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1971

Kategorie:

Religionswissenschaft

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 96. Jahrgang 1971 Nr. 9

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und seiner Literatur habe er aber alle „christlichen" Wörter
vermieden und mit entsprechenden indisch-hinduistischen
Termini wiedergegeben. Der Erfolg soll gewesen sein, dafj
die zuhörenden Hindus dachten und sagten: Der Mann
redet von unserer Religion.

Umgekehrt: ich las ins Englische übersetzte tamulische
Verse eines Mystikers, die sich nun wie christliche Gesang-
buchlicder lasen. Bei einem kam ich ganz von selbst ins
Singen nach der Melodie "The Churchc's one foundation ...".
Weil jedes Wort Farbe und Geruch der hinter der Sprache
stehenden besonderen Geistesart trägt, schien es mir bei
meinen eigenen Übersetzungen aus dem Tamil ins Deutsche
ein Gebot der wissenschaftlichen Sauberkeit zu sein, Wörter
aus dem hinduistischen Religionsbereich unübersetzt zu
lassen. Arul z. B. ist nicht einfach dasselbe wie „Gnade".

"What is Christianity" sollte man Indern bei uns geben.
Für suchende junge Menschen, Christen wie Nichtchristen,
ist es geschrieben, und gut geschrieben. Auf Fragen junger
Menschen wird eingegangen. R. Boyd geht nicht nur auf
das Leben Jesu und den gesamten Glaubensinhalt ein
(Kap. 2: Das Zentrum des christl. Glaubens: Er ist auferstanden
!), sondern spricht auch vom täglichen geistlichen
Leben des Christen, von der Kirche, ihren Sakramenten und
vom geistlichen Amt. Vor allem widmet er ein Kap. dem
Sachzusammenhang von „Christentum und indische Kultur"
und ein anderes der Frage „Kann ein moderner Mensch das
Christentum annehmen?". Mit Ausführungen über „Das
neue Leben für die Welt" schließt das empfehlenswerte
Büchlein.

Halle/Saale Arno Lehmann

Mayeur, Jean-Marie: Recherches sur l'histoire religieusc
contemporaine (RechSR 58, 1970 S. 599-602).

BIBELWISSENSCHAFT

Denis, Albert-Marie: Introduction aux Pseudepigraphes
Grecs d'Ancien Testament. Leiden: Brill 1970. XXVII, 343 S.
gr. 8° = Studia in Veteris Testamenti Pseudepigrapha,
ed. A. M. Denis et M. de Jonge, 1. Lw. hfl. 85,-.
Die Erforschung der Umwelt des nachbiblischen Judentums
und des Urchristentums hat als Quellen immer auch
die sogenannten Pscudepigraphcn. eine nicht klar abgrenzbare
Gruppe von den biblischen Überlieferungen verwandten
und mit ihnen sachlich verbundenen Schriften, neben
den Apokryphen, herangezogen. Die Funde von Qumran
und ihre wissenschaftliche Bearbeitung in den beiden
letzten Jahrzehnten zeigten, daß neben ihnen die pseud-
epigraphischen Schriften Erzeugnisse einer umfassenden,
mannigfaltigen, blühenden literarischen Bewegung sind,
die einer systematischen Erforschung bedürfen. Damit ergibt
sich eine Gemeinschaftsaufgabe für die sich ein internationaler
Forschungsrat gebildet hat. Ihm gehören führende
Persönlichkeiten auf den entsprechenden Gebieten
an: Die Leitung haben A. M. Denis, Löwen und M. de Jonge,
Leiden. Es geht um die Herausgabe bzw. Neuherausgabe
der Quellenschriften, die bereits in Angriff genommen ist.
So hat M. de Jonge bereits 1964 Tcstamenta XII Patri-
archarum herausgegeben (vgl. ThLZ 90, 1965 Sp. 754). Als
zweiter Band erschienen 1967 Tcstamenlum Jobi, ed. S. P.
Brock, und Apocalypsis Baruchi Graece, ed. J.-C. Picard (zu
beiden vgl. ThLZ 94, 1939 Sp. 501 f.) und als dritter Band
1970 Apocalypsis Henochi Graece, cd. M. Blacck, und Frag-
menta Pseudcpigraphorum quae supersunt Graeca una cum
historicorum et auetorum Judacorum Hellcnistarum fr:ig-
mentis, collcgit et ordinavit A. M. Denis. Die Erarbeitung
einer Konkordanz, ähnlich wie sie für die Qumranschriften
erschienen ist, soll einen Überblick über die Begrifflichkeit
dieses Schrifttums ermöglichen und damit auch kultur- und

rcligionsgeschichtlichen Untersuchungen Material zur Verfügung
stellen.

