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Ausgabe:

1971

Spalte:

591

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Burger, Christoph

Titel/Untertitel:

Jesus als Davidssohn 1971

Rezensent:

Bertram, Georg

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Seite 1

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591

Theologische Literaturzeitung 96. Jahrgang 1971 Nr. 8

592

Burger, Christoph: Jesus als Davidssohn. Eine traditionsgeschichtliche
Untersuchung. Göttingen: Vandenhoeck &
Ruprecht 1970. 185 S. gr. 8° = Forschungen zur Religion
und Literatur des Alten und Neuen Testamentes, hrsg.
von Ernst Käsemann und Ernst Würthwein, 98. Kart. DM
28,-; Lw. DM 32,—.

Der Inhalt der vorliegenden Arbeit ist bereits in einem
Referat über Dissertationen in Maschinenschrift in ThLZ 95,
1970 Sp. 311 f. mitgeteilt worden. So bleibt die Aufgabe der
kritischen Einordnung in die Forschungsgeschichte. Die Arbeit
steht in charakteristischer Weise der kürzlich im Jg.
95, 1970 Sp. 26—28 der ThLZ besprochenen Untersuchung
von Giuseppe Ruggieri, Ii Figlio di Dio Davidico, Studio
sulla storia delle tradizioni contenute in Rom 1,3—4 (Roma
1968) gegenüber. Beide Arbeiten sind traditionsgeschichtlich
orientiert. Aber bei Ruggieri geht es wesentlich um die
alttestamentliche Tradition, die hinter der Bekenntnisaussage
von Rom 1 steht, und daher findet das alttestamentliche
Königsritual eingehende Berücksichtigung. Dagegen
untersucht Christoph Burger in seiner Arbeit das neutesta-
mentliche Schrifttum unter dem Gesichtspunkt der Davidssohnschaft
Jesu als einer nicht historischen, sondern christo-
logischen Aussage. Dabei treten die Versuche der Einordnung
in die verschiedenen Schichten des neutestamentlichen
Schrifttums in Erscheinung. Der Gegensatz von Fleisch und
Geist in Rom 1, der auch für Ruggieri konstitutiv ist, läßt
den Titel des Davidssohnes auf der Seite des Fleisches in
seiner irdischen Begrenztheit als vorläufiges Hoheitsprädikat
gelten. Der politisch-apokalyptische Aspekt jüdischer
Zukunftserwartungen fällt weg, und Jesus erscheint vielmehr
als barmherziger Heiland in seinem gegenwärtigen
Wirken. Mit Auferstehung und Erhöhung, mit der Inthronisation
zur Rechten Gottes — hier findet das alttestamentliche
Königsritual seine Stelle - offenbart sich Jesus als Gottessohn
, und im Gegenbild dazu wird schließlich bei Ignatius
von Antiochien die Bezeichnung .Davidsohn' Hinweis auf die
irdiche Erniedrigung. Im Joh-Ev erscheint die Davidssohnschaft
des Messias als jüdisches dogmatisches Postulat, das
unberücksichtigt bleibt, und in der Apk sollen die traditionellen
davidischen Prädikate die Würde des gekreuzigten
und erhöhten Herrn unterstreichen.

Der Vf. steht in seinen Ausführungen, wie das umfangreiche
Literatur-Verzeichnis und die Anmerkungen zeigen,
in fruchtbarer Auseinandersetzung mit der Forschung, und
wenn auch manche Einzelheiten umstritten bleiben mögen,
so tritt doch die Umdeutung des spezifisch jüdischen Messiastitels
, seine Lösung aus der religiös völkischen Begrenztheit
und seine Einordnung in die Reihe der christologischen
Würdenamen des Erlösers als Ergebnis deutlich hervor. Die
Zusammenfassung im Schlußkapitel zeigt die Geschlossenheit
der Darstellung bei diesem schwierigen Kapitel der
neutestamentlichen Traditionsgeschichte.

Gießen Georg Bertram

KIRCHENGESCHICHTE: ALTE KIRCHE

Jahrbuch der Österreichischen Byzantinischen Gesellschaft.

Begr. v. W. Sas-Zaloziecky. Im Auftrage des Vorstandes
redigiert v. Herbert Hunger. IX 1960. VII, 130 S., 26 Abb.
a. Taf.; X 1961. VIII, 148 S., 6 Taf.; XI/XII 1962/63. VIII,
232 S. m. Abb. a. Taf.; XIII 1964. VII, 174 S. m. 2 Abb., 14
Taf.; XIV 1965. VIII, 250 S., 13 Taf.; XV 1966. VII, 394 S.,
12 Taf., 1 Faltpl.; XVI 1967. VIII, 361 S., 19 Taf., 1 Faltkte;
XVII 1968. VIII, 320 S., 15 Taf. Graz-Köln: Böhlau 1960
bis 1968. gr. 8".

