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Ausgabe:

1971

Spalte:

338-341

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Eisenbeis, Walter

Titel/Untertitel:

Die Wurzel šlm im Alten Testament 1971

Rezensent:

Conrad, Joachim

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Theologische Literaturzeitung 96. Jahrgang 1971 Nr. 5

338

Transskription, die die samaritanische Aussprache der
liturgischen Texte aufzeichnet. Diese Kolumne stellt Ben-
Hayyims Anliegen dar. Sie erbringt den Nachweis, dafj
die aramäische Aussprache der Samaritaner eine alte,
genuin westliche Tradition darstellt. Daher hat Vf. auch
nur die Gebete und Hymnen aufgenommen, die zur Phono-
logie etwas beitragen (S. 9). Der Textteil des Buches (S. 41 -
371) gliedert sich in alte samar. Kompositionen ('Amräm
Därä, Marqä, Nänä - Nr. 1-3) in spätere Stücke (Nr. 4-7,
zT 16) und in mit Hebräisch vermischte aramäische Hymnen
und Gebete (Nr. 8-16).

Die Bedeutung dieses Werkes wird erst klar, wenn man
die Relevanz der Samaritaner für die jüdisch-palästinensische
Religionsgeschichte reflektiert. Hat der Vf. belanglose
Winkeltexte aufgestöbert oder stellen die Hymnen
und Gebete nur den kläglichen Rest einer früher lebendigen
und verbreiteten gottesdienstlichen Praxis dar?

Die Geschichte der antiken Samaritaner ist durch
Synagogen geprägt, die über ganz Palästina verbreitet
waren, was archäologische Reste bezeugen. Die älteste
Synagoge fand man in Emmaus. Sie stammt wahrscheinlich
aus dem 1. Jh. n. Chr. In diesen Synagogen spielte
sich das gortesdienstliche Leben der über Palästina zerstreuten
Samaritaner ab. Als diese sich in Aufständen von
der byzantinischen Herrschaft zu befreien versuchten, ordnete
das Edikt des Codex Iustinianus I 5,17 die Zerstörung
ihrer Synagogen an (529 n. Chr.). In der Zeit zwischen
den heidnischen und den christlichen Caesaren, als der
permanente Druck auf die samaritanischen Gemeinden für
einen Augenblick nachlief), organisierte eine für die samaritanische
Geschichte entscheidende Gestalt namens Bäbä
Rabbä den Synagogengottesdienst neu. Er tat dies mit
Unterstützung samaritanischer Priester wie 'Amräm Därä und
Marqä, deren Hymnen und Gebete in den sog. Defter
(von griech. 6Kpddpa = das Buch) eingingen und dessen
Grundstock bildeten. Zu diesem Grundstock kamen im
Laufe der folgenden Jahrhunderte weiter Stücke. Bis zum
14. Jh. n. Chr. war der Defter das für alle Gottesdienste
und Feste gültige Corpus Liturgicum der Samaritaner.

A. E. Cowley edierte als erster den Defter (The Sama-
ritan Liturgy, Oxford 1909 S. 3-92) und erarbeitete eine
Chronologie samaritanischer Autoren (S. XVIII-XXXV).
Feiner erstellte er eine kleine Grammatik und ein Glossar
für den Defter. Eine Übersetzung allerdings unterlieft er.
Ben-Hayyims Neuausgabe der wichtigsten aramäischen
Hymnen und Gebete führt an einigen Stellen über Cowleys
Edition hinaus. Einmal berücksichtigt sie eine alte Hs. aus
dem Jahre 1258 n. Chr., die Cowley zwar registriert, aber
nicht verwendet hatte (Ben-Hayyim S. 31 f Siglum J> =
Cowley S. XV Siglum N). Zweitens gibt Ben-Hayyim eine
Übersetzung der aramäischen Hymnen ins Hebräische und
begründet sie in philologischen Fußnoten. Die langjährigen
Arbeiten des Vf.s am samaritanischen Aramäisch, für das
bis heute Grammatiken und Wörterbücher fehlen, haben
hier Eingang gefunden. Es sei hier darauf hingewiesen,
daß der Vf. in Teil II seines Werkes (S. 437-622) ein von
den Samaritanern selbst verfaßtes hebräisch-arabisch-aramäisches
Glossar herausgegeben und kommentiert hat -
eine wichtige Station auf dem Wege der Erforschung des
samaritanischen Hebräisch.

