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Ausgabe:

1971

Spalte:

367-368

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

Autor/Hrsg.:

Radojčić, Svetozar

Titel/Untertitel:

Geschichte der serbischen Kunst 1971

Rezensent:

Onasch, Konrad

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Seite 1

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367

Theologische Literaturzeitung 96. Jahrgang 1971 Nr. 5

368

GESCHICHTE CHRISTLICHER KUNST

Radojcic, Svetozar: Geschichte der serbischen Kunst von
den Anfängen bis zum Ende des Mittelalters, übers, v.
D. Burkhart. Berlin: de Gruyter 1969. VIII, 126 S. m.
24 Abb., 65 Taf. gr. 8° = Grundriß d. slavischen Philologie
u. Kulturgeschichte, hrsg. v. M. Vasmer f. Lw.
DM 48,-.

Der vorliegende Band ist nach den Prinzipien erarbeitet
worden, die bereits für die Darstellungen der russischen
Kunst durch Ainalov und der bulgarischen durch Filov
maßgebend waren: Auf relativ engem Raum ein Maximum
an direkten (im Text) und indirekten (in, der Bibliographie
) Informationen anzubieten. Ohne jede Einschränkung
darf gesagt werden, daß der Vf. dieses Ziel erreicht hat.
Seine Darstellung beginnt mit Kap. 1: „Die älteste serbische
Kunst bis zum Ende des XII. Jahrhunderts" (kaum
Einfluß der Slavenlehrer Kyrill und Method; Apostelkirche
zu Ras, 10. Jh.; Basilika in Curline bei Nis, Stara
Pavlica u. a., Fresken nur in S. Michael in Ston erhalten;
Vordringen des lateinischen Einflusses [benediktinische
Initialornamentik] von der Adriaküste in das Innere von
Raszien, kyrillisch geschriebenes Evangeliar des Fürsten
Miroslav mit vorwiegend romanischer Ornamentik; Einfluß
byzantinischer und süditalienischer Reliefkunst mit
Anklängen an die „karolingische" vom 9. bis 12. Jh.). „Die
Anfänge der monumentalen Kunst in Raszien" Kap. 2
zeigt die Entwicklung einer neuen Kunstepoche unter den
Nemanjiden. Im Mittelpunkt steht hier die Klosterkirche
von Studenica (um 1190), die „trotz der Kuppel ganz von
romanischen Stilelementen durchdrungen war" (S. 22),
was zu einem Teil auch für den Bilddekor der Kirche
gilt. Studenica, wie überhaupt die Kunst Rasziens, „wirtschaftlich
und praktisch, wie sie war, wurde sie auch während
der türkischen Herrschaft beibehalten" (S. 25). Vor
allem die beiden, den Apsiden vorgelagerten und vorspringenden
Vestibüle nördlich und südlich der Kuppelvierung
sollten sich als ungewöhnlich fruchtbar für den Kirchenbau
des nichtgriechischen Balkan erweisen. „Der re;fe
raszische Stil (1200-1300)" (3. Kap.) unter König Urcs I.
mit den Kirchenbauten in Zica, Pec, Mileseva, Moraca
und, neben anderen, vor allem in Sopocani, den Monumental
-, Ikonen- und Miniaturmalereien und der Goldschmiedekunst
zeigen eine reiche Entwicklung. „Die Monumental
- und Ikonenmalerei gehörten dem byzantinischen
Stil an und waren Bestandteil der hohen Kunst des europäischen
Mittelalters, während die Architektur, Steinplastik
und Miniaturmalerei sowie die (wenig bekannten) Zweige
der Goldschmiedekunst eher zur westeuropäischen Kunst
gehörten .. ." (S. 46). „Die serbische Kunst vom, Ende des
13. Jh. bis zur Schlacht an der Marica (1371)" (4. Kap.) ist
in ihrer ersten Phase durch die Persönlichkeit des Königs
Milutin gekennzeichnet, der das serbische Reich bis nach
Nordmazedonien und seine Nachfolger bis nach Thessalien,
Epirus und zur Ägäis ausdehnten. Die Kirchengründungen
Milutins waren nicht auf Serbien beschränkt, sondern
finden sich auf dem Athos, in Thessalonich, Byzanz,
Palästina und auf dem Sinai. Aus der Zahl der serbischen
Kirchenbauten seien hier nur Prizren, Gracanica und
Staro Nagoricino erwähnt. Wie in der Architektur herrschte
auch in der Malerei die byzantinische Renaissance, wobei
wir zum ersten Mal auch von einigen Malern erfahren,
die man in drei in Stil und Ausdrucksformen verschiedene
Gruppen einteilen kann. Unter den Kirchen von Milutins
Nachfolgern ist die berühmteste Decani, „der Größe nach
das imposanteste Bauwerk der serbischen mittelalterlichen
Architektur" (S. 67). „Ihrer ungewöhnlichen Baukonzeption
nach stellt die Architektur von Decani ein reines Beispiel
einer späten romanisch-gotischen Basilika dar, der auf
Wunsch der Auftraggeber eine hohe Kuppel aufgesetzt

