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Ausgabe:

1971

Spalte:

853-855

Kategorie:

Systematische Theologie: Ethik

Autor/Hrsg.:

Strunk, Gerhard

Titel/Untertitel:

Liebe, Ehe, Sexualität 1971

Rezensent:

Schulz, Hansjürgen

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Theologische Literaturzeitung 96. Jahrgang 1971 Nr. 11

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Der Verfasser kommt gegen Schluß seiner Darlegungen jeweils gleichmäßig dreifach gegliedert sind. Diese Gliede-
sehr bestimmt auf die Zielstrebigkeit des Cusanischen Den- rung sei vorweg am ersten Abschnitt (Vom Patriarchaliskens
zu sprechen, wenn er sagt, Cusanus habe in seiner mus zur Partnerschaft, S. 11—35) näher vorgestellt: A. Inschrift
„Über den Beryll" besonders erhellende Ausfüh- formationen (S. 11—27) setzen mit einem sozialgeschichtli-
rungen gegeben, um seine Beschäftigung über den Zusam- chen Rückblick ein. Leitsätze — drucktechnisch übersichtlich
menfall der Gegensätze »mit der Vernunftschau, die hinaus- vorangestellt - werden in übersichtlichen Erläuterungen
geht über die Leistungskraft des Verstandes" (S. 163) zu entfaltet und jeweils gefolgt von instruktiven kurzen Tex-
erschließcn. Dieser Aussage aus dem „Beryll" fügt Gerhard ten. Im 1. Absatz (Ehe und Familie in der Agrargesellschaft)
Schneider dann hinzu: „Dieses Sichten und Aussagen der stehen hier neben einem bürgermeisterlichen „Vatersegen"
Koinzidenzlehre ist durch den Gottesnamen und Gottesbe- von 1842 und dem Ausschnitt aus einer herzoglichen Vergriff
non aliud für menschliche Sageweise an ein Ziel ge- Ordnung von 1706 über „anmaßliche" Verlobungen Bibelführt
" (a. a. O.) „Chiffrierte Aussagen durchziehen", sagt stellen und ein Demosthenes-Zitat über Hetären, Dirnen
Schneider, „die ganze cusanische Philosophie" (S. 155). Dem und Ehefrauen. Im 2. Absatz wird die bürgerliche Ehe und
bloßen Verstand könnten sie wie Unverstand erscheinen, die romantische Liebe, danach die partnerschaftliche Ehe
während sie tatsächlich aus der Tätigkeit der Vernunft mit ihren Voraussetzungen und Problemen dargestellt. Hier
stammen (a. a. O.). folgen auf Leitsätze und Erläuterungen als Texte Ausschnitte
Wohl geht es hierbei um das Aufleuchten der Transzen- aus Arbeiten von S. Haffner, L. Siebenschön, H. Ringeling,
denz in der Immanenz, aber die Sprechweise von Gott als G. Groeger, D. von Oppen, Coretta S. King u. a.
dem Nichtanderen, die das Zugleich von Immanenz und 5 problemskizzen (S. 28—34) behandeln nun Unterschied-
Transzendenz festhält, ermöglicht die Unerreichbarkeit ijche Positionen zu zwei Fragen: 1. Kann die Ehe auf Liebe
-durch ein Etwas in der definitorischen Selbstentfaltung des gegründet werden? 2. Funktioniert die „partnerschaftliche
Nichtanderen" (S. 170) zu vergegenwärtigen. Ehe"? Exemplarisch für Methode und Stil des Buches seien
In dem immer zahlreicher werdenden Schrifttum über jje beiden Stellungnahmen zur ersten Frage zitiert: „Posi-
Cusanus hat dieser Beitrag die Richtung, sein Denken tion: — Liebe ist ein schwankendes, unzuverlässiges Gefühl,
unsere Gegenwart näherzubringen. Dazu erfolge ein Satz gje braucht, um dauern zu können, den festen und unauf-
aus der Biographieskizze, die im Jubiläumsjahr 1964 Erich löslichen Rahmen der Institution Ehe. Nur in ihr vermag
Meuthcn vorlegte: „Welch tiefe Sehnsucht, sich zu entledi- s;e s^ zu entfalten. Gegenposition: — Liebe ist die Vorgen
seiner Last, wenigstens spekulativ zu überwinden, in aussetzung für die Ehe. Erkaltet sie, ist das Fundament der
einem Kosmos ohne Spannungen einzubetten die schmerz- £hc gefährdet. Sie bedarf darum besonderer Pflege und
hafte Wunde seiner Zeit und seiner selbst" (S. 60). ständiger Gestaltung. Denn ohne Liebe wird die Ehe zur
Dresden Rudolf Grabs Hölle" (S. 28). Interessant ist, daß die anschließenden Er-

_ wägungen die Gegenposition, nicht die Position begründen.

