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Ausgabe:

1971

Spalte:

603-604

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Watt, John A.

Titel/Untertitel:

The Church and the two nations in medieval Ireland 1971

Rezensent:

Delius, Walter

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Seite 1

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603

Theologische Literaturzeitung 96. Jahrgang 1971 Nr. 8

604

Auf die Briefe folgen Indices : einer für die Bibelstellen
, ein anderer für die Personennamen und zuletzt ein Sachregister
mit vielen — vor allem kirchlichen und theologischen
— Stichworten. Das Nachwort der Herausgeber - in polnischer
und französischer Sprache — beschließt den Band.

Sehr erfreulich wäre es, wenn diese umfangreiche Arbeit,
das Ergebnis fleißiger Studien, bei einer zweiten Auflage
drucktechnisch und in Hinsicht auf Papier und Einband ein
Gewand erhielte, das dem gewichtigen Inhalt entspricht.
Für den praktischen Gebrauch wäre die Durchzählung der
Briefe oben auf jeder Seite zu empfehlen.

Anhangsweise noch ein paar Corrigenda :

Es muß offenbar heißen:
S. 11, 4. Zeile v. u.: „Bardenhewer";
S. 222, Abschnitt 3, Zeile 3: „mojq" statt „majq";
S. 260, Abschnitt 5 des 74. Briefs: „ te j Tröjcy" („hanc Trinitatem");
S. 44, Brief 8,2 (Mitte) „z Panem" („cum Domino").

Lüneburg Arnold Starke

KIRCHENGESCHICHTE:
MITTELALTER

Watt, J. A.: The Church and the Two Nations in Medieval
Ireland. London: Cambridge University Press 1970. XVI,
251 S. gr. 8° = Cambridge Studies in Medieval Life and
Thought, 3rd Series, 3. Lw. £ 4.25.

Der Verfasser, Senior Lecturer für Geschichte an der Universität
Hull, versucht in seinem Buch, gestützt auf Archivalien
in England, Irland und dem Vatikan, die Haltung der
englischen Krone, des Klerus, des Papsttums zu Irland im
Mittelalter deutlich zu machen. Das 12. Jh. in Irland brachte
gemeinsam mit der abendländischen Christenheit fundamentale
Veränderungen, die von den Historikern in England als
„kirchliche Revolution" bezeichnet worden sind. Sie vollzog
sich auf der Grundlage moralischer, sozialer und kirchlicher
Strukturen. Sie festigte endgültig die Verbindung zu Rom,
brachte aber auch durch die Herrschaft der Anjou über England
und Irland in der 2. Hälfte des 12. Jh.s die Spaltung
der irischen Kirche in Iren und Engländer. Ferner wurde
im 12. Jh. auf Grund der Teilung des Landes in zwei Provinzen
(Armagh und Cashel) eine neue Diözesan-Einteilung
geschaffen. Mit Unterstützung Hadrians IV., eines Engländers
, eroberte Heinrich LT. (1154—1189) Irland (1172). Sein
Vorgehen hatte nichts mit einer Kirchenreform oder einer
Stärkung des Primates von Canterbury zu tun. Dagegen haben
kirchliche Überlegungen bei ihm eine Rolle gespielt.
Irische Bischöfe standen auf seiner Seite. So wurde unter
ihm und seinem Nachfolger (Heinrich III.) eine neue Ordnung
der Kirche, die in der Festigung der Kirche zum Papsttum
bestand, geschaffen. Die Erhebung Irlands zum Königtum
erlangte schließlich die päpstliche Zustimmung. Der
jüngste Sohn Heinrichs IL, John, wurde durch den päpstlichen
Legaten Octavian zum König von Irland gekrönt
(1186).

Das Buch schildert die Besetzung der irischen Bischofsstühle
unter Heinrich II. und John (1186—1216), wobei deutlich
wird, daß am Ende der Regierung Johns von 36 Bischofssitzen
nur 9 mit Ausländern (d. h. Engländern) besetzt
waren, obwohl der König diese begünstigte. Dieser Zustand
änderte sich zunächst unter der Regierung Heinrichs III. von
England. Er ließ nicht mehr die Wahl eines Iren zum Bischof
in Irland zu. Es setzte also eine Anglisierung der irischen
Bistümer mit päpstlicher Zustimmung ein.

In einem besonderen Kapitel behandelt der Vf. die Krise
des Zisterzienser-Ordens, der im Irland des 13. Jh.s 34 Häuser
hatte, von denen 9 englisch-französische Gründungen
waren. Die Krise war durch das Statut des Generalkapitels
(1216) hervorgerufen worden und führte zu teilweise bewaffnetem
Widerstand der Laien des Ordens gegen die
Visitatoren.

