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Ausgabe:

1971

Spalte:

864-865

Kategorie:

Liturgiewissenschaft, Kirchenmusik

Autor/Hrsg.:

Klauser, Theodor

Titel/Untertitel:

A Short History of the Western Liturgy 1971

Rezensent:

Bieritz, Karl-Heinrich

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Theologische Literaturzeitung 96. Jahrgang 1971 Nr. 11

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Vf.s, wie er sie in seinem Nachwort zur Liturgiekonstitu-
hen in den Kathedralen stehen in keinem Verhältnis zur
Fülle der kunstgeschichtlichen Arbeiten. Für Würzburg
sind neben der zweibändigen „Collectio" des Benediktiners
I. Gropp aus den Jahren 1741—1744, die wenige Jahrzehnte
nach der tridentinischen Uniformierung der Liturgie
alle in Würzburg zuvor bestehenden Abweichungen
von der römischen Liturgie zusammenstellt, und einem
Werk aus der ersten Hälfte des 19. Jh.s, das noch das
vollständige Domarchiv benutzen konnte, nur sehr spezielle
Arbeiten vor allem zum Kiliansfest und zum Festkalender
zu nennen. So hat der Vf. weitgehend Neuland
bearbeitet. Er erreicht ein beinahe lückenloses Bild der
Domliturgie am Ausgang des Mittelalters und kann nachweisen
, daß ihr Bestand von 1300 bis 1613, abgesehen von
einigen neuen Festen, unverändert geblieben ist.

Wichtigste Quelle dafür ist das Breviarium chori saneti
Kiliani, heute in der Universitätsbibliothek Würzburg; es
ist zwischen 1302 und 1306 geschrieben worden, gibt einen
Überblick über das gesamte liturgische Leben des Domes
und wurde mit Nachträgen bis weit ins 17. Jh. hinein verwendet
. Die Entwicklung und Ausbildung dieser Liturgie
wird auf Grund von Vergleichen mit den Sakramentaren,
Lektionarien und Antiphonaren des frühen Mittelalters
weitmöglichst erhellt, trotzdem die Würzburger Quellen
in dieser Hinsicht spärlich fließen. Jedenfalls wird deutlich
, daß die junggelasianischen Liturgiebücher des 8. Jh.s
sich in Würzburg stärker ausgewirkt haben als in der Tradition
des Missale Romanum. Die Besonderheit der Würzburger
Tradition wird weiterhin durch Vergleiche mit der
Liturgie deutscher Diözesen, vor allem Mainz, herausgearbeitet
, soweit das, wie oben schon ausgesprochen, bei
der Spärlichkeit entsprechender Arbeiten möglich ist.

Im Hauptteil A des Buches werden zunächst die Quellen
eingehend dargestellt. Leider stellen die erhaltenen Handschriften
einen Bruchteil dessen dar, was im späteren Mittelalter
als Besitz des Domes vorhanden war. Wenn auch
oft nur in Bruchstücken, liegt doch heute noch ein reiches und
vielfältiges Material vor, das der Vf. aufs sorgfältigste
ausgewertet hat. Der Hauptteil B gilt nun der aus diesen
Quellen erschlossenen Domliturgie des späten Mittelalters.
Sic wird in folgenden sechs Kapiteln behandelt: I. Kirchenjahr
und Kalendarium. II. Ordo Missae. III. Das Sa-
kramentar der Domliturgie mit den Unterabschnitten: 1.
Collccta, Secreta und Complenda, 2. Collecta super popu-
lum. IV. Das Antiphonar der Domliturgie mit den Unterabschnitten
: 1. Introitus, Graduale, Offertorium und Com-
munio, 2. Alleluia, 3. Tractus. V. Das Sequentiar der Domliturgie
. VI. Das Lektionar der Domlirurgie mit den Unterabschnitten
: 1. Epistolar, 2. Evangeliar.

Es ist hier nicht möglich, zu zeigen, wie subtil der Vf.
gearbeitet hat und auch in vielen Einzelheiten eine gewisse
Eigenständigkeit der Würzburger Liturgie nachweisen
kann. Als zusammenfassendes Ergebnis kann etwa folgendes
als erwiesen gelten: Der Me5ordo geht auf den sogenannten
Rheinischen Meßordo zurück. Der Canon major
zeigt sich mehr von den Sakramentaren her bestimmt, als
das beim römischen Mefjbuch der Fall ist. Soweit nun das
Sakramentar der Domliturgie vom Missale Romanum abweicht
, wirkt sich hier das Gelasianum des 7. Jh.s in seinem
fränkischen, genauer noch nordfranzösischen Typus
aus. Ähnlich steht es beim Antiphonar. Am ausgeprägtesten
zeigt sich die Eigenständigkeit beim Allcluiagcsang,
insofern dieser stärker am ursprünglichen Psalmengcsang
festhält. Auch das Lektionar steht fränkischen Quellen vom
Typus des Murbacher Comes nahe.

