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Ausgabe:

1971

Spalte:

543-546

Kategorie:

Praktische Theologie

Titel/Untertitel:

Neutestamentliche Texte der dritten Reihe 1971

Rezensent:

Voigt, Gottfried

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Kunz, Erhard S. J.: „Du sollst dir kein Bildnis machen".
Zur Problematik des Sprechens von und mit Gott.
S. 46-64,

Lentzen-Deis, Fritzleo S. J.: Auferstehungserfahrung und

Osterglaube S. 65-90,
Hirschmann, Johannes 1!. S. .).: Theologie der Revolution

S. 91-103.

Scheele, Paul-Werners Oekumenischer Disput überdieGlau-
bensweli als Analogie (Cath 24, 1970 S. 323-326).

PRAKTISCHE THEOLOGIE

Kienholz, Georg, u. Arnold Kalkenroth [Hrsg.]: Hören und

fragen. Eine Predigthilfe. Hand 5: 3. Evangelienreihe.

Wuppertal-Barmen: Emil Müller Verlag [1967]. VII, 599 S.

gr. 8°. Lw. DM 36,-.
Breit, Herbert, u. Leonhard Goppelt [Hrsg.]: Calwer I'redigt-

hilfen. Band 7: Neutestamentliche Texte der dritten Reihe.

374 S. Lw. DM 19,50. Band 8: Neutestamentliche Texte

der vierten Reihe. 349 S. Lw. DM 19,50. Stuttgart: Calwer

Verlag [1968/69]. gr. 8°.

So buntscheckig zur Zeit die theologische Landkarte auch
ist, man wird als ein Gemeinsames gegenwärtigen theologischen
Bemühens dies anzusehen haben, daß es auf Verkündigung
aus ist. Gerade die besonders eigenwilligen, unkonventionellen
Versuche, die Botschaft zu erheben und zu
verdolmetschen, sind davon bestimmt. Um so beunruhigender
, daß — besonders in der jungen Theologengeneration —
die innere Freiheit und der Drang zur Predigt keineswegs zugenommen
haben, vielmehr nicht selten das Gegenteil festzustellen
ist. Liegt es nur daran, daß die zünftige Theologie
sieh nicht verständlich zu machen weiß (obwohl sie im Verständlichmachen
ihre zentrale Aufgabe sieht) ? Leidet unsere
Generation daran, daß der Umsetzungsvorgang so schwierig
ist, daß nur ein paar Auserwählte bis zu einer Lichtung gelangen
? Oder sind wir talsächlich der uns aufgetragenen
Sache nicht mehr gewiß?

Die Vielzahl der angebotenen Predigthilfen zeugt, davon,
daß die Not empfunden wird und man gern helfen möchte.
Der Schritt von der Exegese zur ausgerichteten Botschaft ist
zu weit und zu gefährlich, als daß ihn der einzelne Prediger
ohne Hilfestellung tun könnte. Vielleicht, brauchen wir
auch eine Mehrzahl von Unternehmen dieser Art. Wer von
denen, die mit dieser Aufgabe beschäftigt sind, dürfte meinen,
er sei es, der diesen Überschritt in allein gültiger Weise vollziehe
und zeige? Die schon vielerorts geübte und dringlich
zu empfehlende gemeinsame Vorbereitung der Predigt vollzieht
sich auf literarischer Ebene eben so, daß man sich nicht
nur an einen Gewährsmann hält. Die verschiedenen Predigthilfen
ergänzen sich nicht nur gegenseitig, sie fragen einander
auch. Von den hier zu besprechenden Predigthilfen darf man
sagen, daß sie aufbauend wirken und zum Predigen Lus1
inachen; besonders letzteres ist ein hohes Lob.

Das Perikopenwerk, das G. Eichholz unter dem Titel „Herr,
tue meine Lippen auf" herausgegeben hat (5 Bände, Ei-
senacher Perikopen), ist verbreitet und bestens eingeführt,
und es wird seine Bedeutung behalten. Daß mit dem nun vorliegenden
stattlichen Bande — unter neuem Titel und unter
der Verantwortung zweier Herausgeber — eine neue Folge
dieses großen Unternehmens anhebt, dürfte in zweierlei begründet
sein: Wir predigen jetzt nach der „Ordnung der Predigttexte
", die, als die erste Runde begann, noch nicht vorlag
. Und: Predigtmeditationen müssen um der Besonderheit
ihrer Aufgabe willen in kürzeren Abständen neu geschrieben
werden, als das bei Kommentaren der Fall ist. Schon die
erste folge dieses Werkes trug durch Neubearbeitungen dieser
Notwendigkeit Rechnung. Es gilt ja nicht nur, exegetisch

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auf dem laufenden zu bleiben, sondern auch der Situation
der Adressaten der Verkündigung immer neu gerecht zu wei den
, in der sieh wandelnden Welt eine unendliche Aufgabe,
bei der man fragen mag, wieviel davon den Verfassern von
Predigthilfen und wieviel den Predigern selbst zufällt. Die
Herausgeber haben es erklärtermaßen auf eine Arbeitsgemeinschaft
/wischen beiden abgesehen.

