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Ausgabe:

1972

Spalte:

182-184

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Wanke, Gunther

Titel/Untertitel:

Untersuchungen zur sogenannten Baruchschrift 1972

Rezensent:

Bernhardt, Karl-Heinz

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Theologische Literaturzeitung 97. Jahrgang 1972 Nr. 3

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Stellung, daß hier eine zunächst von außen kommende Zählungen. Auch die Betonung der sekundären Verknüpfung
Gruppe aufgenommen und assimiliert wird — aber auch zwischen Auszug und Passah-Fest (als eines alten Kleinvieh-
eigene Vorstellungen durchsetzt — mit dieser These der ge- Nomaden-Ritus) ist zu unterstreichen; seine Überlegung
onenen Arbeiterabteilung gut erklären lassen; doch ist aber, dieser Ritus sei schon der Gruppe in Ägypten bekannt
nier nicht der Platz, dies im einzelnen zu tun. und dann durch Verbindung mit dem Auszug historisiert
Mit S. 53 würdigt der Vf. die Josephsgeschichte, mit der worden, hängt wieder an seiner Vorstellung eines „Volkes"
ln der Endredaktion die Verbindung zwischen Patriarchen- in Ägypten.

erzahlungen und Auszugserzählung hergestellt worden war. Endlich wird noch auf die topographischen Gegebenheiauf
d u m eine" "Büdungsroman", womit er wohl ten der Flucht eingegangen, so besonders auf den Durchzug
V i! !hebte Verbindung dieser Erzählung mit der sog. durch das Schilfmeer, jenes Ereignis, das wegen des uner-
zeih hmweisen will. Auch hier mag man ein Frage- wartet glücklichen Ausganges wahrscheinlich überhaupt nur
Sch -fi" S£tzen' da man auch an andere Deutungen (politische die Tatsache der Flucht aus Ägypten in der Erinnerung der
"tt Jerobeams?) denken könnte. Nachfahren erhalten hat. Der nie erhoffte Sieg gab der
er jarau^ 9erit s- H- auf! den „Hebräer'-Namen ein, indem Gruppe ein solches Selbstbewußtsein und letztlich Charisma,
^ die neuesten Überlegungen Klaus Kochs mit heranzieht. daß sie als „Auserwählte" sowohl der Gruppe der „Verbün-
Jt Recht erkennt S. H. an, daß er mit dem hapiru-Begriff deten Jahvehs" wie letztlich in Sichern allen „12 Stämmen"
u verbinden ist, daß aber dieser Begriff, weil weit über den ihren Glauben aufzwangen. Allerdings hieß der Gott, der
en Orient gestreut, nicht überall die gleiche Bedeutung die geflohene Gruppe (Ex 14,5) rettete, in diesem Augenblick
! a en kann. Außerdem stellt er fest, daß er im AT fast nur sicher noch nicht Jahveh. Vf. verlegt unter Heranziehung
Zusammenhang mit den Israeliten in Ägypten erscheint. zahlreicher Überlieferungen das Rettungswunder (auch wegen
r findet sich auch zu der Folgerung, daß cibri demnach Ex 14,2) an den Sirbonischen See, läßt also die Fliehenden
Be r.S*ein.licher auf die ägyptische Bedeutungsvariante des auf der offiziellen Heerstraße von Sile nach Raphia ziehen.
schvS' närnlich -Fremdarbeiter" (neben der die für ägypti- Dies ist aber doch kaum wahrscheinlich, wenn wir uns über-
vari ste,Iun9en kaum sehr unterschiedliche Bedeutungs- legen, daß diese Straße durch ägyptische Militärstützpunkte
m5'ante »Infanterist" steht), zurückzuführen ist. Dann aber gesichert war, die — wie die Darstellung Sethos' I. am Hy-
an i? S' H' die Tnese der Arbeiterabteilung als Keimzelle postylen Saal in Karnak zeigt — gerade die Wasserstellen

nncn ~ und s0 dreht er die Diskussion in eine andere sicherten. Die Fliehenden wären den wartenden Besatzun-
tun9 (S. 58) mit der Frage, ob „es nicht näher liegt, in gen einfach in die Hände gelaufen. Die genauen Angaben
Übertragung des Hebräer-Begriffs einen Vorgang zu £X 14,2 sind als Versuche späterer Gelehrter zu deuten, das

