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Ausgabe:

1971

Spalte:

212-213

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Autor/Hrsg.:

Eller, Vernard

Titel/Untertitel:

Kierkegaard and radical discipleship 1971

Rezensent:

Gerdes, Hayo

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Theologische Literaturzeitung 96. Jahrgang 1971 Nr. 3

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Hammond beschäftigte sich ferner mit Problemen
kirchlicher Riten und Zeremonien, insbesondere mit dem
Book of Common Prayer. Die Aufnötigung der schottischen
Kirchenordnung auf England (1645) hat ihn literarisch
tätig werden lassen. In der Gefährdung der Kirche
in jener Zeit durch die Dissenter sah er Abhilfe nicht
durch Waffengewalt des Staates. Vielmehr weist er auf
Luther hin und sagt: „Ich wünschte zu Gott, diese Worte
wären Englisch in jedem unserer Herzen: ein schrecklicher
und unglückseliger Krieg mit Gemetzel aller Art gibt
keinen Grund, obwohl es für die Religion geschieht, rechtmäßig
die Waffen gegen ein einziges Land zu erheben."

Die 6 Anhänge des Buches umfassen 1. die Werke
Hainmonds, 2. seine noch heute in Bibliotheken vorhandenen
Bücher seiner Bibliothek, 3. das Testament und
4. Epitaph Hammonds, 5. die Genealogie der Familie,
6. die Bibliographie. Ein Register schließt die gehaltvolle
Darstellung einer wichtigen Periode englischer Geschichte
ab.

Berlin Walter Delius

Vergleich mit der Tradition zu sehr auf die juristische
Gliedschaft. Die Frage der notae ecclesiae ist der katholischen
Theologie von der Reformation gestellt worden.
Die notae sind für Kilber wie für die Mehrheit der katholischen
Theologen Einheit, Heiligkeit, Katholizität und
Apostolizität der Kirche. Sie werden der protestantischen
Seite sehr schnell abgesprochen, im Falle der erweisbaren
Heiligkeit sogar sehr billig. Das Problem der Unfehlbarkeit
der Kirche erscheint im 18. Jahrhundert noch offener
als später. Aber bereits beginnt sie sich einzuengen a uf
bestimmte kirchliche Instanzen. Die Thcologia Wirce-
burgensis steht am Ende einer Epoche. Darum ist ihre
Wirksamkeit begrenzt. Der katholischen Theologie des
19. Jahrhunderts waren neue Fragen gestellt. Sympathisch
berührt, wie der Vf. auf die Probleme seines Stoffes eingeht
und ihm zugleich objektiv und kritisch gegenübersteht
.

Tübingen Martin .Brecht

Schilling, Klaus: Die Kirchenlehre der Theologia Wirceburgen-

sis. München-Paderborn-Wien: Sehöningh 1969. VIII,
172 S. 8° = Abhandlgn. z. Philosophie, Psychologie, Soziologie
d. Religion'u. Ökumenik, hrsg. v. J. Hasenfuß, 15-10
d. neuen Folge. Kart. DM 18,-.

