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Ausgabe:

1971

Spalte:

578-579

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Feldman, Leon A.

Titel/Untertitel:

R. Abraham b. Isaac ha-Levi Tamakh: Commentary on the Song of songs 1971

Rezensent:

Wanke, Gunther

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Theologische Literaturzeitung 96. Jahrgang 1971 Nr. 8

578

darauf aufmerksam macht, daß sich Textverderbnisse möglicherweise
aus dem Gebrauch eines anderen Schrifttyps erklären
lassen. Dabei legt er die Ähnlichkeiten von Buchstaben
, die zu Verschreibungcn geführt haben können, am Beispiel
der Lachis-Briefe und der Elephantine-Papyri im einzelnen
dar.

Bei den beiden zu kommentierenden Büchern ist es natürlich
unumgänglich, daß sich der Vf. auch den heiklen Fragen
der Chronologie stellt. Sie bilden das dritte Hauptthema
der Einleitung (S. 55—74). Die Ergebnisse werden in einer
Tabelle zusammengefaßt (S. 75). Es kommen sowohl die
chronologischen Angaben, die sich^aus außerbiblischen Quellen
ergeben, als auch die, die die Königsbücher selbst enthalten
, detailliert zur Sprache. Ein besonders schwieriges
Problem sind bekanntlich die Diskrepanzen zwischen den
Angaben zur Regierungsdauer der einzelnen Könige und
den Synchronismen des Nord- und Südreiches. Hier nimmt
der Vf. eine vermittelnde Stellung ein, indem er grundsätzlich
mehrere Erklärungsmöglichkeiten, z. T. bei ein und
demselben König, gelten läßt, sie aber von Fall zu Fall überprüft
. Er rechnet daher sowohl mit der Annahme, daß bei
der Regierungsdauer auch die Zeit einer Mitregentschaft
enthalten sein kann, als auch mit der, daß die Regierungsjahre
u. U. verschieden gezählt wurden, nämlich entweder
unmittelbar vom Tod des Vorgängers oder aber erst von
dem darauffolgenden Neujahrsfest an, letzteres speziell im
Südreich. Darüber hinaus stellt er in Einzelfällen »partisan
dating" fest, d. h. Datierung aus politischen Prestigegründen,
die sich in kein System einordnen läfjt (z. B. bei Ahas). Diese
Flexibilität der Methode erlaubt es ihm, die chronologischen
Angaben, wie sie in den Königsbüchern vorliegen,
ernst zu nehmen und von Korrekturen, auch solchen auf
Grund alter Übersetzungen, weitgehend abzusehen. Im übrigen
steht er mit seiner Auffassung der von E. R. Thiele9
nahe.

Die Kommentierung selbst, die sich an die Erörterung der
Grundsatzprobleme in der Einleitung anschließt, ist sehr
klar und übersichtlich aufgebaut. Am Anfang von jedem
größeren Komplex bzw. auch von Einzelstücken geht der Vf.
zusammenfassend auf die literarischen und historischen Probleme
ein. Es folgt, nun in der Regel in Teilabschnitte aufgegliedert
, die Übersetzung mit zahlreichen textkritischen
Anmerkungen in Fußnoten und die Vers für Vers vorgehende
Einzelexegese. Dabei wird — wie angesichts der sonstigen
Veröffentlichungen des Vf.s nicht anders zu erwarten
lst — auch die moderne archäologische Erforschung, besonders
im Blick auf die Erschließung der kanaanäischen Welt
a's des Hintergrundes für die Entwicklung Israels, gebührend
berücksichtigt. Eine ausführliche Bibliographie (S. 777
bis 802) sowie drei Kartenskizzen schließen das Werk ab.

Zusammenfassend kann man nur feststellen, daß hier ein
Kommentar vorgelegt worden ist, der von großer Gelehrsamkeit
seines Vf.s zeugt und modernen Ansprüchen, die
man an ein solches Werk zu stellen hat, wirklich gerecht
W|rd. Angesichts der Schwierigkeiten, mit denen es der Ex-
cget gerade bei den Königsbüchern zu tun hat, ist es nur
natürlich, daß viele Ausführungen hypothetisch bleiben müs-
sen. Manche vermittelnde Lösungen, wie sie der Vf. anbieget
, bedürfen daher weiterer Diskussion und werden z. T.
yielleicht nie genügend abgesichert werden können. Das
ändert aber nichts daran, daß dieser Kommentar von grundlegender
Bedeutung ist und von jedem, der sich mit der israelitischen
Königszeit zu beschäftigen hat, aufs wärmste
begrüßt werden wird. Gerade auch im deutschen Sprachbe-
reich muß man dem Vf., wie schon gesagt, sehr dankbar
sein.

Leipzig Joachim Conrad

' Könige 1, 1968, s. dazu ThLZ 95, 1970 Sp. 96 ff.