W. Böhmes Satz im Vorwort (S. 10), das Buch wolle keine

Fischer, Hermann: Die Christologie des Paradoxes. Zur bestimmte Auffassung vertreten, wird also überschritten.

Herkunft und Bedeutung des Christusverständnisses Der Rezensent ist mit dieser auch sonst .im ganzen deutli-

Sören Kierkegaards. Göttingen: Vandenhoeck & Rup- c]len Überschreitungstendenz einverstanden, zumal sie

recht (1970). 134 S. 8°. Kart. DM 12,50. Denkanstöße und nicht Indoktrinationen vermittelt. Er

Oppenheimer, Oscar: Entpersönlichung des Geistes (StZ merkt nur an, daß hier ein informationsdidaktisches Pro-

96. 1971 S. 336-347). blem vorliegt.'

C. Konkretionen (34 f.): Drei Fälle (Das Material stammt
aus der Arbeit von Beratungsstellen und der Presse) sollen
ETHIK der Gruppe zum Diskussionseinstieg helfen und gleichzeitig
eine theoretische Vereinseitigung des Gesprächs hin-
s'runk, Gerhard, Wagner, Falk, u. Peter von Stern: Liebe- dem.
Ehe - Sexualität. Zur Ethik modernen Sexualverhaltens. Der zwejte Abschnitt (S. 36-68) führt in „Modelle der
Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus G. Mohn [1970]. Beurteilung von Ehe und Geschlechtlichkeit durch Theologie
167 S. 8" = Bücherei für Erwachsenenbildung, hrsg. v. untj Kirche" ein. Im Informationsteil werden zunächst bi-
W. Böhme, 1. Kart. DM 14,80. blische und kirchliche Tradition historisch dargestellt. Dann
«Neuere Untersuchungen haben ergeben, daß die Hörer werden drei theologisch-ethische Modelle behutsam als „ty-
eines Vortrages sich nur ca 17 Prozent des Gehörten ein- pisch" erklärt: Ordnungsethik, Freiheitsethik und gesell-
2uprägen in der Lage sind. Alles übrige wird sogleich wie- schaftsbezogenc Ethik. „Es braucht nicht erst betont zu Werder
vergessen. Die Erarbeitung eines Stoffes durch eine den, daß es sich hier um .verkürzte' Bezeichnungen handelt.
G'uppendiskussion gibt jedoch jedem Teilnehmer die Mög- die nur dazu dienen sollen, uns möglichst schnell und ein-
W&eit, sich bis zu 70 Prozent des gebotenen Materials an- deutig verständlich zu machen" (S 52) Die in Leitsätzen
"»eignen. Die Voraussetzung dafür ist allerdings, daß in der formulierten Ausgangspunkte der drei Modelle werden am
Gruppe ein ausreichender und auch einigermaßen gleich- Schluß des Informationste.ls auf Ehe und Geschlcchtl.chkeit
Müßiger Informationsstand vorhanden ist" (S. 9). Diese bezogen: Nach der „Ordnungsethik erscheint die Ehe als
Voraussetzungen will das vorliegende Buch schaffen helfen. Institution (S. 57 ff.); als Belegtexte erscheinen Zita e von
°er Herausgeber, Leiter der „Studienstclle der Evangeli- Luther, Papst Paul VI. und aus kirchlichen Voten. In der
sjhen Arbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung" in „Freiheitsethik" erscheint die Ehe als ^Währung der L ebe
Karlsruhe, berichtet im Vorwort, daß es aus der Zusammen- (S. 60 f.). und zitiert wird Karl Barth. Nach Auffassung
f/beit einer kleinen Gruppe unter Federführung von Ger- der .gesellschaftsbezogenen Ethik kann ^uf gegense ti-
h*rd Strunk hervorgegangen ist. Es soll zu dem wahrlich ger Liebe und Hingabe grundende le.b-scel.sehe Gemein-
oft genug verhandelten Thema einen neuen Beitrag leisten schaft zweier gld*b««cfctigter *rb*rInder
Z "ämlich die Umsetzung in die intensive Diskussion und gen Situation am besten ,n der *gj
^inungsbildung kleinerer Gruppen, die - ohne Referen- Das muß aber nicht immer sc. bleiben (S. 61) E > folgen
te" - einen gemeinsamen Arbeits- und Lernprozeß wün- nun Problemskizzen zu den "W^*f'"f**£
s*en und brauchen Dafür ist das Buch - sowohl in seinem Bibel und der Sündhaftigkeit der Sexualität. Die Konkrc-
"»«hodischen Aufbau wie in der Auswahl der Informatio- tionen stellen Ehebruch Keuschheitsforderung und Unteren
- hervorragend geeignet ordnun9 der FraU a" b,bl,schcn und Katechismus-Texten
°ie Thematik wird in fünf Abschnitten verhandelt, die zur Diskussion.