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Ausgabe:

1971

Spalte:

271-272

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

MacConnell, Richard S.

Titel/Untertitel:

Law and prophecy in Matthew's gospel 1971

Rezensent:

Suhl, Alfred

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271

Theologische Literaturzeitung 96. Jahrgang 1971 Nr. 4

272

(S. 147 A. 77), nicht jedoch relationsmä5ig, da Matthäus um
mehr als die Hälfte länger ist als Markus. Nicht gesehen
ist endlich auch, dafj es eine Eigenart des Matthäus ist, dafj
er einander widersprechende Überlieferungen völlig unbekümmert
nebeneinander stellt, weshalb jeder Versuch einer
Harmonisierung bei ihm verfehlt ist (vgl. 6,17 mit 9,14;
10,5f. mit 28,19; 13,41 (Christusreich Gegenwart] mit 16,28
u. ö. [Christusreich Zukunft]; 16,17—19 (Petrus — Makaris-
mus] mit 28,16ff. (Petrus-Christophanie vacat]; 23,3a mit
16,6; 24,20 mit 12,8) — was übrigens einer der Gründe dafür
ist, da5 es mit der Redakbionsgeschichte bei Matthäus
nicht recht vorwärtsgehen will. Dafür liefert die Arbeit
erneut einen Beleg.

Göttingen Joachim Jeremias

McConnell, Richard S.: Law and Prophecy in Matthew's
Gospel. The Authority and Use of the Old Testament in
the Gospel of St. Matthew. A Dissertation. Basel: F. Reinhardt
i. Komm. 1969. VII, 224 S. 8° = Theologische Dissertationen
, hrsg. v. B. Reicke, 2. Kart. sfr./DM 16.80.
Die Arbeit wurde als Dissertation bereits am 15. 5. 1964
angenommen. Sie gliedert sich in zwei Teile.

Teil 1 „The Authority and Use of the Law" (S. 6—100)
untersucht in drei Kapiteln 1. Jesu Erfüllung des Gesetzes
(S. 6ff.), 2. die Verwerfung bestimmter Elemente des mosaischen
Gesetzes durch Jesus (S. 59ff.), 3. die Frage, ob
Jesus ein neues Gesetz brachte (S. 86ff.), und folgert daraus
in Kap. 4 (S. 95ff.) eine nähere Bestimmung des Verhältnisses
der Autorität Jesu zu der des atl. Gesetzes. Vf. kommt
zu dem Ergebnis, dafj Jesu Autorität der des atl. Gesetzes
überlegen ist, insofern er jenes kritisch interpretiert und
vervollkommnet. „The will of God for the age that began
with Jesus can no longer be learned directly from the Old
Testament Law but only through Jesus' interpretation and
re-working of that Law" (S. 95). Das atl. Gesetz behalte
seine Autorität nur, insoweit es von Jesus bestätigt wird.
Zu Recht wird das Liebesgebot als kritische Norm der Auslegung
des Gesetzes hervorgehoben. Wo Jesus atl. Gesetze
verwirft, geschehe das nicht willkürlich. Auch setze er dann
nicht neue gesetzliche Bestimmungen an ihre Stelle, sondern
„higher Claims and challenges" (S. 96). Aber „Jesus"
proclamation of the divine commands is not opposed to
that in the Old Testament but rather continuous of it"
(ebd.).

Die Art der Autorität Jesu werde durch Mt. 28,18—20
erhellt, wo Jesus in drei wichtigen Hinsichten Funktionen
zugeschrieben werden, die im AT von Jahwe wahrgenommen
werden, nämlich „the exercising of authority in hea-
ven and on earth, the giving of commands that determine
the whole life of the people and their relation to God, and
the promise to be their sustaining Lord at all times" (S.
100). Diese Autorität erkläre sich am besten aus seiner besonderen
Beziehung zu Gott als der des Sohnes zum Vater.

Teil 2 untersucht in fünf Kapiteln „The Authority and
Use of Prophecy" (S. 101—218). Hierbei kommt es dem Vf.
auf die Unterschiede zwischen Jesus und Matthäus an, die
im ersten Teil kaum eine Rolle spielten, weil Vf. die Darstellung
des Matthäus auch da für historisch zutreffend
hält, wo Matthäus sich deutlich von seinen Vorlagen entfernt
. Diese unterschiedliche, willkürliche Beurteilung der
Überlieferung in Teil 1 und 2 ist eines der vielen Rätsel
dieser Arbeit.

