Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1971

Spalte:

527-528

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

Titel/Untertitel:

Allgemeine Ikonographie 1971

Rezensent:

Onasch, Konrad

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

527

Theologische Literaturzeitung 9(i. Jahrgang 1971 Nr. 7

528

GESCHICHTE CHRISTLICHER KUNST

Lexikon der christlichen Ikonographie, hrsg. v. E. Kirschbaum
in Zusammenarbeit m. G. Bandmann, W. Braunfels
, J. Kollwitzf, W. Mrazek, A. A. Schmid, H. Schnell.
1: Allgemeine Ikonographie. A —Ezechiel. Born—Krciburg—
Basel-Wien: Herder 1968. 36* S., 720 Sp. m. 295 Abb.
i. Text 4°.

Über die Notwendigkeit eines Lexikons der christlichen
Ikonographie in einer Zeit, in der die wissenschaftliche Tages-
arbcil mein- als je zuvor auf schnelle und umfassende Informationen
angewiesen ist, braucht kein Wort verloren werden.
Das Gesamtunternehmen wird sechs Bände umfassen, davon
enthalten laut Klappentext die Bände I bis IV „die Ikonographie
der Bibel und anderer allgemein christlicher Themen,
Band V und VI die Ikonographie der Heiligen und Seligen
sowie für das Gesamtwerk die Bogistcr der Attribute, der
Kunsttopographio und der Künstler. Die jeweils von Kennern
des Spezialthemas verfaßten rund 3500 Artikel mit
2000 Bildern gewinnen durch planmäßige Querverweise noch
an Informationswert, dank einer Übersetzung ins Englische
und Eranzösische (in Band IV) auch für den fremdsprachigen
Leser". Jeder Artikel bringt unter I zunächst die Quellen
, unter II die Ikonographie und schließlich unter III die
Literatur. Bei einigen Großartikeln, wie z. B. „Adam und
Eva", wurden bei I außer den Quellen noch eine Geschichte
der Darstellung, eine Typologie (mythologische, neutesta-
mentliche, sakramentale [Ehe, Eucharistie, Buße]) und eine
Übersieht der figürlichen Typen gegeben. Der Großartikel
„Christus, Christusbild" mit sieben Verf.n hat natürlich eine
noch differenziertere Gliederung gefunden. Der erfaßte Bereich
ikonographischcr Stichworte ist sehr weit, so daß neben
„Alchimie", ..Artus", „Äsop" auch „Bär", „Cerberus",
„Circe", „Eisvogel", Elefant", „Erdbeere" oder Sacbbegriffe
wie ..Allegorie" oder „Emblem" aufgenommen wurden. Im
Mittelpunkt stehen natürlich die zentralen christlichen Themen
wie „Abendmahl", „Auferstehung Christi", „Beweinung
Christi", „Christus, Christusbild", „Ecclesia und Synagoge",
„Eucharistie" u. a. m. Das Abbildungsmaterial ist fast ausnahmslos
von guter Qualität. Im Literatur(Abkürzungs-)ver-
zeichnis wüßte ich nur wenig nachzutragen. Dazu gehört vor
allem A. Banck, Byzantine Art in the Collections of the
USSB, Leningrad-Moskau 1965 (russ./engl.), und das Ilaml-
book of the Byzantine Collection. Dumbarton Oaks, Washington
1967 (oder zumindest die Ausgabe 1955). K. Wessel,
Die byzantinische Emailkunst, Becklinghausen 1967. Wimmers
Handbuch der Namen der Heiligen ist 1959 in 2. Aufl.
erschienen, das Synaxarium von Delehaye in einem anastatischen
Neudruck Brüssel 1959. Warum fehlen die Arbeiten
von Styger und Oakeshott, Die Mosaiken von Born, Leipzig
1967 (bzw. der ältere engl. Originaltitel)? Bd. 3 der Propyläen
-Kunstgeschichte: Bylanz und der christliche Osten, Berlin
1968 wird später auch nachzutragen sein. Daß die Geschichte
der russischen Kunst, Bd. lff., Dresden 1957, fehlt,
ist ein offenbarer Mangel. Die Transkription des Werkes von
Pokrovskij ist phantasievoll wie die anderen russ. Titel, aber
nicht w issenschaftlich. Die Arbeiten von A. Grabar sind nicht
vollständig angegeben, Von Lazarev wäre noch zu nennen:
Michajlovskic Mozaiki, Moskau 1966. Ks ist nicht not ig darauf
hinzuweisen, daß für die Qualität der einzelnen Artikel deren
Vf. garantieren, liier seien nur einige kurze Bemerkungen
gestaltet. Bei den Artikeln „Abendmahl". ., A posl elkommu-
nion" und „Eucharistie" macht sieh, wie übrigens auch in
anderen Wörterbüchern dieser Art, die methodische Unterlassung
einer Unterscheidung zwischen Eucharistie und Liturgie
negativ bemerkbar. Gerade hier müßte eine liturgiegeschichtliche
Kurzübersicht die ikonographischen Statistiken
ergänzen und sie erklären. Dag kann man u.a. an dem Artikel
„Bischof" demonstrieren, bei dem ein Hinweis auf den
Bischof als eigentlichen Jurisdiktions- und Weiheträger auch