Ausführliche Register ermöglichen es, die unübersehbare
Fülle von Einzelfeststellungen unter verschiedenen Aspekten
auswerten zu können, nämlich ein Kirchenjahr-, ein
Heiligen-, ein Personen-, ein geographisches und Sachregister
mit Glossar. Möge diese schöne, reichhaltige Untersuchung
zu vielen ähnlichen Forschungen anregen! Das
nur dadurch mögliche Bild der mittelalterlichen deutschen
Liturgie und ihrer Vielfalt könnte nach dem Bruch mit
der tridentinischen Uniformität für den Weg in die Zukunft
des römisch-katholischen Gottesdienstes geradezu theologisches
Gewicht gewinnen.

Greifswald William Nagel

Klauser, Theodor: A Short History of the Western Liturgy.

An Account and Some Reflections. Translated from the
German by John Halliburton. London: Oxford University
Press 1969. X, 236 S. 8".

Der Rez. hatte in Jg. 92, 1967 Sp. 631—33 dieser Zeitschrift
Gelegenheit, die »Kleine Abendländische Liturgiegeschichte
" von Theodor Klauser zu besprechen. Hier kann
nun die englische Ausgabe dieses Werkes angezeigt werden
, die nur in einigen unwesentlichen Einzelheiten von
dem 1965 publizierten deutschen Original abweicht: Gloria
in excelsis und Exsultet werden in einem anderen Zusammenhang
(als „Appendix III", S. 170-72) abgedruckt;
die ausführliche „bibliographie raisonee" (hier S. 173 bis
228) wurde sinnvollerweise durch Hinweise auf englischsprachige
Ausgaben der genannten Titel ergänzt; die Korrekturzusätze
(deutsche Ausgabe S. 220 f.) wurden eingearbeitet
; das Register (in der deutschen Ausgabe noch nach
Autoren- und Sachregister getrennt) wurde in einem einheitlichen
Index zusammengefaßt und wesentlich vereinfacht
; das „Nachwort" der deutschen Ausgabe, das sich
mit der Liturgiekonstitution und der Instruktion vom
26. 9. 1964 befaßt, erscheint nun als „Appendix I" (S. 153 bis
160); ein „Appendix II" bietet die „Guiding Principlcs for
Designing and Building a Church in the Spirit of the
Roman Liturgy" (S. 161—69; deutsche Ausgabe S. 161—172).
Ansonsten werden eine ganze Menge deutscher Namen
nicht korrekt wiedergegeben (Leichner statt Lechner, VIII;
Strathman statt Strathmann, S. 173; Stenkel statt Stenzel,
S. 174; Haencher statt Haenchen, S. 180; Leitzmann statt
Lietzmann, S. 181; Rordoff statt Rordorf, S. 181, u. a. m.;
geradezu erheiternd werden F. J. Dülger — lies Dölger —
und seine „Unterschungen zum abendlichen Lightsegen"
zitiert, S. 186).

Umgekehrt muß der Rez. bekennen, dafj ihm erst anhand
des englischen Textes aufgegangen ist, daß Klauser
nicht sein eigenes Opus, sondern Lechners Liturgik meint,
wenn er im Vorwort schreibt: „If the editions of this
excellcnt manual were to follow onc another in quicker
sucecssion, this book could become for liturgical history
what Altaner's Patrology has long since been for patristics
— a Standard guide for everyone." Trotzdem — dieser Satz
kann genausogut oder vielleicht noch mit größerem Recht
auf Klausers „Kleine Abendländische Liturgiegeschichte"
angewendet werden. Die Anerkennung, die diesem Werk
gezollt werden muß, besteht uneingeschränkt weiter —
obwohl natürlich die Passagen über die neueste liturgische
Entwicklung nach dem Konzil inzwischen noch überholungsbedürftiger
geworden sind und man es eigentlich
bedauern muß, daß die Ausführungen über die Liturgic-
konstitution und über die Instruktion von 1964 (wie im
übrigen auch die längst überholten baulichen Richtlinien
von 1949!) unverändert in die englische Ausgabe übernommen
wurden. Man wünscht sich wirklich, daß auch die
deutschsprachigen Auflagen des Buches sich in „quicker
succession" folgen möchten, damit der Vf. Gelegenheit
hat, auch die allerneuesten liturgischen Entwicklungen —
bis hin zum Missale Romanum von 1970 und darüber hinaus
— in seine Gesamtschau einzubezichen. Das pianische
Missale von 1570 ist durch das „paulanischc Missalc" von
1970 abgelöst worden — aber ist damit die Hoffnung des