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Ausgabe:

1971

Spalte:

266-268

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Schmidt, Johann Michael

Titel/Untertitel:

Die jüdische Apokalyptik 1971

Rezensent:

Bardtke, Hans

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Theologische Literaturzeitung 96. Jahrgang 1971 Nr. 4

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Anat, um die Mitte des 2. Jt.s v. Chr. nahezu im gesamten
Alten Orient, von Anatolien bis Ägypten und von Mesopotamien
bis Phönizien, bekannt und verehrt, verdankt
diese weite Verbreitung ihres Kultes und somit ihre Popularität
dem Umstand, daß sie, wie uns vor allem die Mythen
und Epen aus Ugarit zeigen, einerseits eine Göttin
war, deren Aktivitäten sich vorweg im Grenzgebiet zwischen
Leben und Tod abspielten und die deshalb dem Herzen
der Menschen besonders nahestand, die anderseits
aber in dem, wie Vf. annimmt, alljährlich aufgeführten
Kultdrama um Baal die beherrschende Rolle spielte und
dadurch in den Augen ihrer Verehrer zusammen mit ihrem
Gemahl Baal praktisch an der Spitze des Pantheons stand.

Nach einer kurzen „Introduction" (S. 8—9) werden in
den folgenden sechs Kapiteln: I. Similar Goddesses in
Neighbouring Countries (S. 10—26), IL The Names of the
Goddess (S. 27—39), III. The Family of the Goddess (S. 40
bis 44), IV. Accompanying Minor Gods and Goddesses
(S. 45—47), V. Anat's Character and Task (S. 48—109) und

VI. Anat's Place in the Pantheon (S. 110—113) alle um die
Göttin Anat anstehenden Fragen eingehend erörtert und in

VII. Conclusion (S. 114—117) zusammengefaßt. Dabei wird
deutlich, daß Anat und Baal, wie Vf. zu Recht feststellt, ein
Paar bildeten, zu dessen Aufgaben die Förderung der
Fruchtbarkeit, die Festsetzung von Riten, die Leitung der
großen Feste, die Einweihung der Tempel und die Niederwerfung
solch gefährlicher Feinde wie der bedrohlichen
Wasser, der glühenden Hitze und der Unfruchtbarkeit gehörten
(S. 105). Darin ist zugleich die zweite Beobachtung
K.s mitberührt, daß nämlich Anat trotz ihrer übergroßen
Liebes- und Empfängnisbereitschaft nicht eigentlich eine
Liebes- und Fruchtbarkeitsgöttin, sondern als Partnerin
Baals in gewisser Weise nur sein weibliches Gegenstück
oder seine weibliche Parallele war. So erscheint sie denn
auch im Kampf gegen die lebensbedrohenden Mächte als
aktive Mitstreiterin an der Seite Baals. Selbst da, wo sie
als spezielle Kriegs- und Schlachtengöttin geschildert wird,
die mit ihrer Leidenschaftlichkeit, Gewalttätigkeit und
Grausamkeit Baal völlig in den Schatten stellt, ist doch ein
erheblicher Teil ihrer Aktivität auf Durchsetzung ihrer mit
Baals Plänen und Interessen weitgehend identischen Wünsche
gerichtet. Nicht zuletzt wird diese Verbundenheit Anats
mit Baal bei dessen Tod noch einmal deutlich. Zwar hebt
El als höchster Gott mit der Klage und Trauer um Baal
an, aber dann übernimmt und leitet Anat die weitere Ausführung
der Riten als eigentlich zu ihrem Aufgabenbereich
gehörig und setzt nach Abschluß der Totenklage alles daran
, Baals Wiederaufleben zu ermöglichen und der Erde
die Fruchtbarkeit zurückzugeben. Das vermag zu zeigen,
wie sehr beide Gottheiten in der Liebe und im Kampf gegen
die Feinde aufeinander bezogen sind und zusammenwirken
, gleichsam als Inbegriff des Weiblichen und des
Männlichen.

Dank der Tatsache, daß K. seine Untersuchungen durch
sorgfältige und behutsame Heranziehung der einschlägigen
ugaritischen Texte gut fundiert hat, liegt nunmehr eine
Abhandlung über die Göttin Anat vor, die weite Verbreitung
und Beachtung verdient. Um so bedauerlicher aber
ist es, daß dem Sach- und Verfasselregister (S. 118—121)
nicht noch ein solches der behandelten ugaritischen Texte
beigefügt wurde, zumal sich in dem Büchlein eine Anzahl
neuer Interpretationsvorschläge findet.

