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Ausgabe:

1971

Spalte:

923-925

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Titel/Untertitel:

1510 - 1539 1971

Rezensent:

Moeller, Bernd

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Theologische Literaturzeitung 96. Jahrgang 1971 Nr. 12

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Elze, Martin: Zur Überlieferung des Sermo historialis passionis
dominicae von Gabriel Biel (ZKG 81, 1970 S.362-374).

Emery, Pierre-Yves: Precher et eeouter selon saint Cesaire
d'Arles (Verbum Caro 92, 1969 S. 48-77).

Pisoher, Joseph A.: Der heilige Lantbert, Bischof von Freising
(gestorben am 19. September 957) (Bavaria Sancta,
Zeugen christlichen Glaubens in Bayern. Hrsg. v. G. Schwaiger
, Bd.I. Regensburg: Pustet 1970 S.186-198).

Fransen, Gerard: La formation du lien matrimonial au moyen-
4ge (Le lien matrimonial, publ. par R.Metz et J.Schlick.
Strasbourg 1970 S. 106-126).

Gaudemet, Jean: Le lien matrimonial: les incertitudes du haut
moyen-age (Le lien matrimonial, publ. par R.Metz et
J.Schlick. Strasbourg 1970 S.81-105).

Gonzalez-Caminero, Nemesio: La filosofia de Ockham como
filosofia del lenguaje (Greg 52, 1971 S. 151-166).

Grundmann, Herbert: Ketzergeschichte des Mittelalters. Berlin
: Evang. Verlagsanstalt (Lizenzausgabe des Verlages
Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen) [1970]. II, 67 S.
gr. 8°.

Hägermann, Dieter: Zur Vorgeschichte des Pontifikats Nikolaus
* II. (ZKG 81, 1970 S.352-361).

Oepen, Martin Reinhold: Gewissensbindung und ihre Grenzen
in der älteren Franziskanerschule (WiWei 33, 1970 S.97 bis
110).

Pichl, Karl: Die Umwertung des Nominalismus historisch betrachtet
(Franz. Studien 52, 1970 S. 360-375).

KIRCHENGESCHICHTE:
REFORMATIONSZEIT

Pflug, Julius: Correspondance. I: 1510-1539. Recueillie
et 6ditee avec introduetion et notes par J.V. Pollet.
Leiden: Brill 1969. V, 592 S. m. 39 Abb., 16 Taf. gr. 8°.

Der gelehrte französische Dominikaner, der Herausgeber
dieses Werkes ist, hat der Reformationsgeschichtsforschung
schon zweimal beträchtliche Überraschungen
bereitet. Einmal, als er in seinem Artikel „Zwinglianisme"
im Band 15 des Dictionnaire de Theologie Catholique 1951
und dann vor allem in seinem 1963 erschienenen Buch
„Huldrych Zwingli et la Reforme en Suisse" (vgl. die
Besprechung von J.Rogge in ThLZ 1966, 56ff.) die erste
und bis heute im Grunde einzige katholische Zwingli-Dar-
stellung vorgelegt hat, in der Sympathie und tieferes
Verständnis für diesen Reformator zu finden sind; zum
zweiten mit der in den Jahren 1958 und 1962 in zwei
Bänden erschienenen, umfang- und materialreichen
Sammlung von Dokumenten und Briefen zum Leben
Martin Bucers (vgl. meine Besprechung ThLZ 1968,
194ff.), die Pollet als einen hervorragenden Kenner der
Reformationsgeschichte Deutschlands erwies. Mit dem
vorliegenden Buch, dem ersten von drei Bänden einer
Ausgabe der Briefe Julius Pflugs, des bekannten katholischen
Politikers und Kirchenpolitikers der Reformationszeit
(1499-1564), ist nun die dritte Überraschung geglückt
.

Sie beruht vor allem darauf, daß, jedenfalls nach meinem
Urteil, die wissenschaftliche Qualität dieses Werkes
gegenüber derjenigen der Bucer-Ausgabe noch einmal
deutlich zugenommen hat. Schon damals war der bedeutende
reformationshistorische Sachverstand des Herausgebers
und seine weit ausgedehnte Literatur- und
Quellenkenntnis, dazu seine Freude an der womöglich
weitausschweifenden und detaillierten Erörterung von
Spezialproblemen hervorzuheben. All dies findet man in
dem neuen Buch, angesichts des neuen Themas, wieder,
dazu aber kommt nun ein Zuwachs an Zuverlässigkeit,
vor allem aber eine sehr viel übersichtlichere und gleichmäßigere
Anlage des Ganzen. Auch dieses Werk kommt
mit einer gewissen Behäbigkeit daher; die insgesamt

133 Briefe und 11 weiteren Dokumente zu Pflugs Leben,
die abgedruckt sind, werden außerordentlich genau und
emsig-liebevoll kommentiert, an der Ausstattung mit
Abbildungen, Tabellen und Indices ist nicht gespart, und
der Herausgeber liefert zusätzlich einen ziemlich ausführlichen
biographischen Abriß, aus dem zwar nicht besonders
genau faßbar wird, wer Pflug war, wohl aber, was
er wann getan hat.

