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Ausgabe:

1971

Spalte:

93-94

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Westermann, Claus

Titel/Untertitel:

Genesis 1971

Rezensent:

Zobel, Hans-Jürgen

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 96. Jahrgang 1971 Nr. 2

Enttäuschung über die Geschichte entstandene - Erwartung nicht gemäß" (S. 150). Die in v. 6-8 begegnenden Voreiner
fernen Zukunft am Ende der Geschichte zu ver- Stellungen von der Schöpfung als Scheidung und von dem
stehen (S. 37 f)? Ausdrücke wie „Tag Jahwes" visieren Himmel als einem sich über die Erde wölbenden Korper
zunächst gewiß nicht einen solchen Zeitpunkt an. Vor allem lagen dem P bereits vor, geben also nicht eigentlich seine
läßt sich die Entstehung der Messiashoffnung durch Hin- eigenen Vorstellungen oder die seiner Zeit wieder (S. 160).
weis auf die zunehmende Enttäuschung über die amtie- Daß er sie mit der seiner eigenen Theologie entsprechen-
renden .Gesalbten", nämlich die herrschende Daviddynasüe, den Darstellung in v. 6 trotz der sich daraus ergebenden
keineswegs ausreichend erklären '. Israel hat ja auch Exodus, Schwierigkeiten verbunden hat, ist für das Gesamtverständ-
Sinaibund oder Schöpfung von der Zukunft neu erwartet - nis von Gen 1 von Bedeutung. „Offenbar ist es gar nicht
Traditionen, in denen Enttäuschungserlebnisse nicht im die Absicht des P, die Schöpfung so darzustellen, daß wir
gleichen Maße auftreten konnten. Daß sich Vergangenes sie uns dann vorstellen können." (S. 162)
und Gegenwärtiges in Zukünftiges wandeln, ist ein Spezi- Noch manche andere Beobachtung W.s wie z. B. die, daß
fikum alttestamentlichen Glaubens; wie und weshalb mit der Erschaffung der Vegetation in v. 11 etwas Neues
sich dieser Umschlag vom Schon-Jetzt zum Noch-Nicht beginnt (S. 171), daß auch Sonne und Mond Geschöpfe sind,
vollzog, ist aber letztlich immer noch unbekannt. also eine dienende Funktion haben (S. 176 f.), daß mit der

Kiel Werner H. Schmidt Schöpfung eines Lebendigen in v. 20-23 das Segnen hin-

zutritt, dieses aber nicht als spezifisch theologischer Be-

1 Die niessiauischeu V erheiflungen beziehen sich - durch iff verslanden sein will (S. 186 ff.), und daß durch „die

ötichwortverbiudung oder gar Zitat - nur auliorst selten auf yillJ- vual°"ul .ot " v /• ■>

ilie Nathanweissagung (vgl. Am 9,11 mit 2. Sam 7,27); darf Elemente des Wie und Wozu der Menschenschopfung ...

'"an darum bezweifeln, daß sie auf ihr gründen? p ^ das jnm ^ diesem Vorgang theologisch relevant

Erscheinende" hervorheben will (S. 198 f.), kann hier
angeführt werden, um den reichen Gehalt dieser neuen

Westermann, Claus: Genesis, Lfg. 2 u. 3. Neukirchen-Vluyn: Genesis-Auslegung zu skizzieren. Als „die das Reden von

Neukirchener Verlag d. Erziehungsvereins [1967/68]. Schöpfer und Schöpfung in Gn 1 bestimmende Tendenz"

S. 81-240 gr. 8° = Biblischer Kommentar. Altes Testa- hebt W. „das ehrfürchtige Wahren des menschlicher Vor-

ment, hrsg. v. M. Noth u. H. H. Wolf, I, 2 u. 3. Je Stellung nicht zugänglichen Geheimnisses der Schöpfung"

DM 7,75. heraus. Denn die gesamte Darstellung ist beherrscht von

Die 2. und 3. Lieferung des in ThLZ 93, 1968 Sp. 180 f. dem Zug des Stehenbleibens vor den Toren die dem

angezeigten W.schen Genesis-Kommentars beendet zu- nach dem Anfang, nach dem Entstehen, nach den Ursprung

nächst mit dem Abschluß des § 3, mit § 4. „Zur theolo- gen fragenden Menschengeist nicht erschlossen werden

gischen Bedeutung der Urgeschichte" und § 5. „Literatur" (s- 23S)-

die Einleitung ZU Gen 1-11. Dabei sieht der Vf. die Ab- Halle/Saale Hans-Jürgen Zobel
sieht von J und P einerseits darin, „Menschheitstraditionen
vom Anfang aufzunehmen und gewandelt Donner, Herbert: Herrschergestalten in Israel. Berlin -
weiterzugeben ... und diese Menschheitstraditionen in Heidelberg - New York: Springer-Verlag 1970. XI, 123 S.
Verbindung zu bringen mit den Israel eigenen, aus dem Jn 6 Ablj a Taf g» _ Verständliche Wissenschaft, hrsg.
Bekenntnis zu Jahwe, dem Retter, erwachsenen Traditionen" v H v. Campenhausen, 103. DM 7,80.

