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Ausgabe:

1971

Spalte:

256-257

Kategorie:

Bibelwissenschaft

Titel/Untertitel:

The Geneva Bible 1971

Rezensent:

Koch, Ernst

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Theologische Literaturzeitung 96. Jahrgang 1971 Nr. 4

256

oder in denen der Inhalt des zitierten Textes einfach para-
phrasiert wird, dann machen die Textdarbietungen mehr
als ein Viertel dieser beiden Teile, mehr als ein Fünftel des
ganzen Buches aus. Dabei denkt der Autor offenbar an Leser
mit sehr unterschiedlicher Vorbildung, wenn er einen
Turfantext erst in hebräischer Quadratschrift und in deutscher
Übersetzung, danach noch einmal in Lateinschrift und
englischer Übersetzung bringt. In diesem extensiven Zitieren
von Texten liegt nicht nur keine eigene wissenschaftliche
Leistung, sondern es wird sogar weniger erreicht als
mit einer als solchen aufgebauten Anthologie; denn die
Texte werden mit Worten als Bestandteil einer Argumentation
eingeführt, ohne den Anspruch, der darin liegt, inhaltlich
zu erfüllen. Manchmal wird zur „Lösung eines Problems
" genau der Text zitiert, durch den das Problem gestellt
wird, und damit Schluß. Auch durch neue Emendationen
, Lesungen usw. wird der Abdruck der Texte nicht
gerechtfertigt. Orts diesbezügliche Bemerkungen bilden
vielmehr einen noch kritisierenswerteren Punkt1. Was davon
zu halten ist, hat Mary Boyce in ihrer Rezension (JRAS
1968) gezeigt, auf die verwiesen sei. Sie schließt mit den
Worten: „It is difficult to see, therefore, wat useful new
contribution has been made by this book, even in the strict-
ly theological field." Auch dazu noch ein paar Bemerkungen
.

Texte und Darstellungen sind alle als Zeugnisse für den
historischen Mani gruppiert, ohne die mindeste Berücksichtigung
literarhistorischer, überlieferungs- und formgeschichtlicher
Gesichtspunkte. So entsteht ein Bild von Mani,
in dem zwischen historischer Person und Bild dieser Person
im Glauben der Gemeinde überhaupt nicht unterschieden
wird. Insofern bedeutet dieses Buch einen Rückschritt
vor elementare Grundsätze historisch-kritischer Forschung.
Besonders deutlich zeigt sich dies im Abschnitt „Mani's re-
ligious self-conception" (S. 127—141) — unter den „analo-
gous Personalities" erscheint nur eine, nämlich Jesus, und
hier werden dann, einschließlich der Wunder, Details als
historische aufgezählt und mit Details aus der Mani-Über-
lieferung parallelisiert, ohne daß auch nur erwogen wird,
ob Übereinstimmungen nicht auf das Konto literarischer
Topik, wie sie für Biographien und Wundererzählungen
typisch ist, gehen könnten.

Einwände anderer Art sind für die Beschreibung der Umwelt
zu machen. Wenn man zum Beispiel über den Mandä-
ismus ältere Ansichten vertritt, muß man begründen, warum
man sie nicht für veraltet hält; aber man darf sie nicht
einfach so hinschreiben und (S. 202 Anm. 1) auf K. Rudolph
, Die Mandäer, 2 Bde (Göttingen 1960—1961) verweisen
, als referiere man die neueste Ansicht, während diese
Bücher in Wirklichkeit überhaupt nicht benutzt zu sein
scheinen. Ganz bestimmt nicht benutzt ist Jacob Neusner,
A History of the Jews in Babylonia, bis zum Erscheinen
des Buches von Ort 2 Bde (Leiden 1965 und 1966), obwohl
sich gerade daraus für die parthische und frühsassanidi-
sche Periode in Manis Umwelt eine Fülle herausholen läßt.
Und auch mit der großen und gelehrten Arbeit von O.
Klima, Manis Zeit und Leben (Prag 1962) setzt sich Ort nirgends
auseinander, obwohl es im Abschnitt „Biographical
Data" (S. 142—195) der kontroversen Punkte wahrlich genug
zu diskutieren gegeben hätte.

Das Buch läßt sich also leider nicht empfehlen, auch nicht
zur Vermittlung erster Informationen; denn diese kann
man ebensogut aus einer Untersuchung herausholen, die
ein Problem stellt, untersucht oder löst.

