Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1971

Kategorie:

Praktische Theologie

Titel/Untertitel:

Neuerscheinungen

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

945

Theologische Literaturzeitung 96. Jahrgang 1971 Nr. 12

946

lieber, theologischer, religiöser und katechetischer EB
stehen am Anfang. Die gegenseitigen Beziehungen werden
ebenso sorgsam erörtert wie die je besonderen Anliegen
jeder Arbeitsrichtung. In der theologischen EB, die fundamentalen
theologischen und ethischen Problemen zugewandt
ist, soll „die dauernd drohende Schizophrenie
zwischen Spiritualität und Reflexion" überwunden werden
. „Theologische Erwachsenenbildung muß möglichst
weitgehend die Einheit von Denken und Vollzug anstreben
" (S.87).

In einem zweiten Abschnitt wird der Holländische
Katechismus nach sechs didaktischen Kriterien untersucht
und als epochemachend für einen neuen, notwendigen
Typ von „Gemeindetheologie" beschrieben.

„ökologische" Untersuchungen folgen (S. 103ff.). In
einem historischen Überblick wird gezeigt, wie die Theologie
in immer neuer Umgebung immer andere Entwick-
lungs-, Studien- und Aussagestrukturei. bekommt. Während
im NT eine dialogische „Gemeindetheologie" sichtbar
wird, erscheint die patristische Theologie als von
episkopal-pastoralen Tendenzen bestimmt. Im frühen
Mittelalter tritt das Kloster ökologisch in den Vordergrund
: eine Mönchstheologie ist die Folge. Sie wird überschattet
durch die rasch aufblühende Universitätstheologie
, die sich der Auseinandersetzung mit Philosophie
und Bildung widmet. Aus der Universitätstheologie
wird dann im wesentlichen Ausbildungstheologie für
den Klerus; die dialogische Orientierung tritt hinter der
Reproduktion und Übersetzung der Tradition zurück.
„Eine solche Theologie ist nicht in der Lage, den fruchtbaren
Mutterboden für neue Fragen herzugeben ... Die
Gläubigen selbst kommen mit ihren Fragen und Beiträgen
nicht mehr zu Wort" (S. 106). Der Weg der protestantischen
Theologie ist hier nicht gesichtet. In der Gegenwart
sehen die Vf. die Theologie ökologisch in Bewegung
geraten. Sie wünschen eine Theologie neben Kanzel und
Katheder und sehen hier eine wichtige Funktion der theologischen
EB. Sie könnte „die gemeinsame Aufgabe darstellen
, die, wenn sie von Klerus und Laien erkannt und
angegangen wird, die Aufspaltung in Klerustheologie und
Laientheologie wirksam verhindern und konstruktive
Anregungen für einen neuen Typ von Theologie geben
könnte" (S.108).

Ein letzter Abschnitt beschäftigt sich mit Vermittlungsproblemen
theologischer Fragestellungen - im Sinne
einer über Verstehen hinaus auf Kommunikation zielenden
Hermeneutik. In fünf Thesen wird die didaktische
Konzeption der EB entfaltet. Der entscheidende Gesichtspunkt
heißt: „Ein Glaube, der der Bibel gerecht
werden will, muß sich darüber klar sein, daß er sich in
einem unaufhörlichen Prozeß des Weiterdenkens und der
Entdeckung neuer, vorher nicht geahnter Horizonte befindet
" (S.129).

Im 3. Kapitel (Methodische Aspekte, S. 133-238) werden
methodische Prinzipien (Aktualität, Anschaulichkeit
, Aktivität, Rücksichtnahme) von methodischen Elementen
(Vortrag, Gespräch, Arbeit an Texten, technische
Hilfsmittel) unterschieden. Bei der Funktionsanalyse des
Vortrags wird differenziert zwischen induktiv entwickelndem
, vorstellend erklärendem und darstellend
informierendem Typ. Für die Vortragsvorbereitung werden
(im Anschluß an W.Klafki) didaktische Vorüberlegungen
zu Bedeutung, Struktur, Hörerbezug und Ziel
der zu verhandelnden Thematik angestellt; dann folgen
methodische Erwägungen, die vom Referenten erwartet
werden müssen. Der vordringliche Gesichtspunkt der Vf.
ist die Gesprächsbezogenheit des Vortrags. Dem Gespräch
ist ein noch breiterer Raum gewidmet (S. 166-201).
Bekannte Literatur wird gerafft eingearbeitet. Entscheidend
ist, „das Gespräch als Übung der Nächstenliebe und
als Form der Umkehrbereitschaft im Sinne der Integration
des einzelnen in eine Gemeinschaft zu verstehen"
(S. 180). Die Arbeit an Texten wird als ein noch unentwickeltes
methodisches Element vorgestellt. Das Kapitel
schließt mit Anregungen zur Arbeitstechnik des einzelnen
, der Zusammenarbeit und der Werbung.

