Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1971

Spalte:

893-895

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Mbiti, John S.

Titel/Untertitel:

African religions & philosophy 1971

Rezensent:

Althausen, Johannes

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

893

Theologische Literaturzeitung 96. Jahrgang 1971 Nr. 12

894

80 Darunter verstehe ich die aus mehreren Parochien gebildete
Kooperationsgemeinschaft, die sich mit dem Kirchenkreis
decken kann oder einen Teil desselben bildet.

31 Vgl. die o.g. Studie von H.Schnell. Die dort S.41 um-
rissonen Gesichtspunkte zur Neuordnung entsprechen den Vorstellungen
des sächsischen Synodalentwurfs.

32 Vgl. W.Jetter: Was wird aus der Kirche? 1969",
8.1461 f.

88 „Zur Neuordnung des geistlichen Dienstes", in: Amtsblatt
der Ev. Kirche der Kirchenprovinz Sachsen 1969, S.9f.

81 Vgl. aus der Entschließung der Generalsynode der VELK
in der DDR 1970: Der Pfarrer ist „mehr denn je auf partnerschaftliche
Zusammenarbeit angewiesen. Als Gemeindeglied
braucht er den Zuspruch seiner Brüder und Schwestern in der
Gemeinde. Er braucht auch die Kommunikation mit den Menschen
, die in den verschiedenen Bereichen der Gesellschaft
leben und arbeiten".

86 Vgl. G.Kruscho: Soziologische Paktoren im Amtsverständnis
(Vortrag auf der o.g. Generalsynode, der wie die
übrigen auf dieser Synode gehaltenen Vorträge im Amtsblatt
der Ev.-luth. Landeskirche von Sachsen erscheinen wird.):
„Das Nebeneinander und die Vielfalt der sozialen Faktoren
lassen eine hierarchisch-patriarchalische Herrschaftsstruktur
immer unwirksamer werden ... Die Wiederentdeckung der
bruderschaftlichen Struktur durch unsere Gemeinden entspricht
einer soziologischen Zwangsläufigkeit ... Die missionarische
Struktur der Kirche bedingt Partnerschaft."

8* M. Vorwerg: Bemerkungen zum Strukturbegriff in der
Sozialpsychologie, in: Die Struktur des Kollektivs in sozialpsychologischer
Sicht, Berlin 1970, S. 19.

87 Vgl. Mission als Strukturprinzip, S.225; Die Kirche für
andere, S.38.

38 Wörterbuch der marxistisch-leninistischen Soziologie,
Barlin 1969, S. 171: „Die soziale Gruppe zeichnet sich gegenüber
dem Individuum vor allem durch eine allgeme ine
leistungsnuißige Überlegenheit aus, die sie im Rahmen
der gemeinsamen Tätigkeit, einer spezifischen Form des dialektischen
Wechselverhältnisses zwischen Gesellschaft -
Gruppe - Individuum, orreicht".

RELIGIONSWISSENSCHAFT

Mbiti, John S„ Rev. Prof., Ph.D. (Cantab.): African Re-
ligions & Philosophy. London-Ibadan-Nairobi: Heinemann
[1969]. XIV, 290 S. 8°. 18 s.

Das ist das erste Buch aus der Feder eines Afrikaners,
das eine zusammenhängende Gesamtschau des religiösen
Lebens in Afrika bietet. Die Erforschung der afrikanischen
Religionen blieb jahrzehntelang eine Angelegenheit der
Europäer. Hier gab es dann weithin auch depravierende
Meinungen. In vornehmer, aber bestimmter Art weist
Mbiti die Vorstellung zurück, als handele es sich um primitive
Religionen. Eine neue Sicht der Dinge gibt es
eigentlich erst seit dem afrikanischen Aufbruch, also in den
letzten 30 Jahren. Tempels' Bantu Philosophy (erste
Ausgabe französisch 1945) ordnet Mbiti in die Phase eines
verständnisvolleren Eingehens auf Afrikas Religionen
ein. Das gilt dann auch für Jahn's Muntu und Taylors
Primal Vision (Deutsch: „Du findest mich, wenn du den
Stein aufhebst" München 1965). Über die dann folgende
deskriptive Phase, zu der auch Dammanns „Die Religionen
Afrikas" (1963) gehört, ist man noch nicht wesentlich
hinausgekommen. Inzwischen liegen aber eine große
Anzahl Einzelanalysen und -darstellungen vor, zumeist
auch von afrikanischen Forschern, so daß es möglich erscheint
, die Gesamtschau zu versuchen. Darüber mit
Mbiti in eine kritische Auseinandersetzung einzutreten,
ist dem Rezensenten kaum möglich, steht ihm wohl auch
nicht zu. Aber man kann gespannt sein, ob sich andere
Religionswissenschaftler Afrikas zu Wort melden.