mit di; vn?rrStSM" ?" ? kIiT9 Ur9eSChiChtC in der Schriftenreihe „Verständliche Wissenschaft", die

mit der Vorgeschichte Israels (S. 91). ^ ^ ^ ^ ^ Geistcswclr dem zide dienen

Sodann folgt auf S. 104 die mit S. 240 noch nicht ganz wil] Ergcbnisse der wisScnschaft breiteren Kreisen zugäng-
Jbgeschlosscne Auslegung der priesterlichen Schopfungs- ^ ^ machen< H Donner dankenswerterweise mit
«Zahlung (Gen 1,1-2,4 a), untergliedert, wie m dieser sciner gus dnem Vortragszyklus entstandenen Untersu-
^ommentarreihe üblich, in (Literatur,) Text, Form Ort, ch „Herrschergestalten in Israel" einen Beitrag überWort
ziel. Auf Grund der Form der Erzählung schheßt nommen In Thema und Darstellung schließt er sich dabei
w.. daß sie ihre Gestalt „auf dem Weg einer Traditions- ^ dag ^ dieger Reihe erschiencnc Heft (Bd. 54# 1954)
geschichte in Israel erhalten (hat), die sich aber darüber Hcrrscher im Alten orienr von Woifram v. geden an.
mnaus in eine große Weite der Völker und der Kulturen , . ,
v°r und außerhalb von Israel erstreckt" (S. 112). In dieser Das Vorwort geht anhand der Deckenfresken der
weiträumigen und weitverzweigten Traditionsgeschichte St.-Michaelis-Kirche zu Hildesheim von dem feierlich Stüi-
steht P (S. 113). Er hat kritisch ausgewählt, darunter haupt- Herten kirchlichen Bild der isrealitischen Konige aus, das
"Schlich die ihm näher stehende Darstellungsform des ü» geschickter Weise mit dem realistisch-nüchternen Bild

Schaff™ j _j. *» j. j r. :_t,„ j:„ „_ ™;f der historisch-kritischen Wissenschaft kontrastiert wird,

^tnarfens durch ein Machen oder Bewirken, die er mit ... ' . , , ,., . , . , , , .. . ,

*ker eigenen Vorstellung von der Schöpfung durch das Freilich wird man dem Vf. nicht darin folgen können, daß

^rt so verschmolzen hat, daß daraus „ein vollendetes auch noch in der Vorstellungswelt des heutigen Christen

Ganzes" wurde (S. 113). Daraus folgt, daß nicht nur jenes mittelalterliche Idealbild der ■sraehtischen Konige

u°erall „mit Umgestaltungen durch P" zu rechnen ist, lebendig wäre.

sondern daß auch eine Aufteilung in „Wort-" und „Tat- D. greift aus den israelitischen bzw. judäischen Königen

Bericht" unmöglich ist; „der .Wortbericht' hat als solcher solche Herrscher heraus, die entweder von Bedeutung

nie existiert, und der .Tatbericht' ist nicht rekonstruierbar" waren oder deren Herrschaft in besonders bewegte Zeiten

(s- 120). Diese lange Überlieferungsgeschichte der Erzäh- fiel: Saul, David, Salomo, Rehabeam, Jehu, Hiskia, Josia

lung
lieh

larin wider, daß sie ihren ursprüng- und Zedekia. Keiner der Herrscher ist isoliert dargestellt;
en Sitz im Leben ihre ursprüngliche Funktion verloren es wird vielmehr stets das für das Verständnis Notwendige
u«d „ihren neuen Ort als Anfang des priesterschriftlichen aus der vorhergehenden Geschichte geboten. Der Einsatz-
Werkes" gewonnen hat (S 129). Punkt mit der Jotamfabel ist glücklich gewählt, beleuchtet
tv J: . . l c-v i t. a tut ;™ sie doch schlaglichtartig die Widerstände, die sich der
Die Einzelauslegung ist recht ausführlich und gibt im eiJs Konigtums m Israel entgegenstellten und
£3e einer gründlichen Erörterung der vom Tex gestellten ^ g auseinanderzusetzen
Probleme die eigene Lösung bekannt. So stellt sich für ™» utuc" " a
W Gen 1,1 als eine den Schöpfungsbericht zusammenfas- hatte-

sendc und aus dem Gotteslob herrührende Überschrift dar; Der Alttestamentler freut sich. Altvertrautes in an-

v- 2 schildert den Zustand in den hinein Gottes Schöpfung sprechender Form erzählt zu finden, und wird es dem Vf.,

geschah, und mit v 3 beginnt die Schöpfung. Dabei ist der das Risiko einer populären Darstellung auf sich nimmt,

»die Frage ob creatio ex nihilo oder nicht, ... dem Text nicht weiter ankreiden, wenn die Ausdrucksweise mam