" Deuteronomium und Regum, in: Vom Alten Testament, K. Marti
Ium 70. Geburtstage, 1925 (BZAW 41), S. 221 ff.
' Die Quollen des Königsbuches, 1956-', S. 102 ff.

Dio Uberlieferung von der Thronnachfolge Davids, 1926

7 Der Anfang der Geschichtsschreibung im alten Israel, in: Gesammelte
Studien zum Alten Testament, 1958, S. 148 ff.
« A. a. C, S. 1 ff.
7 The Succession Narrotive, 1968
H A. a. C, S. 30 ff.

fl The Mysterious Numbers of the Hebrew Kings, 1951

Feldman, Leon A.: R. Abraham b. Isaac ha-Levi TaMaKH,
Commentary on the Song of Songs. Based on Mss and
Early Printings with an Introduction, Notes, Variants and
Comments. Assen: van Gorcum 1970. XII, 253 S. gr. 8° =
Studia Semitica Neerlandica onder redactie van M. A.
Beck, J. H. Hospers, Th. C. Vriezen, R. Frankcna, 9. Lw.
hfl. 42.50.

Zu den in den letzten Jahren neu publizierten Kommentaren
jüdischer Exegeten kommt nun R. Abraham b. Isaak
ha-Levis Hoheliedkommentar in der Bearbeitung von Leon
A. Feldman. Die nicht eindeutige Überlieferung bezüglich
der Person des R. Abraham und die umfangreichere handschriftliche
und gedruckte Überlieferung seines Kommentars
zum Hohenlied veranlaßten den Herausgeber, den Kommentar
mit zahlreichen kritischen Beigaben zu versehen.

Der Person R. Abrahams widmet L. Feldman einen ersten
Abschnitt (S. 1—25), in welchem er sich mit der Überlieferung
und der sie behandelnden wissenschaftlichen Literatur -
vorwiegend aus dem 19. Jh. — auseinandersetzt. Ergebnis:
Der Autor des Hoheliedkommentars und derjenige R. Abraham
, auf dessen Tod 1393 Profiat Duran (Efodi) eine Elegie
schrieb, sind miteinander identisch. Die Annahme, es handle
sich um zwei verschiedene Autoren — einen aus Gerona und
einen aschkenasischen aus Jerusalem —, ist nicht haltbar.
Eine Reihe von Indizien sprachlicher, literarischer und
volkskundlicher Natur weisen darauf hin, daß der Vf. des
Kommentars spanischer oder provencalischer Herkunft gewesen
sein muß, daß er zur Schule des Maimonides gehört
habe und die Schriften des Aristoteles gekannt hat, also
durchaus mit Efodis R. Abraham b. Isaak identisch sein
kann. Dieser befand sich noch 1391 in Gerona, mußte aber
bald wegen der spanischen Judenverfolgungen diese Stadt
verlassen. Er wandte sich über Italien und Griechenland
nach Jerusalem, wo er als angesehene Persönlichkeit die
Verantwortung für die spanischen Flüchtlinge übertragen
erhielt. Widerstand alteingesessener Juden schien R. Abraham
genötigt zu haben, wieder nach Italien zu gehen, wo
er schließlich 1393 starb. — Die Benennung R. Abrahams mit
dem Ausdruck ,TaMaKH', mit welcher sich L. Feldman über
zehn Seiten hin beschäftigt (S. 15—25), stelle keine Abkürzung
für ,thj mnwhtw kbwd' dar, die ursprünglich dem Vaternamen
beigegeben gewesen sei und dann zum Familiennamen
wurde, sondern TaMaKH sei Appellativum mit der
Bedeutung „supporter" oder „assistant", das R. Abraham
auf Grund seiner Bemühungen um die spanischen Juden
in Palästina beigelegt wurde.

Der zweite Abschnitt des Buches (S. 27—35) beschäftigt
sich mit den Handschriften und Drucken von R. Abrahams
Hoheliedkommentar. Zwölf Handschriften und zwei Drucke
hat L. Feldman für die kritische Ausgabe des Kommentars
herangezogen, die im einzelnen aufgeführt, kurz beschrieben
und klassifiziert werden. Die meisten Handschriften
stammen aus dem 15. Jh., die beiden Drucke aus den
Jahren 1558 (Sabbionetta) und 1611 (Prag). Die Lesarten der
Handschriften sind im textkritischen Apparat (S. 203—242,
vierter Abschnitt) übersichtlich zusammengestellt. Am Rande
sei vermerkt, daß von den wenigen sinnstörenden Druckfehlern
einer ausgerechnet die Einführung in die Benutzung
des Apparats (S. 34) erheblich stört: S. 34 Z. 13 und 15 muß
,3a' statt ,6a' gelesen werden.

Der eigentliche Hauptteil der Ausgabe (S. 37-201) enthält
den hebräischen Text des Kommentars von R. Abrahams auf
den jeweils linken, die englische Übersetzung auf den jeweils
rechten Seiten des Buches, wodurch gute Übersichtlich-