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Ausgabe:

1971

Spalte:

902-903

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Phillips, Anthony

Titel/Untertitel:

Ancient Israel's criminal law 1971

Rezensent:

Stamm, Johann Jakob

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901

Theologische Literaturzeitung 96. Jahrgang 1971 Nr. 12

902

Erlandsson, Seth: The Bürden of Babylon. A Study of
Isaiah 13,2-14,23. Lund: Gleerup [1970]. 195 S.gr.8° =
Coniectanea Biblica, Old Testament Series, 4.

S. Erlandsson hat seine Dissertation über Jesaja 13 und
14 geschrieben. Er erinnert zuerst an die Verschiedenheit
der Auslegungen dieser beiden Kapitel. Man glaubt oft,
daß sie von einem Unbekannten geschrieben wurden, der
in der Zeit von Kyros, im 6. Jahrhundert gelebt hat.
S.Erlandsson stellt eine andere These dagegen: er hält
Jes.13 und 14 nicht für einen Fremdkörper innerhalb des
Jesajabuches, sondern versteht sie im Zusammenhang
der Predigt des Propheten im 8.Jahrhundert; danach
sind die beiden Kapitel im Jahre 701 geschrieben worden
.

Der Vf. übersetzt zuerst Jesaja 13f., und studiert dann
sorgsam den massoretischen Text einschließlich der textkritischen
Abweichungen. In einem zweiten Teil untersucht
er den Kontext der beiden Kapitel, d.h. die Kapitel
1-12 und besonders 14-23. Dabei zeigt er, daß die
Orakel gegen die Fremd Völker sich sehr wohl vom 8. Jh.
her begreifen lassen, so weist er hier verschiedene Themen
auf, die jesajanisch sind, besonders 1. die Verwüstungen
, die Assur überall im Nahosten unter Tiglath Pile-
zer III und seinen Nachfolgern angerichtet hat; 2. die
Bündnisse, die die kleinen und großen Staaten in dieser
Gegend, die von Assur geplündert worden sind, geschlossen
haben, um sich zu befreien; 3. die Botschaft,
daß Jahweh allein den assyrischen König besiegen und
Jerusalem retten werde. S.Erlandsson erinnert dann daran
, daß die Meder schon im 8. Jh. in dieser Gegend aktiv
geworden sind und an die wichtige Rolle, die Babel für die
Assyrer in derselben Zeit gespielt habe. Wenn beide Kapitel
von Hedern und Babyloniern sprechen, dann ist das
nach Erlandsson kein Beweis für die Abfassung dieser
Texte im 6. Jh., in der Zeit der Kämpfe zwischen Kyros
und dein neubabylonischen Königtum.

Im dritten Teil gibt S. Erlandsson eine Exegese von
Jesaja 13 und 14; er prüft deren Wortbestand und Traditionsgeschichte
. Er hält die Sprache dieser Texte für
jesajanisch und sieht die Themen in Übereinstimmung
mit der Predigt Jcsajas. Diese Botschaft spricht z.B.
auch vom Tage Jahwehs, dem Ende der menschlichen
Hybris, der Bedeutung des assyrischen Königs im
Plane Jahwehs. Auf Grund dieses Tatbestandes können
nach Erlandsson sehr wohl Jesaja 13 und 14 im Einklang
mit der Botschaft des Propheten des 8. Jh.s gelesen werden
. Ein Vergleich von Jes.l3f. mit Jer.50f. bringt dasselbe
Ergebnis. Jcr.SOf., ein späterer Text, gibt mehrere
Hinweise auf das 6. Jh., die sich in Jcs. 13f. gerade nicht
finden. In einem letzten Kapitel faßt S. Erlandsson die
Ergebnisse seiner Studie zusammen: danach sind Jes.
13,2-14,23 zusammen mit Jes. 14,24-27 in der Zeit, San-
oheribfl und Hiskins geschrieben worden.

Diese These wird von den Exegeten heftig diskutiert
werden. Sie hat zunächst das Verdienst, die Aufmerksamkeit
der alttcstamentlichen Forschung auf diese beiden
außergewöhnlichen Kapitel zu lenken; sie erneuert
■sodann eine alte Frage wieder und nötigt, den historischen
Kontext von Jes. 13f. erneut zu prüfen - man glaubte zu
schnell, daß diese Frage entschieden sei, und schließlich
stellt sie die Frage nach brauchbaren Kriterien zur Lokalisierung
biblischer Texte (historische Hinweise, Wortbestand
und Stil, und Traditionsgeschichte usw.); kurz,
sie fordert die Verfeinerung unseres historisch-kritischen
Instrumentariums.

