Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1972

Spalte:

186-188

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Pohlmann, Karl-Friedrich

Titel/Untertitel:

Studien zum dritten Esra 1972

Rezensent:

Reventlow, Henning

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

185

Theologische Literaturzeitung 97. Jahrgang 1972 Nr. 3

186

des8'AUen8r' be' W' W' Gr°* Baudissin' Einleitun3 in die Bücher fest zum Fest der jüdischen Diaspora zu machen. Der Vf.

und ^«w! a'uT'sS'i«0fdurchou5 für möglich, daß Kap. 45 rechnet mit einer späten Entstehung des Estherbuches auf

Buch h 64 k°n der deu,er°nomistischen Redaktion in das Jeremia- Grund des 2. Makk.-Buches. Ich muß gestehen, daß mir bis

150 erfouin?k br°c.ht,..worden sind- Nach der Zusammenfassung auf S. ■ , . rh »nopsichrs der aerinaen Quellen über die

ser," ri e Einfü9ung entweder bald nach dem „Zusammenwach- Jetzt Qiese J.nese angesicnts der geringen vauetien uoer aie

reda|<(-er ■'u" »0berlieferungsblöcke" oder auch erst durch die „Haupt- persische Diaspora und angesichts des Passahbriefes der

^en'von S^ÄÄSÄS ReS^n von S'IS stett Elephantine-Gemeinde, der dieses Fest doch in der persi-

auch ■ a Bedeu'ung tatsächlich der deuteronomistischen Redaktion sehen Metropole gegen Ende des 5. Jh.s v. Chr. als bekannt

g&£«ro„n wXNRn^VaX&J?" ThlFKÄ voraussetzt, „och keineswegs annehmbar erscheint. Ein sol-

eher Eingriff in sehr maßgebende normative Traditionen
des jüdischen Volkes müßte ganz außergewöhnlich begrün-
„ det gewesen sein. Die Annahme, daß die nach 538 im baby-
r'eman, Gillis: Esther. Lfg. 1. Neukirchen—Vluyn: Neu- Ionischen Staatsgebiet verbleibenden Juden säkularisiert
rchener Verlag des Erziehungsvereins [1970]. 80 S. worden sind, reicht keineswegs aus, und das Nehemiabuch,
9r. 8° = Biblischer Kommentar. Altes Testament, XXI.l. auch die Esratradition würden dagegen sprechen. Auch die
UM 7,75. Beliebtheit des Estherbuches im späteren orthodoxen Ju-
Der Verfasser dieses im Erscheinen begriffenen Esther- dentum würde sich nicht erklären lassen, wenn wirklich in
Kommentars hat im gleichen Kommentarwerk schon das diesem Buch eine derart umgebildete Exodustradition spür-
Buch Ruth und das Buch Hoheslied bearbeitet. Von der jetzt bar vorgelegen hätte. Doch würde man dem Autor Gerle-
vortiegenden ersten Lieferung des Kommentars zum Buch man unrecht tun, wenn man ohne Kenntnis seiner Einzelner
entfallen 45 Seiten auf die einleitenden Kapitel, wäh- auslegung des Buches Esther zu dieser These Stellung neh-
rend die der Auslegung gewidmeten Seiten vorerst die Ka- men würde. Daher beschränke ich mich zunächst auf diese
Pltel 1-1-2,10 umfassen. Der erste Paragraph der Einlei- kurze Anzeige der ersten Lieferung, die in den weiteren Ein-
tun9 behandelt die Auslegungsgeschichte, die bis in die Ge- leitungsparagraphen den literarischen Gehalt, die Sprache,
9enwart durchgeführt worden ist. Der Vf. äußert zuletzt °rt und Zeit der Entstehung, das griechische Estherbuch
^me Ansicht, daß trotz langer und intensiver Forschung die und »das Estherbuch in der Heiligen Schrift", behandelt.

Jt- und Motivgeschichte des Estherbuches noch nicht mit Leipzig Hans Bardtke
^ '9er Sicherheit nachgezeichnet werden könne. Er sieht es
s rnethodisch verhängnisvoll an, daß die Möglichkeit, in-
QbeWeit das Buch Esther „mit zentralen alttestamentlichen
erlieferungen zusammenhängen könnte" (S. 7), nicht ge-

Pf«t worden ist. Ein zweiter Paragraph behandelt das Pohlmann, Karl-Friedrich: Studien zum dritten Esra. Ein Bei-

■^fna „Szenische Paraphrasierungen des Estherstoffes", *ra9 zur Frage nach dem ursprünglichen Schluß des chro-

*obei sich der Verfasser auf die ungedruckte Wiener Disser- nistischen Geschichtswerkes. Göttingen: Vandenhoeck &

tation von H. Mayr, „Die Estherdramen, ihre dramaturgi- Ruprecht (1970). 164 S. gr 8" = Forschungen zur Religion

scfte Entwicklung und ihre Bühnengeschichte von der Re- und Literatur des Alten und Neuen Testaments, hrsg. v.

