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Ausgabe:

1971

Spalte:

623-626

Kategorie:

Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Autor/Hrsg.:

Baugatz, Christian-Ulrich

Titel/Untertitel:

Die ekklesiale Dimension des Gottesdienstes. 1971

Rezensent:

Baugatz, Christian-Ulrich

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Theologische Literaturzeitung 96. Jahrgang 1971 Nr. 8

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Alexander Schmemann, „Sakrament: An Orthodox
Presentation" (94—105), stellt beim Übergang von den Kirchenvätern
zum frühen Mittelalter einen Bruch in dem bis
dahin einheitlichen Denken und Handeln der Kirche fest.
Das Sakrament wurde aus dem liturgischen Vollzug herausgenommen
und einer isolierten theologischen Reflexion unterworfen
. Die Folge war eine Auflösung des Symbolcharakters
der Eucharistie, Trennung von Wissen und Mysterium,
der Verlust eines zusammenhängenden Verständnisses von
Welt, Kirche und Gottesreich. „The answer of Orthodox
theology . . . ought to be in the unbroken liturgical life of
the Church, in that sacramental tradition" (104).

„Evangile et Sacrament dans la theologie catholique con-
temporaine" (108—124) wird von Bernhard-D. D u p u y behandelt
. Er sieht es als ein Erfordernis unserer Zeit an, die
bislang miteinander konkurrierend gedachten Tatbestände
Wort Gottes und Sakrament, die in dieser Gestalt zugleich
konfessionell prägend gewirkt haben, in ihrer Komplementarität
zu begreifen.

Den längsten Beitrag, der nach Umfang und Gehalt einer
kleinen Monographie nahekommt, steuert Albrecht Peters
bei unter dem Titel „Evangelium und Sakrament nach den
Bekenntnissen der lutherischen Reformation" (125—174). Er
kann nicht in wenigen Sätzen referiert werden. Es sei nur
darauf hingewiesen, daß Peters die reformatorische Tradition
kritisch reflektiert und dabei Ansatzpunkte für das Gespräch
mit den anderen Konfessionen nennt, als auch Hinweise
für das Weiterdenken im evangelischen Raum selbst
gibt.

Die Ausführungen von Joseph Hoff mann zum Thema
„L'approche catholique et l'approche lutherienne du theme
.Evangile et Sacrament' — Essai de confrontation" (177—209)
decken sich in der Fragestellung weitgehend mit dem Vortrag
von Dupuy. Ein nicht unwesentlicher Unterschied wird
jedoch darin sichtbar, daß Hoffmann eine Überwindung
konfessioneller Spannung von Wort und Sakrament aus der
Aufnahme derjenigen Fragen erwartet, die uns zunehmend
vom Horizont der Welt her gestellt werden, während Dupuy
seine Hoffnung auf die biblische Exegese setzt.

Die reformierte Stellungnahme kommt von J. K. S. R e i d:
„Gospel and Eucharist — a Reformed Exposition" (212—237).
Sie wird in enger Anlehnung an Calvin entwickelt, wobei
auch Karl Barths „direction of thought . . . out of line with
typical Reformed eucharistic theology" (216) zu stehen
kommt. Einen besonderen Wert spricht Reid dem ,sursum

corda' der Liturgie zu, da es die Subjekt-Objekt-Spaltung
lokal überwinden hilft.

R. C. D. Jasper, „The Gospel and the Sacraments: The
Anglican Tradition" (240-253), schließt die Reihe konfessionell
orientierter Referate ab.

Zum Abschluß möge es dem Rezensenten gestattet sein,
zweierlei zu bemerken. Der Wert des Buches liegt zweifellos
darin, daß es eine gegenwärtig sehr aktuelle Thematik aufgreift
und in wohlüberlegter Auffächerung behandelt. Dabei
gereicht es dem Buch sogar zum Vorteil, daß das Thema
„Evangelium und Sakrament" von den Referenten mit deutlichem
Übergewicht zum Sakrament hin und hier wieder
zum Hl. Abendmahl erörtert wird. Denn es gibt wohl gegenwärtig
kaum ein Thema zwischen den Konfessionen, das
das theologische Denken und die kirchliche Publizität stärker
bewegt als die Abcndmahlsproblematik. Hiervon wird,
und das ist das zweite, in dem Band fast nichts sichtbar.
Neuerlich ins Gespräch gekommene Aspekte des Problems
bleiben entweder ganz außer Betracht oder erscheinen nur
in ihrer traditionellen Beleuchtung. Zu denken wäre an den
Zeichencharakter des Mahles (in Holland sind sehr anregende
Arbeiten erschienen), die Bedeutung der Epiklesc,
soziologische, kommunale und vielleicht auch missionarische
Aspekte, und schließlich auch die ekklesiologische Differenz
in der Betrachtungsweise von der Einzelgemeinde her oder
von der Gesamtkirche. Dabei verwundert es nicht, wenn das
Problem Interkommunion lediglich ein einziges Mal und
dabei auch nur in der Diskussion erscheint.

