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Ausgabe:

1971

Spalte:

641-654

Autor/Hrsg.:

Peschke, Erhard

Titel/Untertitel:

Zur Theologie Christian Kortholts 1971

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Theologische Literaturzeitung

Monatsschrift für das gesamte Gebiet der Theologie und Religionswissenschaft

Begründet von Emil Schürer und Adolf von Harnack
HERAUSGEBER: PROFESSOR D. ERNST SOMMERLATH, D.D.,LEIPZIG

NUMMER 9_

Spalte

Zur Theologie Christian Kortholts.

Von E. l'eschko.........611

Überlegungen zur Frage nach den
Beziehungen des Propheten Arnos
zum Südreich. Voii S. Wagner . . 631

Auer, E. G.: Der dritto Tag (0. Uetz) CHI
Baago, K.: Pioneers of Indigenous

f'bristinnity (A. Lehmann) .... 071
Boyd, It.: What is Christiunity (A.

Lehmann)...........671

— An lutroduetion to Indiun Christian

Theology (A. Lohmann).....671

Browin/.ik, U.: Glauben und Denken

(J. Fnnginuior).........704

Clonienl d'Alcxundrie: Le I'edagoguc,

III. Trad. de C. Mondesert et Ch.

Mutruy (H. D. Allendorf) .... 692
Davies, W. D.: Die Bergpredigt,

iihers. v. C. u. 0. Reim (K. Nleder-

winuner)............686

96. JAHRGANG

Spalte

Denis, A.-M.: Introduction aux l'scud-

epigrapheB öreos d'Ancieu Testu-

ment (G. Bertram)........673

ITarvey, A. E.: Companion to the

New Testament (N. Walter) .... 684
Irtate de Lyon: Contre les lleresies.

Livre V, I et II (H. Knrpp) ... 690
Jotler, W.: Unterwegs mit dein Wort

(N. Müller)...........710

Jossa, G.: Regno di dio c chiesa

(II. v. Campenhausen) .....688

Eurzeja, A.: Der älteste Liher Ordi-

narlni der Trierer Doinkircho (J.

Henning) ...........712

Lambert, B.: Biblioll.....a llierony-

misna Manuscripta, III A u. B.

(H.-D. Altendorf)........692

[Luther, M.:] Calwer Luther-Ausgabe,

ISd. 7-10, hrsg. v. W. Metzger (II.

Belntker) ...........693

Matray, Ch., s. Clement d'Alexandrie 692

Metzger, W., s. Luther, M......693

Mondesert, C, s. Clement d'Alexandrie 692

SEPTEMBER 1971

Spalte

Pesch, It.: JeBii ureigene Taten?
(W. Schuiithals).........682

l'roul, lt.: Reflexion und Gefühl (II.
Schultze)............700

Reim, 0. u. G., s. Davis, W. ü. . . . 686

Schick, M.: Kulturproteslantismus u.
soziale Frage (G. Wendelbnrn) . . 707

Schmitt, G.: Du sollst keinen Frieden
schliefen mit den Bewohnern des
Landes (W. Herrmann)......675

Thomas, M. M.: The Acknowledgud
( brist of the Indian Renaissance
(A. Lehmann)..........671

Thyen, IL: Studien zur Sündenvergebung
im Neuen Testament (II.-F.
Weiß).............1178

Weger, K.-H.: Theologie der Erbsünde
(W. Schultz).......703

Von Personen:

Hans Bardlkc zum 65. Geburtstag
(IL Moritz)...........714

Bihliographiu Hans Bardtke
(D. Mathias)..........716

Zur Theologie Christian Kortholts

Von Erhard Peschke, Halle/Saale

Hans Bardtke zum 65. Geburtstag

In seiner .Geschichte des Studiums der Praktischen
Theologie an der Universität Kiel" (1921) hat W. Bülck die
Ansicht vertreten, Christian Kortholt (f 1694)
sei .ein warmherziger Vertreter der pietistischen
Reformbewegung" gewesen. Seine
Schriften seien „durchaus vom Geist des Pietismus erfüllt",
seine Bedeutung bestehe „hauptsächlich in der Vermittlung
pietistischer Anregungen" *, Demgegenüber hat W. Halfmann
in seiner Monographie über Christian Kortholt (1930)
im Anschluß an die Forschungen H. Leubes den Beweis
angetreten, dafj er „kein Pietist", „sondern
Orthodoxer" gewesen sei. Man solle deshalb zurückhaltend
sein, ihn zu den Pietisten vor dem Pietismus zu
rechnen. Er sei .kein Vorläufer und Bahnbrecher, sondern
ein treuer Haushalter" gewesen. Er habe zu den Anhängern
der kirchlichen Reform, zu den Vertretern einer
»lebendigen Orthodoxie" gehört, die mit ihren Klagen und
Reformvorschlägen alles vorweggenommen haben, was der
Pietismus hierüber zu sagen hatte 2.

Inzwischen sind zahlreiche Studien zur Geschichte des
Pietismus erschienen, deren Ergebnisse eine erneute Sichtung
der Theologie und Frömmigkeit Christian Kortholts
erforderlich machen. Kortholt war seit 1666 Professor der
Theologie in Kiel. Sein eigentliches Fachgebiet war die
Kirchengeschichte. Sein spezielles Interesse galt
der Alten Kirche, insbesondere der Geschichte der Christenverfolgungen
und der altchristlichen Apologetik. Eine Gesamtdarstellung
der Kirchengeschichte, die sein Sohn auf
Grund von Vorlesungskonzepten nach seinem Tode heraus-
Segeben hat, war offensichtlich nicht zur Publikation bestimmt
Einen breiten Raum seines Schaffens nehmen
ferner dogmatisch-polemische Werke ein,
in denen er sich vom Standpunkt der lutherischen Ortho
doxie aus vornehmlich mit dem Katholizismus und den
Philosophen Herbert von Cherbury, Thomas Hobbes und
Benedictus de Spinoza auseinandersetzt *, Besondere Beachtung
verdienen sodann seine erbaulichen und praktischtheologischen
Schriften, die uns einen guten
Einblick in das Wesen seiner Theologie und Frömmigkeit
vermitteln. Die in ihnen dargelegten Gedanken geben uns
die Möglichkeit, den theologiegeschichtlichen Ort Kortholts
näher zu bestimmen und insbesondere sein Verhältnis zum
Pietismus klarzustellen.

I.

Die Verfallsidee, ein bestimmendes Motiv in der
umfangreichen Anklageliteratur lutherischer Theologen im
17. Jahrhundert, bildet) auch die Voraussetzung der praktisch
-kirchlichen Reformschriften Christian Kortholts". Dem
vorbildlichen Gottesdienst der ersten Christenheit, der gottseligen
Antiquität, wird sein Zerrbild in der Gegenwart
gegenübergestellt. Der zerrüttete Zustand der evangelischen
Kirche liege hell zutage. Ihre Lehre sei zwar rein, ihr
Wandel dagegen weise große Mängel auf9.

Den Einwand, man würde durch ein offenes, freiwilliges
Bekenntnis dieses Verfalls den Gegnern selbst das
Schwert zum Kampfe gegen die lutherische Kirche reichen,
hält Kortholt nicht für stichhaltig. Jeder müsse vor seiner
eigenen Tür kehren, und auch unter den Vertretern der

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'J . n.,

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