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Ausgabe:

1971

Spalte:

299-301

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Jong, Johannes Petrus de

Titel/Untertitel:

Die Eucharistie als Symbolwirklichkeit 1971

Rezensent:

Kandler, Karl-Hermann

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299

Theologische Literaturzeitung 96. Jahrgang 1971 Nr. 4

300

genheit angehören mu5, weil andere soziologische Strukturen
auch eine ganz andere Gestaltung der geistlichen
Amtsführung und des kirchlichen Lebens gebieterisch fordern
.

Jena Erich Hertzsch

de Jong, Johannes Petrus: Die Eucharistie als Symbolwirklichkeit
. Regensburg: Friedrich Pustet [1969]. 211 S. 8°.
Kart. DM 13.80.

Das Buch soll in allgemeinverständlicher Form die neuen
Überlegungen über die Eucharistie, insbesondere unter dem
Gesichtspunkt der symbolischen Wirklichkeit, dem heutigen
Menschen nahebringen. Die Arbeit geht auf Vorlesungen zurück
, die Vf. 1966 im Theologicum in Warmond gehalten
hat. Sie ist wohl nur zu verstehen auf dem Hintergrund der
Arbeiten insbesondere von E. Schillebeeckx und des Hirtenbriefs
der niederländischen Bischöfe von 1965. Es geht dem
Vf. darum, ausgehend von der biblischen und altchristlichen
Schau zu einer Eucharistieauffassung zu kommen, die „der
Denkweise unserer Zeit entspricht" (S. 10).

Im 1. Kapitel „Symbolische Wirklichkeit" (S. 15—46)
kommt Vf. zu dem Ergebnis: „Die Eucharistie ist ein sakramentales
Geschehen, das sich auf der Ebene der symbolischen
Wirklichkeit vollzieht" (S. 46). Ihm geht es darum
zu zeigen, daß Symbol und Wirklichkeit nicht auseinandergerissen
werden dürfen: „Solange die Christenheit Symbol
und Wirklichkeit als eine Zweieinheit erfuhr und erlebte,
war keine Diskussion über die sakramentale Wirklichkeit des
Leibes und Blutes des Herrn möglich" (S. 28). Trotz unterschiedlicher
Meinungen gab es keine Lehrstreitigkeiten über
die Eucharistie bis zum 9. Jahrhundert. Erst da begannen
Symbol und Wirklichkeit auseinanderzufallen, bis dahin
„verstand man unter Symbol eine Sache, die das in irgendwelchem
Sinne wirklich ist, was sie bedeutet" (S. 29, Zitat
von A. v. Harnack!). Im Berengarschen Abendmahlsstreit
ist dann das Symbol zu einem leeren Zeichen geworden,
das überhaupt keine Wirklichkeit mehr in sich trägt und
darum aufhört, Symbol zu sein. Dieses Verständnis ist
dann zum Allgemeingut geworden, Symbol und Wirklichkeit
werden als Gegensätze verstanden, die sakramentale
Gegenwart Christi verlagert sich immer mehr auf die physische
Ebene. Erst um 1925 begann eine Renaissance des
Verständnisses der Sakramente als symbolische Wirklichkeit
(Odo Casel, van der Leeuw (!), Dom Vonier). Dies gilt auch
für den Opfercharakter der Messe.

Im 2. Kapitel „Symbolaktivität im allgemeinen" (S. 47
-81) kritisiert Vf. die monophysitische Tendenz, die dem
„vere homo" zu wenig Rechnung trägt. Dieses „vcrc homo"
verlangt das „vere panis": „Brot bleibt Brot und ändert
sich nicht in seiner physischen Zusammensetzung. Gerade
als solches wird es vom Herrn zum Sakrament seiner verklärten
Menschheit erhoben: Symbolische Wirklichkeit, die
als himmlische Wirklichkeit jede irdische Wirklichkeit übersteigt
" (S. 57). Durch sakramentale Symbole wird der lebendige
Mensch in der Sprache seiner eigenen Lebenswirklichkeit
angesprochen. Es muß klar sein, daß Wort und Handlung
zusammen eine Zweieinheit bilden, denn „die tiefste
Wirklichkeit der sichtbaren Handlung wird für uns
durch das Wort hörbar gemacht" (S. 74), sie sind beide
aufeinander angewiesen. Doch wird die Wirklichkeit durch
die Handlung selbst hervorgerufen, das Wort fügt nichts
hinzu (S. 81).

Im 3. Kapitel „Symbolaktivität als Basis des eucharisti-
schen Geschehens" (S. 83-110) fordert Vf., die eucharistische
Materie müsse dem Symboldenken der Gläubigen entsprechen
. Brot und Wein seien nicht deshalb dogmatisch bedeutsam
, weil Christus sie verwandt habe, sie sind vielmehr
„Urquell unseres irdischen Lebens, das Gott den Menschen
geschenkt hat in der Zweieinheit von Fleisch und Blut. . ."

