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Ausgabe:

1971

Spalte:

833-834

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Segal, Judah B.

Titel/Untertitel:

Edessa "the blessed city" 1971

Rezensent:

Wiefel, Wolfgang

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Seite 1

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Theologische Litcraturzeitung 96. Jahrgang 1971 Nr. 11

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dem Ausdruck „Verfolgungsmafinahmen" zum Ausdruck beurteilt"; seine Frühdatierung des Perlenliedes (jetzt Act.

kommen, mit dem der Vf. offensichtlich zu differenzieren Thom. 108—113), das er dem 1. nachchristlichen Jahrhun-

sucht. dert zuweisen möchte, wird kaum ungeteilte Zustimmung

BeHin Kar| Mat,hiae finden7. Während die Oden Salomos, deren edessenische Herkunft
gleichfalls diskutiert wird*, wenigstens erwähnt werden
(S. 35, Anm. 3), wird die seit langem erörterte Frage

Segal, J. B.: Edessa. „The Blessed City". Oxford: Clarendon nach der Heimat des Thomasevangeliums« überhaupt nicht

Press; London: Oxford University Press 1970. XVIII, 308 S. gestellt. ._,.„,,„ ^ AU , ...

m. 1. Kte. 2 Plänen. 45 Taf. 4». Lw. £ 5.-. . Interessant .st die Erklärung der Abgarlegende. d.e von

... ,. einem Briefwechsel Jesu mit Abgar V. von Edessa erzahlt.

Walter Bauer hat seine klassische Studie „Rechtglaubig- Hjer hgbe dje yon jüdischen Kreisen ;m nahe gelegenen

keit und Ketzerei im ältesten Christentum" mit einer Dar- Adiabcnc bewahrte Erinnerung an die Beziehungen der
Stellung der Frühgeschichte des Christentums in Edessa dortigcn Herrscher (Monobaz, Helena) zum Tempel in Je-
eingeleitet1. Wer sich mit der Abgarlegende beschäftigt, rusalcm Patc gestanden, dazu sei die christenfreundliche
wer sich mit dem Problem der Herkunft apokrypher Schnf- Poiitik Abgars VIII. bar Manu (176-213) getreten (S. 62 bis
ten wie der Thomasakten auseinandersetzt oder sich um die ny„ Da(. dje zahlreiche judenschaft von Edessa auf Adia-
Gestalt des „Cnostikcrs" Bardesanes bemüht, hat es mit bcne und Nisibjs orientiert war, konnte der Autor durch
Edessa zu tun. Dennoch hatte es jemand, der als Kirchen- dje Forschungen von j Neusner" bestätigt sehen. Die en-
historikcr oder als Ncutcstamentler, als Cnosisforscher oder ggn rcligiosen Verbindungen des vorchristlichen Edessa
als Orientalist sdch ein zusammenhängendes Bild von ^ dcn kultischen Zentren der weiteren Umgebung, besonder
Geschichte dieser Stadt machen wollte, bislang nicht ders zu Hierapolis sind noch zu einer Zeit in Erinnerung,
leicht. Seit Rene Duvals vor fast 80 Jahren entstandener wq Edcssa g]s das erste christliche Königreich galt (vgl.
gelehrter Darstellung2 hat sich niemand wieder an diese dje um 4QQ cntstandene Doctrina Addaei).
Aufgabe gewagt. Jetzt hat der britische Orientalist J. B. ^ dem AutQr bis hierhin gefolgt ist, wird ihn auch auf
Segal nach längeren Studienaufenthalten in Urfa, der auf ^ wdtercn Weg begleiten, den er uns durch die wech-
dem Boden des alten Edessa liegenden sudanatolischcn selvo]]e Geschichte der Stadt in der Folgezeit führt, wo sie
Provinzstadt, und intensiven Quellenstudien den Versuch ^ wirk stättc Ephrems noch einmal zur Blüte gelangt,
unternommen, diese Lücke zu schließen. Nachdem er sich ^ ^ Zentrum des syrischen Monophysitismus wird
schon mit einer Vorstudie im Bereich seines Gegenstandes ^ sch,ie6,ich g,s umkämpfte Grenzstadt zwischen byzan-
emgeführt hatte', legt er nun ein Werk vor wie es bester tinischcm und islamischcm Einflußbereich eine lange Peri-
angelsächsischcr Gelchrtcntrad.t.on entspricht: solide ge- ^ des Nicd durchlebt bis zur endgültigen Zer-
arbeitet, eingängig geschrieben, auch für den Nichtspcz.a- sfö durch dje Türken n4&

hsten lesbar; dazu drucktechnisch hervorragend ausgestat- G • der Rgz g,s Ncutestarnentler gern etwas

tet und mit 70, teils farbigen Abbildungen versehen. mehr über philoxenus von Mabbug erfahren (vgl. Elis.

