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Ausgabe:

1971

Spalte:

273-274

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Boer, Sibbele de

Titel/Untertitel:

De Anthropologie van Gregorius van Nyssa 1971

Rezensent:

Bertram, Georg

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273

Theologische Literaturzeitung 96. Jahrgang 1971 Nr. 4

274

Eltester, Walther: Das Mysterium des Christenrums, Anmerkungen
zum Diognetbrief (ZNW 61, 1970 S. 278—293).

Enslin, Morton S.: Once Again, Luke and Paul (ZNW 61,
1970 S. 253-271).

Gibbs, John G.: The relation between creation end redemp-
tion according to Phil 2,5-11 (NovTest 12, 1970 S. 270
bis 283).

Heufelder, Emmanuel M.: Erweis des Geistes und der
Kraft. 1 Kor 2,4. Im Geiste wandeln (Gal 5,25). Meitin-
gen-Freising: Kyrios-Verlag [1970]. 20 S. 8°. Kart. DM
2.40.

Hofius, Otfried: Das „erste" und das „zweite" Zelt. Ein Beitrag
zur Auslegung von Hebr 9,1-10 (ZNW 61, 1970 S.
271-277).

Horst, P. W. van der: Drohung und Mord schnaubend (Acta
9,1) (NovTest 12, 1970 S. 257—269).

Lührmann, Dieter: Rechtfertigung und Versöhnung. Zur
Geschichte der paulinischen Tradition (ZThK 67, 1970
S. 437-452).

Schille, Gottfried: Was ist ein Logion? (ZNW 61, 1970 S.
172-182).

Schneider, Gerhard: Das Bildwort von der Lampe. Zur Traditionsgeschichte
eines Jesus-Wortes (ZNW 61, 1970 S.
183-209).

KIRCHENGESCHICHTE: ALTE KIRCHE

Boer, S. de, Dr.: De anthropologie van Gregorius van Nyssa.

Assen: van Gorcum 1968. XVI, 480 S. 8° = Van Gorcums
Theologische Bibliotheek, nr. XLI.

Eine knappe historisch biographische Einleitung zeichnet
die politische und geistesgeschichtliche Situation, die
asketischen und spiritualistischen Richtungen, die sozialen
und nationalen Einflüsse und das Ringen der verschiedenen
theologischen und religiösen Gruppen zwischen Neu-
platonismus und Christentum in und außerhalb der Kirche
in Ost und West im 4. Jahrhundert. So geht es in den Glaubenslehren
der drei großen Kappadokier und besonders
des Gregor von Nyssa um die trinitarischen, christologi-
schen und pneumatologischen Streitigkeiten, wie sie in den
Bekenntnissen von Nicaea und Konstantinopel einen vorläufigen
Abschluß gefunden haben, und um ihre Bedeutung
für die Gemeinde, deren Verständnismöglichkeiten allerdings
letztlich dabei unberücksichtigt blieben. Dem Theologen
Gregor geht es um das Menschenbild in Schöpfung,
Sündenfall und Erlösung und um die Heiligung, um die
dreifache Weise des Wirkens des dreieinigen Gottes als
Schöpfer und Vater, als Mensch gewordener Erlöser und
eingeborener Sohn des Vaters und als Gottes Geist, der
vom Vater ausgeht. Die schwierige Problematik wird nicht
als solche behandelt, und auch die mystische und asketische
Frömmigkeit Gregors bildet nur den Hintergrund für die
Darstellung des Menschenbildes, das im Sinne des christlichen
Glaubens trotz philosophischer Begrifflichkeit nicht
zyklisch, sondern teleologisch dynamisch zu erfassen ist.

