Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1971

Spalte:

29-31

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Evans, Christopher F.

Titel/Untertitel:

Resurrection and the New Testament 1971

Rezensent:

Strecker, Georg

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

29

Theologische Literaturzeitung 96. Jahrgang 1971 Nr. 1

30

die trockenen Erlasse und Verordnungen, die für Juden
schicksalhaft geworden sind. Der ganze Leidensweg vom
Boykott am 1. April 1933 über die Synagogenzerstörungen
im November 1938 bis zu den Deportationen in die Todeslager
in den Jahren 1941/42 wird nachgezeichnet, so daß
diese schauerliche Mischung von Pathos und Pedanterie,
von Phantastik und unmenschlicher Realistik die Leser
jetzt noch und wieder erschüttert.

Die Schicksale der Juden Baden-Württembergs als einer
Gesamtheit schildert der fünfte Band. Nach Vorwort
und Einleitung (S. XI—XVI; S. 1—12) werden in zwei Abschnitten
die Schicksale dargestellt: a) der am 30. Januar
!933 in Baden-Württemberg wohnhaften jüdischen Bürger
(S. 13-354) und b) der nach dem 30. Januar 1933 nach Baden
-Württemberg zugezogenen Juden und der nach diesem
Zeitpunkt in Baden-Württemberg geborenen jüdischen Kinder
. Beide Teile sind etwa gleich aufgebaut: die Struktur
der jüdischen Bevölkerung und ihrer Gemeinden wird dargestellt
, dann die Probleme der Auswanderung, die Wege
zu ihrer Bewältigung und die Länder, in die sie führte, das
Ziel und Schicksal der Deportierten, Ergchen der Zurückgebliebenen
. Eine Zusammenfassung, ein Literaturverzeichnis
und ein Anhang mit 16 Dokumenten (Briefen, Berichten,
Erklärungen), Nachwort und Register beschlie5en das Buch.

Ein Gedenkbuch, das gerade durch seine einfache Gestaltung
anspricht, berichtet in alphabetischer Reihenfolge
von den Einzelnen, die sterben mufjten. Jede Seite ist in
drei senkrechte Spalten aufgeteilt: in der ersten stehen die
Personalien, Familienname, Vorname und Geburtsdatum,
jn der zweiten die Wohnorte vom 30. 1. 1933 und später,
in der dritten und wichtigsten wird in aller Kürze der Todesweg
örtlich und zeitlich angezeigt, außerdem die Art des
Todes.

Diese Veröffentlichungen zeigen, wohin Intoleranz und
Haß führten, wie sich menschenunwürdiger Zwang zuletzt
9egen die Verfolger wandte; sie zeigen aber auch einen
Weg zum Freiwerden durch Kenntnis und daraus folgender
Anerkenntnis von anderen. Je weniger sich Menschen hierzulande
früher um sachgemäßes Verstehen ihrer jüdischen
Mitbürger, ihrer Bräuche und Einrichtungen bemühten,
desto nötiger ist es für die junge Generation, das Vergangene
— weil es positiv und negativ Gegenwart und Zukunft
gestimmt, kennenzulernen. Hier ist in aller Kürze und doch
ln genügender Breite für einen eben noch überschaubaren
Kaum das nötige Material bereitgestellt: eine Dokumentation
, die wissenschaftlichen Ansprüchen genügt und für
Mimer ihren Wert behält, ein unentbehrliches Standard-
und Nachschlagewerk, in jeder Hinsicht wertvoll, aber auch
erschwinglich für alle, die den schwächsten Punkt moderner
Geschichte gründlich kennenlernen wollen und sollten: für
Eltern, Lehrer, Pfarrer. Das Werk sollte auch in Gemeinde-
und anderen öffentlichen Bibliotheken jedermann zugänglich
gemacht werden.

Es ist ein Meisterstück, an dem mit enormen Fleiß und
größter Akribie, auch mit erstaunlicher Sachkenntnis gearbeitet
worden ist von Menschen, die ihre Aufgabe als
einen Akt moralischer Wiedergutmachung verstanden haben
. Pietät und Verantwortung ergänzen einander, Engagement
und Sachlichkeit fanden zusammen, Liebe kann auch
sehend machen.

Tübingen Reinhold Mayer

NEUES TESTAMENT

Evans, C. F.: Resurrection and the New Testament. London:
SCM Press [1970). IX, 190 S. 8" = Studies in Biblical
Theology, Second Series, 12. 25 s.