Von den fünf großen Kapiteln, in denen sich das Werk Berqsträsscr ThLZ 80 1955, Sp. 53), gewiß hätten in dem

«ns darbietet, ziehen die mittleren, in denen die Blutezeit sQnst sehr fatigcn Verzeichnis der Quellen (S. 265-272)

Edessas behandelt wird, unser besonderes Interesse auf ^ pseudoklernentinen nicht fehlen dürfen, in denen doch

sich. Unter den Überschriften „Edessa under the Kings" dnes der widuigsten Fragmente des Bardesanes enthalten

9~61). -The blessing of Jesus and the triumph of Chn- ^ schlieftlich hatten in einer Select Bibliography (im-

stianity" (S. 62-109) und „Life at Edessa A. D. 240-639" mcJ!hm 17 Seiten. S. 272-289) auch in einer englischspra-

<S. 110-191) wird ein Panorama jener Epoche entworfen ch Arbeit grundlcgcnde Werke wie die eingangs ge-

™ der Edessa als Sammelplatz gelten kann, an dem sich studje vQn w Bauer und w Elert> Der Ausgang

hellenistische, iranische, jüdische und christliche Einflüsse der altkirchlichcn christologie (dort über Edessa S. 301 ff.)

begegneten. Die eigentliche Stärke des Buches liegt im hl- berücksichtigt werden müssen. Dennoch überwiegt zuletzt

storischcn und kulturgeschichtlichen Bereich i wie hier die dje Frcude dcs Lcsers an einern Buch, in dem sich die ge-

Geschichtc beginnend mit dem Aufstieg des Königreichs konnte Darstellung eines schwer durchschaubaren Stoffes

Edessa im Schatten des römischen Imperiums über die ^ ejner bjs ins 0ptische hinein wirkungsvollen Präsenta-

"egradicrung der Stadt zur colonia (214 n. Chr.) bis in die . glückliche Weise verbinden.

°yzantinischc Zeit aufgeblättert wird, wie die sich über- 3 Wolfqong Wiefel

schneidenden kulturellen Einwirkungen zur Darstellung ge- Holle/Saale
'angen, wie der Alltag und selbst die Topographie der

Stadt lebendig werden, das zwingt den um einen Gesamt- ') BHTh 10. Tübingen 1934, 1944-', S. 4-48. .^„.x la

Übprhl;^1 u T uu t. 2) Histoire politique, religieuse et litteraire d Edesse lusqu a lq

uoerblick bemuhten Leser zum Mitgehen. premiere croisade, Paris 1892.

Ein wenig anders stellt es sich dar. wenn man mit spe- » Ed.»« and Har™. An >=™M-Jj»»- Irland ica 6, Assen

Miellen Fragen an das Werk herantritt. Wer etwa von der 1966 , ThLZ p2, 194s, Sp. 435-437.

^itischen Sicht Walter Bauers herkommt, findet hier ein J^nfVjM^^'Ä ÄÄ^'n*,^

«naers getöntes Bild von der Entstehung des edessenischen jansma bestimmt wurde, unterrichtet A. J. Dovids, Kairos 12. 1970,

Christentums vor. Während dieser es auf häretischen (mar- S. i4«-.1e51beiden Pole slnd durch die Arbeiten von Günther Bornkamm,

ClOnitischcn) Ursprung zurückführte, denkt S. an juden- Mythos und Legende in den apokryphen Thomasakten FRLANT NF 31,

.hnstliche Kreise in Adiabene und Nisibis (S., 69). So wird ^el"^0"-

uie Gestalt des „Cnostikcrs" Bardesanes, der seit der Pole- 7) Er ,eilt sie mi, A. Adam (BZNW 24, 1959), der jedoch einen

«k Seines Landsmannes Ephrem Zwischen Marcion und gotischer, Hintergrund annimmt, ^oh.nd^ die 5.^ religiöse-

lani angesiedelt wird (obwohl er weder die Zweigotter- ,m s 154_lo4) und G. Quispel (Suppl. Numen 12, 1944, S. 425-444)

lehre des ersteren noch die Zweiprinzipienlehre des letzte- an das späte 2. Jahrhundert denken und syrisch-christlichen Ursprung

r°n teilte) im Anschluß an H. J. W. Drijvers4 dargestellt behkoua3teadom znw 52, 1941, S. 141-154. A. Vööbus, Le Museon 75.

und' SCun, Dcnke" 3lS einC SynthCSe verscniedfncr reli9i°ser ,942. Sp. VSt^ enMtnener den Stond der Forschung ausfuhrlich

"« Philosophischer Strömungen, die in Edessa Wirksam referierender Beitrog ist zu vermerken: Barbara Ehlers, Kann das

Warcn, begriffen* Wenn der Autor die Thomasakten im Thomasevangelium aus Edessa stammen? NovTes]112,, 1970 S. 298 3,4.

Anfi„ j 11 ich . wenn uci nuiui uic Anders, als Versuch, das Ansehen der rechtgläubigen Kirche zu

'long des 3. Jahrhunderts in der Nachbarscliatt bdessas Edessa durch Rückführung auf apostolischen Ursprung zu legitimieren,

entstandcn sc;n läßt so befindet er sich in Übercinstim- zuletzt B. Ehlers, a. a. O S. 312 f. ,_,„.,. . ,ojt.

rnimr, . la'Jl' 5,0 ULiiiiut-i u =>»-" _ 11 a history of Jews in Bobylonia I, The Parthian Penod, 1945.

'""g mit der breiten Mehrheit der Forschung, wie ver- „ PsClem. Recogn. ix, 19-29 (GCS 51, B. Rehm u. F. Paschke, Ber-

Schiedcn sie auch den religionsgcschichtlichen Hintergrund |in 1945, S. 271 «.)