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Ausgabe:

1971

Spalte:

821-822

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Delling, Gerhard

Titel/Untertitel:

Zeit und Endzeit 1971

Rezensent:

Schmithals, Walter

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 96. Jahrgang 1971 Nr. 11

822

fragen dürfen, ob der Grund für jene Einsamkeit der Ex- dienen apokalyptische Kategorien dazu, neben das .Schon

cgeten nicht eher in der dogmatischen Kommunikations- jetzt' des Heils dialektisch das .Noch nicht' zu setzen, wobei

schwäche der eigenen theologischen Position zu suchen sei? diese Dialektik als solche das apokalyptische N a c h einan-

°aß, „was Christum treibet", „klar und ausreichend nur der von Unheil und Heil negiert. Die paulinische Theologie

christologisch bestimmt werden" kann, wie einer der Ziel- darf also nicht als apokalyptisch charakterisiert werden,

Sätze der .Zusammenfassung" lautet (404), ist immerhin weil das Kreuz als Heilsgeschehen keinen Platz im apoka-

auch einer der bestimmenden Grundsätze Pannenbergs — lyptischen Gesichtsbild besitzt.

nur daß dieser den Versuch macht, zu denken, was das in- Beide Aufsätze machen deutlich, daß die Frage nach dem

haltlich heißt, um so dem hohen dogmatischen Anspruch, Verständnis von .Zeit' einen hervorragenden Einstieg in

°er in der alten Schriftlehre steckt, unter den Bedingungen die Grundfragen der neutestamentlichen Theologie vermit-

°es historischen Bewußtseins in unserer Gegenwart wirk- telt, weshalb denn auch dies schmale Bändchen von großem

lieh gerecht zu werden. In einer Zeit, in der zusehends mehr theologischem Gewicht ist.

a 11 e theologische Tradition zu verkommen anhebt, sollte Man vermißt freilich durchgehend, daß die bedeutsame
es wichtig werden, daß diejenigen, die C h r i s t u s meinen, Problematik interpretierend mit den aktuellen Problemen
sich über enge Schulgrcnzen und deren Affekte hinweg et- gegenwärtiger Theologie und Kirchlichkeit vermittelt wird.
was ernster nehmen würden. Diese Aufgabe bleibt weitgehend dem Leser überlassen,
Der Aufsatzband ist ein willkommener und notwendiger und diese Erkenntnis führt zu der weiteren Frage, ob die
Hinweis auf ein Grundproblem ntl. Wissenschaft, wie es .Biblischen Studien' der geeignete Ort zur Publikation die-
sich in ihrem gegenwärtigen Stande stellt. Wer freilich nach ser theologisch so grundlegenden Vorträge war. Delling
Qer Lektüre meinen würde, darüber hinaus sei nun nichts verzichtet mit Recht nicht auf hebräische und griechische
mchr zu sagen, täuscht sich. Nicht nur sind über dem Ver- Wendungen, deren Übersetzung in einem Anhang dem ge-
naltnis des historischen zum theologischen Aspekt bei der wohnlichen Leser der ,Biblischen Studien' die Lektüre nicht
Auslegung des NTs die Akten gewiß noch nicht geschlossen. sehr erleichtern dürfte. Auch die zahlreichen Zitierungen
s steht vielmehr darüber hinaus bereits vielfältig die Frage sowie der wissenschaftliche Apparat mit zahlreichen An-
Raum: Warum überhaupt noch das Neue Testament? merkungen, umfangreichem Literaturverzeichnis, Abkürzt
diese elementare Frage wird die künftige Diskussion zungen usw. zeigt, daß dies Büchlein weithin in die Hände
Der «das NT als Kanon" Antwort zu geben haben. des Theologen gehört, kaum aber auf den Tisch jenes wei-
Homburg u. Wikkens teren Leserkreises, für den die biblischen Studien gewöhnlich
bestimmt sind.

Für Theologen allerdings dürfte die Lektüre überaus anregend
sein, gerade weil sie ihn dazu animiert, die exege-
De'ling, Gerhard: Zeit und Endzeit. Zwei Vorlesungen zur tische Problematik mit den aktuellen Problemen der Theo-
Theologie des Neuen Testaments. Neukirchen-Vluyn: lo9ie zu vermitteln.

