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Ausgabe:

1971

Spalte:

437-440

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Scharlemann, Robert P.

Titel/Untertitel:

Thomas Aquinas and John Gerhard 1971

Rezensent:

Kimme, August

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Theologische Literaturzeitung 96. Jahrgang 1971 Nr. 6

438

In einem einleitenden Teil werden die Autoren, deren
W erke dargeboten werden, kurz vorgestellt. Diese Einleitung
umfaßt bei keinem mehr als drei Seiten und bringt
? ,a^'er Kürze die Lebensdaten der Genannten sowie deren
Schriften.

Die Texte sind durchgehend nur in englischer Übersetzung
dargeboten. Sie bringen für jeden der Genannten
etwa 10 Seiten Text. Nur bei den drei großen Kappa-
uoziern wird dieser Umfang überschritten (jeweils etwa
* bis 40 Seiten), ebenso bei Augustin (etwa sechzig
Reiten, davon allein zwölf über seine Sünden- und Gna-
^enlehre). Das ist wohl verständlich.

rsei allen der genannten Autoren werden die gebotenen
loft nur sehr kurzen, kaum jemals eine halbe Seite über-
*>togenden) Auszüge nach sachlichen Gesichtspunkten
geordnet. Diese Gesichtspunkte entstammen der Dog-
D**18Wohiohte. Bei allen Autoren sind sie ziemlich
gleich. Es geht zumeist um Mensch und Sünde, um Person
und Werk Jesu Christi, um den heiligen Geist als
I» , trmitarische Person sowie um Sakrament und
^schatologie.

So gibt unS diese Schrift wohl einen Überblick darüber
wie die im Werk angeführten Autoren über die
wunab umstrittenen Fragen geurteilt haben. Demjenigen
, der sich insbesondere mit dogmatischen (oder
^"^geschichtlichen) Fragen befassen will, wird hier
•el Material geboten. Ihm kann diese Arbeit durchaus
'k' i? 1 wcrclen- Wer bei (ler Beschäftigung mit den
Kirchenvätern mehr sucht, wird enttäuscht bleiben.

Ubersetzungen sind immer nur ein Notbehelf. Keine
w: !SjtZUng kanu clas 0rig'llal wirklich wiedergeben. Es

•W daher zu fragen, ob der Verlag nicht besser daran

te, wenn er solche Quellensammlungen zweisprachig
I r,'8ln»lsprachc und Übersetzung) herausgeben würde,
■jjjm "i der Patristik Arbeitenden sollte die Einsicht in
die Originaltexte erleichtert werden.

^•liöneichc W Berlin Walter Schultz

KIRCHENGESCHICHTE: MITTELALTER

^'liarlcmaiin, Robert P.: Thomas Aquinas and John Gerhard.

«ew Havc-n and London: Yale University Press 1964. XI,
271 S. 8° = Yalo Publications in Religion, 7, ed. D.Homc.
Mr. S 6.50.

Or. Scharlemann, Professor an der Graduate School of
Religion der Universität Los Angeles, legt hier das Ergebnis
seiner mehrjährigen Thomas- und Gerhard-Stufen
vor. Sein Thema erscheint zunächst uferlos, aber die
Untersuchung konzentriert sich bald, nach einem allgemeinen
Überblick über Leben und Werk von Joh.
Gerhard und seiner Zeit (Kap.I => S. 13-43), auf Darstellung
und Vergleich des Verständnisses vom Menschen
bei Thomas und Gerhard. Systematisch straff werden die
beiderseitigen „rationales" (= Grundprinzipien) von
Schöpfung und neuer Schöpfung herausgearbeitet (Kap.
11-V = S. 44-205). Bei Thomas liegt das Rationale des
Menschen in der „freedom of form" (Kap. II = S.44 bis
82) bzw. beim neuen Menschen in den „forms of grace
(Kap.IV = S. 114-148). Demgegenüber folgt Gerhard
dem rationale der „dialectic of obedieuce" (Kap.III
= S. 83-113) bzw. der „dialectic of the court" (Kap.V
= S. 149-205). Diese Systematisierung wird zu einer
Gegenüberstellung von „Caritas" (Kap. VI = S.206 bis
224) und „Fides" (Kap. VII = S. 225-228) verdichtet,
«ine Zusammenfassung und Auswertung (Kap.VIII
= S.229-252), eine ausreichende „Bibliograph/' (S.253
W 258), ein „Index of references to Loci Theologici and

Summa Theologiae" (259-262) sowie ein „General Index"
(263-271) vervollständigen das Buch.

