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Ausgabe:

1971

Spalte:

862-864

Kategorie:

Liturgiewissenschaft, Kirchenmusik

Autor/Hrsg.:

Wegner, Günter

Titel/Untertitel:

Kirchenjahr und Messfeier in der Würzburger Domliturgie des späten Mittelalters 1971

Rezensent:

Nagel, William

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'861

Theologische Literaturzeitung 96. Jahrgang 1971 Nr. 11

862

Reihe stellen will, verstehen darf. Der konkrete Bezugs- vom gesellschaftlichen Versagen der Kirche wahrnehme

Punkt sind die Verhältnisse in der katholischen Kirche und (vgl. 85), das im evangelischen Bereich allzu leicht mit

in der Gesellschaft der BRD. Damit ist auch der Adressaten- dem Verweis auf die creatura verbi beiseite gesetzt werden

kreis begrenzt. kann?

Unbegrenzt scheinen dagegen die Themen und Probleme, Potsdam Christoph Demke

die im Gespräch berührt werden. Immer wieder gerät das
Verhältnis der theologischen Disziplinen zueinander, das

Verhältnis von Schriftauslegung und kirchlichem Amt und Biser, Eugen: Von der Gefährdung des Glaubens (Wort

die Frage nach der Veränderung kirchlicher Strukturen und Antwort 12, 1971 S. 55—59).

im Gespräch mit F. J. Schierse ins Spiel. Mit erstaunlichem Greinacher, Norbert: Herrschaftsfreie Gemeinde (Conc 7,

Freimut wird das Programm der Entmythologisierung, die 1971 S. 181—190).

Jungfrauengeburt, der Sinn der Auferstehungsbotschaft und Hahn, Friedrich: Wo ist Gott? Predigten. Stuttgart-Göttin-

viclcs andere besprochen: der Christ soll weder durch das gen: Ehrenfried Klotz 1971. 79 S. 8". Kart. DM 10,80.

kirchliche Amt noch durch den theologischen Spezialisten Hege, Albrecht: Neue Chancen des Verstehens (DtPfBl 71,

bevormundet, sondern zu eigener Entscheidung befähigt 1971 S. 207—209).

und herausgefordert werden. Die Partner führen ein Ge- Huizing, Peter: Das Problem der Trennung von Obrig-

spräch, das weitere Gespräche und Entschlüsse auslösen keitsfunktionen in der Kirche (Conc 7, 1971 S. 200-204).

soll. Klein, Günter: Bibelkritik als Predigthilfe. Gesammelte

Folgende Punkte scheinen mir aus dem Gespräch bemer- Meditationen. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus G.

kenswert: Mohn [1971]. 160 S. 8". Kart. DM 12,80.

1. Schierse erinnert die exegetische Wissenschaft mit Köhnlein, Manfred: Protestantische Attitüden als Hinder-
Nachdruck an ihre kirchenkritische Aufgabe. Nur wenn die nisse der Kirchenreform (Una Sancta 26 1971 S. 37-50).
historisch-exegetische Arbeit ihre Ergebnisse auch dahin Kottie- Raymond: Die Wahl der k.rchhchen Amtstrager
prüft, was aus ihnen für die Kirche folgt bzw. folgen soll Geschichtliche Tatsachen und Erfahrungen (Conc 7, 1971
und diesen Folgen Wirksamkeit verschafft, kann ihre Arbeit S- 196—200). ,.,„„.
.hart am Text" (35) der normierenden Bedeutung des Tex- Lefebvere. M.: Theologie pastorale et agir eccles.al (NRTh
tes gerecht werden. 93' 1971 s- 363-386).

2. Diese normierende Bedeutung könnte nach Sch. u. a. Linn' G"*«*£! Christliche Gemeinde angesichts der wis-
dadu.ch zur Geltung kommen, daS eine biblische Theologie, senschaftl.ch-technischen Revolution (ZdZ 1971 S. 94-99).
dio „■ i,. n . j c u-ur i a i Noack, Christian: Mensch und wissenschaftlich-technische
aie nicht nur Bestandsaufnahme biblischer Anschauungen ' . .

bietet, sondern von der Schrift her „Schwerpunkte" Christ- Revolution (ZdZ 1971 S. 88-93).

lirV,™ t-, 1 tu , „__...__,___. ... Rcmy, Jean: Öffentlichkeit der Information. Ein Mittel zur

uenen Denken, Lebens und Handelns heute auszuarbeiten . , , „,.,,-.- , ,r. i mn

„„„ j- oi. ii j i*i . _ ... , ,. Uberwindung der Ungleichheit im Dialog? (Conc 7, 1971

versucht, an die Stelle der bisherigen Dogmatik tritt, „die 3 3

■dann als Dogmengeschichte einen bescheideneren Platz ein- _ ' „, _ , ,.. ,»„... • j„ f„; „„„i

„„l„ .. . „ „ ul . . ll , , . , Sesboue, B.: Autonte du Magistere et vie de foi ecclcsiale

nehmen wurde (36). Rech verstanden geht es dabei aber ,»,„„,. „n „-™ ~ n->-, oJ«

niiht „™ m j a tv • v a (NRTh 93, 1971 S. 337—362).