Oenf Robort Martln-Aclianl

Phillips, Anthony, B.D., Ph.D.: Ancient Israel's Criminal

Law. A New Approach to the Decalogue. Oxford: Blackwell
1970. VIII, 218 S. 8°. Lw. £ 3,—.

Auf S. 189 faßt der Vf. die Absicht seines Buches in
folgenden Sätzen zusammen: „Its aim has been to show
that ancient Israel clearly understood the technical con-
cept,crime', and to isolate her criminal law from all other
types of law. For the preexilic period the study has sought
to argue that the stipulations of the Sinai Decalogue
constituted ancient Israel's criminal law code, obedience
to which determined the covenant relationship. Even
after the covenant was irrevocably broken, the necessity
of continuing to distinguish Israel's criminal law in the
post-exilic period has been shown, for though the cult
then guaranteed the relationship of Yahweh with Israel,
it was obedience to the criminal law which determined
membership of the elect Community."

Dieser Zusammenfassung entspricht der Inhalt der ihr
vorangehenden Kapitel.

In einer kurzen Einleitung (S. lf.) wird festgestellt,
daß der Dekalog das altisraelitische Strafgesetzbuch war.

Unter der Überschrift „The Background" sucht ein
erster Teil des Buches (S.3-35) diese Behauptung zu begründen
. Mendenhall folgend nimmt Phillips einen Zusammenhang
des Dekalogs mit den bethitischen Vasallenverträgen
an. Deren Form konnte dem Mose, dem Urheber
des Dekalogs, bekannt sein. Der Dekalog enthält die
Vorschriften, die Jahwe den Gliedern des in Qadesch gestifteten
Bundes auferlegte. Die Übertretung auch nur
eines der Gebote bedeutete die Verletzung des Bundes
und hatte die göttliche Strafe als Fluch zur Folge. Obwohl
der Dekalog keine Sanktionen nennt, meint Phillips
doch, solche seien im absoluten Charakter seiner Sätze mit
inbegriffen. ,,Thus the Decalogue implicitly contains
both curse - that is divine rejection - and Hessing - that
is divine protection" (S.5).

Auf dem Hintergrund dieser Thesen bespricht der Vf.
im zweiten Teil seines Buches (S.37-152) die einzelnen
Verbote und Gebote des Dekalogs. Er bietet dabei eine
vielseitige Auslegung, die nach Möglichkeit zugehörige
Texte aus dem Alten Testament und den anderen altorientalischen
Rechtsdenkmälern mit berücksichtigt.
Auch von der neueren wissenschaftlichen Literatur macht
der Vf. einen reichlichen und kundigen Gebrauch. Aus
seinen Darlegungen möchten wir nur wenige und besonders
charakteristische Punkte herausgreifen.

Beim 4. Gebot nimmt Phillips als ursprünglichen Wortlaut
an (S.64): „Sechs Tage sollst du arbeiten, aber der
siebente Tag (ist) Sabbat." Das Gebot soll Israel seine
besondere, vom freien Tun Jahwes abhängige Existenz
zeigen. Es steht im Gegensatz zum Sklavenlos in Ägypten
, wo es keine Arbeitsunterbrechung gab (S.67).

Das 5. Gebot ist nicht auf eine Zurückweisung in Worten
(verbal repudiation) einzuschränken. Es hat allgemeinen
Sinn, und zwar steht es ebenso wie die ersten
4 Gebote mit Jahwe in Zusammenhang. Sein Sinn sei
sicherzustellen, daß Söhne ohne weiteres den Glauben
ihrer Eltern beibehalten (S.81). Wie uns scheint, ist das
eine zu religiöse Auffassung des Gebotes, die schwerlich
überzeugen wird.

Ähnlich steht es mit der Auslegung des 7. Gebotes, bei
dem es weniger um Sexualethik an sich als mehr um
Vaterschaft gehe, nämlich um den Schutz des Ehemannes,
dem versichert werde, daß seine Kinder die eigenen seien
(S. 117). - Nicht weniger kritisch wird man sich gegenüber
der Deutung des 10. Gebotes einstellen, bei der es eine
besondere Rolle spielt, daß der Dekalog eben als „Strafgesetzbuch
" gelten muß. Weil nun das Strafrecht es
nicht mit Sachen, sondern mit Personen zu tun hat,
kann es beim 10. Gebot nicht um das Haus an sich gehen,