Das hier zur Besprechung vorliegende Werk erfüllt die
dritte Aufgabe, die man sich stellte, nämlich die einer
Einführung in die gesamte pseudepigraphische Überlieferung
. Der Begriff der Pseudepigraphen ist möglichst weit
gespannt, und das Werk tritt damit neben die Einleitungen
zum Alten Testament und zur Septuaginta etwa von Eiß-
feldt, von Swete und neuerdings von Jellicoe, die das
pseudepigraphische Material nur nebenbei behandeln konnten
. In der vorliegenden Einführung ist jedem Pseudepi-
graphon ein Abschnitt gewidmet. Angaben über die bisherige
Bearbeitung werden jeweils vorausgeschickt. Dabei werden
die entsprechenden Abschnitte der gängigen Einleitungen
und anderer älterer und neuerer einschlägiger Arbeiten
genannt, und Namen wie Charles, Eißfeldt, Schürer u. a.
(siehe das umfangreiche Namenregister) kehren immer
wieder. Es folgen Artikel aus den verschiedenen Nachschlagewerken
(RGG z. B.). Weiter werden Ausgaben und
Übersetzungen (vor allem Rießler und die Mitarbeiter von
Kautzsch) genannt und schließlich Einzeluntersuchungen,
Von dem in Betracht kommenden Schrifttum stehen in der
kirchlichen Überlieferung verschiedene Kataloge nichtkanonischer
Schriften, Apokryphen und Antilegomenen zur
Verfügung; die Bezeichnungen einzelner Bücher wechseln,
so daß diese nicht immer sicher identifizierbar sind. Die in
der Septuaginta von Rahlfs und in der Konkordanz von
Hatch und Redpath dargebotenen bzw. bearbeiteten Schriften
, die leicht zugänglich sind, läßt die Einführung aus.
Trotz dieser scheinbaren Willkür bildet das hier behandelte
Schrifttum aber doch eine organische Einheit, die sich als
die jüdische religiöse Literatur in griechischer Sprache
zwischen Bibel und Rabbinismus bezeichnen ließe. Ausgeschlossen
sind Philo und Josephus als profane Schriftsteller,
eingeschlossen dagegen die jüdischen Historiker, Dramatiker
und Philosophen, die sich in den erhaltenen Fragmenten
fast ausschließlich mit biblischen Überlieferungen beschäftigen
, obwohl diese Texte eigentlich weder Apokryphen
noch Pseudepigraphen sind. Ausgangspunkt bilden immer
die griechischen Texte, auch wenn es sich dabei um Übersetzungen
handelt. Denn Griechisch war die Sprache der
orientalischen Welt und des Judentums, in Palästina die
zweite Sprache des Judentums wie des Christentums. Denn
das vorrabbinische Judentum wie das entstehende Christentum
standen unter dem Zeichen des Hellenismus. So ergibt
sich von der Sprache her bei Originaltexten wie bei Über
Setzungen die relative Einheitlichkeit der pseudepigra-
phischen Literatur.

Die einzelnen Schriften werden in drei Teilen behandelt:
Der erste Teil beschreibt die vollständig oder im wesentlichen
vollständig erhaltenen Stücke in 14 Kapiteln. Zunächst
wird eine knappe Zusammenfassung des Inhaltes
geboten, dazu Zitate und Anspielungen in alten Texten,
sodann die Textübcrlicfcrung einschließlich der frühen Übersetzungen
. Weiter werden die Fragen nach der Verfasserschaft
, der ursprünglichen Sprache, Ort und Zeit der Entstehung
diskutiert und soweit möglich beantwortet. Besondere
Probleme bieten die Fragen nach christlicher Bearbeitung
, Glossen und Interpolationen, wie sie sich z. B. bei
den Test. XII Patr., aber auch sonst gelegentlich stellen,
zumal dieses Schrifttum z. T. durch die Vermittlung christlicher
Abschreiber, Herausgeber und Bearbeiter auf uns
gekommen ist. Die Beziehungen und Beeinflussungen der
Schriften untereinander, Verwechslungen gleichnamiger
oder verwandter Schriften werden ebenfalls angemerkt.
Die Behandlung der Pseudepigraphen geschieht in der
Reihenfolge der biblischen Bücher, zu denen sie ihrem
Inhalt nach gehören. In derselben Weise werden im zweiten
Teil die Fragmente verlorengegangener Schriften vorge
stellt. Auch hier ist große Sorgfalt darauf verwendet, das
bisher Erarbeitete zu beschreiben und weitere Möglich-