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Ausgabe:

1971

Spalte:

153-155

Kategorie:

Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Autor/Hrsg.:

Delius, Hans-Ulrich

Titel/Untertitel:

Der Briefwechsel des Nikolaus von Amsdorf als Bischof von Naumburg-Zeitz (1542-1546) 1971

Rezensent:

Delius, Hans-Ulrich

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153

Theologische Litcraturzcitung 96. Jahrgang 1971 Nr. 2

15 i

der Gedanke des allgemeinen Priestertums nie unter, „wenn
er auch einer Tendenz zur Privatisierung und Moralisierung
ausgesetzt wurde" (88). Der Neuansatz der Reformation
bringt eine Reinigung, an der Vf. die Reform-
bemühungen des II. Vat. Konzils mißt. Danach scheinen
die einschlägigen Aussagen des II. Vat. Konzils für sich
genommen „nicht weniger als das Zukunftsbild einer
Befreiung der Gesamtheit des ,Gottesvolkes' ZU wirklich
Priesterlicher Funktion und einer Realisierung des .allgemeinen
' Priestertums über das von der Reformation je
erreichte Mafj hinaus zu enthalten" (103). Gleichzeitig aber
werden diese Aussagen des II. Vat. Konzils von anderen
.umgebogen und limitiert", indem Kirche und Wort Gottes
so einander zugeordnet werden, daß es „ein selbstmächtiges
Gotteswort nicht gibt" (107).

Der zweite Beitrag von Pfarrer G. Leich teilt Erfah-
rungswerte mit, die bei fünf Gemeinden und Bewegungen
der Gegenwart gewonnen wurden bei der Frage nach der
Verantwortung der Gemeinde für das Amt der Kirche.
Es handelt sich um die Mannschaftsarbeit der Notting Hill
Methodist Church in London, das Pfarramt für Industrie-
diakonic in Wolfsburg, Die Arche, die Gorbals Group

Ministry Glasgow, um die Eglise Nationale Protestante de
Geneve und die charismatische Bewegung. Eine systematische
Auswertung der ökumenischen Diskussion um das
Amt der Kirche schlieft die Untersuchung.

Leipzig Christoph Michael Haufe

McBricn, Richard: Die Kirche - Zeichen und Werkzeug der

Einheit (Conc 6, 1970 S. 546-550).
Corsani, Bruno: Problemi esegetici nelle traduzioni „ecu-

meniche" del Nuovo Testamento (Protestantesimo XXIV,

1969 S. 209-227).
Moritzen, Niels-Peter: Neue Tendenzen in der Entwicklung

der TJmbanda-Religion (EMZ 26, 1969 S. 208-211).
Rehfeldt, Mario L.: As implicacöes Teologicas e Praticas

da Federacäo Luterana Mundial (Igreja Luterana XXX,

1969 S. 43-65).
Steinbauer, Friedrich: Der religiöse Bezug im Kargo-Kult-
Komplex (EMZ 26, 1969 S. 211-229).
Vicedom, G. F.: Was fördert und was hindert die Mission?

Nachlese zu einer Umfrage (EMZ 27, 1970 S. 196-209).
Wallenfels, H: Das Verständnis der Religionen und seine

Bedeutung für die Mission in römisch-katholischer Sicht

(EMZ 27, 1970 S. 125-159).

REFERATE ÜBER THEOLOGISCHE DISSERTATIONEN UND HABIL.-SCHRIFTEN

IN MASCHINENSCHRIFT

Delius, Hans-Ulrich: Der Briefwechsel des Nikolaus von
Amsdorf als Bischof von Naumburg-Zeitz (1542-1546).
Habilitationsschrift Leipzig 1968. 1100 S.

In den letzten Jahrzehnten zeichnet sich in der kirchen-
fioschichtlichen Arbeit des Reformationsjahrhunderts immer
mehr das Bestreben ab, die Erschließung der Quellen als
abgeschlossen zu betrachten und sich bei der Darstellung
bestimmter historischer Probleme auf die bereits vorliegenden
Quellen zu beschränken. Wenn auch mit Sicherheit
die Hauptquellen der führenden Persönlichkeiten der
Reformation verfügbar sind, so bleibt doch bei den teilweise
stark im Schatten Luthers stehenden Männern noch
viel zu tun übrig. Gerade hier bergen die Archive noch
"staunliche Schätze, die durch ihre Beziehungen zu den
;'n der SpiUc stehenden Männern auch auf diese neue
Schlaglichter werfen.

