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Ausgabe:

1971

Spalte:

773-774

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

Autor/Hrsg.:

Kent, Leonard J.

Titel/Untertitel:

The subconscious in Gogol' and Dostoevskij, and its antecedents 1971

Rezensent:

Onasch, Konrad

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Seite 1

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UND CHRISTLICHE DICHTUNG

'73 Theologische Literaturzeitung 96. Jahrgang 1971 Nr. 10 77/1

HaienfuS, J.: ScheDl GeStall und Werk nach ungedruckten brauch von Doppelgänger und Tratim ..in ncarly always ur-

Dokumenten (ThG161, 1971 S. 93-98). tistically succesfull; thoir appearance is relevant to the lite-

Ja*pert, Bernd : Zeit zur Neubesinnung. Dietrich Ronhocffer ra „„„lity „f tllc st0ries in which the appear" (S. 86), ohne

und wir (Krbe und Auftrag 47, 1971 S. 59-61). j n u • • 1 ~ ! ~ ux. 1 iv , . ,

Pf. ff w .... r, . I . ,.' ., , ■ dal) es hei ihm zu einem Hinauswachsen über den rem teeh-

1 lall. .Maurus: l'urslaht Marlin Gcrhcrl und die Musikhisto- . , ,, , , , . ... , ,, . .

riographie im 18. Jahrhnnderl (Erb« und Auftrag 47, 1971 ",8rhon *rfolS und zu Clncm »•"•■•greifenden Gedankenge-

S. 108—120). bände gekommen wäre.
Sliffbta, Camille: IngeniOUl Piety: Anglicnn Casuistry of the Schließlich gelangt K. zu der Frage einer „examinalion of ä

Sventeenth Century (HThR 0.'!, 1970 S. 409—432). writer's parlicular Ircatment of the subeonscious in Iiis fic-

tion may Supplement what we Otherwiie know of Iiis view of

life" (S. Iii), wobei die eigene Krankheit, um dichterische Gestalt
zu werden, den Umweg über ihre Rationalisierung als

I ITCDATI IDrCCruirUTC s"i'-'- Stoff u.ä. nehmen müßte. Wer K.s Ausgangspunkt,

L I I t K A I U K J t O ^ H I II I L Methode und Ziel versteh! und respektiert, wird in seinem

klugen Bach zahlreiche Anregungen finden. — Einige kritische
Anmerkungen seien hinzugefügt. Anläßlich der mehrfachen
Erwähnung Tiecks und seines Einflusses auf Gogol'

Kant, Leonhard J.: The Subconsciou« in Gogol' nnd Dosto- "nd Dostoevskij vermißt man einen Hinweis auf enge litera-

evakij.and itaanteeadenta. The llague, Paris: Montan1969. ris( n(' liozi. liunfr. n zwischen Dostoevskijs „Idiot" (vor allem

169 S. gr. 8° = Slavistic Printings and Heprinlings, ed. l.v iin KaP-) des erstcren ironischem Märchen „Rh-

C, II. van Sehoonefeld 75. Lw hfl. .10 — tcr Blaubart", die gerade im Hinblick auf die Verwertung des

