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Ausgabe:

1971

Spalte:

365-366

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Autor/Hrsg.:

Spangenberg, Peter

Titel/Untertitel:

Theologie und Glaube bei Spurgeon 1971

Rezensent:

Obst, Helmut

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sichtlich glaubensmäßig bedingt. Wenn Koechlin am
10. Dezember 1937 an seinen Freund in England schrieb:
„Im Gehorsam gegen Gottes Befehle sogar kühn zu handeln
, hat sich als die einzige Lösung für die Kirche
erwiesen", dann hat er damit beider Maxime zum Ausdruck
gebracht und zugleich beider Entscheidung begründet.

Eine der in dem Briefwechsel am meisten genannten
Persönlichkeiten ist der damalige Präses der Bekenntnissynode
D. Karl Koch aus Bad Oeynhausen. Er war ein
Mann, der keine Ehren suchte, der keine Ämter begehrte,
der ungern seinen Namen unter ein wichtiges Dokument
setzte, der aber die volle Verantwortung auf sich nahm
und ohne große Worte seine Verantwortung und sein
Kreuz trug. Er kommt in allen Darstellungen der Zeit zu
kurz. Um so erstaunlicher ist es, daß der Lordbischof
bereits am 29. November 1934 über ihn urteilte, „Koch
verfüge über sehr viel mehr staatsmännische und konstruktive
Begabung als ..." (hier folgt der Name eines
jüngeren und doch bedeutenden Pastors, den Bell mit
Koch in Hamburg getroffen hatte). Eine richtige und wichtige
Beobachtung eines Mannes, der etwas von staa^s-
männischer Begabung wußte!

Man muß zur Berichterstattung wohl noch darauf aufmerksam
machen, daß sich in dem umfangreichen Buch
noch zwei Beilagen befinden, die von unschätzbarem Wert
sind. Einmal handelt es sich um eine Gastvorlesung, die
George Bell im März 1946 über das Thema „Deutschland
und das Christentum" in Basel gehalten hat. Das andere
Mal handelt es sich um eine Niederschrift von Koechlin
von Ende Oktober 1945 über seine „Ökumenische Mission
nach Deutschland vom 15. - 21. Oktober 1945". Da die
Kenntnis über die „Nachgeschichte" mehr als dürftig ist.
sind beide Darstellungen höchst bedeutsam, besonders
auch Koechlins Bericht über die Stuttgarter Schulderklärung
.

Man wird dem Verlag für die risikoreiche Herausgabe
dieses schönen Werkes dankbar sein müssen, vor allem
aber dem Herausgeber, der mit viel Verständnis und mit
großer Liebe das vorgefundene Material einleitete und
kommentierte. Dies Buch ist ein Gewinn.

Bielefeld Wilhelm Niciuöller

Spangenberg, Peter: Theologie und Glaube bei Spurgeon.

Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus G. Mohn (1969).
198 S. 8°. DM 28,-.

Im Mittelpunkt der Spurgeonforschung stand bisher
fast ausschließlich der faszinierende Prediger und erfolgreiche
Evangelist. Spangenberg unternimmt es, nach dem
Theologen Sp. zu fragen. Er folgt damit der in jüngster
Zeit allgemein erkennbaren Tendenz, die theologische
Substanz in der Verkündigung führender Vertreter des
Pietismus und der Erweckungsbewegung zu eruieren. Daß
sich dies, entgegen früher weitverbreiteten Annahmen
lohnt, beweist auch die vorliegende Arbeit.

Die Gliederung des Stoffes versucht, der inneren Struktur
der theologischen Grundgedanken Sp.s zu folgen. Vier
umfassende Hauptkomplexe stellt der1 Vf. heraus. Voraussetzung
der biblizistischen Theologie Sp.s war seine Lehre
von der Schrift, die unter der Überschrift „Wesen und
Autorität der Heiligen Schrift" (S. 9-43) entfaltet wird.
Unterabschnitte befassen sich mit der Einheit der Bibel,
dem Problem der fortschreitenden Offenbarung, dem sola
scriptura, Offenbarung und Gotteserkenntnis sowie dem
Wesen des Wortes. Hervorzuheben sind zwei Exkurse, in
denen die Frage nach dem Verhältnis Sp.s zur theologischen
Arbeit und zur Mystik gestellt wird (S. 39-43).

.Wesen, Gestalt und Bedeutung des christlichen Glaubens
" lautet die Überschrift des zweiten Hauptkomplexes,
dem ungeachtet seiner relativen Kürze (S. 48-60) eine
Zentralstellung im theologischen System Sp.s zukommt.