Das vierte Kapitel stellt institutionelle Formen der
theologischen EB vor (S. 239-276). Ausgegangen wird
hier von der Hinwendung zu den Fernstehenden und der
dieser Hinwendung notwendig entsprechenden Befähigung
der Christen zum helfenden Glaubensgespräch. Dann
wird die Vielfalt der Formen von den Akademien über
ortsgemeindliche Möglichkeiten zu regionalen Formen
aufgezählt. Vor allem für die ortsgemeindliche EB wird
ein differenziertes Angebot gefordert, das spezielle Kategorien
entwickeln muß: Zeitaufwand, Ansprechen verschiedener
Ebenen der Aktualität, Bemühung um Aktivität
der Teilnehmer und Einbringen der theologischen
Fragen aus Universitätstheologie und Gemeinde.

Im letzten Kapitel (S. 277-320) wird ein Erfahrungsbericht
über eine langfristige Form der theologischen EB
gegeben, das „Theologische Seminar", genauer über die
Arbeit, die seit 1962 im Bistum Münster gelaufen ist.
Zweijährige Kurse (in 6 Trimestern zu je 8 Abenden) haben
unter dem Leitthema „Die Liebesgeschichte Gottes
mit der Menschheit" den Teilnehmern in einer stark
biblisch orientierten Arbeit die theologischen Koordinaten
aufgewiesen, „von denen her das menschliche Dasein gedeutet
werden kann" (S.279L). Der inhaltlich-methodische
Aufbau wird skizziert. Ein kritischer Bericht von
K.Hürten folgt. Er weist statistisch nach, daß etwa 2/3
der Teilnehmer Frauen sind, von diesen mehr als die
Hälfte unverheiratete. Der Altersdurchschnitt liegt bei
Männern und Frauen knapp unter 38 Jahren und wird
positiv beurteilt. Die berufliche Zusammensetzung der
Gruppen ist heterogen, Angestellte stellen das stärkste
Kontingent. Der Teilnehmerschwund wird untersucht; er
liegt mit etwa 40% recht hoch. Durchschnittlich am
heftigsten setzt er nach dem ersten Trimester ein. Seminare
, in denen sich intensives Gespräch von Anfang an
entwickelte, blieben ohne nennenswerten Schwund.

Motiv für die Teilnahme ist bei den meisten ein Nachholbedarf
an Verstehen: „Immer wieder berichten die
Referenten, daß sie auf erstaunliche Bildungslücken gestoßen
sind. Man müsse den Eindruck haben, daß die bisherige
Form der Verkündigung der Kirche fast wirkungslos
an den Gläubigen vorübergegangen sein muß" (S.313L).

Die Breitenwirkung der Theologischen Seminare wird
als gut und ausbaufähig beurteilt.

| j Für den evangelischen Rezensenten findet sich in diesem
Buch sehr viel Vertrautes an Problemsichtung und
Vorschlägen. Das Buch selbst ist innerkatholisch orientiert
; es kann aber jedem evangelischen kirchlichen Mitarbeiter
wichtige Orientierungshilfen vermitteln.

Grelfswnld Hanflidrifon Schul/.

Albreoht, Barbara: Er rief zu sich, die er wollte (Mk 3,13). Erwägungen
zu kirchlichen Berufen, evangelischen Räten und
Priestcrtum. Meitingen-Freising: Kyrios-Verlag [1971]
53 S. kl. 8° = Theologie und Leben, 4. Kart. DM 5,—.

Alheit, Renate: Die Frage nach Jesus Christus. Eine Unterrichtseinheit
in einer Oferstufenklasse (Der Evangelische Erzieher
22, 1970 S. 398-405).

Best, Dieter: Versuch eines Konfirmandenunterriehts (Wissenschaft
und Praxis in Kirche und Gesellschaft 59, 1970
S. 480-487).

Dauber, Heinrich u.a.: Anmerkungen zum Diskussions- und

Forschungsstand in der Erziehungswissenschaft (Theolocia

practica ö, 1971 S. 170-190).
Gebhardt, Karsten: Ein Gemeindeseminar (Wissenschaft und

Praxis in Kirche und Gesellschaft 60, 1971 S. 120-126).
Grün, Helmut: Die Bedeutung des Emotionalbereiches für die

Seelsorge in der ländlichen Gesellschaft (Kirche im Dorf 22

1971 S. 66-71).