:
„Son point de depart est en dehors de son oeuvre, dans le
Droit romain" (S. 344). Tertullians Leistung besteht darin,
die im Verständnis des Begriffes .sacramentum' als eines
.Eides' und einer .Garantie' enthaltenen Möglichkeiten erkannt
und benutzt zu haben, um gewisse Inhalte des christlichen
Glaubens — so wie er ihn verstand — mit Hilfe dieses
Begriffes auszudrücken.

Neu war dabei, daß ,sacramentum' zum ,Zeichen' werden
konnte: die prophetischen Stellen der Schrift und kirchliche
Handlungen wie Taufe und Eucharistie, sind „gewisse .Zeichen
'" (S. 231). Auch hier liegt der juristische Begriff zugrunde
, der nun eine neue Färbung erhält-'. Dasselbe geschah
in der auf den ersten Blick befremdlichen Wiedergabe
von fxvoxrjQiov durch ,sacramentum'; .Geheimnisse' sind
.Zeichen', die bisher Verhülltes erkennen lassen (S. 312 u.
343). Tertullian vermeidet absichtlich eine Wiedergabe durch
,mysterium', weil er den ,Zeichen'-Charakter herausstellen
will, also die Erkenntnismöglichkeit betont, nicht aber
die Verborgenheit. Deshalb übersetzt er fivaxrjQiar nicht,
noch gibt er es mit ,mysterium' wieder, sondern er interpretiert
es durch .sacramentum' (man darf ,sacramentum' in
diesen Fällen also, im Sinne Tertullians, nicht mit Geheimnis
' wiedergeben, S. 332—335 u. 345!).

Michaelides hat die Erkenntnis, dafj die Doppelbedeutung
des tertullianischen .sacramentum' auf die Doppelbedeutung
des juristischen .sacramentum'-Begriffes zurückgeht
und dafj Tertullian eine bewußte Wortwahl getroffen hat,
an den Texten bewährt und in ständigem Gespräch mit der
Forschung erhärtet. Das solide Ergebnis dieser Untersuchung
muß hinfort festgehalten werden, wenn man .sacramentum'
im Munde Tertullians angemessen verstehen will; schließlich
beginnt mit Tertullians Wortwahl die nicht gleichgültige
Geschichte des abendländischen Sakramentsbegriffes.

Zürich Hans-Dietrich Altendorf

1 „L'idee de serment' ä laquelle eile (sc. sacrotio) est associee
est .primaire' et non .secondaire', contrairement ä l'opinion de J. Döl-
ger et de C. Mohrmann" (S. 29); .sacramentum' ist also: „serment
sanctionne par une sacratio" (S. 151 u. 318). „Sacer dans .sacramentum
' exprime ce que Ton devient lorsqu'on viole le .sacramentum' :
un .maudlt' froppe .d'anatheme', .consacre" au jugement des dieux,
ä leur colere et ä leurs chätiments" (S. 31). „Le Suffixe — mentum
signifie que le .sacramentum' rend sacer celui qui le transgresse,
qu'il est donc un serment associe ä une sacratio" (S. 32).

- „Le .sacramentum — signo' complete la representation .contrac-
tuelle' sous-jacente aux diverses applications du .sacramentum — serment
'" (S. 340). - Also z. B.: Adv. Marc. 5,14,9: ex contemplatione
sacramentorum, quae supra disseruerat in fidem Christi ex lege
venientem: „contempler les promesses assermentees" (S. 143); Adv.
Marc. 4,34,5: sacramentum baptismatis et eucharistiae: „ce signe qu'est
le bapteme . . ." (S. 251); Adv. Marc. 3,22,7: ecclesiarum sacramenta:
„les disciplines culturelles des Eglises" (S. 111).

KIRCHENGESCHICHTE:
REFORMATIONSZEIT

Hareide, Bjarne: Die Konfirmation in der Reformationszeit.

Eine Untersuchung der lutherischen Konfirmation in
Deutschland 1520—1585, übers, v. K. Kvideland. Göttingen
: Vandenhoeck & Ruprecht [1971]. 317 S. gr. 8° = Arbeiten
zur Pastoraltheologie, hrsg. v. M. Fischer u. R-
Frick, 8. Kart. DM 38,—.

Hareide will mit seiner Monographie einen Beitrag zuf
Konfirmationsgeschichte leisten. Er geht davon
aus, daß früheren Konfirmationshistorikern nur ein Teil des
Materials bekannt war, und darum ihre Deutungsversuche
einseitig, gegensätzlich, zu schematisch, zum Teil auch zu
dogmatisch ausfielen. Mit den vorgelegten Forschungsergebnissen
soll zugleich eine Lücke ausgefüllt werden: Es fehle
noch eine Gesamtdarstellung der Konfirmation zur Zeit der
Reformation. Der Vf. stellt sich eine doppelte Aufgabe: Einmal
will er den zugänglichen historischen Stoff darstellen
, zum anderen hat er vor, „eine genaue, nuancierte
Deutung sowohl des neuen wie auch des bereits bekannten
Materials zu geben" (S. 14). Als sein Hauptanliegen bezeichnet
er, „herauszufinden, was die lutherischen Reformatoren
von der Konfirmation dachten und meinten, und welchen
Platz sie ihr in ihrer evangelischen Theologie und in