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Ausgabe:

1971

Spalte:

122-124

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Grönvik, Lorenz

Titel/Untertitel:

Die Taufe in der Theologie Martin Luthers 1971

Rezensent:

Rothert, Hans-Joachim

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nicht auf" für »er hat nit vil wisen ... und du sind schient
und einveltig". - 361 (359,17): „ruhiger Lebenswandel"
für „sittiger wandel".

3. Beibehaltung des mhd. Ausdrucks, obwohl nhd. mißverständlich
: 356(353,23): „in aller gerechten Vernunft"
für „in allen gerehten vernünften" (Lehmann: „recht";
Gabele: „gerader Geist"). - 362 (359,26): „das, was da ist"
für „daz, daz da ist" (richtig: „das, was ist", denn es
handelt sich um „das Sein" schlechthin).

k

4. Falsch übersetzte Vokabeln und syntaktische Zusammenhänge
: 356 (352, 23 f.): „Wohin zielt dein Verstand? -
NachungebändigterFreiheit" für „walendetdin bescheiden-
heit? - In lediger friheit" (richtiger: „Wozu führt ..."?-
Zu ..."). - 356 (353,12): „von innen oder außen" ist zu

Sache", nicht zu „Wirken" zu beziehen. - 358 (355,9-11):
»seine (Christi) Geburt entspricht der Natur ...
unsere Erzeugung ... zielt dahin, sich der Einfachheit
der göttlichen Natur anzugleichen" für „sin geburt z i 1 e t
( hat ihr Ziel) in der natur ... unser geberunge ...
zilet in einförmikeit siner nature" („einförmikeit" geht
nicht auf Gottes Einfachheit, sondern meint unser informari
in Gottes Natur). - 360 (358,16): „groz gedrange ... an
der gewizseni" ist nicht „Gewissensdrang", sondern „Gewissensbedrängnis
". - 361 (358.30): „bihte ... du von schulden
flat" meint nicht „infolge begangener Schuld" (wie auch
Denifle, sondern, wie der Gegensatz „bihte von minnen"
und die Parallele „schuldig ze bihtenne" (358,28) zeigt,
eine pflichtmäfjige Beichte. - 361 (359,6): „da wirt ein
lieht erzöget" heißt nicht „erzeugt", sondern „leuchtet auf",
»erweist sich", „erscheint" (sh. das gleich folgende „erzö-
gennne" = „Erweis"). - 361 (359,13): Ohne Begründung
wird (Speise und) „Trank" für (spise und) „rüwe" konji-
ziert. Im näheren Zusammenhang ist nur vom Essen,
nicht von Essen und Trinken die Rede, „spise und rüwe
in viehlicheite" ist anschaulich für die Lebensweise des
Viehs auf der Weide und im Stall.

5. Übersetzungen, die die spezifisch mystische Anschau-
ungs- und Ausdrucksweise verunklaren oder den theolo-
fischen Gedanken nicht scharf erfassen: 358 (355,2): Bei
der Wiedergabe des Eckhart'schen deus indistinct'one distin-
guitcr („nüt inniaers denn got" und „nüt underscheideners")
ist die Einbeziehung des unterscheidenden Ich durch die
Übs. „ich . . . unterscheide" fehl am Platze. - 360 (357,14)
..ein mensch, der sich warlich gelazsen hetti" hat sich zwar
auch „Gott überlassen" (so Hofmann), aber das absolute
-sich gelassen hätte" (Denifle, Lehmann) war richtiger. -
360 (358,1): , gewordenheit" ist „Geschöpflichkeit", was
durch die Übersetzung ,.so, wie er geworden ist" verunklart
wird.

Es dürfte deutlich sein, daß diese Übertragung „in die
heutige deutsche Sprachform" keinen Fortschritt für die
sachgemäße Vermittlung Seusescher Gedanken gegenüber
den älteren Übersetzungen darstellt. Neben dem Bihl-
meyerschen Text benutzt und durch diesen kontrolliert
mag sie vielfach hilfreich sein. Aber damit ist ihr eigentlicher
Zweck ja nicht erfüllt. Sie könnte ihn erreichen,
wenn sie, wie Denifle es s. Z. tat, überall dort, wo eine
Präzise Übertragung nicht möglich oder der Sinn fraglich
ist. den mhd. Wortlaut in einer Fußnote beifügte. Nur so
läßt sich wohl überhaupt bei jedem Übersetzungsversuch
derarticier Texte die erwünschte Sicherheit vor Mißverständnissen
erreichen, wenn man sich schon den Luxus
eines vollen doppelsprachigen Paralleldruckes nicht leisten
zu können meint.