"lent um eine Neuordnung der Disziplinen, sondern um _ ;......' , ' , _. , „ nictuc«;,™

pin= m u t- j j . Tri inq, Wo fgang: Vollmacht und Dienst. Zur Diskussion

eine Ncubestimmung der dogmatischen Aufgabe: Dogma- =' . . ,c.„ n, 10-7i c 907 r>no

tik au c, t u r i _j j. » j u ■ um das kirchliche Amt (StZ 96, 1971 S. 297-308).

«K wird „bewußt unfertig, fragmentarisch und offen sein, v

immer im Dialog mit der Schrift" (38 f.).

3. Neubesinnung von der Schrift her kann aber nicht einfach
durch eine neue theologische Theorie, durch bloß künst- i iTiinoin /irrr-Mo/^iiArx
liehe Variation der neutestamentlichen Aussagen (29 f.) LI I U K O I C WI b b t IN b L H A h I

vermittelt werden, sondern sie kann nur als Reflex „neuer

Slaubcn^gcmäfjer Erfahrung" (25, vgl. 27.37) fruchtbar wer- Wegner, Günter: Kirchenjahr und Mefjfeier in der Würzten
. Daher gilt es zuerst „praktikable" (24.40.85 f.) Weisen burger Domliturgie des späten Mittelalters. Würzburg:
des Redens und Lebens zu finden, damit solche Glaubens- Schönigh i. Komm. 1970. XX, 226 S. gr. 8° = Quellen
prfahinng wächst. Es ist deutlich, dafj ein katholischer Theo- und Forschungen zur Geschichte des Bistums und Hoch-
lo9e das Moment der Erfahrung unbefangener aufnehmen stifts Würzburg, hrsg. v. T. Kramer, XXII. DM 28,-.
kann als heutige evangelische Theologie. Aber auch diese Vorliegende Untersuchung ist eine von Professor Dr.
kann die Frage nach der Erfahrung nicht länger umgehen. Th. Freudenberger angeregte und von der Theol. Fakultät

4. Den entscheidenden Ausgangspunkt sieht Sch. bei den der Universität Würzburg angenommene Dissertation. Sie
-ethischen Forderungen" (47) Jesu, durch die „zumindest wurde 1970 von der Unterfränkischen Gedenkjahrstiftung
die zcichcnhaftc Realisierung der Gottesherrschaft" dem preisgekrönt und für den Druck leicht überarbeitet.
Renschen übertragen wird (47 vgl. 64 f. 83). In dieser Nach- Die Arbeit erweist erneut die Eigenständigkeit der litur-
to'gc begegnet Jesus (23 f.), ja Gott selbst (87): „im tätigen gischen Entwicklung in den deutschen Diözesen — die Li-
Claubcn an Jesu Wort von der Feindesliebe, vom Gewalt- turgie des Domes ist ma5gebend für die Liturgie der ge-
yerzicht, von der selbstlosen Hingabe an den Nächsten - samten Diözese - bis zur späteren Angleichung an die
'n all dem glaube ich an Gott, in all dem begegne ich Gott" tridentinische Liturgie. Wieweit innerhalb der durch das
W). Diese vorläufige Auskunft ist mit davon bestimmt, Proprium de tempore weitgehend sichtbar werdenden kul-
dafj katholische Theologie nach Sch. nie versucht hat, „etwa turellen Einheit des Raumes von St. Gallen bis Xanten der
d'e paulinische Rechtfcrtigungslehre als die Mitte der vom Vf. erforschte Bereich eine gewisse Singularität be-
pOfift auszugeben", sondern sich auf Jesu „vorbildliches anspruchen darf, kann nur eine eingehende Untersuchung
~eben und Sterben, seine Lehre und seine Wunder" berufen des Sanctorale zeigen, wie sie der Vf. im Unterschied zu
nat (79). vielen ähnlichen Arbeiten nicht gescheut hat. Seine Ergeb-

Dic Türen zu ökumenischer Weite sind hier aufgestoßen nisse in dieser Hinsicht bedürfen aber in Zukunft noch

'Y9'- 75). Der evangelische Theologe wird in diesem Inter- des Vergleiches mit möglichst vielen deutschen Diözesan-

view gerade die Theologie der Rechtfertigung herausge- liturgien; an Arbeiten dieser Art fehlt es bisher noch all-

0rdcrt sehen müssen, die allerdings die Unterscheidung zuschr, und sie sind darum ein spezielles Desiderat der

y°n Gott und Mensch so bedenkt, daß sie das Tun des Liturgiewissenschaft.

Renschen als Menschenwerk verantworten lehrt. Täusche Auch für Würzburg zeigte sich bisher das gleiche Bild

lcn mich, wenn ich in den Gesprächen ein Betroffensein wie fast überall: die Arbeiten über das liturgische Geschc-