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1971

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Neues Testament

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 96. Jahrgang 1971 Nr. 11

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Bericht ein. Johannes fügt „the beloved disciple" ein und
gibt dem Bericht eine apologetische Tendenz.

Für Markus diskutiert Bode leider nicht die von W.
Marxsen gebotene Begründung des offenen Markus-Schlusses
, daß das Evangelium auf die im Zusammenhang des
jüdischen Krieges in Galiläa erwartete Parusie ausschaut.
Er begnügt sich mit der philologischen Widerlegung der
Position Lohmeyers, daß oym/iai die Parusie bezeichne
(S. 33 f.). Es ist zu bezweifeln, dafj die apokalyptischen
Elemente des Matthäus-Berichts ein „neues" Element einfügen
, legendäre Erweiterungen sind. Die als Tafel 2 gebotene
Synopse der vier Evangelienberichte läßt erkennen,
daß die entsprechenden Stücke selbständig gegenüber der
Grabesgeschichte sind. Die Frage, ob diese selbständige
Überlieferung, die Matthäus einbringt, auf einen älteren
Erscheinungsbericht zurückgeht, der in dem letzten Kapitel
zu erwägen wäre, wo die Möglichkeit einer Abwandlung
der Christus-Erscheinung in eine Engel-Erscheinung diskutiert
wird (S. 165 f.), wird gar nicht gestellt. Dem entspricht
ein paralleler Mangel in der Diskussion um die Tendenz
der Grabesgeschichte, falls sie nicht in der urchristlichen
Verkündigung ihren Sitz im Leben hat. Bode sieht diese
Tendenz ausschließlich apologetisch. Er erwägt nicht den
möglichen Wandel von dem ursprünglich eschatologisch-
apokalyptischen Charakter der Verkündigung, die den Christus
proklamierte, zu der Verkündigung der Auferstehung
als eines Ereignisses innerhalb der Geschichte. Gerade damit
läßt sich aber die Grabesgeschichte ohne apologetische
Tendenz als Zeichen für eine derartige Wandlung in der
Theologie der Gemeinde verstehen.

Von besonderem Gewicht für die Argumentation Bodes
zugunsten der Ursprünglichkeit der Grabesgeschichte ist das
angebliche Fehlen des Drei-Tage-Motivs (S. 126). Dem widerspricht
jedoch die im Zusammenhang des angenommenen
liturgischen Motivs der Überlieferung getroffene Feststellung
, daß Mk 16,2 der Zeitpunkt bedeutsam für den
christlichen Gottesdienst ist. Die These, daß die Angabe
i»7 yixF.Qa r/7 xqUi) 1. Kor. 15,4 es unwahrscheinlich
macht, daß die Tradition der Grabesgeschichte später entstanden
sein kann (S. 126), weil sie diese Angabe nicht bietet,
enthält den Kurzschluß, daß die Zeitangaben in der Grabesgeschichte
damals bereits mit der Problematik belastet
waren, die dem modernen Exegeten entsteht. Wahrscheinlicher
erscheint die Annahme, daß in der Grabesgeschichte
jene knappe Formel einfach in Erzählung umgesetzt ist.
Gerade dieser Teil der Arbeit, der die Feier des Sonntags
mit einer Prozession zum leeren Grab in Verbindung bringen
will (S. 131), ist in der Argumentation am schwächsten.
Der Bericht über das frühchristliche Leben in den Acta
(2,46!) der dieser Argumentation gegensteht, wird nicht
diskutiert.

Eine Schwäche der gesamten Darstellung resultiert aus
dem Bemühen, die Historizität des leeren Grabes trotz der
kritischen Analyse der Überlieferung festzuhalten. So
kommt Bode dahin, daß er als Grundbestand der Überlieferung
lediglich einen Besuch der Frauen am Grabe am
ersten Tag der Woche annimmt, bei dem sie das Grab leer
fanden. Die kerygmatische Formulierung der Engelbotschaft
hält er dagegen für eine spätere Einfügung (S.159 f.,
166). Stimmt der Autor jedoch mit der formgeschichtlichen
Analyse der Evangelien dahin überein, daß der Sitz im Leben
die urchristliche Predigt ist, so müßte er aufzeigen
können, daß ein derartiger „historical nucleus of the tomb
tradition" innerhalb der urchristlichen Predigt ohne die
kerygmatische Formulierung möglich war. Das dürfte kaum
gelingen.