Berlin Carsten Colpe

1 Auch sonst gibt es kleinere Fehler. Beispiele: In den koptischen
Texten ist häufig H zu N verdruckt. S. 188 ist bei den „Mughtasilah"
der zweite Konsonant falsch, und das Wort wird trotz Artikel mit Nu-
nation wiedergegeben; unten auf der Seite wird der Engel at-Taum
falsch transkribiert. - Unzählige Male kommt statt einer Begründung
die Wendung „in our opinion" vor. Oft ist das, was folgt, dann aber
nicht einmal eine Meinung, sondern die Banalisierung des Sachverhaltes
, der zur Meinungsbildung erst herausfordert.

Bergman, Jan: Beitrag zur Interpretatio Graeca: Ägyptische
Götter in griechischer Übertragung (Syncretism, ed.
by Sven S. Hartman. Stockholm 1969 S. 207—227).

Diehl, Carl Gustav: Replacement or Substitution in the
Meeting of Religions (Syncretism, ed. by Sven S. Hartman
. Stockholm 1969 S. 137—161).

Farina, Raffaello: Lo gnosticismo dopo Nag-Hammadi (Sa-
lesianum 32, 1970 S. 425—454).

Hartman, Sven S.: Les identifications de Gayömart au
temps islamique (Syncretism, ed. by Sven S. Hartman.
Stockholm 1969 S. 263—294).

Hultkrantz, Ake: Pagan and Christian Elements in the Re-
ligious Syncretism among the Shoshoni Indians of Wyoming
(Syncretism, ed. by Sven S. Hartman. Stockholm
1969 S. 15-^10).

Nordland, Odd: Valhall and Helgafell. Syncretistic Traits
of the Old Norse Religion (Syncretism, ed. by Sven S.
Hartman. Stockholm 1969 S. 66—99).

Pettersson, Olof: Foreign Influences on the Idea of God in
African Religions. Some Remarks on a Great Problem
(Syncretism, ed. by Sven S. Hartman. Stockholm 1969
S. 41-65).

Ringgren, Helmer: The Problems of Syncretism (Syncretism
, ed. by Sven S. Hartman. Stockholm 1969 S. 7—14).

Sjöholm, Gunnar: Les limites entre la religion et la culture
ä l'occasion de l'interpretation de la religion chinoise
antique (Syncretism, ed. by Sven S. Hartman. Stockholm
1969 S. 110-127).

Ström, Ake V.: Tradition und Tendenz. Zur Frage des
christlich-vorchristlichen Synkretimus in der nordgermanischen
Literatur (Syncretism, ed. by Sven S. Hartman.
Stockholm 1969 S. 240-262).

Thomsen, Harry: Non-Buddhist Buddhism and Non-Chri-
stian Cristianity in Japan (Syncretism, ed. by Sven S.
Hartman. Stockholm 1969 S. 128—136).

Weiser-Aall, Lily: Syncretism in Nordic Folk Medicine:
Critioal Periods during Pregnancy (Syncretism, ed by
Sven S. Hartman. Stockholm 1969 S. 100—109).

BIBELWISSENSCHAFT

The Geneva Bible. A faosimile of the 1560 edition. With an
introduction by L. E. Berry. Madison-Milwaukee-London:
University of Wisconsin Press 1969. VI, 28 S., 1220 Faks.
S. m. Abb. 4°. Lw. $ 29.50.

Es scheint kein Zufall zu sein, daß man sich in einer
Zeit weltweiter Bemühungen um die Revision von Bibelübersetzungen
auf ausgereifte, klassische Urgestalten von
Bibelübersetzungen besinnt. Nachdem die Württembergische
Bibelanstalt Stuttgart 1967 einen (verkleinerten) Faksimiledruck
der Lutherbibel von 1545 vorgelegt hat, wird
mit dem hier anzuzeigenden Unternehmen eine Bibelübersetzung
greifbar, die sich im englischen Sprachraum bis
weit ins 17. Jahrhundert ausgewirkt hat. Diese Faksimileausgabe
ist ein durchaus gelungenes Unternehmen, vor allem
wenn man die Schwierigkeiten bedenkt, die sich ergeben
, wenn nach einem Originaldruck gesucht wird, der sich
für eine solche Reproduktion eignet. Im vorliegenden Falle
mußten 2 Exemplare aus amerikanischen Bibliotheken benutzt
werden. (Bei der Sorgfalt, mit der der Herausgeber,
Professor für Englisch an der Universität von Illionis, vorgegangen
ist, versteht es sich von selbst, daß die Seiten
genau verzeichnet sind, die aus dem 2. Exemplar reproduziert
worden sind.)

Die vorzügliche Einleitung gibt neben einer Beschreibung
des Drucks Auskunft über die Vorgänger der Genfer Bibel
in der Geschichte der englischen Bibelübersetzungen: die
Übersetzungen von Tyndale 1525, Coverdale 1535, Matthew
1537, The Great Bible 1538/39 und ihre historischen Zu-