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Ausgabe:

1971

Kategorie:

Altes Testament

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Neuerscheinungen

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Ursprung des Fluches sei. Immerhin wird man zugeben, daß
kultische Verwendungen von inn belegt sind. Für die nomadische
Sippe gibt es jedoch keinen einzigen Beleg.

Doeli hängt der Wert dieses Buches nicht an seiner Haupt-
these. Er liegt in dem reichen Material, das /um Thema
Fluch /nsa in inenge trugen wird und das auf seine sprachlichen
Strukturen hin eingehend befrag! wird. Darfiber hinaus fällt

auf eine Vielzahl von Bibelstellen ein neues Licht — etwa
mit dem Hinweis, daß die Flüche in der ParadicseserzühluTig
Gen 3,14—19 nicht alte Tradition sein können (89—91.
14.'! —147). Für die Frage mich dem Fluch als Ganzem wie
auch für viele fünzelstellen, an denen der Fluchsprtich erscheint
, ist diese Arbeit künftig mit , ulzen zu Hute zu ziehen.

lliiinhurK Kinns Koch

Bojorge, H.: Los significados posibles de Lehassil en Jonas

4,0 (Stromata 26, 1970 S. 77-88).
Görg, Manfred: Die „Wiedergeburt" des Königs (Bs. 2,7b)

(ThGl. 60, 197Ü S. 413-420).
Orbe, Antonio S. J.: El dilema entre la vida y la muerte

(Exegesis prenicena de Deut. 30,15.19.) - (Gr 51,1970

S. 509-530).

Sehmid, Hans Heinrich: „Ich bin, der ich bin". Ein Beitrag
des Alten Testamentes zu unserer Frage nach Cott (ThGl
60, 1970 S. 403-412).

Schwager, Hans [Hrsg.]: Schriften der Bibel literaturgeschichtlich
geordnet. II: Yoh der Denkschrift .Xehemias
l>is zu den Pastoralbriefen. Stuttgart: Calwer Verlag;
München: Kösel-Verlag [1970]. 337 S. 8°. Lw. DM 18,50.

Stoop, Francois: L'amour d'un prophete pour son peuple
(Communion-Verbum Caro 95, 1970 S. 10-22).

Westermann, Claus: Der Frieden (shalom) im Alten Testament
(ZdZ 24, 11)70 S. 301-375).

JUDAICA

Schedl, Claus: Talmud, Evangelium, Synagoge. Innsbruck-
Wien-München: Tyrolia-Verlag [1969]. 448 S.. 4 Tai. 8».
Lw. ö.S. 240.-. (DM/sfr. 38,-).

Im Vorwort berichtet der Vf. (katholischer Alttestamentler
in Graz und Autoreiner fünfbändigen „Geschichte des Alten
Testaments"), wie er inl urbulenter Zeil 1945 in Wien eine dort

im Jahre 1793 gedruckte jüdische Ausgabe der Mischna
kaufte und sicherstellte. Diese Erwerbung wurde für seine
Studien in mehrfachem Sinne bestimmend: sie hat ihm nicht
nur einen Gegenstand erschlossen, dem er lehrend und forschend
verpflichtet blieb, sondern durch die darin enthaltene
Kommentierung die Methode seiner eigenen Auslegung wesentlich
beeinflußt. Die seiner Beschäftigung zugrundeliegende
Edition war die Wiedergahe des Ende des 15. Jahrhunderts
von Ohadja Barlenora besorgten Textes, der in der

Ausgabe der Mischna von 1549 in Venedig gedruckt wurde
und in den folgenden Jahrhunderten eine fast kanonische
Geltung besaß. Mit der Ausgabe übernahm der Vf. auch eine
für das mittelalterliche Judentum charakteristische Auslegungsmethode
, die vor allein unter kabbalistisc hem Einfluß
gepflegte Gematria, die Umsetzung der (hebr.) Buchstaben
eines Wortes In Zahleuwerte.

Die Ermittlung solcher Zahleuwerte und die Erschließung
ihres verborgenen Sinnes durch Umsetzung in andere, meist
bedeutungsschwere Worte begegnet in der im ersten und .....-

fangreichsten Abschnitt dargebotenen Auslegung des Irak
tates Ahof. (S. 21—290) auf Schritt und Tritt. Darüber hinaus
versucht unser Autor, getreu der kabbalistischen Tradition

den Zahlenwerten auch geometrische und astronomische Relationen
abzugewinnen I Tierkreissymbole, Sonnen- und
Mondzyklus). Wer mit ihm der Meinung ist, daß es sieh dabei