wurde" (S. 67). Von den anderen Bauten seien die drei
Kirchen des Patriarchates von Pec und die schöne Muttergotteskirche
auf dem „Schwarzen Berge" genannt. In allen
Gattungen der Malerei finden sich Denkmäler eines erlesenen
Stiles neben solchen lokaler Meister mit oft stark
betonter Fabulierfreudigkeit. Auch in Serbien war es die
von den Klöstern gepflegte Kunst, die auf die Türkenkatastrophe
am erregtesten reagierte. Das 14. Jh. hat uns
auch eine Reihe von, Ikonen erhalten, deren Stil und
Thematik z. T. bis nach Rußland gewirkt haben. Unter
den illuminierten Psalterhandschriften sei nur der sog.
„Münchner Psalter" erwähnt. Die Geschichte der serbischen
Kunst klingt aus der „Kunst des Morava- und Donaugebiets
von 1371 bis 1459" (6. Kap.). Hier entstanden die
kleinen, aber sehr reizvollen Dreikonchen-Kirchen (z. B.
Ljubostina, Kalenid, Resava), die dann als Typus im
rumänischen Kirchenbau der Walachei weiterlebten. Zu
seiner Charakterisierung in Serbien wie in der Walachei
(Curtea de Arges) gehört der Außendekor, der aus orientalischen
Elementen vermischt mit „venezianischen Verarbeitungen
.sarazenischer' Motive" (S. 99) besteht. In der
Monumentalmalerei änderten sich nicht nur die Bildprogramme
, sondern auch die Auffassung von den „großen
Einheiten der enzyklopädischen Malerei von Decani", die
nun „immer mehr zum monotonen Rhythmus bloßer Aufzählung
reduziert" werden (S. 104). Dieses nur sehr grobe
und skizzenhafte Referat vermag vielleicht deutlich zu
machen, daß die Arbeit Radojcics (im 3. Bd. der Propyläen-
Kunstgeschichte, Berlin 1968 stammt aus seiner Feder
ebenfalls die Übersicht über die serbische Kunst) mit
seinen überlegten, oft knappen, aber niemals zur langweiligen
Statistik werdenden Übersichten, die auch die
geistesgeschichtliche, politische und soziale Umwelt beachten
, und mit seinen umfangreichen Literaturverzeichnissen
ein gern gebrauchtes Informationsmittel für den
Kunst- und Kirchenhistoriker zu werden verspricht.
Halle/Saale Konrad Onnsch

Danilowa, Irina J.: Dionissi, übers, v. G. Heider. Dresden:
VEB Verlag der Kunst [1970). 216 S. m. 88 Taf. dav.
24 färb. 4° = Neue Bibliothek der Kunst- und Kulturgeschichte
.

Der Maler Dionissi (geb. um 1440, gest. bald nach 1500)
schließt die großen Leistungen der altrussischen Monumental
- und Ikonenmalerei ab. Nachdem V. Lazarew im
3. Bd. der Geschichte der russischen Kunst, Dresden 1959
(vgl. ThLZ 86, 1961 Sp. 945 f.) eine Darstellung der Persönlichkeit
und des Werkes Dionissis gegeben hatte, die
erste größere Darstellung nach der bekannten Monographie
von Georgijewski 1911 über die Ferapontov-
Fresken, hat Frau Danilowa hier (nach Vorarbeiten, vor
allem ihrer Dissertation) eine in vielem neue Perspektiven
eröffnende Analyse vorgelegt. Im 1. Kap. „Dionissi und
seine Epoche" schildert Vf.in Vorgeschichte und die Krisen
des 15. Jahrhunderts in Gestalt verschiedener Ketzereien.
Die Persönlichkeiten des Zeitalters, Iwan III., die beiden
großen Gegner Nil Sorski und Josif Wolozki, aber auch
dessen Lehrer Pafnuti und anderen Zeitgenossen des
Künstlers werden geschildert. Das 2. Kap. „Dionissis Leben
und seine Werke" macht uns mit den in manchen Einzelheiten
wohl kaum restlos aufzuhellenden Fragen seines
Lebens, seiner Wanderungen und seiner Werke bekannt,
um mit dem 3. Kap. sogleich auf zwei derselben einzugehen
, die Vitenikonen der Metropoliten Peter und Alexios.
Das 4. Kap. beschäftigt sich mit der herrlichen Ikone der
Hodegetria („Die Ikone der Gottesmutter .Hodegetria'"),
das 5. mit dem Höhepunkt der künstlerischen Entwicklung
Dionissis und seinem hervorragenden Meisterwerk
den „Fresken der Mariä-Geburts-Kathedrale im Therapon-
tos-Kloster". Im 6. Kap. analysiert Frau Danilowa zwei