Die Kap.I-VII stellen im Gespräch mit der reichlichen
Thomas-Literatur und der Forschung zur altprotest.
Dogmatik (leider ohne H.B. Weber, „Reformation, Orthodoxie
, Rationalismus") die Auffassungen der beiden
Theologen mit zahlreichen Quellenbelegen dar, ohne eine
neue Sicht in der Interpretation der Texte zu beanspruchen
.

Die bekannten Befunde bei Thomas zu forma, finis,
anima intellectiva, Wille und Intellekt, inordinatio der
imago Dei im gefallenen Menschen, Natur und Gnade -
wobei die Diskontinuität mehr als die Kontinuität betont
wird -, den drei theologischen Tugenden sowie zu Altem
und Neuem Gesetz werden schrittweise entwickelt, trini-
tarisch unterbaut und pncuniatologisch zum Ziel geführt
. Der von Gott nicht aufgezwungene, sondern innerlich
frei betätigte Liebes-Geist bringt den neuen Menschen
an seinen ultimus finis: „His psychic faculties of know-
ing and willing are a clue to the inner life of God; the
Trinitarian processions illuininate in turn man's psychic
funetions... He understands God by understanding him-
self; and he understands himself fully only by understanding
God" (148). Auch J.Gerhards Loci Theologici
lassen Ansätze zu einer solchen „formal-objektiven"
(passim) Sicht von Schöpfung und neuer Schöpfung erkennen
, „but he never develops a superstrueture of grace
like that of Thomas" (149). Denn trotz seiner reichlichen
Verwendung scholastischer Ausdrucksmittel folgt er einem
„dialectical-personal mode of conceptualization" (passim).
Nicht nur in dem anders akzentuierten, aber sachlich angenäherten
Verständnis der imago Dei und der justitia
originalis (85-100) liegt der Unterschied; dieser setzt
bereits in der Deutung der lex ein: „In Gerhard, the law
places a man into the relationship of obedience in freedom
to God; it is the band of unity between man and God
as between personal subject and personal ruler. In Thomas
it is, on the other hand, that guide for actious by which
the form can attain its end, a ,rule' or .measure' for
practical reason" (105f.). Das zielt auf die Rechtfertigung
des Sünders, deren forensischer Charakter von Gerhard
gegenüber dem Thomisten Bcllarinin kräftig herausgearbeitet
wird (168-181). „Gerhard would have, I
should think, no objection to the phrase, declarando
facitjustum,if the ground of the change is found in the
work of Christ rather than in a man's infused quality or
qualities. That a change does take place in the sinner,
both are agreed" (174). Aber die Anfechtung, genauer die
existentielle Grundsituation des Menschen coram Deo
Judice, läßt keine „formal-objektive" Betrachtung zu,
denn der ausweglosen Lage des vom Gesetz überführten
Menschen ist nur die fiducia angemessen, die das unbegreifliche
Gerichtsurteil Gottes, das „Ja im Nein", um
Christi willen mit ganzem Herzen annimmt.

„Gerhard's ultimate defense of his doctrine of the law
rests, as does his whole doctrine of forensic justification,
on Iiis conviction that it alone is able to engage a man in
Iiis' given Situation, to be the very address of God, to
provide that upon which man can rely. It meets the dialectical
-personal criterion. Thomas' defense of his doctrine
would, in turn, rest upon the claini that it gives a
complete and consistent picture of the whole of the
relation of man and God as objectively knowable. It
meets the formal-objective criterion. - It is possible for
both of them to be right" (204f.). Mit sachlichen Einfühlungsvermögen
wird entfaltet, was Caritas bei Thomas
alles umfaßt - u. E. ein hervorragendes Beispiel protestantischer
Verständnisfähigkeit für eine völlig audere Geistigkeit
, nämlich für „the vision of a fundamental harmony
in creation and new creation... named Caritas" (221).
Die Folgerungen des Schlußkapitels sind z.T. etwas