Kap. 5 (S. lOlff.) weist nach, dafj Matthäus vom Jesusgeschehen
her in den Reflexionszitaten den wahren Sinn
dieser Zitate ohne Rücksicht auf den ursprünglichen Kontext
aufdeckt. Die Einzeluntersuchungen sind zwar äußerst
knapp, doch finden sich hier einige interessante Beobachtungen
über die Beziehungen der Zitate zum Kontext bei
Matthäus. Kap. 6 (S. 148ff.) führt die Stellen im Mt-Ev auf.

an denen Jesus atl. Zitate zugeschrieben werden. Ohne weitere
traditionsgeschichtliche Untersuchungen anzustellen,
folgert Vf. allein daraus, dafj Jesus es im Unterschied zur
späteren Kirche vermied, ausdrücklich auf Schriftstellen als
„predictive prophecy" zu verweisen. „It was his manner
to fulfill Scripture by his deeds and only affcer the resur-
rection to explain the relationship of his life and work to
Scripture, directly or through the Holy Spirit" (S. 146). Die
Kap. 7—9 beschäftigen sich alsdann mit „Jesus and the Ex-
pectation of the Messiah" (S. 147ff.), „Jesus and the Suf-
fering Servant" (S. 169ff.) sowie „Jesus and the Son of
Man" (S. 194ff.). Dabei werden jeweils ganz knapp die Gegensätze
zwischen den jüdischen Vorstellungen einerseits
und ihrer unterschiedlichen Aufnahme durch Jesus und
Matthäus andererseits herausgestellt, wobei die marcini-
schen Überlieferungen als historisch zuverlässiger beurteilt
werden.

Die Arbeit ist in mehrfacher Hinsicht problematisch. Einmal
rechtfertigt das Ergebnis kaum den Aufwand. Vf. hat
sich die Behandlung der Probleme und vor allem auch die
Auseinandersetzung mit abweichenden Meinungen zu leicht
gemacht. Hinzu kommt, dafj die Arbeit fünf Jahre nach
ihrer Fertigstellung ohne Überarbeitung gleichzeitig mit
der Dissertation von W. Rothfuchs (Die Erfüllungszitate
im Matthäus-Evangelium, Stuttgart 1969) erscheint. Nicht
berücksichtigt werden also die dritte, umgearbeitete Auflage
von W. Trilling (Das wahre Israel, München 1964),
die neu erschienenen Arbeiten von R. Hummel (Die Auseinandersetzung
zwischen Kirche und Judentum im Matthäusevangelium
, München 1966), R. Walker (Die Heilsgeschichte
im ersten Evangelium, Göttingen 1967), R. H. Gun-
dry (The Use of the Old Testament in St. Matthew's Gospel
, Leiden 1967) und so gewichtige Beiträge wie etwa der
von R. Pesch (Der Gottessohn im matthäischen Evangelienprolog
[Mt. 1—2). Beobachtungen zu den Zitationsformeln
im Matthäusevangelium, Bibl 1967; Eine alttestamentliche
Ausführungsformel im Matthäus-Evangelium, BZ 1966 u.
1967). Es liefje sich noch eine Fülle weiterer Titel nennen,
die unbedingt hätten berücksichtigt werden müssen, weil
sie den Vf. zu einer Korrektur seiner Ansichten nötigen
würden. Gewifj ist Vollständigkeit in der Sekundärliteratur
weder erreichbar noch auch überhaupt in jedem Fall erstrebenswert
. Aber es ist doch ein schwerwiegender Mangel
, wenn Untersuchungen fehlen, die sich unmittelbar mit
dem Thema befassen, für das der Autor die Aufmerksamkeit
des Lesers beansprucht, und das insbesondere dann,
wenn er methodisch so eigene Wege geht wie im vorliegenden
Fall. Zwar zeigt Vf. sich im Vorwort durchaus informiert
über die vielfältige Problematik, die er mit seiner
Untersuchung in methodischer Hinsicht zu bewältigen hätte.
In der Durchführung aber wird mit einer oft verblüffenden
Willkür redaktionsgeschichtliche Untersuchung mit historischem
Urteil über Jesus vermengt. Darin liegt der entscheidende
Mangel dieser Arbeit.

Münster/W. Alfred Suhl

Becker, Jürgen: Die Abschiedsreden Jesu im Johannesevangelium
(ZNW 61, 1970 S. 215-246).
— Erwägungen zur apokalyptischen Tradition in der pau-

linischen Theologie (EvTh 30, 1970 S. 593-609).
Burchard, Christoph: Fußnoten zum neutestamentlichen

Griechisch (ZNW 61, 1970 S. 157-171).
Delling, Gerhard: Die Heilsbedeutung der Taufe im Neuen

Testament (KuD 16, 1970 S. 259—281).
Dunn, James D. G.: The Washing of the Disciples' Feet in

John 13,1-20 (ZNW 61, 1970 S. 247-252).
Ehlers, Barbara: Kann das Thomasevangelium aus Edessa

stammen? (NovTest 12, 1970 S. 284-317).
Eißfeldt, Otto: nr)Qo>aai naoav dixatoovrtjv in Matthäus 3,15

(ZNW 61, 1970 S. 209-215).