Diese Untersuchung hat ihren Ursprung in Vorlesungen
, die C. F. Evans 1964 in Liverpool sowie an mehreren

theologischen Fakultäten in England gehalten hat. Als Teilband
einer Reihe, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, .Klerus
undLaien mit der besten Arbeit in biblischer Wissenschaft
vertraut zu machen" (S. II), hat sie eine populär-wissenschaftliche
Zielsetzung, wenngleich dem Leser die Anstrengung
einer nicht immer leichten Lektüre zugemutet wird.

Ausgehend von den Feststellungen, „Christentum ...
ist eine Religion der Auferstehung" und „das Osterereignis
ist der Zentralpunkt der neutestamentlichen Botschaft"
(S. 1), untersucht Vf. „The Idea of Resurrection" (c. I, S. 1 bis
40) in religionsgeschichtlicher Hinsicht sowie nach ihren
neutestamentlichen Belegen und deren Nachwirkungen in
der Alten Kirche. Er gelangt zu dem Ergebnis, die Auferstehungsvorstellung
sei in der neutestamentlichen Umwelt
verhältnismäßig spärlich verbreitet und in sich uneinheitlich
gewesen; in vielen Fällen sei darüber hinaus die verwendete
Terminologie mehrdeutig (S. 20ff.); selbst für die
Qumransekte, die doch dem apokalyptischen Judentum zuzurechnen
sei, könne ein Auferstehungsglaube nicht mit
Sicherheit nachgewiesen werden (S. 27ff.). In seinem Bestreben
, die Bedeutung der Auferstehungsvorstellung für die
Umwelt des Neuen Testaments möglichst herabzustufen,
wird Vf. bei der Auslegung von Mk 9,9f. zu der Aussage
geführt, „die Jünger hätten kaum sie (= die Auferstehung)
als geheimnisvollen Gesprächsgegenstand behandeln können
", wenn solche Vorstellung eine in der damaligen Zeit
„vertraute Idee" gewesen wäre, daß also „jedenfalls für
Markus ... die Auferstehung noch im Judentum eine Lehre
war, die nicht einfach als eine Selbstverständlichkeit übernommen
werden konnte" (S. 31) — eine Schlußfolgerung,
die nicht mit dem Motiv des typischen Mißverständnisses
rechnet, das doch an dieser Stelle vorliegt und im Zusammenhang
mit der markinischen Geheimnistheorie interpretiert
werden muß, daher als Ausdruck des markinischen
Gedankens des Jüngerunverständnisses die Situation des
zeitgenössischen Judentums nicht erschließen läßt. Überzeugender
begründet ist das Ergebnis der Untersuchung
der Jesustradition im Blick auf das darin ausgesprochene
explizite Auferstehungszeugnis. Danach sind aufs ganze gesehen
Anzahl und Umfang der „echten" wie der „unechten"
Auferstehungsperikopen in der Evangeliendarstellung der
Verkündigung Jesu gering, obwohl die Evangelien nach
Form und Inhalt in der nachösterlichen Gemeinde entstanden
sind, und nicht wenige der in diesem Zusammenhang
oft herangezogenen Texte müssen als vaticinia ex eventu
verstanden werden (S. 31ff.). Nach allem ist es folgerichtig
und von hier aus auch verständlich, wenn Vf. das dieses
Kapitel abschließende doppelte Urteil formuliert: „Die Lehre
von der Auferstehung war im Judentum nicht fest verankert
" und „sie fehlt weitgehend in der Lehre Jesu" (S.
39); freilich hätte man sich gewünscht, daß zu beiden Vorstellungsbereichen
noch stärker zwischen dem möglichen
Quellenbefund und der tatsächlichen historischen Bedeutung
differenziert worden wäre.

In einem zweiten Teil „The Resurrection Tradition"
(c. II, S. 41—131) analysiert Vf. die expliziten neutestamentlichen
Auferstehungstraditionen in 1 Kor 15,lff. und in den
Evangelien. Steht im Mittelpunkt solcher Überlieferungen
auch nicht die Darstellung eines „supranaturalen Ereignisses
", sondern das Reden des erhöhten Herrn, so „ist es
doch kaum derselbe Herr, welcher spricht", sondern es ist
jeweils der matthäische, lukanische oder johanneische „Herr"
(S. 66f.). Vf. verzichtet darauf, die verschiedenen Traditionen
miteinander zu harmonisieren; die unterschiedlichen
Überlieferungen seien vielmehr als „verschiedene Ausdrucksweisen
des Osterglaubens" zu interpretieren (S. 128).
Handelt es sich hierbei auch nicht nur um „Lücken in einem
Ganzen", sondern um Lücken zwischen je ganzheitlichen
Auffassungen, wie Vf. gegen G. Bornkamm zu Recht
feststellt, so ist dennoch zu fragen, wie sich die Entstehung
solcher ganzheitlichen Auffassungen denken läßt. Will man