Der Mensch erscheint dabei in seiner Zwiespältigkeit als
.Grenzbewohner" im zeitlichen und räumlichen Sinne. Von
daher verstehen sich die verschiedenen Spannungen im
Menschenleben und in der Welt. Der Mensch lebt in der
Zeit als Geschöpf Gottes und als gefallener Sünder. Die
Zeit eilt der Ewigkeit zu. Sie ist an ihrem Ende angelangt,
wenn die Schöpfung vollendet und die Sünde in das Nichts
verschwunden ist. Das ist das ewige Heute im Angesicht
Gottes, die Zeit des Heils der Inkarnation. Das Licht der
Sonne der Gerechtigkeit und das Wehen des Geistes sind
Zeichen und Merkmale für das heutige wie für das zukünftige
Leben. Gott hat dem Menschen die freie Wahl
zwischen Gut und Böse gelassen, und so ist es zum Sündenfall
gekommen. Auch in der Entfremdung, in dem .verwüsteten
Weinberg' bleibt der Mensch von Gott geliebt
und nimmt durch Christus an Kenosis und Henosis teil bis
zur Auferstehung und Verherrlichung. Die Kirche ist der
Leib Christi; ihr Wesen ist damit im Sinne der paulinischen
Ekklesiologie bestimmt. Sie ist mit ihren Sakramenten die
Sphäre, in der dem Menschen durch Gott der Weg in die
Zukunft gewiesen wird. Was in der Kirche geschieht, ist
zugleich Verheißung für das ganze menschliche Geschlecht.
Der neue Mensch wird durch die Liebe Gottes geschaffen.
Seine Tugenden sind die Strahlen der Sonne der Gerechtigkeit
. Der Heilige Geist findet seinen Weg in das Leben des
Menschen. Das schöpferische Wort, das ihn erneuert, ist
der Logos. So ist die Freiheit des Menschen das größte
Wunder der Allwirksamkeit der göttlichen Liebe. Jeder
Synergismus ist damit für den Gläubigen ausgeschlossen,
selbst wenn er begrifflich naheläge. Voll offenbart sich
die Liebe Gottes in der Endvollcndung, der Apokatastasis.
Da erweist sich das Böse als ein Nichts. Der Mensch erscheint
als Geschöpf Gottes in ursprünglicher paradiesischer
Freiheit und Vollkommenheit.

Der Vf. hat seine Darstellung genau und übersichtlich
disponiert und reichlich durch Zitate aus den Schriften des
Kirchenvaters in niederländischer Übersetzung belegt. Zugleich
wird das Gespräch mit der Forschung geführt. Ein
Quellen- und Literaturverzeichnis ist beigefügt (vgl. auch
die Aufsätze von H. Langerbeck und von H. Dörries in
ThLZ 82, 1957 Sp. 81-90, und 88, 1963 Sp. 569-582). Die
exegetische wie die dogmatische Arbeit Gregors findet ihre
Würdigung. Die allegorische Methode mit ihrem einheitlichen
heilsgeschichtlichen und eschatologisehen Verständnis
findet ihren Höhepunkt in der mystischen Deutung des
Hohen Liedes auf Christus und die Kirche als Bräutigam
und Braut, die das ganze Werk des Kirchenvaters durchzieht
und in der vorliegenden Arbeit auch aus anderen
Schriften Gregors ihre Bestätigung findet.

Eine Zusammenfassung in englischer Sprache erleichtert
den Zugang zu der gründlichen, förderlichen und weiterführenden
Arbeit an dem Werk des theologisch bedeutsamsten
der drei kappadokischen Kirchenlehrer.

Gießen Georg Bertram

Cosmas Indicopleustes: Topographie Chretienne. II (Livre
V). Introduction, texte critique, illustration, traduetion et
notes par W. Wolska-Conus. Paris: fditions du Cerf 1970.
374 S. m. Abb. 8° = Sources Chretiennes, dir. par C.
Mondesert, 159. ffr. 68.—.

Zwei Jahre nach Erscheinen des I. Bandes, der die ersten
vier Bücher der Christlichen Topographie des Kosmas enthält
', legt Mme W. Wolska-Conus den II. Band vor, der
ganz von dem umfangreichen fünften Buch ausgefüllt wird.
Wieder begleiten ausführlich kommentierte Abbildungen,
die der Ausgabe einen besonderen Wert geben, den Text.

In ihrer Dissertation hat sich die Herausgeberin eingehend
mit den Problemen befaßt, vor die gerade dieses Buch
der Christlichen Topographie die Forschung stellt-'. Sie
kommt zu dem überzeugenden Ergebnis: „un Traite sur
les deux catastases, composc par Mar Aba, ou Thomas
d'Edesse, qui l'avait aecompagne ä Alexandrie, doit etre ä
l'origine du V« livre de la Topographie Chretienne. Son
auteur emprunta l'essentiel de ses theories typologiques
et prophetiques ä Theodore de Mopsueste, en les combi-
nant avec le florilege messianique (ou avec le texte tout
enticr, florilege et biographie, comme dans la Chronique
Pascalc) du Pseudo-Dorothee"'. Theologie- und auslegungsgeschichtlich
darf also dieser Teil, der ursprünglich den
Abschluß des Werkes bildete, besonderes Interesse beanspruchen
.