(S. 109). Im Brotbrechen und in der Kelchsegnung sieht Vf.
Symbole des Mahles. Bei Paulus und Johannes sieht Vf.
keine Gegensätze: Während für Paulus die Eucharistie ein
Opfermahl ist, wobei die Gemeinschaft mit Christi Tod den
Zugang zum Leben bedeutet, ist sie für Johannes Gemeinschaft
mit dem lebendigen Herrn, dem Leben selbst als der
Frucht seines Todes.

Im 4. Kapitel „Die Eucharistiefeier in der ältesten Tradition
der Kirche" (S. 111-147) verfolgt Vf. den Weg der Eucharistie
vom Brotbrechen zum lobpreisenden Dankgebet, zum
lobpreisenden Dankopfer, zum Opfer der irdischen Gaben,
die Gott dargebracht werden, wobei er besonders die Gedanken
des Irenäus darlegt. Der wesentliche Kern des Opfers
der Kirche liegt in der Menschheit Christi, die Er Gott
dargebracht hat; in der Eucharistie wendet sich Jesus in
seiner menschlichen Existenz den Gläubigen zu (S. 120,123).

Im 5. Kapitel „Kultische Opferhandlung und Mischungsritus
— Symbolelemente" (S. 149-173) möchte Vf. den hohen
symbolischen Wert des Mischungsritus hervorheben. In
der alten Kirche verstand man die Darbringung der Gaben
als ein Teil des Opfers, wobei im gemeinsamen Opfergang
das allgemeine Priestertum deutlich hervortrat. Im Mischungsritus
, der ein Verbindungsglied zwischen Opferhandlung
und Kommunion darstellt, wird symbolisch angedeutet
, „daß der Opferkelch, den der Vater aus unseren
Händen angenommen hat, uns als Kommunionskelch ,pneu-
matisiert' zurückgeschenkt wird" (S. 173). Hierbei möchte
Vf. die Kommunion unter beiden Gestalten von den Symbolen
her für die volle Teilnahme am eucharistischen Mahl
als erforderlich ansehen (S. 166).

Das 6. Kapitel „Die Eucharistie als Symbolwirklichkeit:
Vom Tridentinum bis heute" (S. 175-201) hebt zwar hervor,
daß das Tridentinum nicht im Widerspruch zur Tradition
stehe, doch habe man, weil damals die Symbolwirklichkeit
der Eucharistie nicht mehr erfahren wurde, die Wirklichkeit
in aristotelischen Denkkategorien ausdrücken müssen
und so die sakramentale Gegenwart Christi in der Eucharistie
mehr und mehr auf die physische Ebene verlegt (S.
180f.). In diesem Zusammenhang sei auch der Begriff „Trans-
substantiation" zu sehen, er liege „zwischen zwei Termen,
zwischen irdischer und himmlischer Wirklichkeit
" (S. 186), wobei Vf. aber diesen mißverständlichen
Ausdruck lieber durch „Transfiguration" ersetzt sehen
möchte (S. 196). — S. 203—211 folgen Anmerkungen.

Vf. gibt einen ausgezeichneten Einblick in die neueren
römisch-katholischen Überlegungen zur Eucharistie, wie sie
besonders von den Niederlanden ausgehen. Wir meinen
freilich, daß sie nur schwer in das Gebäude der traditionellen
Lehre eingebaut werden können. Sind es taktische
Überlegungen, wenn man behauptet, daß das Tridentinum
nicht im Widerspruch zur vorgezeichneten Tradition steht
(S. 175)? Sind nicht unterschiedliche Denkweisen nur zu oft
auch Ausdruck unterschiedlicher Lehrüberzeugungen? Sind
Transsubstantiation und Transfiguration sich so ähnlich,
daß es hier nur um ein persönliches Bevorzugen gehen
kann? Implizieren die Aussagen von S. 57 nicht geradezu
eine Konsubstantiation? Wir müssen schon fragen, ob die
vorgelegte Eucharistieauffassung nur „der Denkweise unserer
Zeit entspricht" oder nicht doch die römisch-katholische
Lehre ändert. Für uns bleibt die Frage, ob hier nicht
Fronten aufgeweicht sind und Möglichkeiten sich zum Gespräch
ergeben, wo sie bisher nicht festgestellt werden
konnten.

Es fällt auf, daß es gemeinsame Probleme zwischen
römisch-katholischer und lutherischer Abendmahlslehre gibt.
Wie wird die Wirklichkeit, die res, richtig bestimmt? Ein
gewisser Zug zur Personalisierung, der weithin heute auf reformatorischer
Seite konstatiert werden muß, fällt auch
beim Vf. auf (S. 103ff., 178ff.,198). Wird aber die Personalisierung
der Abendmahlsgabe der Real präsenz gerecht? So
sehr die virtus sacramenti personal gesehen werden muß.