Der vorliegende Band reicht bis Anfang 1539, bis zu
der einschneidenden Wendung im Leben Pflugs, die mit
dem Tode des Herzogs Georg von Sachsen und dem Übergang
des Landes an das Luthertum eintrat. Die bedeutendsten
Ereignisse und Tätigkeiten seines Lebens, die
maßgebliche Teilnahme an den großen Religionsgesprächen
und der Kampf um das Bistum Naumburg, standen
dem damals Vierzigjährigen noch bevor, doch dokumentiert
die Briefsammlung deutlich und eindrucksvoll, wie
er allmählich in die großen Aufgaben hineinwuchs. Er
entstammte einer im albertinischen Sachsen in zahlreichen
Verwaltungsämtern vertretenen Adelsfamilie, und mit
seiner Ausbildung zum Juristen und seinem Studium in
Italien schloß er sich der Familientradition an. Freilich
übte er seine im Laufe der dreißiger Jahre immer bedeutender
werdende Tätigkeit als herzoglicher Rat als Kleriker
aus, im Besitz eines rasch wachsenden Schatzes bedeutender
Pfründen: 1522/23 Kanonikus und Dompropst
in Zeitz, 1528 Kanonikus in Merseburg, 1532 in Naumburg
, 1530-34 in Mainz, 1537 Domdekan in Meißen. Bis
etwa 1529 herrschen in den Briefen die humanistischen
Themen vor, Pflug erweist sich als ein Durchschnittshumanist
nicht zuletzt durch die gemäßigten Sympathien
, die er Lutheranern (etwa dem Studienfreund aus
Italien, Johann Heß und dessen Sache: Nr.6, 16 und 21)
und lutherischen Büchern wie Melanchthons Loci (Nr. 17)
entgegenbringt. So hoch und verbreitet auch sein Ansehen
damals bereits sein mochte - eigentliches Profil gewinnt
der Mann jedenfalls für den Leser seiner Briefe erst von
der Zeit an, da er mit der großen Politik in Berührung
kam, als Teilnehmer an der Kaiserkrönung Karls V. und
an den Reichstagen von 1530 und 1532. Er wurde nun,
mit Männern wie Erasmus und Melanchthon in Briefwechsel
tretend, offenbar immer mehr in ein kirchliches
Engagement hineingezogen, und die Wiederherstellung
der concordia der Christen wurde sein Ziel, das er vom
Boden der mit Rom verbundenen Kirche aus verfolgte,
aber von Männern wie Cochläus (s. 279, Anm.) und sogar
Witzel (Nr. 97) durch seine Konzilianz erkennbar unterschieden
. Am Ende (Nr. 126) liest man in einem Brief
von 1538 an Camerarius den Entwurf eines Programms
zur Heilung der gegenwärtigen Schäden der Christenheit
durch die Pflege und den Ausbau der Rhetorik, in dem
man geradezu Melanchthons Stimme zu hören meint - ein
bemerkenswertes Dokument für die tief- und weitreichende
Geistesverwandtschaft der Humanisten in den
beiden konfessionellen Lagern.

Was die Darbietung der Texte anbelangt, so dürfte der
Herausgeber schon mit der Sammlung des sehr verstreut
liegenden und zum überwiegenden Teil ungedruckten
Materials - wichtigste Fundorte sind Zeitz, Dresden und
Gotha - eine bemerkenswerte Leistung vollbracht haben.
Ob er alles Vorhandene gefunden hat, vermag ich nicht zu
beurteilen - daß der Brief Pflugs an Heß vor 1519 bereits
von G. Bauch im Correspondenzblatt des Vereins für Geschichte
der evangelischen Kirche Schlesiens 8, 1902/03,
175, veröffentlicht worden ist, wäre nachzutragen. Von
den bereits gedruckt vorliegenden Briefen wird für die
Nummer 49, einem Brief des Erasmus, ein gegenüber allen
besserer Text geboten; zwei Briefe Pflugs an Melanchthon
(vom 29. 8.1531 und vom 28.10.1533) werden, wie es
scheint, erstmals veröffentlicht (Nr. 52 und 88). Die Texte
sind zumeist im vollen Abdruck, gelegentlich im Regest