Tempel suchte den Schlüsselbegriff zum Verständnis
der afrikanischen Religionen in der „Lebenskraft". Sie

auszugleichen und in der ursprünglichen hierarchischen
Ordnung zu halten, ist das entscheidende Motiv religiösen
Handelns. Mbiti stellt fest, daß diese Sicht der
Dinge zu stark von den Erfahrungen in dem Teil Afrikas
bestimmt ist, in dem Tempel gelebt hat. Die Grundlage
für das Verständnis der Religionen Afrikas sieht er vielmehr
im Zeitbegriff. Man habe die Mikrozeit (Sasa) von
der Makrozeit (Zamani) zu unterscheiden, obwohl sich
beide überschneiden und die Grenzen fließend sind. „Sasa
is the most mcaningful period for the individual, because
he has a personal recollection of the events or pheno-
mena of this period, or he is about to experience them.
Sasa is really an experiential extension of the Now-mo-
ment stretched into the short future and into the unlimi-
ted past (or Zamani). Sasa is not mathematically or nume-
rically constant. The older a person is, the longer is Iiis
Sasa period." „Zamani becomes the period beyond which
nothing can go. Zamani is the graveyard of time, the
period of termination, the dimension in which everythinp;
finds its halting point. It is the final storehouse for all
phenomena and events, the ocean of time in which every-
thing becomes absorbed into a reality that is neither after
nor before." „Sasa generally binds individuals and their
immediate environment together. It is the period of
conscious living. On the other hand, Zamani is the period
of the myth, giving a sense of foundation or security
to the Sasa period; and binding together all created
things, so that all things are ambraced within the Macro-
Time" (S.22ff.) (vgl. S.10 und auch 205). In dem mit
dieser Unterscheidung gegebenen Koordinatensystem
werden nun die Religionen Afrikas behandelt, und zwar
naturgemäß die traditionellen Religionen der afrikanischen
Völker ausführlich (15 Kapitel), Christentum,
Islam, Hinduismus und Judentum (wo Mbiti interessante
Einzelheiten über die Abayudaya zu berichten weiß) in
einem gemeinsamen Kapitel. Wenn der Vf. in der Darstellung
der afrikanischen Religionen mit dem Kapitel
„The Nature of God" beginnt, so sieht das zunächst so
aus, als folge er einem traditionellen Schema religionsgeschichtlichen
Denkens in Europa. Bald aber stellt man
fest, daß man sich mitten in der Beschreibung dessen befindet
, was mit Zamani gemeint ist. Es kann für den
Leser geradezu spannend werden. Der Vf. hat aus der
Fülle des Stoffes gut ausgewählt und schreibt so klar und
engagiert, daß es ihm gelingt, nicht nur ein theoretisches,
sondern auch ein praktisches Verständnis für das religiöse
Leben der afrikanischen Völker zu vermitteln. (Mit
ausführlichem Index und umfangreicher Bibliographie
sind Hilfsmittel zum Weiterstudium gegeben.) Das gilt
zum Beispiel für die Wirksamkeit von Geistern, die
schlicht und überzeugt dargestellt wird (S.86ff.), oder im
Blick auf den immer wieder zitierten und belegten Satz:
„I am because we are, and since we are, therefore I am"
(vgl. besonders S. 144f.), aber auch hinsichtlich der nüchternen
und gleichzeitig den Dialog eröffnenden Feststellung
: „So long as their coneept of time is two dimen-
sional, with a Sasa and a Zamani, African peoples cannot
entertain a glorious ,hope' to which mankind may be
destined. Relative to the people in the Sasa period, the
lost paradise withdraws further into the Zamani until
they lose sight of it even mythologically." „Only a three-
dimensional religion can hope to last in modern Africa
which is increasingly discovering and adjusting to a third
dimension of time" (S.98/99).

Von Anfang bis Ende hat der Vf. im Auge, daß die Vielfalt
der Erscheinungen nicht zu sehr im Holzschnitt gezeichnet
werden darf. Gegenseitige Durchdringung erfolgt
in der religiösen Welt Afrikas nicht nur von Volk zu Volk,
sondern auch über die Grenzen der verschiedenen Religionen
hinweg. Nachwirkungen der inzwischen ausgestorbenen
mittelalterlichen Kirche in Zentralafrika scheinen