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Ausgabe:

1971

Spalte:

787-789

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Autor/Hrsg.:

Koziol, Klaus

Titel/Untertitel:

Konfirmandenunterricht, aber wie? 1971

Rezensent:

Schmutzler, Georg-Siegfried

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Theologische Literaturzeitung 96. Jahrgang 1971 Nr. 10

788

Dieses gewichtige opusculum sei Pfarrern und Gemeinden
empfohlen. Vor allem gehört es in die Hand derer, die — Theologen
und Architekten — morgen Liturgie im Raum gestalten
wollen.

Berlin Fritz Schmldt-CIaufling

KATECHETIK UND
RELIGIONSPÄDAGOGIK

Kozlol, Klaus: Konfimandcnunterricht — aber wie? Aufgaben,
Stoffe, Gestaltung, Modelle. Berlin: Evangelische Verlags-
anstalt [1970]. 55 S. 8°.

Vom Verfasser, Lehrbeauftragter für Konfirmandenunler-
richt der Sektion Theologie der Humboldt-Universität und
der Predigcrschule „Paulinum" in Berlin, erschien 1908 seine
stark historisch bestimmte Untersuchung über den Katechu-
menat bei C. A. G. von Zezschwitz und in der Gegenwart unter
dem Titel „Katechumenat heute" (EVA Berlin = Theologische
Arbeiten, hrsg. von Hans Urner, Bd. XXVII). In der
hier anzuzeigenden kleinen Schrift geht Koziol auf einen
wichtigen Teilbereich des Katechumenats ein: den Konfirmandenunterricht
(KU). Er will von ihm und seinen Problemen
eine „knappe Darstellung" geben. Diese ist ganz und gar
pragmatisch bestimmt. Sie will eine „Hilfe für die Praxis"
sein. „Die Fragen der Durchführung des Konfirmandenunterrichts
und der Gestaltung der Konfirmandenzeit"stehen
im Vordergrund. Ausdrücklich wird auf „eine Erörterung
der Konfirmationsfrage ebenso wie auf eine eingehende theologische
Begründung des Konfirmandenunterrichts" verzichtet
. Man wird vor allem das Letztere angesichts des großen
Nachholbedarfs an theologisch-pädagogischer Reflexion des
katechetischen Handelns der evangelischen Kirche in der
DDR (abgesehen von einigen Aufsätzen in der Zeitschrift
„Die Christenlehre" ist die Zahl der katechetischen Veröffentlichungen
insbesondere der theologisch-pädagogisch fundierten
äußerst gering) sehr bedauern. Rückt die Schrift
doch damit von vornherein in den Verdacht, eines wissenschaftlich
-fragwürdigen Praktizismus und der Förderung des
falschen Bewußtseins, in der Katechetik handele es sieh im
großen und ganzen um eine Art Rezeptologie und Kniffolo-
gie — „wie mans macht". Daß Katechetik und speziell auch
das Thema der kirchlichen Konfirmandenarbeit vor eigenständige
theologische und didaktisch-methodische Aufgaben
stellt, gerät so leicht aus dem Blick.

Die Schrift befaßt sich zunächst mit den „Aufgaben" des
KU (was natürlich gar nicht ohne theologische Voraussetzungen
und Argumente geht) und seiner Zielbestimmung (Information
, Einführung in das Leben der Gemeinde, exemplarische
Lebenshilfe). Es folgen die „Stoffe": „Kann der Katechismus
noch Hauptstoff des KU sein?" (Die Frage wird verneint
.) Als weitere Stoffe werden genannt: „Perikopenunter-
richt", „Unterricht nach Sachbereichen", „Themen", „Lernstoff
" (Konfirmandenheft), „Leitsätze zur Behandlung des
Glaubensbekenntnisses". Die letzteren enthalten beachtliche
Ansätze für einen neuen Katechismus. Dann wendet sich der
Vf. den Fragen der Gestaltung der Konfirmandenzeil (Alter
der Konfirmanden, Dauer, Zusammensetzung der Gruppen,
Planung der Konfirmandenzeit im einzelnen, der Konf.-
raum) und der Durchführung des KU zu („Wege und Methoden
", „Unterrichtsgespräch", „exemplarischer und informierender
Unterricht", die Frage der „Übung", das „Gemeindepraktikum
", die „Bibelrüste", das „Gespräch" mit den Eltern
). Abschließend werden 4 „Modelle" dargeboten: über
„Perikopenunterricht", „Kirchengcschichtsunterricht", „Gemeindepraktikum
", „Bibelrüste".