^aissance bis zur Gegenwart 1955" sowie auf andere Schrif- E. Käsemann u. E. Würthwein, 104. Kart. DM 28,-; Lw.

en beziehen konnte. Man kann sich fragen, ob diese an sich DM 32,—.

ressante Frage in den Rahmen eines biblischen Kom- Die literarkritische Frage nach der Entstehung der Bü-

W J3rS ^ne'n9en°rt. Wollte der Verfasser etwas über die eher Esra—Nehemia und die eng damit zusammenhängende

Kungsgeschichte des Estherbuches sagen, wäre es rat- historische nach Zeit und Art des Wirkens dieser beiden

. er gewesen, der Aufnahme des Estherstoffes in die Männer gehören nach wie vor zu den schwierigsten Proble-

mrri!9keit der Kirchen und Gemeinden nachzugehen, men des Alten Testaments überhaupt. Daß die kanonische

va an Hand der Kirchenlieder. Freilich ist dieser Stoff Endform dieses letzten Teils des chronistischen Geschichts-

c" nicht aufgearbeitet worden, und nur vereinzelt sind werkes nicht in Ordnung sein kann, sondern die hier verar-

nsätze zu einer Sammlung solcher Lieder unternommen beiteten Quellen: das Esra-Material und die sog. Nehemia-

orden, zuletzt von Siegfried Riemer, Philosemitismus im Denkschrift in gestörter Reihenfolge vorliegen, darüber ist

utschen evangelischen Kirchenlied des Barock (Studia sich die Forschung einig; ebenso auch 'darüber, daß der Ein-

tzschiana, hrsg. von K. H. Rengstdorf, Bd. 8). druck eines zeitlichen und sachlichen Zusammenwirkens

!m dritten Paragraphen beginnt der Autor nun seine ei- Esras und Nehemias irrtümlich (wenn auch vielleicht absicht-

aentliche These zu entfalten. Schon 1966 hat er in einem lieh) durch die jetzige Verschachtelung der Quellen hervor-

deft der Reihe „Biblische Studien 48" unter dem Titel „Stu- gerufen ist. Weit auseinander gehen jedoch die Lösungsvor-

T1[en zu Esther. Stoff, Struktur, Stil, Sinn" begonnen, diese schlage.

Esth6 darzusteIlen< daß nämlich „alle wesentlichen Züge der Die vorliegende (unveränderte) Marburger Dissertation

r^tnererzählung in Ex 1—12 schon da" sind (Komm. S. 11). von 1968 sucht im Gefolge von G. Hölscher und S. Mowinckel

eser_Ex°dusstoff einer „zentralen heilsgeschichtlichen Tra- eine Lösung der literarkritischen-historischen Problematik
Und°n S°'* -Dewußte und konsequente Entsakralisierung in der Feststellung, daß Josephus in seinen Antiquitates, in
jjj, ..Enttheologisierung" erfahren haben im Rahmen jener denen er das Wirken Nehemias nach dem Tode Esras in
an/S-k EstnererzäMung, in der also ein geistiger Besitz Jerusalem ansetzt, das apokryphe 3. Esrabuch ( EoSqo? a
ler d ' uberbietend, kritisch" von dem antiken Erzäh- der LXX) als Vorlage benutzt zu haben. Wie Hölscher und
ne dar9eboten worden sei. Der Gedanke ist an sich nicht Mowinckel hält er 3. Esra für die Wiedergabe einer urPatt
Schon David Daube hat in seinem Buch „The Exodus sprünglicheren Form des chronistischen Werkes, in der die
Esth the BibIe (A11 Souls studies H)< London 1963" auf Nehemia-Denkschrift noch nicht erhalten war; damit hängt
doch 9'4und Ex II'3 hingewiesen und gemeint, daß Mar- unmittelbar zusammen, daß er, entgegen der verbreiteten
tr^ } llier mit einem „mosaic trait" versehen sei. Gerle- Kompilations-Hypothese, die in 3. Esra eine nachträgliche
Ex ri nun diese Abhängigkeit des Estherbuches von der Umarbeitung des dem Übersetzer schon vorliegenden kano-
Pa Userzahlung im ganzen behauptet. Auch im nächsten nischen Esra-Nehemia-Textes sieht (u. a. W. Rudolph) sich

fagraphen 4 über „Purim" greift der Autor auf die seiner (wieder wie Hölscher und Mowinckel) der Fragmenten-Hy-

sch'T"1? nadl »verhüllte Nachahmung der Exodusge- pothese anschließt, wonach 3. Esra den am Anfang und

grif£ te zurück und gibt zu erwägen, ob nicht in dem Rück- Schluß abgebrochenen Rest einer sehr alten, eigenständigen

kUn, auf die Exoduserzählung der „bewußte Versuch" sich Übersetzung darstellt, die vielleicht ursprünglich auch die

Ue- statt des alten Passahfestes das fröhliche Purim- beiden Chronikbücher enthielt, auf Esra 1—6; 7—10 jedoch