Diese Bemerkungen können den Wert des Buches nicht
schmälern. Sie sollen aber seinen Standort anzeigen. Es tut
gleichsam einen ersten Schritt, indem es dem Leser die konfessionellen
Fragestellungen zu Bewußtsein bringt. Das ist
notwendig und für jede weitere Arbeit Voraussetzung. Der
Leser sollte sich aber ermuntert fühlen, in seinem Denken
über die bloße Repetition ein kleines Stückchen hinauszugehen
. In den exegetischen Beiträgen findet er dafür manche
Anregung.

Corrigenda: S. 10, Z. 10 muß es statt „verborgenen Gott"
richtiger „verbergenden Gott" heißen; S. 24, Z. 2 sind die
Anführungsstriche nach „Sakrament" und Z. 3 vor „soll" zu
ergänzen; S. 35, letzte Z. dasselbe nach „Ubiquität"; S. 48,
Anm. 5, Z. 6 wohl richtiger „martyrdom" statt „maryrdom";
S. 60, Z. 3 von unten ist in der Klammer 1. Kor. 11,10 gemeint
; S. 162, Z. 9 muß es heißen „virtute verborum"; S.
180, Anm. 4, Z. 2 heißt der Autor „U. Kühn".

Potsdam Reinhold Gallinat

REFERATE ÜBER THEOLOGISCHE DISSERTATIONEN IN MASCHINENSCHRIFT

Baugatz, Christian-Ulrich: Die ekklesiale Dimension des
Gottesdienstes. Das zentrale Motiv der katholischen Theologie
seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Diss. Jena
1971. 221 S.

Die Untersuchung fragt nach dem Zusammenhang der seit
dem Zweiten Vatikanischen Konzil (11. 10. 1962-8.12. 1965)
in der katholischen Kirche wahrnehmbaren Erneuerungsbestrebungen
, die mit folgenden Stichworten gekennzeichnet
sind: Neuer Kirchenbau, Erneuerung der Liturgie, Volk-
Gottes-Gedankc, actuosa partieipatio, Neuinterpretation der
Eucharistielehre. Die katholische Theologie befindet sich in
einem so starken Wandlungsprozeß, daß sie nach außen hin
kein einheitliches Bild mehr bietet. Neben der Verteidigung
aller bestehenden Dogmen von kurialer Seite stehen die unterschiedlichsten
und zum Teil sehr kühnen Neuinterpretationen
des Althergebrachten durch einzelne Theologen. Insgesamt
zeigt sich ein widersprüchliches Gegeneinander von
progressiven und retardierenden Momenten; oft im Denken

ein und desselben Theologen. Trotzdem ist es möglich, einen
gemeinsamen Leitgedanken zu finden: Als das zentrale Motiv
der katholischen Theologie seit dem Zweiten Vatikanischen
Konzil erweist sich das Bedenken des Verhältnisses
von Kirche und Gottesdienst. Der Grundgedanke ist: Die
Gottesdienst feiernde Gemeinde ist Kirche, und die Kirche
ist Gottesdienst feiernde Gemeinde.

Um diesen Gedanken plastisch und in seinen Konsequenzen
sichtbar werden zu lassen, werden in der vorliegenden
Arbeit die einzelnen Äußerungen zu diesem Thema um verschiedene
Themenkreisc systematisch geordnet.

Im ersten Teil: „Die Entdeckung der ekklesialen Dimension
des Gottesdienstes" wird auf die kirchlichen Entwicklungen
und Bewegungen hingewiesen, die zu den Ergebnissen
des Zweiten Vatikanischen Konzils führten. In erster
Linie werden genannt das neue Kirchenbewußtsein und die
liturgische Bewegung, deren gemeinsamer Ausgangspunkt
die Romantik ist; daneben das Bemühen katholischer Theo-