Wie man sieht: auf engem Raum ein Riesengebiet. Und es
ist mit Freude und Dank zu vermerken, wie viele praktische
Anregungen vermittelt werden, die auch dann, wenn sie keineswegs
neu sind, doch vielen, zumal vielen jüngeren Theologen
, eine 1 Ulfe sind, z. B. die I [inweise zur Durchführung des
KU und zur Gestaltung der Konfirmandenzeit, zum Unterrichtsgespräch
, zum Gemeindepraktikum. Auch was — wenn
auch fast nicht reflektiert — an manchen grundsätzlichen
Entscheidungen sichtbar wird, ist z. T. sehr zu begrüßen:
z. B., daß es bei der Konfirmandenarbeit keineswegs nur um
Unterricht gehen kann, sondern um ein ganzheitliches Handeln
der Gemeinde (nicht nur des Herrn Pfarrers), das Unterricht
, Erziehung und Seelsorge urnsc liliel.it; daß es darauf ankommt
, die „Selbsttätigkeit" des Konfirmanden in jeder Hinsicht
in Anspruch zu nehmen; da Ii Bibelrüsten nicht ein Hobby
mancher Mitarbeiter und Pfarrer sind, sondern wesentlich
zur Konfirmandenzeil gehören; daß ein Gemeindepraktikum
ebenso dazu gehört und keine Konfirmandenarbeit
denkbar ist ohne gleichzeitige Elternarbeit.

Freilich: es gibt kaum eine Seile des Büchleins, wo nicht
aueb kräftige Fragezeichen zu setzen wären. Um nur einiges
Wichtigste anzudeuten: Der Darstellung des exemplarischen
KU kann nicht zugestimmt werden. Auch was unter dem
„Modell Perikopcnunterrielil'' angeboten wird, hat damit
nichts zu tun. Dieses „Modell" veranschaulicht — noch dazu
anhand einer wenig geeigneten, dogmatisch sehr befrachteten
Pcrikope — gerade eine nicht-exemplarische, stark vcrbali-
stischc Unterrichtsweise, die Jagd macht auf „Leitsätze".
Ferner: Der Verfasser definiert als „Ziel" des KU: „Der KU
will Grundkenntnisse über den Glauben der Kirche
vermitteln und den Konfirmanden in einer
seinem Alter gemäßen Weise in Beziehung zum
Leben der Gemeinde setzen" (von K. gesperrt). Daß
Christsein Christsciii In der Welt, in der Gesellschaft heißt,
ist hier völlig übersehen. Wenig uberzeugen kann auch das
Argument, daß erst bewußter Mitvollzug des Gemeindelebens
den Konfirmanden wirklieb nach dem Auftrag, den er als
Christ in der Gesellschaft hat, fragen läßt. Bs ist endlich an
der Zeit, die Gemeinde zu einem differenzierten Bibellcson
zu führen, sie das Gemeinte vom Gesagten unterscheiden zu
lehren. Im Konfirmandenalter werden dafür entscheidende
Weichen gestellt. Diese hermeneutische Aufgabe des KUwird
vom Vf. aber leider nirgends benannt oder verdeutlicht. —
Sehr auffällig ist, daß sieh beim „Modell 1" die „katecheti-
sche Besinnung" lediglieh auf die Feststellung des inhaltlichen
Schwerpunktes und der Katechismusbezüge beschränkt.
Didaktische Erwägungen werden überhaupt nicht angestellt:
Oh überhaupt, wo und wie das In der Perikope Gemeinte dem
Lebens-und Vcrstehenshorfzonl der Konfirmanden heute zugänglich
ist, welche Sprachform vorliegt und welche unter-
richtlichen Folgerungen daraus zu ziehen sind, welche Über-
raschungs- und Spanniingselcmentc gegeben und fruchtbar
zumachen wären u.a. Auch speziell methodische Reflexionen
finden sich im „Modell Perikopenunterricht" nicht.

Bei der gedrängten Kürze di r Darstellung und dem häufig
bloßen Anreißen der Problematik bleiben Unausgcglichcnhei-
ten und Spannungen innerhalb des Ganzen nicht aus. So ist
man erstaunt nach der intensiven Infragestellung des Katechismus
im Teil „Stoffe" dann im „Modell 1" den Katechismus
so positiv ins Gespräch gebracht zu sehen. Der Vf. warnt
mit Recht u. a. vor einer I Iberforderung der Konfirmanden.
Im „Modell Bibelrüste" bietet er aber das Globalthema
„Christ und Gesellschaft" an, ein äußerst wichtiges Thema
(bei der Feststellung des „Zieles" des KU — s. o. — wurde es
übersehen), und schlägt vor, in einer drei (!)tägigen Büstzeit
so umfassende Unterthemen zu behandeln wie Jeremia 29;
Matthäus 9,9—13 (unter dem Aspekt Christ und Gesellschaft)
und am 3. Tag das Generalthema des Friedens. Für das letztere
benötigt man jedoch erfahrungsgemäß bei einigermaßen
gründlicher exemplarischer Behandlung unter Aktivierung
der Konfirmanden allein eine Rüstzeit von einer Woche.
Ebenso ratlos sieht der Leser auch vor der Talsache, daß im
„Modell Kirchengeschichte" an der Gestalt Polykarps von
Smyrna gezeigt wird, daß die Intaktheit christlicher Existenz
keineswegs aus der Übereinstimmung des Christen mit