in der Ostkirche sowohl für die Eucharistie w ie für die Sakralkunst
überhaupt von Wichtigkeit ist. Ihr Auftreten in der
Ikonographie der Prothesis und des Altarraumes auf dem
Balkan in der „himmlischen Liturgie" wäre deshalb erwähnenswert
gewesen. Heorlologisch sind die Kcsttagsarlikel
nicht immer voll ausgeschöpft worden. So wäre ein kurzer
I [inweis auf den situat ionsmilitanten Hintergrund der „Darbringung
Jesu im Tempel" wünschenswert gewesen, den mit
(i. A. Wellen man gerade am Mosaik von S. Maria Maggiore
herausstellen könnte (gegenüber dem heidnischen Born mit
seinen „lupercalia" und seinem „amburbium" ist die Darstellung
die öffentliche Repräsentation Christi als ,Konservator
Urbis", während die Ilypapante des Ostens ganz andere
soteriologische Züge trägt). Im übrigen fehlt auch sonst
der Hinweis auf in der Kunst sieb widerspiegelnde Auseinandersetzungen
etwa mit den Bogomilen und Katharern.
Die christliche Kunst ist nicht ganz so „selig in sieh ruhend",
wie es in diesem Lexikon den Anschein hat. Zum Großartikel
„Christus, Christusbild" mit seinen Vf.n ließe sich manches
sagen. Auf die antignostischen und später antiketzerischen
Hintergründe des Kmmanucl und des ..Alten der Tage" ist
jetzt von V. N. Lazarev (Über eine Novgoroder Ikone und die
antitrinitarische Häresie [russ.], in: Ders.: Busskaja sredne-
vekovaja iivopis, Moskau 1970, S. 279—291) und dem Rezensenten
(Ketzergeschichtliche Hintergründe hei der Entstehung
des anthropomorphen üreieinigkeitsbildes der by-
zantinisch-slavischenOr1 hodoxie, in : ByzanlinoslavicaX XXI.
2, Prag 1970) eingegangen worden. Das Christusbild in der
ostkirchlichen Kunst (Sp. 447—454) bringt u. a. ein reiches
Material, das aber eher in den Artikel „Eucharistie" gehört
hätte, liier wäre eine Skizze der spezifisch russischen Auffassung
vor allein des ChristUS-Pantokralor am Platze gewesen
. Die neueste Zeit dieses Großartikels mußte aus Raumgründen
reichlich knapp ausfallen. Der „Einzelgänger" Au-
renhammer bot eine di tferenziertere Übersicht (ThLZ 1970,
Sp. 294). Was soll die Standortbeslimmung von RubleVS
Troica Sp. 532? Sie befand sich in der Dreieinigkeitskathedrale
des Dreieinigkeits-Sergius-Klosters in Zagorsk und
hängt heute in der Tretjakov-Galcrie in Moskau. An Literatur
ist hier unbedingt nachzutragen V. N. Lazarev. Andrej
Bublev i ego skola, Moskau 1966.

Hiillc/Snalc Konriiil Omiflrh

LITERATURGESCHICHTE
UND CHRISTLICHE DICHTUNG

Doerne, Martin: Tolstoj und Dostojevvskij. Zwei christliche

Utopien. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht [1969].
197 S. 8° = Kleine Vandenhoeck-Bcilie, 304 (S). Kart.
DM 7,80.

Nachdem wir bereits die 2. Auflage von M. Doernes Do-
stojewskij-Buch an dieser Stelle anzeigen konnten (ThLZ94,
1969 Sp. 613), liegt nun diese Arbeit vor uns. Sie ist das letzte
Worl Marlin Doernes geworden, nachdem ihm am 2. Sep-
tember 1970 die Feder aus der Hand genommen wurde. Für

den Verstorbenen war die Jahrzehnte-, wenn nicht sogar lebenslange
Beschäftigung mit den großen russischen Dich«
tern des 19. Jahrhunderts, vorab Doslojewskij, keine Angelegenheit
nur und allein der literarischen Bildung, sondern
ein in ständiger Auseinandersetzung zu erarbeitendes Mittel
eigener Kxistcnzerhellung und theologischer Standortbe-
stimmting. Dabei sjuelte, wenn ich richtig sehe, die Anerkenntnis
der „Wahrheit der' Dichter" (W. Kayser), „die Be*
fragung ihres Werkes in allen seinen Dimensionen primär bei