Die katholische Theologie des 18. Jahrhunderts in
Deutschland weist keine besonderen Höhepunkte auf.
Darum ist es auch mit unserer Kenntnis von ihr nicht
besonders gut bestellt. Die vorliegende Würzburger Dissertation
beschäftigt sich mit dem Würzburger Theologieprofessor
und Jesuiten Heinrich Kilber (1710-1783). Er
hat im Auftrag seines Bischofs zusammen mit einigen
Kollegen die Theologie Wirceburgensis (gedruckt 1766 bis
1771) geschaffen, eine systematisch geordnete Sammlung
theologischer Traktate, die als Lehrbuch für den theologischen
Unterricht gedacht war. Sie erlebt immerhin
noch im 19. Jh. in Paris zwei Neuauflagen. Ihre Ausstrahlung
läßt sich allerdings nur bei vereinzelten Theologen
nachweisen. Aber noch darin bildet sie eine Ausnahme
im Vergleich mit anderen theologischen Werken ihrer
Zeit. Nach der Vorgeschichte der Theologia konzentriert
sich die Darstellung auf den Traktat Kilbers De ecclesia
Christi. Die Jesuitentheologie des 18. Jh.s ist in starkem
Maße traditionalistisch. Vor allem macht sich bei Kilber
wie bei anderen zeitgenössischen Dogmatikern, die zum
Vergleich herangezogen werden, die Abhängigkeit von
Bellarmin bemerkbar. Die vollständige Definition der
Kirche lautet bei Kilber (S.55): „Ecclesia Christi ... est
coetus fidelium baptizatorum, quos interius quidem ani-
mat fides, spes et Charitas, exterius autem fidei ejusdem
Christianae professio et eorumdem sacramentorum com-
munio adunat sub uno capite Christo in coelis et ejus in
terris vicario, Summo nempe Pontifice." Die Hineinnahme
des inneren Moments in die Definition ist Kilbers
Leistung; sonst wurde immer nur die äußere rechtliche
Seite der Kirche betont. Fragestellungen seiner Zeit
nimmt Kilber kaum auf. Immerhin versucht er bereits
eine historische Herleitung der Kirche von Christus. Das
bekämpfte Gegenüber ist eine nicht allzu genau gekannte
Reformation. Hier läßt übrigens gelegentlich auch die
Informiertheit des Vf.s zu wünschen übrig. Weitere
Gegner sind der Jansenismus und der Febronianismus.
Die Anregungen der romanischen Mystik von der Wende
vom 17. zum 18. Jh. werden in der katholischen Theologie
erst später auf dem Umweg über den Protestantismus aufgenommen
, z.B. bei Michael Sailer. In der Frage der
Kirchengliedschaft reduziert Kilber das Problem auch im

Eller, Vernard: Kierkegaard and radical Discipleship. A oefl
Perspective. Princcton/N. J.: Princeton University Press
1968. XII, 445 S. 8°. Lw. $ 12.50.

Vernard Eher, selber Mitglied der „Church of the
Brcthren" (ehemals auch „Tunker" genannt), versucht
zu erweisen, daß Sören Kierkegaard nur durch äußere Zufälle
daran gehindert worden sei, eine protestantische
Sekte zu gründen oder sich einer solchen anzuschließen;
im Grunde hat es Kierkegaard nach Eller nur an organisatorischen
Fähigkeiten gefehlt: „The truthis thatany sect
of which S.K. was the founder - or even a member... -
would have had a very poor prognosis of success or evei)
survival. To set up and run an actual institution requires,
in addition to an ideology, some pnictical skills in the way
of administration. and Organization. Of these S. K had
not a trace" (37). Jedenfalls ist die TheologieKierkegan rds
nach Eller eindeutig die des klassischen protestantischen
Sektentums. Eller setzt sich zum Ziel, „to delnonstrate
that S.K.s religious witness centered around a viow of
radical discipleship that was essentially one with that of
Classic Protestant Sectarianism" (14).

Nun hat Kierkegaard gewiß einen starken Einfluß
seitens des Pietismus und auch des radikalen Pietismus
erfahren. Dieser Einfluß ist aber letzten Endes unerheblich
gegenüber der überragenden persönlichen Eigentümlichkeit
Kierkegaards, die ihn über die Standpunkte der
verschiedenen theologischen und kirchlichen Gruppen
weit hinaushebt. Es ist immer mißlich, eine hervorragende
geschichtliche Gestalt auf eine bestimmte Abhängigkeit
festlegen zu wollen. Eben, damit leugnet man ja die geschichtliche
Größe. Überdies hat in diesem Fall Kierkegaard
selber die Konstruktion Ellers im voraus zurückgewiesen
, wenn er in seinem Artikel gegen Rudelbach, der
ihn für das freikirchliche Luthertum vereinnahmen wollte,
schreibt: „Ich hasse das Gewohnheitschristentum, in
welcher Gestalt auch immer es sich zeigt. Ich möchte
wünschen, daß dies ,in welcher Gestalt auch immer' sonderlich
bemerkt werde; denn das Gewohnheitschristentum
kann ja mancherlei Gestalten haben. Und stünde
ii berhaupt nichts anderes zur Wahl, könnte man lediglich
wählen zwischen folgender Art Christentum: einem weltlichen
Leichtsinn, der sorglos in der Einbildung dahinlebt,
daß er Christ sei, vielleicht ohne überhaupt irgendeinen
Eindruck vom Christentum zu haben, - und der Art Ge-
wohnheitschristentum, die sich bei Sektierern, Erweckten
, Überorthodoxen, Parteigängern findet - schlimmstenfalls
wählte ich unbedingt die erste Art" (SV XIII,
437).