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der vi- israelitischen Empfinden entsprach und aus mir vage überlieferte Ereignis topographisch festzulegen.
Hi= 7Ute aIttestamentlichen Denkens selbst entstammte?" Aus der Lage von Pi-Ramses und Pithom fast hinter der
^-r fUgt er dann Kochs Überlegungen an, die in cibrl wie- Grenzsperrzone ist doch zu folgern, daß die fliehende
fen.einen ethischen Begriff sehen wollen, einen übergrei- Gruppe unmittelbar dort die Grenze überschritt und das
D en- der Israel, Moab, Edom, Amalek und Kain umfaßt. „Wunder" sich an den Seen am Ausgang des Wadi Tumilat
stand aUch.dann' wenn dieser übergreifende Begriff zuge- ereignete (durch die jetzt der Suez-Kanal läuft). Dabei sind
sich v" ^ird' darf doch nicht ver9essen werden, daß es weder Seebeben noch andere spektakuläre tektonische Er-
°bsolT Sehr leicht Um dne spatere Benutzung eines eignisse nötig, wie sie S. H. für den Sirbonischen See belegt,
die P 9ewordcnen Ausdrucks handeln kann und nicht um sondern allein eine Fehlentscheidung eines Wüstenposten-
in . imarbedeutung. Diese aber erscheint mir immer noch kommandanten, um eine aus wendigen Streitwagen beste-
Bezeirh a9yPtlSChe" Bedeutun9svariante der hapiru/cprw- hende Verfolgergruppe sich festfahren und verunglücken zu
tende a"9 zu he9en u"d damit s°9ar dls thesc ^ ÜUCh~ lassen. Nicht das Ereignis als solches ist spektakulär, son-
n Arbeiterabteilung zu stützen. dem allein die geistigen Impulse, der doppelt psychische
de ann wendet sich der Vf. der Gestalt des Mose zu, von Schock vom drohenden Ende und unerwarteten Sieg. Es
(5 _ er mit bemerkenswertem Nachdruck feststellt, daß es mag dabei bezeichnend sein, daß den Beteiligten die genaue
zu ^ "unm09'ich ist, eine fortlaufende Geschichte Moses topographische Festlegung unwichtig erschien. Auch S. H.
scho Ciben"' sicnerlicn hat s- H- aucn recht- wenn er — beendet sein kluges und zum Nach- und Weiterdenken an-
lUn ° des Namens wegen - Mose mit der Auszugserzäh- regendes Buch mit dem Hinweis, daß nicht Ereignisse, son-
hö 9 V(|rbindet. Aber alles, was wir von ihm in Ägypten dem die „Erlebnistiefe des Erfahrenen" die Weltgeschichte
oder™ 'St entweder Mythos (Aussetzung und Auffindung), bestimmen. Die weitere Forschung über die hierbei berührein
S0.ohne greifbare Tatsachen, daß schon die wenigstens ten Fragen wird von nun an von dem hier angezeigten
ehv6m A9yptoI°9en naheliegende Frage, welches Amt Mose Buch von S. Herrmann auszugehen haben; die vom Rez. im
aI> a lnne9ehabt hat und wie er „amtlich" mit den Arbeiter- Vorausgehenden an Einzelpunkten angehängten Überle-
kom' Un9en bei Pi Kamses und Pithom hat in Berührung gungen sollen Versuche darstellen, das Weiterdenken anzu-
st cn können, unlösbar bleibt. Sozial scheint er wenig- regen — auch durch Hinweise auf Gegenmöglichkeiten,
fronen"?* der al"estamentlichen Überlieferung nicht zu der Hamburg Wolfgcng Helck
sch vi, n GruPPe gehört zu haben, sondern zur Beamten-
tisch ° %Var er won^ Angehöriger einer der vielen semi-
Staa^ Farni''en, die im Zuge der Neuorganisierung des

2e;t' s nacn den Umstürzen der Amarna- und Nachamarna- Wanke, Gunther: Untersuchungen zur sogenannten Baruch-

dje a^s dem Heer in die Verwaltung übernommen wurden, schrift. Berlin: de Gruyter 1971. XI, 156 S. gr. 8° = Beiheft

für 1 ter docn 'hre Herkunft nicht vergessen hatten (Beleg zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft,

ten better°S 6tWa der Trucnsef3 Binisina, der auch in Ägyp- hrsg. v. G. Fohrer, 122. Lw. DM 42,-.

GestaUdnt' m stamme aus zi"basani). So interessant die Der Versuch, die im Jeremia-Buch an verschiedenen Stel-

der TradT 6 'St' S° ei9enartig un9reift>ar steht sie in ien eingefügten umfangreichen Fremdberichte auf eine ein-

Werden sch°n ^ vieIen' was von ihr aus9esagt zu zige Quelle zurückzuführen, ist einleuchtend und hat weit-

Bem , ln hin in der neuen aIttestamentlichen Wissenschaft Anklang

2H'ische vert ~ auch tur das oben über die Verbindung gefunden. Das gilt auch im Hinblick auf die weitere Ver-

Jahveh6" r" 9eflonenen Gruppe und den „Verbündeten mutung, wonach diese Quelle das Werk eines Verfassers ist,

^ndtaa aglte — ist der Hinweis des Vf.s S. 49 auf den der mit dem Leben und Wirken des Propheten Jerernia als

Bundes d^l, SiclleiT1 (J°s 24) mit der Ausweitung dieses Augenzeuge vertraut gewesen sein muß. Die Fremdberichte

urch Hineinnahme der Stämme der Patriarchener- legen es selbst nahe, dabei an Baruch zu denken, den Be-