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Das hat der Vf. zwar erkannt, konnte sich aber nicht
entschließen, die für Gliederung und Darstellung des
Stoffes möglichen sachlichen und formalen Konsequenzen
zu ziehen (vgl. S. 48, Anm. 1).

Gotteslehre, Christologie und Pncumatologie werden
im dritten Teil „Der Glaube an den dreieinigen Gott"
(S. 68-147) umfassend entfaltet. Eingebettet in die Trini-
tätslehre ist die Anthropologie, „Der Sünder" (S. 133.139),
„Der neue Mensch" (S. 147-170). Die ausgeprägte Pneuma-
tologie gehört zu den Spezifica der Theologie Sp.s, sie
bildet die Brücke zwischen der Christologie und der Lehre
vom neuen Menschen. Zu kurz kommen in diesem Abschnitt
inhaltliche Füllung und Einordnung so wichtiger
Begriffe wie Rechtfertigung (S. 131 ff.), Buße urd Bekehrung
(S. 147 ff.), Heiligung (S. 150 ff.) u. a. Das trifft
besonders auf die für den Pietismus wichtige Frage der
Wiedergeburt zu, die Sp. unter durchaus originellen Aspekten
sieht, welche tiefschürfender zu würdigen wären, (vgl.
etwa S. 164, Anm. 95).

„In der Gemeinde der Bekehrten manifestiert sich der
Glaube der Wiedergeborenen" (S. 171). Diese Einsicht Sp.9
wird im vierten Hauptabschnitt „Die Gemeinde Jesu
Christi als Gestalt des Glaubens der Bekehrten und Ertrag
der Heiligung" (S. 171-182) ausgeführt. Im Mittelpunkt
der Betrachtung steht die Sakramentslehre. Sp. versteht
Taufe und Abendmahl als Akte des „Nachfolgegehorsams"
(S. 172). Der Baptist Sp. deutet die Taufe als „Bereitschaftserklärung
des Bekehrten zur Übernahme des Kreuzes
Christi" (S. 174). Mit Recht weist Spangenberg auf
die Relevanz Sp.s für die gegenwärtige Taufdiskussion hin
(S. 177). Die Darstellung schließt mit dem Abschnitt „Die
Gemeinde Jesu Christi und ihr Auftrag" (S. 182-185).

Den sehr kurz gehaltenen Schlußbemerkungen (S. 186)
folgt das Quellen- und Literaturverzeichnis. Zu begrüßen
ist die Aufschlüsselung der benutzten Predigten (S. 187-
192) und die Übersicht über das vom Spurgeon's College
London zur Verfügung gestellte unveröffentlichte Quellenmaterial
(S. 193). Ein etwas willkürlich zusammengestelltes
Verzeichnis der Sekundärliteratur (S. 193-198) bildet
den Schluß.

Spangenberg ist es gelungen, die theologischen Grundlagen
der erfolgreichen Wirksamkeit Sp.s herauszuarbeiten.
Die Darstellung stützt sich auf eine breite Basis gedruckter
und handschriftlicher Quellen, die dem Leser an wichtigen
Stellen durch sinnvoll ausgewählte Zitate unmittelbar
vor Augen geführt werden. Daß Spangenberg darauf verzichtet
, biographische und historische Erörterungen in die
Darstellung einzubauen, ist von der Zielstellung her als
Positivum zu werten. Ob allerdings Gliederung und innere
Proportion des Werkes der Struktur der Theologie Sp.s
immer gerecht werden, ist zu bezweifeln.

Die Arbeit schafft endlich erste Voraussetzungen für die
Beurteilung und theologiegeschichtliche Einordnung des
Theologen Sp., sie steht nicht am Ende, wohl aber am
Anfang eines bisher vernachlässigten Zweiges der Spurgeonforschung
.

Hallo (Saale) Helmut Obst

Amundsen, Leiv: M. Iver Eriksson Legangers reise til
Kebenhavn 1684-85 (NTT 72, 1971 S. 43-55).

Gibbs, M. E.: Daniel Corrie (Indian Church History Review
4, 1970 S. 19-36).

Hersche, Peter: Gerard van Swietens Stellung zum Jansenismus
(IKZ 61, 1971 S. 33-56).

Heutger, Nicolaus, Dr. Dr.: Herder in Niedersachsen. Zum
200. Jahrestag seiner Ankunft in Bückeburg. Hildesheim
: August Lax 1971. XII, 114 S., 3 Taf. gr. 8°.

Luijk, Benigno van: L'Ordine agostiniano e la riforma
monastica. Teil II: Dalla riforma spirituale e teologica
al preludio della soppressione. 5. Dalla soppressione
innocenziana alla continua riforma (1647-1693) (Augustiniana
20, 1970 S. 637-685).

Theologische Literaturzeitung 96. Jahrgang 1971 Nr. 5