Halle/Saale Hans-Jürgen Zobel

Dijk, J. van i Les contacts ethniques dans la Mesopotamie
et les syncretismes de la religion sumerienne (Syncre-
tism, ed. by Sven S. Hartmann. Stockholm 1969 S. 171
bis 206).

Gunneweg, Antonius H. J.: Konfession oder Interpretation
im Jeremiabuch (ZThK 67, 1970 S. 395-416).

Kapelrud, Arvid S.: Israel's Prophets and their Confron-
tation with the Canaanite Religion (Syncretism, ed. by
Sven S. Hartman. Stockholm 1969 S. 162—170).

Segelberg, Eric: Old and New Testament Figures in Man-
daean Version (Syncretism, ed. by Sven S. Hartman.
Stockholm 1969 S. 228-239).

JUDAICA

Schmidt, Johann Michael: Die jüdische Apokalyptik. Die

Geschichte ihrer Erforschung von den Anfängen bis zu
dien Textfunden von Qumran. Neukirchen-Vluyn: Neu-
kirchener Verlag des Erziehungsvereins 1969. XVI, 343 S.
gr. 8°. DM 41.80; Lw. DM 44.80.

Das gut gedruckte und in sehr flüssiger, leicht lesbarer
Diktion geschriebene Buch ist in zwei Hauptteile gegliedert
. Der erste behandelt die Entstehung und Entwicklung
der Apokalyptikforschung bis ca. 1870, während der zweite
Teil die Apokalyptikforschung von ca. 1870 bis 1947, dem
Jahr der Entdeckung derQumräntexte, darstellt. Eine außerordentlich
große Zahl von Büchern und Schriften mußte
der Verfasser durchsehen, um seinem Thema gerecht zu
werden. Er hat seine Aufgabe gut gelöst.

Innerhalb des ersten Hauptteiles gliedert er seine Darstellung
in sechs große Abschnitte, wobei in den ersten Abschnitten
einzelne Forscherpersönlichkeiten in ihrer Apokalyptikforschung
gezeichnet werden. Die Forschungsgebiete
sind das nachexilische Judentum und dann die Pro-
phetie, die direkte Voraussetzungen der Apokalyptik geliefert
hat. Dann erfolgt die Erforschung des Danielbuches,
die sehr eingehend dargestellt ist, wobei die Eigenart
Schmidts, seine Darstellung in sehr kleine Paragraphen zu
untergliedern, seinen Ausführungen stets die Übersichtlichkeit
bewahrt und zugleich auch eine leichte Orientierung
ermöglicht. Die Erforschung der Pseudepigraphen und die
der Apokalypse des Johannes machen den Beschluß der
Forschungsdarstellung nach Sachgebieten. Dann wechselt
gegen Ende des ersten Hauptteiles der Verfasser seine Methode
und beginnt nach den Forschern, die Gesamtdarstellungen
geliefert haben, zu gliedern und darzustellen. Der
erste Forscher ist Friedrich Lücke, der zweite Eduard Reuss,
der dritte Adolf Hilgenfeld.

Der zweite Hauptteil ist nach den zur Anwendung gelangten
wissenschaftlichen Methoden gegliedert. So stellt
er zuerst die zeit- und literaturgeschichtliche Erklärungsweise
dar in ihrer älteren Stufe. Hierbei geht er von den
erhobenen Voraussetzungen aus, den allgemeinen und den
besonderen Voraussetzungen, unter denen die idealistische
Komponente, der historiographische und der literarkri-
tische Aspekt auftauchen. Zwei weitere Abschnitte behandeln
die Geschichte und das Wesen der Apokalyptik, in
dieser Forschungsrichtung erfaßt und bestimmt, wobei das
Wesen nach formalen und inhaltlichen Merkmalen umschrieben
wird. Sehr bedeutsam ist es, daß der Vf. die Abschnitte
jeweils mit einem Rückblick versieht, der zusammenfaßt
und zugleich auch die sehr bestimmten Akzente
herausarbeitet.

Der zweite Abschnitt in diesem Hauptteil behandelt die
religions- und traditionsgeschichtliche Erklärung des Phänomens
der Apokalyptik. Wieder bietet die Einleitung die
Darstellung der verschiedenen Methoden und Aspekte,
dann folgen die Abschnitte über die Geschichte der Apokalyptik
sowie die Feststellungen über ihr Wesen nach der
formalen und inhaltlichen Seite hin. In einem Anhang werden
kultgeschichtliche Erläuterungen behandelt (S. 244-248).
Hier stellt er Mowinckel, Hooke und Wensinck dar, sehr
offen und mit großer Behutsamkeit. Er sieht die Positiva
der religions- und traditionsgeschichtlichen Richtung (S.
249) und daß Mowinckel für die zeit- und traditionsge-