Eine weitere Frage, die in dem Buch behandelt wird, ist
das Verhältnis des Primates von Armagh zu dem Metro-
politanbischof in Dublin, dem Sitz der Kolonialregierung.
Obwohl Papst Alexander IV. (1256) den Erzbischof von Armagh
als primas und auch als totius Hiberniae primas und
den Erzbischof von Dublin als primas Hiberniae bezeichnete
, hat sich totius Hiberniae für Armagh erst später durchgesetzt
. In dieser Zeit kämpften die Prälaten Irlands für ihr
eigenes Recht gegen die Auslegung desselben durch das
römische kanonische und englische Recht. Ihre gravamina
stellten sie in einer Liste auf.

Am Ausgang des 13. Jh.s war die Besetzung der Bischofsstühle
mit Iren oder Engländern in den einzelnen Provinzen
verschieden. Die Freiheit der Bischofswahl war durch mächtige
Familien bedroht, die ein erbliches Monopol geltend
machten. Dazu kam die Beherrschung anglo-irischer Sitze
durch die Krone, durch die Regierung in Dublin und durch
lokale Magnaten und schließlich die nationale Diskriminierung
der Kandidaten durch ein Volk oder durch beide Völker
. Die Entscheidung der Bischofswahlen wurde Ende des
13. Jh.s weniger nach dem nationalen Ursprung des einzelnen
Bischofskandidaten als nach seiner Nähe, geographisch
und funktional, zu der zivilen Verwaltung getroffen.

Im 14. Jh. zeigte sich der Trend zu einer Festigung der
Kontrolle der Krone über die irische Kirche. Mit ihr wurde
einerseits der Prozeß der Integration der Iren in den englischen
Status begonnen, andererseits aber auf die Dauer
die Unmöglichkeit solcher Integration deutlich. Die wesentliche
Gegnerschaft gegen diesen Prozeß ging von dem Franziskaner
-Orden aus.

Ein Wendepunkt irischer Geschichte wurde das Statut von
Kilkenny (1351), dessen Aufriß der Vf. in seinem Buch gibt.
Artikel 7 dieses Statutes betrifft die Kirche.

In einem Anhang wird die Frage des Anspruches des Erz-
bischofs von Canterbury auf den Primat über Irland im
12./13. Jh., in einem 2. Anhang die Auseinandersetzung über
die Wahl des Erzbischofs von Armagh (1202-1207) behandelt
.

Es ist ein interessantes Buch, an dem niemand vorübergehen
kann, der sich mit der irischen Kirchengeschichtc im
Mittelalter beschäftigt.

Berlin Walter Delius

Cowdrey, H. E. J.: The Cluniacs and the Gregorian Reform.

Oxford: Clarendon Press; London: Oxford University
Press 1970. XXVII, 289 S. 8°. Lw. 75 s.

Es ist im Grunde genommen ein altes Thema der historischen
Forschung, das hier neuerlich untersucht wird, um zu
besseren Ergebnissen zu gelangen. Kausale Zusammenhänge
zwischen der von Cluny ausgehenden religiösen Bewegung,
die bekanntlich keineswegs bloß auf den monastischen Bereich
beschränkt blieb, und der Kirchenreform des 11. Jahrhunderts
, die im Pontifikat Gregors VII. kulminierte, wurden
früher ohne weiteres angenommen, doch lernte man
im Laufe der Zeit zu differenzieren, sowohl in bezug auf den
Unterschied von ursprünglichen Tendenzen und späteren
Auswirkungen als auch hinsichtlich der Vielzahl der Erscheinungen
in jener Reformepoche, so daß schließlich die Verwendung
des Attributes „cluniazensisch" vollends in Mißkredit
geraten konnte. Dieser Weg der Forschung mag sich
daraus erklären, daß bisher zumeist nur jeweils eine Seite
des Problems beachtet und zum Ausgangspunkt der Betrachtung
gemacht wurde, also entweder Cluny oder das Reformpapsttum
, nicht aber deren Kooperation und gegenseitige
Dienstleistung. Der Autor hat gerade diese Momente ins
Zentrum seiner Untersuchung gerückt, deren Schwerpunkt
naturgemäß im Zeitalter des großen Abtes Hugo und des
zur Papstwürde aufgestiegenen („cluniazensischen"?) Mönches
Hildebrand liegt.