32 Mitarbeiter haben zu dem Buche beigesteuert. Daß ein
solches Miteinander in der gegenwärtigen theologischen Lage
möglich ist, versteht sieh nicht von selbst. Extrempositionen
werden in dem Bande nicht sichtbar; immerhin ist die theologische
Polyphonie (selbständige Stimmführung!) in dem
Werk nicht zu verkennen. Das bedeutet, daß der Benutzer
nicht auf einen bestimmten Standort gestellt, vielmehr zu
selbständiger Findung und Behauptung seines Standorts immer
wieder herausgefordert wird. So wird man sich diesem
Buch nicht blind anvertrauen wollen (und sollen); man wird

es als anregenden Gesprächspartner anzusehen hal...... Das

Evangelium hält uns auch in Spannungen zusammen.

Die einzelnen Beiträge umfassen durchschnittlich zwischen
8 und 9 (Maximum: 17, Minimum: 3) Druckseiten.
Über die exegetischen Sachverhalte wird eingehend referiert.
Oberflüssig, darauf hinzuweisen, daß die Verfasser mit modernen
exegetischen Methoden (Form-, Tradition!- und Re-
daktionsgesehichte) nicht nur umzugehen, sondern diese zumeist
auch für ilie Verkündigung fruchtbar zu machen wissen
. Bei einer so großen Zahl von Mitarbeitern ist es unmöglich
, einzelne theologische Positionen zu diskutieren. Auf
einige auffallende Einzelzügc sei hingewiesen. Man nimmt
sich Raum für hermeneutische Grundsatzfragen (•/.. Ii. S. 31.
40.201f.353ff.566). Simple Scheinalternativen, mit denen
sich mancher unnötigerweise noch herumquält, werden abgebaut
oder doch wenigstens auf ein sachlich begründetes
Maß gebracht: ipsissima vox Jesu — Gemeindebildung; Geschichtsschreibung
— ideale Szenenbildung; irdischer Jesus
— auferstandener Herr. Einige prägnante Formulierungen
mögen für sich selbst sprechen: „Die Erkenntnis, daß
Jesus lebt, ist in die Erkenntnis, daß er für mich lebt, eingeschlossen
, wird aber durch sie nicht irrelevant gemacht"
(Fürst 265). „Glaube reflektiert nicht über sich selbst: et
bleibt am Leben, indem er von sich absieht (ich weiß nicht,
ob ich glaube) und ganz auf den sieht, an den er glaubt (aber
ich weiß, an wen ich glaube) " (Fürst 211). Die Wahrheit
Christi ist „Wahrheil für den Glauben und nicht durch den
Glauben" (Heintze 472). Auferstehung ist mehr als ein Inter-
pretament des Kreuzestodes Jesu (Falkenroth 252). „Denn
vor dem Glauben muß man die Historie wissen" (Luther —
bei Falkenroth 250). „Ks geht nicht um neue Gedanken, neue
Krkenntnisse, neue Lehren, neue ,Verständnisse', sondern
um die Gottestat in Jesus" (P. Brunner 344). „Am Gebet
entscheidet sich jede Position, die wir hier einzunehmen gedenken
" (Steck 340). „Wer von dem ,Woher' Jesu nichts
mehr zu sagen hat, muß sich fragen, ob er nicht schlicht
Götzendienst treibt" (Steck 334). „Die Kirche, die sich nicht
mehr ungeduldig und leidenschaftlich nachdem letzten Kommen
Gottes sehnt, ist im Grunde eine sterbende Kirche'1
(Kraus 9). Wir sollten „darüber nachdenken, daß das Neu«
Testament nichts von einer mit dem Kommen Christi anhebenden
stetigen Entwicklung der Welt zum Besseren weiß»
selbst nicht im Rahmender Kirche" (Held 418). — Es finde»
sich auch Aussagen, bei denen man zweifeln mag, oh sie mll
dem eben Zitierten auf einen Nenner zu bringen sind. „Di*
mythische Vorstellung von einem präexistenten, ins Irdische
herabsteigenden und sich in der Fremde des Irdischen bewährenden
Gottessohn (mag) uns uniuterpretierbar erscheinen
" (Marsch 543; man beachte, daß es nicht etwa heißte
..bedarf für uns der Interpretal ion"). Jesus ist als der- Mittief
..dieser Mensch, der sein Leben als Sohn verantwortet. Uno
wo diese Verantwortung gelebt wird, da ist'ewiges Leben' —

als ein Vorschein dessen, was mit der Gegenwart des An (erstandenen
begonnen hat. Mehr an endgeschichtlicher Krwai"
tung darf redlicher«eise nicht gepredigt werden" (Marsch

Theologische Literaturzeitung 96. Jahrgang 1971 Nr. 7