Ncukirchener Verlag des Erziehungsvereins [1970]. 114 S. Ben in Werner Schmithals
8° = Biblische Studien, hrsg. v. H. Gollwitzer, F. Hahn
u- H.-J. Kraus, 58 Kart. DM 8,80.
. D'c erste Vorlesung analysiert „Die Gegebenheit .Zeit'

,m Neuen Testament". Sie entstand offensichtlich im Zusam- Johnston, George: The Spririt-Paraclet in fche Gospel of

"?enhang mit dem Artikel .chrönos', den Delling für das J°hn- London: Cambridge University Press 1970. XII,

rhWNT geschrieben hat und dessen Publikation bevor- 192 s- 8° = Society for New Testament Studies. Mono-

JjWtt. Deshalb beginnt der hier abgedruckte Vortrag auch 9raPh Series< lz £ 3<75-

't Hinweisen zum griechischen Bereich und einer ausführ- Die Arbeit gliedert sich in 10 Kapitel nebst 2 Anhängen,

Ichen Feststellung des Befundes im Alten Testament, das, Bibliographie und Indices. Wir geben zunächst eine kurze

^cnn es von .Zeit' spricht, weniger an dem Zeitablauf als Übersicht.

fn den Inhalt der Zeit denkt. Dieser alttestamentliche Be- Teil 1: .Geist" im vierten Evangelium. Eine Übersicht.

Und leitet unmittelbar zur Darlegung des neutestament- Kap. 1 (3—22), „Die Bedeutung von ,Geisf" bespricht

1 cn Zeitbegriffs über, der in einer interessanten und klug die Bedeutung von „Geist" im AT (bes. Daniel) und in den

9e9liederten Weise erörtert wird. Abschließend bestimmt Qumranschriften. Diese vielfältigen Bedeutungen müssen

elling die .neue Qualität der Zeit' nach Christus, die nicht der Täufer, Jesus und die Urgemeinde gekannt haben. Im

Primär im chronologischen, sondern im sachlichen Sinn Joh kann nvevfia „Wind", „Atem" und „Selbst" bedeuten

ristuszeit ist: „Zeit ist für den Christen von Gott gege- und im Gegensatz zu „Fleisch" stehen.

ene Möglichkeit, seine neue Existenz handelnd zu reali- Kap. 2 (23-28), „Geist Gottes, Geist Christi", geht besonderen
...» (55) Djese neue Existenz wird durch das Heils- ders ein auf Joh 3,34; 4,24 einerseits und 1,31-34; 4,10—40;
geschehen in Christus ermöglicht, das für den Christen zu- 6,36 nebst ihrem Kontext.

aic-idi die Zeit nach vorwärts öffnet; denn die neue Schöp- Kap. 3 (29-39), „Der Geist-Paraklet". behandelt Joh 14,

"9 m Christus ist cschatologische Schöpfung, so daß das 16f.20; 15,26 f. und 17,7-11.12-13.

T ttensein nach vorn' das Verständnis der Zeit im Neuen Kap. 4 (40-51), „Der Geist in der Gemeinde der Jünger",

eftament -schlechthin und notwendig' kennzeichnet (56). befaßt sich mit Joh 3,5 f.; 4,23f.37-39. Mitbesprochen wer-

!e in dieser Weise angerührte Thematik bestimmt den den 14,16.20; 15,20 f.; 16,7.13-15; 20,22.

ei.ten Vortrag ,Zur eschatologischen Bestimmtheit der Kap. 5 (52-58), „Der Geist als Kraft für eine messiani-

Sch .Schcn Theologie' durchgehend: Die Frage nach dem sehe Wirksamkeit", geht auf die drei Züge der messiani-

h°n-jetzt und dem Noch-nicht des Heils. Delling stellt sehen Hoffnung ein, die mit den Begriffen „Messias", „Elias"

2 Rccht heraus, daß man die Auferstehung Jesu bei Pau- und „der Prophet" verbunden sind.
s >m apokalyptischen Kontext sehen muß. Als endzeitli- Teil 2: „Der Geist-Paraklet, der Geist der Wahrheit."
cs Geschehen qualifiziert sie das ganze Christusereignis Kap. 6 (61-79), „Sind die Geist-Paraklet-Sprüche echt
* eschatologisches Heilsgeschehen und die Zeit nach Chri- johanneisch?". Der Vf. bejaht diese Frage, da sonst alles
s a's Heilszeit. Das Schema .Verheißung und Erfüllung' sinnlos würde, was über die Ermöglichung kirchlicher Förtha
also mit Hilfe der apokalyptischen Kategorie des Setzung des von Jesus begonnenen Wirkens gesagt wird.

ehr"0" Äons' insofern aufgehoben, als die Gegenwart .in Kap. 7 (80-118), „Neue Studien über die Parakleten und

JVlr'stus' erfüllte Zeit, Zeit des Heils ist, in der der .neue den .Geist der Wahrheit" (O. Betz, R. E. Brown, Bultmann,

ensch' als Geretteter in Friede und Freude lebt. Zugleich Mowinckel, N. Johannson).