Die dem Buch nicht sparsam beigegebenen Fußnoten
machen von dieser Möglichkeit kaum Gebrauch, geben
dagegen viele willkommene Sacherklärungen, biblische Stellennachweise
und Literaturhinweisc und erläutern einzelne
theologische Gedankenzusammenhänge; sie gehen damit
über die natürlich benutzten Vorlagen von Denifle und
Bihlmeyer ein ganzes Stück hinaus.

122

Am Schluß ist ein Sachregister beigegeben, das ein
Gemisch von Realien und mystischen Termini bietet.
Rostock Konrad Weit)

1 Vgl. Denifle (S. III): „Diepcnbroek hat die alte Sprache . ..
an sehr beibehalten". - Lehmann (S. LH): „Die Übersetzung
sucht insofern über Denifle hinauszukommen, als sie sich
bemüht, wirklich unserer Sprache sich auzuschmiegen . . ."
(iabcle (S. 328): „orsetzo ... alle Worte, deren Bedeutung sich
verschoben oder deren Gefühlswert sich verändert hat".

Ernst, Jan: De kennis van Christus naar middeleeuwsc
interpretatie (Summary: The Medieval Interpretation of
the Knowledge of Christ) (Tijdschrift voor Theologie 10,
1970 S. 151-178).

Dehn, Günther: Der Bruch der Generationen in der Kirche
(JK 31, 1970 S. 324-328).

Dreyfus, Theodore: Les modalites du retour sur soi d'apres
un moraliste juif du XIII« siecle, Räbenü Yona Gerondi
(RThPh 103, 1970 S. 165-176).

Schneider, Hans-Joachim: „Verliebtes Heiligseyn". Jesusminne
und Christuserotik im Liedgut der „Singenden
und Klingenden Berge" (EvTh 30, 1970 S. 318-333).

Schräder, Franz: Kirchliches Einheitsbewußtsein und Toleranz
im Herzogtum Magdeburg während des 17. und
18. Jahrhunderts (RQ 65, 1970 S. 54-66).

KIRCHENGESCHICHTE:
REFORMATIONSZEIT

Grönvik, Lorenz: Die Taufe in der Theologie Martin
Luthers. Abo: Abo Akademi; Göttingen-Zürich: Vanden-
hoeck & Ruprecht 1968. 247 S. gr. 8° = Acta Academiac

Aboensis, Ser. A, Humaniora. Humanistiska Vetenskapcr,
Socialvetenskaper, Teologi, 31,1. Kart. DM 21,-.

Das hier anzuzeigende Buch hat der Theologischen
Fakultät der Abo Akademi, Abo, Finnland, als Dissertation
vorgelegen. Das sorgfältig Rechenschaft gebende Vorwort
ist in Heidelberg geschrieben worden. Von den Theologen,
welchen sich der Vf. besonders verpflichtet weiß, seien
genannt: A. Nygren, L. Haikola, R. Josefson, R. Prenter,
P. Brunner und A. Peters. - Außer ihrer klar erkennbaren
Zugehörigkeit zu der mit diesen Namen nur angedeuteten
theologischen Richtung besticht die Arbeit durch ihre
Gründlichkeit, die Sorgfalt, mit der die (reichlichen) Zitate
ausgewählt und genau angegeben werden, sowie durch den
langen Atem des Vf.s, seinem Thema in möglichst großer
Vollständigkeit aller gegebenen systematischen Aspekte
nachzugehen und gerecht zu werden. Die Kapitelüberschriften
- I. Der Zusammenhang zwischen Schöpfung,
Christusgeschehen und Taufe. II. Wort Gottes im Wasser.
III. Zeichen, Verheißung und Glaube in der Taufe. IV. .Nutz'
und .Bedeutung' der Taufe - können nicht mehr als eine
notdürftige Kennzeichnung dieser Vollständigkeit sein. Es
handelt sich wirklich um so etwas wie den Versuch,
Luthers Theologie von der Frage nach der Taufe aus in
ihrer systematisch-theologischen Einheitlichkeit zu erfassen
und darzustellen. Damit hat der Vf. in den gegenwärtigen
Bemühungen, Luthers Theologie zu erarbeiten, eindeutig
Stellung genommen (vgl. hierzu E. Bizer, Neue Darstellungen
der Theolgie Luthers; in: ThR, 31,1966, S. 316ff).
Er selber sagt dazu: „Die Aufgabe dieser Arbeit ist es,
die Taufauffassung Luthers in ihrer Struktur und mit
besonderer Berücksichtigung der Frage nach ihrer Einheitlichkeit
zu untersuchen. Nach unserer Meinung ist diese
Einheitlichkeit vorhanden, die Taufauffassung Luthers also
in sich geschlossen und konsequent, wie sie auch ein konsequenter
Ausdruck seiner reformatorischen Theologie ist.
Unsere Aufgabe wird es sein, die Richtigkeit dieser These
durch eine Beschreibung der Tauftheologie Luthers aufzu

Theologische Literaturzeitung 96. Jahrgang 1971 Nr. 2