Die Qucllenedition des Briefwechsels von Nikolaus von
Amsdorf während seiner Zeit als Bischof von Naumburg-
Zeitz wurde durch das 1961 in den Schriften des Vereins
für Reformationsgeschichte als Nr. 179 erschienene Buch
von Peter Brunner über Amsdorf als Bischof angeregt.
Brunners Untersuchung basiert jedoch lediglich auf den
Sedruckten Quellen. Ehe aber die kirchenrechtlichcn,
historischen oder systematischen Hintergründe des evangelischen
Episkopats in der Reformationszeit endgültig
geklärt werden können, müssen zunächst einmal die
Quellen erschlossen und damit die historischen Fakten
klarwerden.

Die Notwendigkeit einer Briefsammlung Amsdorfs in
seiner Amtstätigkeit als erster, von Luther eingesetzter
evangelischer Bischof wird durch eine Zahl belegt: Von
den in der Arbeit vorgelegten 853 Briefen von und an
Amsdorf in der Zeit von 1542-1546 waren nicht einmal
Neunzig bereits gedruckt und damit zugänglich. Die bereits
gedruckten Briefe waren natürlich in erster Linie Lutheroder
auch Melanchthon-Briefe.

Als besonders ergiebig erwiesen sich das Thüringsche
Staatsarchiv in Weimar sowie die Naumburger Archive,
besonders das Stadtarchiv. Daneben wurden Magdeburg,
Oranienbaum, Dresden, Zeitz, Bautzen u. a. benutzt. Die
Briefe Amsdorfs werden in extenso gegeben, während die
Briefe an ihn im Regest erscheinen. In einer ausführlichen
Einleitung wird das Jahr der Sedisvakanz des Naumburg-

Zeitzer Bischofsstuhles vom Tode Bischof Philipps bis zur
Einsetzung Amsdorfs dargestellt. Hier wird auf Grund
der dazu ausgewerteten neuen Archivalien aufgezeigt, mit
welchen Intrigen das Domkapitel zu Naumburg - das
Zeitzer war ziemlich bedeutungslos - das drohende Einschreiten
des Landesherren zu verhindern suchte, aber
auch, mit welcher Schwerfälligkeit der kurfürstliche Apparat
auf die Gegebenheit des Todes des Bischofs reagierte.

Zu jedem Brief gehört ein ausführlicher Apparat, durch
den er meist erst verständlich wird, werden doch in ihm
historische Anspielungen wie auch auftretende Namen oder
Ortschaften genauso nachgewiesen wie die Zitate aus den
Kirchenvätern oder Klassikern. Dabei werden auch Ergänzungen
zur Weimarer Lutherausaabe, Abteilung Briefe
(inzwischen in WA Briefe 13 erschienen), besonders aber
zum Corpus Reformatorum gegeben, wobei die verschiedenen
Melanchthon-Briefsammlungen durch zwei neue,
bisher unbekannte Melanchthon-Briefe erweitert werden
konnten.

Eine Zusammenfassung unter dem Titel „Das mißlungene
Experiment" sowie ein ausführliches Register und
ein Verzeichnis der Briefabsender und -empfänger runden
die Edition ab.

Das vorsichtige negative Urteil, das Brunner 1961 fällte,
muß nach Vorliegen des Briefwechsels bekräftigt und
erweitert werden. Das Bischofsamt Amsdorfs war in kaum
tragbarer Weise mit den obrigkeitlichen Funktionen des
Bischof-Fürsten verknüpft. Dazu kommt, daß Amsdorf
nicht nur durch seine Einsetzung, sondern auch durch
seine labile Persönlichkeit in jedem Augenblick seiner
Tätigkeit ein völlig vom Willen des Kurfürsten abhängiger
Mann war. Weiter kommen als negative Faktoren hinzu
die persönliche Unselbständigkeit Amsdorfs, seine juristische
Unerfahrenheit - vom Hauptmann des Bistums, der an
sich vom Kurfürsten bestellt worden war, kräftig für sich
ausgenutzt - ferner seine theologische Unbeholfenheit und
seine geradezu peinlichen Bemühungen um die finanzielle
Versorgung seiner Neffen, sein Nepotismus. - Von außen
her hatte der Bischof keine Unterstützung, selbst der kurfürstliche
Hof ließ ihn weithin im Stich oder bearbeitete
doch seine zahlreichen Hilferufe nur sehr schleppend. Dazu
kamen die Schwierigkeiten aus den örtlichen Gegebenheiten
. Neben dem meist altgläubigen Adel und dem ihm
widerstrebendem Domkapitel hatte er aber auch noch mit