Das Organ der österreichischen Byzanzforschung, das wir
den Lesern dieser Zeitschrift vorstellen dürfen', firmiert
seit dem Jahrgang 18 (1969) unter dem veränderten und
wohl auch zutreffenderen Titel: Jahrbuch der österreichischen
Byzantinhtik. Die damit eingeleitete neue Entwicklungsepoche
der Zeitschrift gibt erwünschte Veranlassung,
den bedauerlicherweise eingetretenen Rückstand in der Berichterstattung
aufzuholen. Freilich zwingt ein solches Vorgehen
mit Notwendigkeit dazu, sich auf Beiträge zu beschränken
, welche die theologischen Fächer berühren und
auch diese nur summarisch zu referieren; andererseits darf
darauf hingewiesen werden, daß sämtliche Abhandlungen
der betreffenden Bände durch den Berichterstatter in den
„Byzantinoslavica" bzw. der „Revue des etudes sud-est eu-
ropeennes" annotiert angezeigt werden.

Überblickt man die vorliegenden neun Jahrgänge der
Zeitschrift, so läßt sich feststellen, daß sie in zunehmend
stärkerem Maße durch ihren Herausgeber Herbert Hunger
geprägt wurden, dessen weitgespannte Aktivität und
unerschöpfliche Arbeitskraft der österreichischen Byzanzforschung
einen der vordersten Plätze in der internationalen
Byzantinistik errungen haben. Ohne daß das lokale Kolorit
dabei verlorengegangen wäre, hat die Zeitschrift ihren
Mitarbeiterkreis stetig erweitert und auch marxistischen
Forschern aus sozialistischen Ländern in ihren Spalten Raum
gegeben. Ferner wurde der Rezensionsteil, der sich früher
auf einige zufällige Titel begrenzte, vergrößert (wobei man
sich freilich Publikationen aus der sozialistischen Staatengemeinschaft
stärker vertreten wünschte). Alle solche Fortschritte
waren jedoch nur dadurch möglich, daß gegenüber
dem Jahrgang 9 der Umfang der späteren Bände verdoppelt
, ja verdreifacht wurde. Schließlich soll hier noch darauf
hingewiesen werden, daß der Jahrgang 15 zu einem Drittel
für die Referate zur Verfügung gestellt wurde, die im Rahmen
der byzantinistischen Sektion des XII. Internationalen
Historikerkongresses (Wien 1965) zum Thema „Le monde
byzantin dans la pensee historique de l'Europe ä partir du
XVIIe siecle" gehalten wurden'-'.

Beginnen wir unseren Überblick mit neuen Materialien,
die durch die Spezialdisziplinen erschlossen wurden! Papyruseditionen
gehören seit Anbeginn zum Profil des „Jahrbuchs
der Österreichischen Byzantinischen Gesellschaft", und
es war daher von vornherein zu erwarten, daß auch in un-
serm Zusammenhang Wichtiges zu besprechen sein würde.
Jahrgang 14, Seite 7 ff. erschließt Kurt Niederwimmer
drei Papyrusfagmente biblischen Inhalts aus der mehr als
100 000 Stücke umfassenden Sammlung Erzherzog Rainer,
die sich seit 1899 im Besitz der Wiener Nationalbibliothek
befindet'. Keinem der Fragmente kommt freilich besondere
Bedeutung zu. Das erste (Signatur: G 3084), dem 6./7. Jh.
zugehörig, bringt Psalm 9,4b—13a im Text der Septuaginta,
ohne daß es einer bestimmten Rezension zugewiesen werden
könnte; das zweite Stück (Signatur: G 29418), ins 6. Jh. zu
datieren, umfaßt lediglich die Worte: öttfiegioavrt) la t/ia rtn,
d. h. Psalm 21 (22), 19 der Septuaginta bzw. die neutestamentlichen
Zitationen desselben: Matthäus 27,35 oder Johannes
19,24; der dritte Text stammt aus dem 8. Jh. und
enthält Johannes 6,32/33 und 35b—37 in der Gestalt des Codex
Vaticanus Graecus 1209 (= B), der gegenüber die Lesung
des Codex Sinaiticus (== N ) vorzuziehen sein dürfte*.
Ebenfalls der Wiener Papyrussammlung gehört das Fragment
26227 aus dem 6. oder 7. Jh. an, das Johannes B.
Bauer den Acta Andreae et Matthiae apud anthropopha-
gos, einer späteren Version der Andreasakten, zuwies. Er
ergänzte das Bruchstück auf der Grundlage der Ausgabe von
Max Bonnet"' und bestätigte für die Frühzeit die von Bonnct
für die spätere handschriftliche Überlieferung konstatierte
Verwilderung.

Über Handschriften theologischen Inhalts wird zweimal
im Jahrgang 17 berichtet. Seite 189 ff. informieren Otto M a-
z a 1 und Theodosius H a n n i c k über zwei Neuerwerbungen
, welche die Österreichische Nationalbibliothek im Antiquariatshandel
tätigen konnte. Beide Texte stehen im engen
Zusammenhang mit der byzantinischen Liturgie. Codex Sup-
plemcntum Graecum 189, eine Pergamenthandschrift von