Unbewußten im dramatischen Effekt sehr aufschlußreich
Es geht dem Vf. in seiner Untersuchung darum, festzustel- sind. (Simon und Myskin körperlich und seelisch nicht ge-
lcn, welche Bedeutung das Unterbewußte hei Gogol' und Do- sund, Gab* der Ahnungen, das letzte Zimmer des „Blaubart"
pAOevskij sowohl in der poetischen Technik wie in der dichte- und das RogoSins, u. a.). Die Literatur des Vf.s kommt vorgehen
Aussage besitzt. In seinem ersten Kap. „Towards the wiegend aus dem englischen Sprachraum. Dabei fällt auf, daß
l'terary .discovery' of the subeonscious" (S. 15-52) werden R, YVellek/. Warren, Thcory of Literatlire, New York 1956,
sofort zwei besondere Phänomene des Unterbewußten her- nicht erwähnt wird. In der mir nur zugänglichen deutschen
"•isgeslelll (S. 18 ff.), der Doppelgänger (the double) und der Ausgabe („Theorie der Literatur", 1959') finden sich zwei
Fraum (the dream). Ihre religionsgeschic htlichcn Wurzeln Aufsätze von Borchel ,, Dostocvsky and the Sense of Guilt"
jjnd ihre Integration ab) ,,a psyebologieally organic pari" (Sf und Squires ,,Dostocvsky: A Psychopathologie«! Sketch"
■6) in der Dichtung von Shakespeare bis zu den Romantikern (S. 370, 372), auf die Vf. nicht zu sprechen kommt. Sowohl
bilden die Voraussetzungen für die beiden, jeweils Gogol' und P. F.vdokimov, Gogol et Dosloi'evsky. 011 la deteente atu cn-
Dostoevskij gew idmeten Kap. Immer bleibt Vf. streng beider fers, Bruget 1961 als auch Mocul'skijs jetzt franz. erschienene
beabsichtigten Linie, „liternry usc of the subeonscious — Darstellung „Dosloievsky. L'homme et l'oeuvre", Paris 1963
■Wams, hallucinations, delirium, forgotten memories, premo- hätten K. einige wesentliche „Vignetten" liefern können. Zu
■Utions, psychogenic illness, etc." (8. 9) haraUSZnarbeitenUBd Jean Paul vermißt man W. Rahm, Jean Paul und Dosto-
"'clit etwa eine Philosophie des Unterbewußten zu schreiben. jewski, Göttingen 1962. Last, not least, fehlen eine ganze
Natürlich, vor allein im Werk Dostoevskijs und hier mit be- Reihe von Titeln aus der russischen und sowjetischen Do-
■Onderer Zuspitzung in der künstlerischen Verarbeitung der stoevskij-I'orscbung, darunter M. V. Volockoj, Chronika ro-
Upilepsie (S. 125 f.) w ird gezeigt, wie (um bei der F.pilepsie zu da Dostoevskogo (1506—1933), Moskau 1912 mit biographi-
'deiben) „the fils are beautifully i 111 egra ted into the fabrie of schein Material zur Kpilepsie des Dichters. Resonders schade
~* Störy" (S. 126). Dabei eröffnen sich gerade bei diesem ist, daß Vf. nicht auf K. R. Laiith, Die Philosophie Dosto-
Dichter (und immer von seiner poetischen Technik ausge- jew skis, München 1950, eingegangen ist. Eine kritische Aus-
lp"d), neue Perspektiven in das Über-bewußlsein (,,over- einandersetzung mit dessen 1. Teil „Die Psychologie" hätte
1 "nscioiis"), das „expressed often in the epileptic seizure, einen größeren Kreis interessierter Leser gefunden,
allere the oversoul, the paradise within, is revealed in bril-
""i Moshes and insight; nnd epilepsy, 111 Dostoevskij often
lhe bigheat expreasion of the irrational, Stands in Opposition
1,1 »chizophrenia" (S. 88). Bleibt z. B. bei Gogol' das Doppel-
B*°ger-Phänomen im Bereich allerdings genialer artistischer

Manipulationen, so ist „to understand ihr tignificance of thi SYSTEMATISCHE THEOLOGIE

' "üble within Dostoevskij's work, it is essential to appre-
' lata that although bis total view of man may be dualistic...,

■ ' ba»ically anti-Roussesuistic" (S. 90). Der Traum spielt l|aible, Eberhard: Schöpfung und Heil. Bin Vergleich zwi-
. »euvre Dostoevskijs eine sehr wichtige Rolle. „Asonegets 9(;nen Holtmann, Uarlh und Thomas. Mainz: Matthiaa-

" the mature works, it is clear that drenms in Dostoevskij Grunewald-Verlag [1904]. 296 S. 8°. Lw. DM 24,80.

.re "°< restricled to traditional funetions. They are some-

'"'" s the medium tbroiigh which man becomes aware not Schon am Anfang der Untmythologisieriingsdeliattc hat-

JJuy of Mother Earth but, concomitanlly, of the existence of ten katholische Theologen auf den Hintergrund der Theologie

■ od" (S. 121). Nach K. steht Dostoevskijs prinzipiellem Op- Rultmanns in der lutherischen Rechtfertigungslehre hinge-

''misiniis hinsichtlich des Menschen Gogols tiefer Pessimis- wiesen. Sichntten im Gegensatz zu den protestantischen K011-

"111s gegenüber, wie er sich aus der poetischen Behandlang trahenten Rultmanns seinen Satz akzeptiert: „Die radikale

"»d dem „lilerary use" des Unterbewußten in seinem Werk Entmythologisierung ist <lie Parallele zur pauliniseh-luthe-

1 ''Mstelli : "... the iinintclligibility of the world; emphcmcral rischen Rechtfertigung ohne des Gesetzes Werke allein durch

d"(l superficial beauty; movement devoid of menning; the den Glauben." (Kerygma und Mythos II, S. 207 = V, S. 75

'evages of oge and the breath of the beckoning but indifferent cit. von Adam Fechter = J. P. Michael.) Allerdings war diese

"lnl1" (S. 57). Darf gesagt werden „Dostoevskij, if not a Feststellung anfangs mit Polemik und heimlichem Triumph

Ph'losopher, was a thinker" (S. 162), so von Gogol, „hc has verknüpft: „Die Rultmannie stellt eine von innen her unlös-

* j jpctifie<l bis material" (S. 55), wobei der letztere seine bare Krise des Protestantismus dar, denn ihr Urheberkämpfl

!|.'ysiS(,1<' und psychische Problematik auf seine poetische mit dem Rücken gegen den Pfeiler der Rechtfertigungslehre

'''•'unk übertrug. „Tbc pnradoxical, so frequent in his work, Luthers und ist von lutherischen Voraussetzungen her nicht

u'">med from the paradoxes in Gogol'" (S. 87). Sein Ge- zu schlagen." (KuM V, S. 79f.)