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nicht um nachträglich in den Text hineingedeutete Zahlenspekulation
handelt, sondern um den schon muh Redaktor
des Traktates intendierten Sinn, muß von der buchstaben
getreuen Uberlieferung seines Textes überzeugt sein. Jede
Abweichung auch nur um einen Buchstaben Würde das Zahlen
verhält nis ändern und den ganzen kunstvollen Bau zum
Einsturz bringen. Konsequenterweisc verhält, sich der Vf.
deshalb gegenüber jeder lext vergleichen den Arbeit, wie sie et
wa auch von der (ließener Mischna geübt wird, entschieden
ablehnend: ..Meine zahlenkritischen Untersuchungen ergaben
, daß durch die Vermengung verschiedener Überlieferungen
das harmonische Gebäude des Textes zerstört wurde. Daher
griff ich zu einer älteren Ausgabe, in der die Harmonie
noch ohne alle Dissonanzen aufklingt'' (S. 12). Das fein ausgebildete
ästhetische Emplimlcn des Yf.s hat diesen für die
Sphärenklüngc kabbalistischer Deutung offenbar besonders
empfänglich gemacht. Wir begegnen ihm auch Iii der über
Setzung, die versucht, den vom Autor erschlossenen Rhythmus
lies I rtextes auch in der deutschen Gestalt zur Geltung
zu bringen; ein Unternehmen, das nicht minder eigenwillig
und anregend ist wie die früher von ihm vorgelegte" Psalmen
Übersetzung (vgl. TbLZ 92, 1967 Sp. 107). Während in den
der Übersetzung angefügten knappen formkritischen Analysen
der einzelnen Sentenzen Zahlenwert und Rhythmus im
Vordergrund stehen, formale Gesichtspunkte im Sinne der

Gattungsforschung kaum zur Geltung kommen, geht es bei

den anschließenden Interpretationen sowohl um die historische
Einordnung als auch um die sachliche Würdigung der
Vätersprüche. Am Schluß eines jeden Abschnitts folgen wieder
Beobachtungen, die der Zahlenslruktur des ganzen Kapitels
gewidmet sind und diese In Diagrammen und Tabellen
veranschaulicht. Die Auslegungsmethode, die sich durch den
Bückgriff auf mittelalterlich-jüdische Tradition nicht nur von
der in der Gießener Mischna gebotenen, sondern auch v.....ler

neueren jüdischen (etwa D. I loffmaiin. Kommentar zu Ahot,
in: Mischnajot IV, Berlin 1924 S. 327—300) grundlegend unterscheidet
, wäre nur dann sachgerecht, wenn es sieh erweisen
ließe, daß die Redaktoren des Traktates und die Tradenlen
der Sentenzen selbst bereits Min der In der Kabhala ausgebildeten
Zahlenspekulation bestimmt waren. Das scheint mir —
trotz angestrengter Heranziehung diu' Arbeilen von Gershom
Scholens — nicht schlüssig bewiesen zu sein.

Der im 2. Abschnitt über die zehn Wunder nach Matthäus

(S. 291—338) unternommene Versuch, die an den Vätersprü-

ehen erprobte Methode auf die Fvniigelienforscliuiig zu übertragen
, ist aus der Sicht des Neutestamentlers schlechterdings
inakzeptabel. Texlgrundlage ist hier ausschließlich der
Codex I!. Dem im ersten Jahrhundert für judenchristliche Leser
schreibende Matthäus wird nicht nur die perfekte Beherrschung
der Gematria, sondern auch ihre Übertragung auf den
griechischen Text zugetraut, dazu der Umgang mit einer sakralen
Symbolik (Fisehsyinhol, Christusmonograinin | die erst
sehr viel später belegt ist.

Der 3. Abschnitt über die synagog.de Liturgie (S. 320—435)
könnte am ehesten diskutabel erscheinen, weil hier eine Reihe
von Gebeten (des Morgengottesdienstes) behandelt werden,
die einer späteren Zeit zugehören. Der Vf. ordnet sie jedoch
den älteren Bestandteilen (Sch'ma, Achtzehngebet) zu und
wendet auf sie in gleicher Weise die oben charakterisierte Auf-
legungsinethode an, so daß auch hier ein zwiespältiger Eindruck
zurückbleibt.

Autor und Verlag haben das Werk den weilen Kreisen der
am Dialog zwischen Kirche und Synagoge Interessierten zugedacht
. Solche Leser können freilich im Irrgarten der Zahlenspekulation
leicht die Orientierung verlieren. Wenn

I bersetzung und Kommentierung der Vätersprüche und liturgischen
Texte den einen oder anderen von ihnen ZU Vertiefter
Beschäftigung mit diesen problemreicheii und fesselnden
Zeugnissen der jüdischen Religion anregen, so darf man
dem Vf. trotz aller Vorbehalte im Ganzen wie Im Einzelnen
dankbar sein.

Hatks/faata WoUgaaa Wiefel

Theologische Literaturzeitung 90. Jahrgang 1971 Nr. 7