Diese kritischen Bemerkungen sollen nicht in Abrede
stellen, daß die sorgfältige Analyse der Texte eine Reihe
von nützlichen Erkenntnissen in die Exegese einbringt.
Einerseits ist der Aufbau der Arbeit, ausgehend von der
Redaktionsgeschichte, um von daher nach dem Ansatz der

Überlieferung zu fragen, ein weiterer Beitrag zu diesem
Zweig der Exegese, der seinen Wert gerade darin hat, daß
er zur Kritik der Ergebnisse herausfordert. Andererseits
ergeben sich Einzelbeobachtungen, die nicht nur akzeptiert,
sondern als Ansatz weitergeführt werden sollten.

Bode weist auf den überdurchschnittlich häufigen Gebrauch
von SsT durch Lukas hin, der im Zusammenhang
mit der lukanischen Tendenz in den Acta gesehen werden
darf, die Beziehung der Christenheit zum Judentum nicht
abbrechen zu lassen (S. 64 f. mit Tafel S. 66).

Von Bedeutung sind die ausführlichen Erwägungen über
die Herkunft der Formel von den drei Tagen in ihrer variierenden
Formulierung. Überzeugend weist er nach, daß
Hos. 6,2 nicht als Ansatz für diese Formel genommen werden
kann. Ebenso einleuchtend ist der aufgezeigte Widerspruch
zwischen der Aussage über das Begräbnis 1. Kor.
15,4 als Konstatierung des endgültigen Todes und der jüdischen
Anschauung, daß die Seele noch drei Tage nach dem
Tod über dem Leichnam schwebt, so daß der Tod erst nach
vier Tagen als endgültig angesehen wird (S. 112 f.). Als
Quelle der Aussage von den drei Tagen nennt Bode dagegen
die allgemeine at.liche Anschauung, daß der dritte Tag
„is the day of salvation, of rescue from great need and
threatening danger and of certain hope in divine assistance"
(S. 120). Damit setzt er dann die Bedeutung der Auferstehung
als „Tag des Herrn" (fj xvpiax!/ rj/xma), d. h. als
Tag des eschatologischen Heils in Beziehung. Diese auf
breiter at.licher Grundlage ruhende und durch die rabbini-
sche Interpretation bestätigte Beobachtung dürfte dann
jedoch zu einer Schlußfolgerung führen, die nicht im Einklang
mit dem Ergebnis der Arbeit steht. Ist die Auferstehungsverkündigung
derart Verkündigung des eschatologischen
Heils, so wird man nach dem sachlichen Inhalt dieser
Verkündigung zu fragen haben, und dieser kann dann nicht
die Wiederbelebung eines Leichnams und damit nicht das
leere Grab sein. Der sachliche Inhalt ist dagegen das Kommen
des Gottesreiches, die Erscheinung des Christus. Ihre
Proklamation muß am Anfang der Überlieferung angenommen
werden, wenn diese in der urchristlichen Predigt ihren
Sitz im Leben hat. Sie ist aber ursprünglich unabhängig
vom leeren Grab, das aus dem eschatologischen Ereignis
ein Ereignis innerhalb der Geschichte werden läßt. So wird
man an dem sekundären Charakter der Grabesgeschichte
festhalten, gerade wenn man die Arbeit in ihrer exegetischen
Qualität anerkennt.

Lich/Oberhessen Hans-Werner Bartsch

Bangerter, O. E.: „Emanzipation" der Frau im Spannungsfeld
des Neuen Testamentes (DtPfBl 71, 1971 S. 249 bis
250).

Bonnard, Pierre: Die anamnesis, eine grundlegende Struktur
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Czerski, Janusz: Christozentrische Ekklesiologie im Matthäusevangelium
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Ellis, E. Earle: Midraschartige Züge in den Reden der
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Füller, Reginald H.: Die Wunder Jesu in Exegese und
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Jeremias, Joachim i Der Schlüssel zur Theologie des Apostels
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Kertelge, Karl: Exegetische Überlegungen zum Verständnis
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