Seiner Textausgabe stellte der Vf. eine Einleitung voran,
die die von Cowley erarbeiteten Einsichten in die Entstehungsgeschichte
dieser Hymnen erweitert. So zeigt Ben-
Hayyim in dem Abschnitt .Die Verfasser und ihre Kompositionen
', wie sich die Kompositionen verschiedener
Epochen sprachlich voneinander unterscheiden (S. 10 f).
Von da aus verliert die Frage an Gewicht, ob die
Rubriken der einzelnen Kompositionen, die den Vf. des
Stückes nennen, stets treffend sind. Zwar sind diese
Zuweisungen nicht konsistent. Doch erscheint es unwahr-
schcinl:ch, daß Marqä der Vf. ist, wenn die Rubrik das

Stück dem Bet Marqä zuschreibt (S. 11 f). Ben-Hayyim
stellt dann der Reihe nach die Vf. der aramäischen Hymnen
vor. Der älteste, uns namentlich bekannte, ist'Amräm Därä
(4. Jh. n. Chr.), der der Vater Marqäs war (S. 12-15).
Die Hymnen 'Amräm Därä's (von Cowley aaO S. 27-33
ediert, wobei S. 30, Z. 23 bis S. 32, Z. 20 als Kompositionen
des Hohenpriesters 'Amräm aus dem 13. Jh. abzuziehen
sind) sind akrostichisch, das erste Wort jeder Strophe
entspricht der Reihenfolge des Alphabetes. Zu den Hymnen
'Amräms rechnen einige Handschriften ferner ein in sich
geschlossenes Corpus Liturgicum namens Durrän (Cowley
S. 38-48). Ben-Hayyim hat das Alter der Form dieser
Stücke erkannt: kein akrostichischer Aufbau, keine feststehende
Zahl von Versen, keine bestimmte Länge der
Verse. Sein Versuch, allein über den Namen Durrän auch
dieses kleine Gebetbuch 'Amräm Därä zuzuschreiben, ist
fragwürdig. M. E. liegt hier ein älteres, wahrscheinlich aus
dem 2. Jh. n. Chr. stammendes Gebetbuch vor (vgl. ZDPV
85, 1969 S. 76-103). Marqä (von lat. Marcus) ist der
bedeutendste und produktivste Hymnendichter. Besondere
Aufmerksamkeit erfordert ferner ein Hymnenzirkel namens
Ildustän (S. 17 f). Nach Ben-Hayyim haben wir hier ein
Werk von Dositheanern vor uns, die den wahrscheinlich
im 1. Jh. n. Chr. aufgetretenen Dositheos bzw. Dusis für
den Dtn 18,15.18 verheißenen Propheten wie Mose hielten
und eine sehr langlebige und große samaritanische Sekte
darstellten. Diese Annahme bleibt zu prüfen.

Ben-Hayyims Buch stellt eine ganz wesentliche Ergänzung
der von Cowley edierten samaritanischen Liturgie
dar. Es ist ein Meilenstein auf dem unerforschten und
schwierigen Gebiet der aramäischen Texte der Samaritaner.
Corrigenda:

S. 42,15 f: „Wegen dem, was der Prophet wie Mose
sagt, soll er sehen, was seine (Gottes) Größe ist". Diese
Übersetzung Ben-Hayyims übersieht, dafj dieser Satz sich
polemisch gegen die dositheanische Prophetologie richtet.
M. E. ist zu übersetzen: „Wer sagt, dafj der Prophet wie
Mose ist, soll schauen, was seine (Mose) Größe ist".

S. 61,27: „Und Joseph belehrte den König". Parallelen
im Memar Marqä (ed. Macdonald S. 26,19; 47,12; 105, 8)
machen eine andere Übersetzung wahrscheinlich: „Joseph
war der freie Besitzer (sc. des Garizim bzw. des Landes)".

Berlin Hans G. Kipponberp;

Eisenbeis, Walter: Die Wurzel sh-l-m im Alten Testament.

Berlin: de Gruyter 1969. XVI, 367 S. gr. 8" = Beihefte
z. Zeitschrift f. d. alttestamentl. Wissenschaft, hrsg. v.
G. Fohrer, 113. Lw. DM 80,-.
Die vorliegende Studie ist eine überarbeitete Fassung
der englischen Dissertation des Vf.s, die 1966 von der
Divinity School der University of Chicago angenommen
wurde. Wie aus der Einleitung (S. 1-7) hervorgeht, gaben
die unterschiedlichen Standpunkte von G. von Rad
J. Pedcrsen * und G. Quell 5 hinsichtlich des Begriffs sälöm
Anlaß, die Bedeutung aller Derivate der diesem Begriff
zugrunde liegenden Wurzel im Zusammenhang zu untersuchen
. Im ersten Teil (Die Wurzel cfaj in verschiedenen
nichtbiblischen semitischen Sprachen, S. 8-51) gibt der Vf.
einen Überblick über die im Ugaritischen, Akkadischen,
Arabischen, Syrischen und Äthiopischen belegten Formen
und deren Bedeutung. Er begnügt sich, hierfür die Angaben
der wichtigsten einschlägigen Lexika, getrennt nach
niditverbalen Derivaten und Verbum, zusammenzustellen.
Nur beim Verbum im Akkadischen wird er ausführlicher
und schlüsselt die Bedeutung nach den verschiedenen literarischen
Gattungen, in denen es vorkommt, genauer auf.
Das Material dafür bot ihm die Belegsammlung im Archiv
des Assyrian Dictionary des Oriental Institute der University
of Chicago. Als Ergebnis dieses Überblicks wird
festgestellt, dafj der Wurzel und allen ihren Derivaten
die Vorstellung einer Ganzheit zugrunde liegt, und zwar